Sind "ἄϰρα οἰκούμενα τῆς ὑπ' οὐρανὸν" "hohe Wohnſtätten auf der [Erge/Gegend/Welt] unter dem Himmel" oder nicht? Ich finde den Ausdruck im Wörterbuch nicht und kann nur vermuten, daß es das iſt.Vulpius Herbipolensis hat geschrieben: Septuaginta: Der Herr schuf Länder und unbewohnbare [Gegenden] und hohe Wohnstätten auf der [Erge/Gegend/Welt] unter dem Himmel.
(Stimmt das so? "ἠ ὐπ' οὐρανὸν" scheint eine häufigere Wendung zu sein, mit der mich mein Gemoll aber alleine läßt. )
Griechischschule
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Re: Griechischschule
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Re: Griechischschule
Vulpius Herbipolensis hat geschrieben:Sind "ἄϰρα οἰκούμενα τῆς ὑπ' οὐρανὸν" "hohe Wohnſtätten auf der [Erde/Gegend/Welt] unter dem Himmel" oder nicht? Ich finde den Ausdruck im Wörterbuch nicht und kann nur vermuten, daß es das iſt.Vulpius Herbipolensis hat geschrieben: Septuaginta: Der Herr schuf Länder und unbewohnbare [Gegenden] und hohe Wohnstätten auf der [Erde/Gegend/Welt] unter dem Himmel.
(Stimmt das so? "ἠ ὐπ' οὐρανὸν" scheint eine häufigere Wendung zu sein, mit der mich mein Gemoll aber alleine läßt. )
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Re: Griechischschule
Ich würde schon den Zusammenhang wenigstens des Satzes sehen: κύριος ἐποίησεν
χώρας καὶ ἀοικήτους καὶ ἄκρα οἰκούμενα τῆς ὑπ᾽ οὐρανόν.
Eigentlich erwartet man: .. ἐποίησεν χώρας, und zwar: καὶ ἀοικήτους καὶ οἰκούμενας.
Im zweiten Glied ist das eigentliche logische Bezugswort durch ein anderes, präziser
gemeintes ersetzt, welches wegen seines abweichenden Geschlechts auch jenes des At-
tributs bestimmt, also: statt ‹χώρας› οἰκούμενας folgt tatsächlich ἄκρα οἰκούμενα. Das
steht aber gleichwohl innerhalb jenes καὶ … καὶ …
Zu übersetzen wäre so weit also in etwa: „… schuf die Lande, sowohl die unbewohnten
als auch die bewohnten Höhen.“
Der Sinn ist mir nicht recht einsichtig, und so neige ich dazu eine verderbte hebräische
Vorlage der LXX anzunehmen. Auf deren Konto möchte ich spontan auch jenes τῆς bu-
chen, oder hätte es getan, wenn du nicht meintest, es gebe da eine feste Wendung. Ich
kenne die nicht, bloß οἱ ὑπὸ τὸν οὐρανόν, sc. homines.
Wie auch immer, ich suche sicherheitshalber noch mal eben – und finde eine interessante
Parallele in Lc 17,24. Was dort gemeint ist, scheint mir so etwas wie die sublunarischen
Gefilde des platonischen Weltbilds zu sein. Im Timæus finde ich keine Parallele, aber ich
denke mir, bei den Neoplatonikern zu suchen könnte erfolgreich sein.
Das würde freilich bedeuten, daß der Sinn der ἄκρα οἰκούμενα in Richtung dessen geht,
was in diesen Höhen zwischen Himmel und Erde herumfleucht. Aber Vorsicht, das ist bloß
eine Hypothese, die ich derzeit nicht weiter fundieren oder überprüfen kann.
χώρας καὶ ἀοικήτους καὶ ἄκρα οἰκούμενα τῆς ὑπ᾽ οὐρανόν.
Eigentlich erwartet man: .. ἐποίησεν χώρας, und zwar: καὶ ἀοικήτους καὶ οἰκούμενας.
Im zweiten Glied ist das eigentliche logische Bezugswort durch ein anderes, präziser
gemeintes ersetzt, welches wegen seines abweichenden Geschlechts auch jenes des At-
tributs bestimmt, also: statt ‹χώρας› οἰκούμενας folgt tatsächlich ἄκρα οἰκούμενα. Das
steht aber gleichwohl innerhalb jenes καὶ … καὶ …
Zu übersetzen wäre so weit also in etwa: „… schuf die Lande, sowohl die unbewohnten
als auch die bewohnten Höhen.“
Der Sinn ist mir nicht recht einsichtig, und so neige ich dazu eine verderbte hebräische
Vorlage der LXX anzunehmen. Auf deren Konto möchte ich spontan auch jenes τῆς bu-
chen, oder hätte es getan, wenn du nicht meintest, es gebe da eine feste Wendung. Ich
kenne die nicht, bloß οἱ ὑπὸ τὸν οὐρανόν, sc. homines.
