Ist der "NOM"-Ritus verkehrt?

Rund um den traditionellen römischen Ritus und die ihm verbundenen Gemeinschaften.
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Sarandanon
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Re: Ist der "NOM"-Ritus verkehrt?

Beitrag von Sarandanon »

taddeo hat geschrieben:
Sarandanon hat geschrieben:Die Bewegung hin zu einem neuen Ritus war mE doch nicht neu. Schon weit vor dem II VK haben sich Liturgen mit einer Erneuerung beschäftigt. Was war denn jetzt genau der "Pfusch" der getrieben wurde? Und besteht dieser Deiner Meinung nach heute immer noch?
Der Pfusch besteht natürlich heute immer noch, er steht ja im Meßbuch.
Er besteht in erster Linie darin, daß man die Liturgiegeschichte aus West und Ost als Steinbruch genommen hat, aus dem man einzelne Mosaiksteinchen willkürlich in den stadtrömischen Ritus eingefügt hat, oft genug ohne zu beachten, ob sie dort überhaupt hinpassen oder hingehören. "Ach, das ist ein schönes Gebet, und so alt, aus diesem und jenem Sakramentar ... das könnte man doch hier verwenden, schmeißen wir dafür das jetzige raus ...". Man hat dadurch organische und sinnvolle Strukturen der Liturgie irreparabel zerbrochen, ohne was Besseres dafür zu kriegen.
Es wird sicherlich zu ausführlich, hier jetzt auf Einzelheiten einzugehen. Gibt es zu dieser Thematik eigentlich eine lesenswerte Literaturempfehlung, die sich einigermaßen neutral mit dem "Pfusch" beschäftigt?

Ansonsten sind solche Hintergründe für den "gemeinen Katholiken" wie mich, der nur die NOM kennt nicht leicht verständlich. Man lernt ja abe nie aus. Wenn denn tatsächlich ein obejektive Bewertung zu dem Ergebnis gekommen ist, dass "Pfusch" vorliegen könnte, nehme ich zumindest diesbzgl. meinen Vorwurf des "geistigen Dünnpfiffs" gegenüber CiC_Fan zurück.
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Siard
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Re: Malachias' Rache - Der weiße Mann in Rom

Beitrag von Siard »

taddeo hat geschrieben:
Sarandanon hat geschrieben:Die Bewegung hin zu einem neuen Ritus war mE doch nicht neu. Schon weit vor dem II VK haben sich Liturgen mit einer Erneuerung beschäftigt. Was war denn jetzt genau der "Pfusch" der getrieben wurde? Und besteht dieser Deiner Meinung nach heute immer noch?
Der Pfusch besteht natürlich heute immer noch, er steht ja im Meßbuch.
Er besteht in erster Linie darin, daß man die Liturgiegeschichte aus West und Ost als Steinbruch genommen hat, aus dem man einzelne Mosaiksteinchen willkürlich in den stadtrömischen Ritus eingefügt hat, oft genug ohne zu beachten, ob sie dort überhaupt hinpassen oder hingehören. "Ach, das ist ein schönes Gebet, und so alt, aus diesem und jenem Sakramentar ... das könnte man doch hier verwenden, schmeißen wir dafür das jetzige raus ...". Man hat dadurch organische und sinnvolle Strukturen der Liturgie irreparabel zerbrochen, ohne was Besseres dafür zu kriegen.
Auch, wenn die OF für ihre Entstehungsgeschichte relativ gelungen ist, krankt sie doch an den Eingriffen in teilweise älteste Überlieferungen. Ein gutes Beispiel sind die überarbeiteten (?) Orationen, die i. d. R. formal und inhaltlich mit ihren Vorgängern nicht mithalten können.

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Siard
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Re: Ist der "NOM"-Ritus verkehrt?