Wie auch immer, ich suche sicherheitshalber noch mal eben – und finde eine interessante
Parallele in Lc 17,24. Was dort gemeint ist, scheint mir so etwas wie die sublunarischen
Gefilde des platonischen Weltbilds zu sein. Im Timæus finde ich keine Parallele, aber ich
denke mir, bei den Neoplatonikern zu suchen könnte erfolgreich sein.
Das würde freilich bedeuten, daß der Sinn der ἄκρα οἰκούμενα in Richtung dessen geht,
was in diesen Höhen zwischen Himmel und Erde herumfleucht. Aber Vorsicht, das ist bloß
eine Hypothese, die ich derzeit nicht weiter fundieren oder überprüfen kann.
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.
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Re: Griechischschule
Jetzt hab' ich gerade eine Antwort geſchrieben, konnte mich mit meinem Laptop aber leider nicht darauf einigen, ſie abzuſenden. Alles weg.
Nächſter Verſuch. Diesmal aber geſtückelt!
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Re: Griechischschule
Zuerſt ἡ ὑπ' οὐρανόν:
Heute habe ich unſeren Dozenten danach gefragt, der es für einen Hebraismus hält
und mich darauf hinwies, daß derartige Ausdrücke im Hebräiſchen ſubſtantiviert
Feminina ſeien. Sicher war er ſich allerdings nicht.
Nun hat dieſe Formulierung im Maſoretentext keine unmittelbare Entſprechung.
Die Konſtruktion müßte alſo in der Septuaginta einigermaßen geläufig ſein,
wenn die Erklärung überzeugend ſein ſoll.
Heute habe ich unſeren Dozenten danach gefragt, der es für einen Hebraismus hält
und mich darauf hinwies, daß derartige Ausdrücke im Hebräiſchen ſubſtantiviert
Feminina ſeien. Sicher war er ſich allerdings nicht.
Nun hat dieſe Formulierung im Maſoretentext keine unmittelbare Entſprechung.
Die Konſtruktion müßte alſo in der Septuaginta einigermaßen geläufig ſein,
wenn die Erklärung überzeugend ſein ſoll.
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Re: Griechischschule
Gerade sehe ich, hier sind einige Beispiele gesammelt, die genannte Erklärung allerdings wird abgelehnt:
45. Elliptical Use of the Feminine Article. The use of the feminine article with some case of χώρα or γῆ understood is not due to the influence of the Hebrew.
ἡ ὑπ’ οὐρανόν Job 18:4.
τὴν ὑπ’ οὐρανόν Job 1:7, 2:2, 5:10, 9:6, 28:24, 34:13, 38:24.
τῆς ὑπὸ τὸν οὐρανόν Ex. 17:4: Prov. 8:28: 2 Mac. 2:18.
τῆς ὑπ’ οὐρανόν Job 38:18.
τῇ ὑπ’ οὐρανόν Esther 4:17: Baruch 5:3.
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Re: Griechischschule
Wenn man sich χώρα oder γῆ dazudenken soll, wie soll das Lc 17,24 funktionieren?
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Re: Griechischschule
Ist paîs mit Bezug auf Jesus (Mt 12, 18; Clemensbrief, Anaphora der Traditio apostolica) oder Israel (Lk 1, 54) grundsätzlich mit >Knecht< zu übersetzen oder geht auch bzw. paßt besser >Kind<? Falls nein, warum?
Wenn >Knecht< passender ist, müßte man dann nicht konsequenterweise doûlos stets mit >Sklave< übersetzen?
Wenn >Knecht< passender ist, müßte man dann nicht konsequenterweise doûlos stets mit >Sklave< übersetzen?