Beitrag von Siard »

Auch, wenn ich es nicht unbedingt Pfusch nennen würde, so stimme ich doch der Meinung zu, daß es sich um ein mit heißer Nadel gestricktes Projekt handelt – ein Projekt, das in keiner Weise seiner Bedeutung gerecht wird. Die OF ist sehr stark ein Produkt des Zeitgeistes (hier ganz neutral gemeint), und steht mE der Reform Luthers näher*, als der Münzers oder Trients.
Eine Orientierung an Thürlings hätte sehr viel mehr Gehalt gehabt, gerade auch in der Übertragung ins Deutsche.

*) Ich möchte darauf hinweisen, daß ich Dr. Martin Luther in vielerlei Weise sehr schätze.

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Sarandanon
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Re: Ist der "NOM"-Ritus verkehrt?

Beitrag von Sarandanon »

Siard hat geschrieben:Eine Orientierung an Thürlings hätte sehr viel mehr Gehalt gehabt, gerade auch in der Übertragung ins Deutsche.
Wäre wohl theologisch nicht korrekt gewesen, sich an einem exkommunizierten und altkatholischen Priester zu orientieren. Von Thürlings sind allerdings auch nur noch einige Fragmente übriggeblieben, die in der NOM zur römischen Version unterschiedlich sind.
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Re: Ist der "NOM"-Ritus verkehrt?

Beitrag von CIC_Fan »

Man hat beim NOM die Kontinuität verlassen die bei den liturgischen Reformen im 2 Jhd gegeben hat von Divino Afflatu1911 bis zu Codex Rubrikarum 196 absolut gegeben ist auch wenn die Karwochenreform von Pius XII als nicht gerade glücklich bezeichnet werden kann . selbst die Intruktionen von 1964 und 1967 könnte man noch so sehen nur was dann kam ist ohne beispiel auf der Bischofssynode im Oktober 1967 wurde den Vätern plötzlich eine völlig neuer Meßordo vorgeführt und Paul VI ersuchte um die Zustimmung zu dieser sog "Missa Normativa" die Synode lehnte mit großer Mehrheit ab
und Paul VI führte genau diese Messe mit seiner Konstitution Missale Romanum vom Gründonnerstag 1969 ein es ist und bleibt ein Pfusch der noch dazu den glauben gefährdet
Ich sehe durchaus das Problem daß der momentane Zustand am Stand von 1962 fest zu halten ungenügend ist wer übrigens an genauer Kritik am NOM interessiert ist dem sei das Archiv der Una Voce ans Herz gelegt
http://www.una-voce.de/archiv.html

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Hubertus
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Re: Ist der "NOM"-Ritus verkehrt?

Beitrag von Hubertus »

Sarandanon hat geschrieben:Gibt es zu dieser Thematik eigentlich eine lesenswerte Literaturempfehlung, die sich einigermaßen neutral mit dem "Pfusch" beschäftigt?
In erster Linie ist hier wohl Klaus Gamber zu nennen. Im Wikipedia-Art. findest Du auch eine Bibliographie.

Als Einstieg mag dieses Interview dienen ("Der Zusammenbruch eines Tabus"): http://www.kath-info.de/zusammenbruch.html
Der Kult ist immer wichtiger als jede noch so gescheite Predigt. Die Objektivität des Kultes ist das Größte und das Wichtigste, was unsere Zeit braucht. Der Alte Ritus ist der größte Schatz der Kirche, ihr Notgepäck, ihre Arche Noah. (M. Mosebach)

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taddeo
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Re: Ist der "NOM"-Ritus verkehrt?

Beitrag von taddeo »

Hubertus hat geschrieben:
Sarandanon hat geschrieben:Gibt es zu dieser Thematik eigentlich eine lesenswerte Literaturempfehlung, die sich einigermaßen neutral mit dem "Pfusch" beschäftigt?
In erster Linie ist hier wohl Klaus Gamber zu nennen. Im Wikipedia-Art. findest Du auch eine Bibliographie.

Als Einstieg mag dieses Interview dienen ("Der Zusammenbruch eines Tabus"): http://www.kath-info.de/zusammenbruch.html
Wobei Klaus Gamber bei allen Verdiensten sicher nicht wirklich "objektiv" war. Er hat selbst zeitlebens nur den "tridentinischen" Ritus zelebriert (u. a. im Flur seiner kleinen Regensburger Stadtwohnung, wo er eine Art "Kapelle" hatte, weil er es öffentlich nicht durfte). Seine Sicht auf die Liturgiereform war die eines Liturgiewissenschaftlers und Sakramentar-Experten; einen wirklich brauchbaren Ansatz für die Frage, wie man den Zusammenbruch des liturgischen Lebens trotz des alten Ritus hätte verhindern können, hatte auch er nicht zu bieten. Die ganzen Reformen im Zuge des II. Vatikanums versuchten aber gerade auf diese Thematik zu antworten, also aus einer "pastoralen" Sicht heraus. Heute wissen wir freilich, daß viele der damaligen (durchaus guten) Absichten krachend gescheitert sind; daß mit dem alten Ritus heute irgendetwas auch nur einen Funken besser wäre, halte ich persönlich für äußerst fraglich.

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Sarandanon
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Re: Ist der "NOM"-Ritus verkehrt?

Beitrag von Sarandanon »

CIC_Fan hat geschrieben:Man hat beim NOM die Kontinuität verlassen die bei den liturgischen Reformen im 2 Jhd gegeben hat von Divino Afflatu1911 bis zu Codex Rubrikarum 196 absolut gegeben ist auch wenn die Karwochenreform von Pius XII als nicht gerade glücklich bezeichnet werden kann . selbst die Intruktionen von 1964 und 1967 könnte man noch so sehen nur was dann kam ist ohne beispiel auf der Bischofssynode im Oktober 1967 wurde den Vätern plötzlich eine völlig neuer Meßordo vorgeführt und Paul VI ersuchte um die Zustimmung zu dieser sog "Missa Normativa" die Synode lehnte mit großer Mehrheit ab
und Paul VI führte genau diese Messe mit seiner Konstitution Missale Romanum vom Gründonnerstag 1969 ein es ist und bleibt ein Pfusch der noch dazu den glauben gefährdet
Ich sehe durchaus das Problem daß der momentane Zustand am Stand von 1962 fest zu halten ungenügend ist wer übrigens an genauer Kritik am NOM interessiert ist dem sei das Archiv der Una Voce ans Herz gelegt
http://www.una-voce.de/archiv.html
Warum schreibst Du nicht gleich in dieser Art und Weise? Muss es denn erstmal immer dieser verächtliche Ton sein (bwohl Du diesen ja nun auch nicht ganz abstreifen kannst)? So kann ich zumindest ansatzweise etwas damit anfangen und versuchen, Deine Argumente nachzuvollziehen. Das Archiv zu Deinem Link ist picke-packe voll und sieht für mich erstmal unübersichtlich aus. Ich kann nur versuchen, da für mich etwas rauszuziehen.
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Siard
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Re: Ist der "NOM"-Ritus verkehrt?

Beitrag von Siard »

CIC_Fan hat geschrieben:Man hat beim NOM die Kontinuität verlassen die bei den liturgischen Reformen im 2 Jhd gegeben hat von Divino Afflatu1911 bis zu Codex Rubrikarum 196 absolut gegeben ist auch wenn die Karwochenreform von Pius XII als nicht gerade glücklich bezeichnet werden kann . selbst die Intruktionen von 1964 und 1967 könnte man noch so sehen nur was dann kam ist ohne beispiel auf der Bischofssynode im Oktober 1967 wurde den Vätern plötzlich eine völlig neuer Meßordo vorgeführt und Paul VI ersuchte um die Zustimmung zu dieser sog "Missa Normativa" die Synode lehnte mit großer Mehrheit ab
und Paul VI führte genau diese Messe mit seiner Konstitution Missale Romanum vom Gründonnerstag 1969 ein es ist und bleibt ein Pfusch der noch dazu den glauben gefährdet
Ich sehe durchaus das Problem daß der momentane Zustand am Stand von 1962 fest zu halten ungenügend ist wer übrigens an genauer Kritik am NOM interessiert ist dem sei das Archiv der Una Voce ans Herz gelegt
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Der Vortrag von Hw. Dr. Gregorius Hesse zu diesem Thema ist durchaus erhellend.