Christi vero ecclesia, sedula et cauta depositorum apud se dogmatum custos, nihil in his umquam permutat, nihil minuit, nihil addit; non amputat necessaria, non adponit superflua; non amittit sua, non usurpat aliena. (Vincentius Lerinensis, Com. 23, 16)
Re: Griechischschule
"Grundsätzlich" heißt pais "männlicher Minderjähriger aus dem eigenen Haushalt", wobei offen bleibt, ob es ein freies (eigenes Kind) ist oder ein junger (rechtloser) Knecht bzw. Sklave. Mit dieser Unschärfe ist die Sprache sehr realistisch, weil die Kinder der Knechtsfamilien oft genug die leiblichen Kinder des Hausherrn waren.ad-fontes hat geschrieben:Ist paîs mit Bezug auf Jesus (Mt 12, 18; Clemensbrief, Anaphora der Traditio apostolica) oder Israel (Lk 1, 54) grundsätzlich mit >Knecht< zu übersetzen oder geht auch bzw. paßt besser >Kind<? Falls nein, warum?
Knecht ist daher m. E. für pais nicht per se passender, weil doulos anders als pais immer den Zustand der Rechtlosigkeit oder genauer den der rechtlichen Gebundenheit (=unfreiheit). Douloi müssen auch nicht immer jung sein, und jedenfalls wachsen sie nicht von alleine aus dem Zustand der "Rechtlosigkeit" heraus.Wenn >Knecht< passender ist, müßte man dann nicht konsequenterweise doûlos stets mit >Sklave< übersetzen?
Ich kriege übrigens immer Bauchschmerzen bei dieser Art des Umgangs mit dem Griechischen des NT. Die Koine ist eben nicht die Sprache der griechischen Klassik, sondern eine einerseits zur Verarmung neigende Verkehrssprache (von Nicht-Muttersprachlern) - die andererseits wieder unterschiedliche lokale Anreicherungen erworben hat. Für ds NT hilft da nur die Konkordanz - was ja keine umwerfend neue Einsicht ist.
„DIE SORGE DER PÄPSTE ist es bis zur heutigen Zeit stets gewesen, dass die Kirche Christi der Göttlichen Majestät einen würdigen Kult darbringt.“ Summorum Pontificum 2007 (http://www.summorum-pontificum.de/)
Re: Griechischschule
Sagt der Herr Baron auf dem Weg zum Schloß: "Hinrich, fahr nicht so schnell, dat könnten alle meine sein!"Bernado hat geschrieben:"Grundsätzlich" heißt pais "männlicher Minderjähriger aus dem eigenen Haushalt", wobei offen bleibt, ob es ein freies (eigenes Kind) ist oder ein junger (rechtloser) Knecht bzw. Sklave. Mit dieser Unschärfe ist die Sprache sehr realistisch, weil die Kinder der Knechtsfamilien oft genug die leiblichen Kinder des Hausherrn waren.ad-fontes hat geschrieben:Ist paîs mit Bezug auf Jesus (Mt 12, 18; Clemensbrief, Anaphora der Traditio apostolica) oder Israel (Lk 1, 54) grundsätzlich mit >Knecht< zu übersetzen oder geht auch bzw. paßt besser >Kind<? Falls nein, warum?
"Jesus, dein Knecht" hört sich für uns nach Subordination an, die ontologisch nicht gegeben ist; "Jesus, dein Kind...den du als dein Sohn geoffenbart hast" klingt tautologisch, Kind an sich zudem sehr ungewöhnlich.
Christi vero ecclesia, sedula et cauta depositorum apud se dogmatum custos, nihil in his umquam permutat, nihil minuit, nihil addit; non amputat necessaria, non adponit superflua; non amittit sua, non usurpat aliena. (Vincentius Lerinensis, Com. 23, 16)
Re: Griechischschule
Also, warum dann nicht in diesen beiden Fällen so übersetzen, wie Luther es in Lukas I, 54 getan hat: Mit Diener. "Diener" zielt stärker auf die Funktion und hat eine weitaus schwächere ontologische Konnotation als "Knecht". Und "Jesus, Dein Diener, den Du als Deinen Sohn geoffenbart hast", klingt in meinen Ohren recht gut - und passt sowohl zu "pais" als auch zum "puer" der Vulgata.ad-fontes hat geschrieben:"Jesus, dein Knecht" hört sich für uns nach Subordination an, die ontologisch nicht gegeben ist; "Jesus, dein Kind...den du als dein Sohn geoffenbart hast" klingt tautologisch, Kind an sich zudem sehr ungewöhnlich.
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Re: Griechischschule
Müßte dann dort nicht diákonos stehen?
Ich finde Kind als Abschwächung zu Knecht weiterhin eine Überlegung wert.