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cantus planus
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Re: Malachias' Rache - Der weiße Mann in Rom

Beitrag von cantus planus »

Siard hat geschrieben:Auch, wenn die OF für ihre Entstehungsgeschichte relativ gelungen ist, [...]
Schon das bestreite ich mit Nachdruck. Es ist ja kein Zufall, dass alle modernen Liturgiker plötzlich die Stille im Sinne eines kollektiv untätigen Herumsitzens für sich entdecken und propagieren, da die Verbalinkontinenz des Novus Ordo kaum auszuhalten ist und man sich eher wie in einem Dauervortrag vorkommt, der ab und an durch ein Liedchen unterbrochen und aufgelockert wird. Die Leseordnung ist eine komplette akademische Totgeburt, die in dieser Form nur gut gemeint ist und sich überhaupt nur dem erschliesst, der ihren Hintergrund kennt und das Privileg geniesst, jeden Tag die Hl. Messe besuchen zu können (vorausgesetzt, dort wird immer das gelesen, was vorgesehen ist). Das Stufengebet zu streichen war ein katastrophaler Fehler, der die Anwandlung einer Theaterbühne, die die Darsteller betreten, ebenso verstärkt wie der Konzilstisch als Altar. Rein liturgiehistorisch ist am nachkonziliaren Ritus in jeder Hinsicht kaum etwas zu retten, und pastoral hat er sich auch nur bedingt bewährt. Jedenfalls verstehen die Leute heute von der Liturgie genau so viel, wie vor dem Konzil... Und zwar einschliesslich des amtierenden Papstes, wie man an seiner liturgischen Unkultur und seinen oberflächlichen Aussagen dazu spüren kann, um den Bogen zurück zum Thema zu schlagen.

Eine gänzlich andere Frage ist das Stundengebet, wo ich tatsächlich gewisse Verbesserungen sehe, mit denen aber andererseits auch einige Verschlechterungen kamen. Hier bleibt das Resultat m. E. durchwachsen, aber nicht komplett daneben, wie ich es für die Hl. Messe sehe.
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Hubertus
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Re: Ist der "NOM"-Ritus verkehrt?

Beitrag von Hubertus »

taddeo hat geschrieben:
Hubertus hat geschrieben:
Sarandanon hat geschrieben:Gibt es zu dieser Thematik eigentlich eine lesenswerte Literaturempfehlung, die sich einigermaßen neutral mit dem "Pfusch" beschäftigt?
In erster Linie ist hier wohl Klaus Gamber zu nennen. Im Wikipedia-Art. findest Du auch eine Bibliographie.

Als Einstieg mag dieses Interview dienen ("Der Zusammenbruch eines Tabus"): http://www.kath-info.de/zusammenbruch.html
Wobei Klaus Gamber bei allen Verdiensten sicher nicht wirklich "objektiv" war. Er hat selbst zeitlebens nur den "tridentinischen" Ritus zelebriert (u. a. im Flur seiner kleinen Regensburger Stadtwohnung, wo er eine Art "Kapelle" hatte, weil er es öffentlich nicht durfte). Seine Sicht auf die Liturgiereform war die eines Liturgiewissenschaftlers und Sakramentar-Experten; einen wirklich brauchbaren Ansatz für die Frage, wie man den Zusammenbruch des liturgischen Lebens trotz des alten Ritus hätte verhindern können, hatte auch er nicht zu bieten. Die ganzen Reformen im Zuge des II. Vatikanums versuchten aber gerade auf diese Thematik zu antworten, also aus einer "pastoralen" Sicht heraus. Heute wissen wir freilich, daß viele der damaligen (durchaus guten) Absichten krachend gescheitert sind; daß mit dem alten Ritus heute irgendetwas auch nur einen Funken besser wäre, halte ich persönlich für äußerst fraglich.
:hae?: Wieso soll das Urteil eines Fachmanns nicht "objektiv" sein? Weil er die alte Messe weitergelesen hat? Ist Dir zu Bewußtsein gekommen, daß das genau umgekehrt sein kann? Also, weil er vor dem Hintergrund seiner Forschungen die Neue Messe ablehnte, hat er die alte weitergefeiert? Und warum wirfst Du ihm jetzt vor, die pastorale Sicht außer Acht zu lassen? Sarandanon hat nach einer Quelle zur Liturgiereform gefragt und ich habe geantwortet. Punkt.
Und daß es ohne "Liturgiereform" heute auch nicht besser aussähe, diese Meinung sei Dir unbenommen. Ich halte dagegen. Schon allein aus schmerzlichen Erfahrungen in der eigenen Familie heraus.
Der Kult ist immer wichtiger als jede noch so gescheite Predigt. Die Objektivität des Kultes ist das Größte und das Wichtigste, was unsere Zeit braucht. Der Alte Ritus ist der größte Schatz der Kirche, ihr Notgepäck, ihre Arche Noah. (M. Mosebach)