Ich finde Kind als Abschwächung zu Knecht weiterhin eine Überlegung wert.
Christi vero ecclesia, sedula et cauta depositorum apud se dogmatum custos, nihil in his umquam permutat, nihil minuit, nihil addit; non amputat necessaria, non adponit superflua; non amittit sua, non usurpat aliena. (Vincentius Lerinensis, Com. 23, 16)
Re: Griechischschule
Ein Diakonos ist eine spezielle Art von Diener, ein Aufwärter, Leibdiener, Bediensteter oder wie man das nennen soll. Jedenfalls ziemlich konkret.ad-fontes hat geschrieben:Müßte dann dort nicht diákonos stehen?
Gegen "Kind" spricht m.E. , daß im nächsten Atemzug von "Sohn" die Rede ist und "Kind" im heutigen Deutsch kaum noch einen Anklang an unmündig, untergeordnet, dienend hat. "Diener, den ich als meinen Sohn geoffenbart habe" trifft für mich perfekt. Diener, Untergebene, die, die Gottes Willen tun (sollen) - das sind wir Menschen alle - aber dieser eine ist als sein Sohn geoffenbart.
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Re: Griechischschule
Wenn „Diener“, warum dann nicht gleich „Lakai“ oder „Butler“?
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Re: Griechischschule
Du meinst, wir sollten sagen: Der verehrungswürdige Butler Gottes Johannes Paul II.? Das hat was.Robert Ketelhohn hat geschrieben:Wenn „Diener“, warum dann nicht gleich „Lakai“ oder „Butler“?
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Re: Griechischschule
Anderer Sinn?Robert Ketelhohn hat geschrieben:Wenn „Diener“, warum dann nicht gleich „Lakai“ oder „Butler“?
Tu excitas, ut laudare te delectet, quia fecisti nos ad te et inquietum est cor nostrum, donec requiescat in te.
Augustinus Conf. I. 1
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Re: Griechischschule
Heute, Evangelium Mt. 21,28 ff.: Im griech Text (und Vulgata dito), verweigert der erste Sohn zunächst den Gehorsam, der zweite beschwichtigt; in der deutschen Übersetzung ist es gerade umgekehrt.
Weiß hier einer, wie diese Umstellung zu erklären ist?
Ich weiß, daß das evtl.nicht hierher gehört, wußte aber keinen anderen Strang
Weiß hier einer, wie diese Umstellung zu erklären ist?
Ich weiß, daß das evtl.nicht hierher gehört, wußte aber keinen anderen Strang
Von Gott kommt mir ein Freudenschein,/ wenn Du mich mit den Augen Dein/ gar freundlich tust anblicken
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Re: Griechischschule
Der Schlüssel liegt im Vulgatatext Mt 21,31. Die Mehrheit der Handschriften hat dort irrig:
quis ex duobus fecit voluntatem patris? dicunt novissimus. Einige unabhängige Handschriften,
die Rezension Alcuins mit allen von ihr abhängenden Manuskripten sowie die Clementina
haben korrekt nach Sinn und griechischer Vorlage primus statt novissimus.
Entsprechend wurde auch stets übersetzt, ob durch Luther, die Elberfelder oder Schlachter.
Neuerdings jedoch ist man offenbar auf die Idee gekommen, novissimus zu bewahren und
dafür in der Versen 28-30 die Söhne umzustellen. Das ist aber jedenfalls kaum als das wahr-
scheinlichere Versehen der Vulgata plausibel zu machen und erst recht gegen den griechi-
schen Text, auch gegen Nestle/Aland. Selbst die Nova Vulgata behält die korrigierte Fassung
Alcuins und der Clementina bei.
Vielleicht liegen der Vertauschung dramaturgische Überlegungen zugrunde.
quis ex duobus fecit voluntatem patris? dicunt novissimus. Einige unabhängige Handschriften,
die Rezension Alcuins mit allen von ihr abhängenden Manuskripten sowie die Clementina
haben korrekt nach Sinn und griechischer Vorlage primus statt novissimus.
Entsprechend wurde auch stets übersetzt, ob durch Luther, die Elberfelder oder Schlachter.
Neuerdings jedoch ist man offenbar auf die Idee gekommen, novissimus zu bewahren und
dafür in der Versen 28-30 die Söhne umzustellen. Das ist aber jedenfalls kaum als das wahr-
scheinlichere Versehen der Vulgata plausibel zu machen und erst recht gegen den griechi-
schen Text, auch gegen Nestle/Aland. Selbst die Nova Vulgata behält die korrigierte Fassung
Alcuins und der Clementina bei.