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taddeo
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Re: Ist der "NOM"-Ritus verkehrt?

Beitrag von taddeo »

Gamber war ein Fachmann, zweifellos. Und zwar für einen ganz bestimmten Bereich seiner wissenschaftlichen Disziplin, nämlich der Sakramentarforschung. Da gab es in ganz Europa keinen, der auch nur annähernd so einen Überblick und Detailwissen über die existierenden Handschriftenbestände auf der ganzen Welt hatte wie er.

Gamber war aber auch jemand, der zuletzt alles ausschließlich aus dieser historisch-deskriptiven Warte beurteilte, wie seine Bücher zeigen. Und damit allein wird man einem lebendigen Organismus wie der Liturgie der Kirche nicht ganz gerecht. Seine Forschungen waren bahnbrechend, aber seine daraus gezogenen Schlußfolgerungen waren keineswegs frei von gewissen ideologischen Engführungen, und auch nicht von den Folgen persönlicher Erfahrungen und Verletzungen, denen er zeitlebens ausgesetzt war. Insofern waren sie nicht "objektiv" in dem Sinn, daß sie unwiderlegbar wären.

Übrigens habe ich Klaus Gamber noch persönlich gekannt, er hat mir den Hinweis auf das Thema meiner späteren Diplomarbeit gegeben, ist aber leider verstorben, kurz bevor wir Einzelheiten dazu besprechen wollten. Insofern darfst Du mir glauben, daß es mir völlig fernliegt, Klaus Gamber hier irgendwie in Mißkredit zu bringen. Aber 25 Jahre nach seinem Tod kann man auch erwähnen, wo Kritik angebracht sein darf.

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Libertas Ecclesiae
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Re: Ist der "NOM"-Ritus verkehrt?

Beitrag von Libertas Ecclesiae »

Kardinal Ratzinger hat Gamber nicht nur als „Fachmann“, sondern geradezu als „wegweisende Kraft“ und Vaterfigur gewürdigt, dessen Werk uns „in dieser Stunde der Not“ zu einem neuen liturgischen Aufbruch helfen könnte:

http://www.pro-missa-tridentina.de/uplo ... andron.pdf

Außerdem sei in diesem Zusammenhang auf den französischen Liturgiewissenschaftler Louis Bouyer verwiesen, der selbst an den Arbeiten zur Liturgiereform beteiligt war, später aber dem ganzen Werk kritisch gegenüberstand:

Louis Bouyer, Mémoires, Paris 214 (Les Èditions du Cerf)

http://www.editionsducerf.fr/html/fiche ... cerf=138
„Die letzte Messe ist noch nicht gelesen.“
(Jelena Tschudinowa)

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Hubertus
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Re: Ist der "NOM"-Ritus verkehrt?