Vielleicht liegen der Vertauschung dramaturgische Überlegungen zugrunde.
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Re: Griechischschule
Die Vermutung liegt durchaus nahe. (Auch wenn dieſe Überſetzungsvariante bei der von dir beſchriebenen Textlage ſchon ziemlich zweifelhaft ist.)Robert Ketelhohn hat geschrieben:Vielleicht liegen der Vertauschung dramaturgische Überlegungen zugrunde.
Sempre gab hierzu in einem anderen Strang neulich einen intereſſanten Hinweis (ob dieſer die Intention des ſel. Papſtes Johannes Paul trifft, ſei einmal dahingeſtellt).
Man denke z. B. an Kain und Abel, Eſau und Jakob, den älteren und den jüngeren Bruder im Gleichnis vom verlorenen Sohn. In allen Fällen kommt der jüngere Bruder letztlich beſſer weg.
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Re: Griechischschule
Eben daran dachte ich beim Hinweis auf die Dramaturgie
(„erster schlecht – zweiter gut“, will sagen: Wendung des
Dramas zum Guten.)
(„erster schlecht – zweiter gut“, will sagen: Wendung des
Dramas zum Guten.)
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Re: Griechischschule
Das ist gar keine Übersetzung, sondern eine Textredaktion.Galilei hat geschrieben:(Auch wenn dieſe Überſetzungsvariante bei der von dir
beſchriebenen Textlage ſchon ziemlich zweifelhaft ist.)
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Re: Griechischschule
Danke!
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Re: Griechischschule
Keine Ursache.
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Re: Griechischschule
Der Übersetzer hat sich seine Inspiration zwei Kapitel früher geholt:Robert Ketelhohn hat geschrieben:Der Schlüssel liegt im Vulgatatext Mt 21,31. Die Mehrheit der Handschriften hat dort irrig:
quis ex duobus fecit voluntatem patris? dicunt novissimus. Einige unabhängige Handschriften,
die Rezension Alcuins mit allen von ihr abhängenden Manuskripten sowie die Clementina
haben korrekt nach Sinn und griechischer Vorlage primus statt novissimus.
Entsprechend wurde auch stets übersetzt, ob durch Luther, die Elberfelder oder Schlachter.
Neuerdings jedoch ist man offenbar auf die Idee gekommen, novissimus zu bewahren und
dafür in der Versen 28-30 die Söhne umzustellen. Das ist aber jedenfalls kaum als das wahr-
scheinlichere Versehen der Vulgata plausibel zu machen und erst recht gegen den griechi-
schen Text, auch gegen Nestle/Aland. Selbst die Nova Vulgata behält die korrigierte Fassung
Alcuins und der Clementina bei.
Vielleicht liegen der Vertauschung dramaturgische Überlegungen zugrunde.
multi autem erunt primi novissimi et novissimi primi (Erste werden Neuste, Novizen werden Erste sein)
Das ist klar.
Was aber die Umstellungen in neueren Übersetzungen anbelangt, geht es um einen Formalismus, der aus dem geistreichen Johannes und dem liberalen Paulus einen Konservativen macht.
Gennadios Scholarios gegen Plethon
Wer kann helfen? Aus einem Briefe von Gennadios II Scholarios von Konstantinopel zu Plethon:
oder ... "nachdem die Wahrheit (Jesus) schon erschienen ist".
Wie mir das Ganze vorschwebt: "Er (Plethon) hätte auch kaum in eine schlimmere Häresie fallen können. Er tat so, als würde er um der Frömmigkeit und der Tugend willen jemandem Schlechtes tun, der niemanden ungerecht behandelt hat, aber auch keinem seiner Kollegen in etwas nachsteht. Nicht dass es etwas nützen würde, eine so große Gesetzlosigkeit zu rächen, aber ich will mich nicht dem Urteile von wem auch immer über Menschen beugen, nachdem die Wahrheit schon offenbar geworden ist".Γεννάδιος ὁ Σχολάριος hat geschrieben:Μόλις δ᾽ ἄν και φαυλοτάτῃ προαιρέσει προσῆκεν, ὑπέρ εὐσεβείας προσποιούμενον καί ἀρετῆς ἐνοχλεῖν μηδεν ἀν ἀδικοῦντι, ἅμα δὲ καὶ οὐδενὸς ἡττωμένῳ τῶν ὁμοτέχνων, μὴ ὅτι γε τηλικαύτης παρανομίας δίκην ὀφείλειν, ἀλλὰ καὶ τίνος οὐ χείρω κρίνεσθαι τοῖς ἀνθρώποις, ὀψὲ τῆς ἀληθείας φανερουμένης.
oder ... "nachdem die Wahrheit (Jesus) schon erschienen ist".