Beitrag von Hubertus »

taddeo hat geschrieben:Gamber war aber auch jemand, der zuletzt alles ausschließlich aus dieser historisch-deskriptiven Warte beurteilte, wie seine Bücher zeigen. Und damit allein wird man einem lebendigen Organismus wie der Liturgie der Kirche nicht ganz gerecht.
Das ist sachlich so nicht korrekt. Bereits 1966 hat er sogar in Liturgie übermorgen versucht, einige Grundsätze für eine ökumenische Liturgie (sic!) der Zukunft, basierend auf der Liturgie der ungeteilten Christenheit des 1. Jahrtausends zu machen. Überhaupt weiß gerade ein Liturgiehistoriker, daß Liturgie sich stets gewandelt hat. Das ist auch nicht der Kern des Problems. Was er u.a. kritisierte, war, daß die Reform so übers Knie gebrochen wurde, insbesondere, da man über die Liturgiegeschichte noch gar nicht so viel wußte. Und in der Tat hat man ja mittlerweile herausgefunden, daß einige Punkte, von denen man damals glaubte, sie seien besonders nah an der frühen Liturgie, einfach so nicht stimmen (Stichworte: Zelebration "versus populum", Form der Handkommunion, "Konzelebration").
Der Kult ist immer wichtiger als jede noch so gescheite Predigt. Die Objektivität des Kultes ist das Größte und das Wichtigste, was unsere Zeit braucht. Der Alte Ritus ist der größte Schatz der Kirche, ihr Notgepäck, ihre Arche Noah. (M. Mosebach)

Fragesteller
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Re: Ist der "NOM"-Ritus verkehrt?

Beitrag von Fragesteller »

Siard hat geschrieben: und steht mE der Reform Luthers näher*, als der Münzers oder Trients.
Kannst Du Münzer mal kurz skizzieren? Ich kenne bisher nur einzelne Gesänge von ihm und habe mich immer gewundert, warum sich so ein Revolutionär und Schwärmer so für die kirchliche Tradition interessiert. Von seiner liturgischen Gesamtkonzeption weiß ich bislang nichts.
Zuletzt geändert von Fragesteller am Sonntag 22. Februar 2015, 19:02, insgesamt 1-mal geändert.

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Hubertus
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Re: Ist der "NOM"-Ritus verkehrt?

Beitrag von Hubertus »

Libertas Ecclesiae hat geschrieben:Kardinal Ratzinger hat Gamber nicht nur als „Fachmann“, sondern geradezu als „wegweisende Kraft“ und Vaterfigur gewürdigt, dessen Werk uns „in dieser Stunde der Not“ zu einem neuen liturgischen Aufbruch helfen könnte:

http://www.pro-missa-tridentina.de/uplo ... andron.pdf
:ja:

Übrigens ist Ratzinger einer der Kronzeugen für den beispiellosen Verfall gottesdienstlichen Lebens nach der Liturgiereform. Ich kann mich noch erinnern, mit welcher Erschütterung ich seine Bilanz "Das gottesdienstliche Leben in den Gemeinden 15 Jahre nach dem Konzil"*) las. Die Predigt stammt von 1979. Insofern läßt sich dewm Argument 'Die Alte Messe hätte den Niedergang nicht aufgehalten' entgegnen: Schlechter als mit dem Novus Ordo hätte es auch nicht kommen können.



*) In: Das Fest des Glaubens (Einsiedeln 3/1993), 127ff.
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Re: Ist der "NOM"-Ritus verkehrt?

Beitrag von taddeo »

Hubertus hat geschrieben:Übrigens ist Ratzinger einer der Kronzeugen für den beispiellosen Verfall gottesdienstlichen Lebens nach der Liturgiereform. Ich kann mich noch erinnern, mit welcher Erschütterung ich seine Bilanz "Das gottesdienstliche Leben in den Gemeinden 15 Jahre nach dem Konzil"*) las. Die Predigt stammt von 1979. Insofern läßt sich dewm Argument 'Die Alte Messe hätte den Niedergang nicht aufgehalten' entgegnen: Schlechter als mit dem Novus Ordo hätte es auch nicht kommen können.
Tja, das ist die Frage (freilich eine, über die zu diskutieren tatsächlich müßig ist).
Die heutigen Priesterzahlen hätten aber unter der "Alten Messe" noch wesentlich verheerendere Auswirkungen, denke ich.