Herr Gott,
großes Elend ist über mich gekommen.
Meine Sorgen wollen mich erdrücken,
ich weiß nicht ein noch aus.
Gott, sei gnädig und hilf.
Gib Kraft zu tragen, was du schickst,
laß die Furcht
nicht über mich herrschen.
(D. Bonhoeffer)
großes Elend ist über mich gekommen.
Meine Sorgen wollen mich erdrücken,
ich weiß nicht ein noch aus.
Gott, sei gnädig und hilf.
Gib Kraft zu tragen, was du schickst,
laß die Furcht
nicht über mich herrschen.
(D. Bonhoeffer)
Re: Griechischschule
Oben steht "(Dein?) Ruhm sei unvergänglich", unten der Name "Saranta Ekklesia" scheint ein Titular-Bischofssitz der Griechisch-orthodoxen Kirche zu sein, ursprünglich wohl ein Ort in Ostthrakien.
Re: Griechischschule
Also, das auf dem Emblem ist die Insel Samothraki ("dämonenfreies Eiland", wer sich noch daran erinnert) und die Statue ist die Nike der Samothraki.
Ich kannte das Emblem nicht (habe nicht auf Samothraki gedient). Als ich das heute fand, dachte ich, ich hole die Griechischschule wieder ans kalte Tageslicht und lerne auch was dabei.
Was es mit den 40 Kirchen auf sich hat, weiß ich nicht. Diesen Ortsnamen gibt es wohl öfter in Griechenland (ich glaube ihn auch in Thessaloniki gesehen zu haben).
Recht vielen Dank, mein lieber taddeo.
Χαίρε!
Ich kannte das Emblem nicht (habe nicht auf Samothraki gedient). Als ich das heute fand, dachte ich, ich hole die Griechischschule wieder ans kalte Tageslicht und lerne auch was dabei.
Was es mit den 40 Kirchen auf sich hat, weiß ich nicht. Diesen Ortsnamen gibt es wohl öfter in Griechenland (ich glaube ihn auch in Thessaloniki gesehen zu haben).
Recht vielen Dank, mein lieber taddeo.
Χαίρε!
Ich glaube; hilf meinem Unglauben
Re: Griechischschule
"ökumenisch" im Verständnis des 5.-7. Jahrhunderts: heißt das 'universal' oder 'reichs-' (auf das Reich bezogen)?
Konkret bezieht sich meine Frage auf den Titel des Konstantinopolitaners: 'Ökumenischer Patriarch' = Reichsbischof oder universaler (im Sinne von: 'katholischer'?) Bischof?
Konkret bezieht sich meine Frage auf den Titel des Konstantinopolitaners: 'Ökumenischer Patriarch' = Reichsbischof oder universaler (im Sinne von: 'katholischer'?) Bischof?
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Re: Griechischschule
Ist das ein Widerspruch? – Wenn Reich, dann das ganze, als Gesamtheit.ad-fontes hat geschrieben:"ökumenisch" im Verständnis des 5.-7. Jahrhunderts: heißt das 'universal' oder 'reichs-' (auf das Reich bezogen)?
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Re: Griechischschule
Ja, aber es könnte sich einmal auf das Gebiet des Byzantinischen Reiches beziehen und einmal auf den gesamten Erdkreis; auch wenn von dem damals nicht allzu viel bekannt war, so macht das doch einen Unterschied.Robert Ketelhohn hat geschrieben:Ist das ein Widerspruch? – Wenn Reich, dann das ganze, als Gesamtheit.ad-fontes hat geschrieben:"ökumenisch" im Verständnis des 5.-7. Jahrhunderts: heißt das 'universal' oder 'reichs-' (auf das Reich bezogen)?
Der so genannte ‚Geist’ des Konzils ist keine autoritative Interpretation. Er ist ein Geist oder Dämon, der exorziert werden muss, wenn wir mit der Arbeit des Herrn weiter machen wollen. – Ralph Walker Nickless, Bischof von Sioux City, Iowa, 2009