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Sarandanon
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Re: Ist der "NOM"-Ritus verkehrt?

Beitrag von Sarandanon »

Hubertus hat geschrieben: :hae?: Wieso soll das Urteil eines Fachmanns nicht "objektiv" sein? Weil er die alte Messe weitergelesen hat? Ist Dir zu Bewußtsein gekommen, daß das genau umgekehrt sein kann? Also, weil er vor dem Hintergrund seiner Forschungen die Neue Messe ablehnte, hat er die alte weitergefeiert? Und warum wirfst Du ihm jetzt vor, die pastorale Sicht außer Acht zu lassen? Sarandanon hat nach einer Quelle zur Liturgiereform gefragt und ich habe geantwortet. Punkt.
Und daß es ohne "Liturgiereform" heute auch nicht besser aussähe, diese Meinung sei Dir unbenommen. Ich halte dagegen. Schon allein aus schmerzlichen Erfahrungen in der eigenen Familie heraus.
Und ich danke Dir für Deine Antwort. Auch wenn der Herr Gamber vielleicht nicht wirklich objektiv gewesen ist, würde ich trotzdem etwas von ihm lesen und dies dann vielleicht in einen Kontext zu einem NOM-Befürworter und Autor setzen.

Gib mir doch einen Rat, welches der fogenden Werke angebracht wäre:

http://www.booklooker.de/B%C3%BCcher/Kl ... FM6F31ZZr

http://www.booklooker.de/B%C3%BCcher/GA ... K7bSS1ZZW

http://www.booklooker.de/B%C3%BCcher/Ga ... KtPNv1ZZ2

http://www.booklooker.de/B%C3%BCcher/Ga ... A2Vgb1ZZU

http://www.booklooker.de/B%C3%BCcher/Ga ... A2USx1ZZx

http://www.booklooker.de/B%C3%BCcher/Ga ... D2TKA1ZZE

http://www.booklooker.de/B%C3%BCcher/Ga ... D2UI41ZZ7
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Re: Ist der "NOM"-Ritus verkehrt?

Beitrag von taddeo »

Die sind alle lesenswert. Speziell zur Thematik Liturgiereform und II. Vatikanum sind folgende Bände interessant:

- Fragen in die Zeit. Kirche und Liturgie nach dem Vatikanum II (1989)
- Bewahre das Erbe. Der Wandel in Glaube und Liturgie nach dem Vaikanum II (1983)
- Die alte Messe - immer noch? Überlegungen zu Volksaltar, Konzelebration und Massengottesdiensten im Freien (1982)
- Erneuerung durch Neuerungen? Zur Gegenwartslage der römischen Kirche vor allem auf liturgischem Gebiet (1981)
- Die Reform der römischen Liturgie. Vorgeschichte und Problematik (1981)

Was an Restbeständen der Schriften Gambers noch vorhanden ist, wird vom Bischöflichen Zentralarchiv Regensburg verkauft. Ich empfehle Dir, bei Interesse einfach ne Mail dorthin zu schicken (archiv@bistum-regensburg.de) und nach einer Preisliste der noch vorrätigen Bände zu fragen.

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Re: Ist der "NOM"-Ritus verkehrt?

Beitrag von Sarandanon »

taddeo hat geschrieben:Die sind alle lesenswert. Speziell zur Thematik Liturgiereform und II. Vatikanum sind folgende Bände interessant:

- Fragen in die Zeit. Kirche und Liturgie nach dem Vatikanum II (1989)
- Bewahre das Erbe. Der Wandel in Glaube und Liturgie nach dem Vaikanum II (1983)
- Die alte Messe - immer noch? Überlegungen zu Volksaltar, Konzelebration und Massengottesdiensten im Freien (1982)
- Erneuerung durch Neuerungen? Zur Gegenwartslage der römischen Kirche vor allem auf liturgischem Gebiet (1981)
- Die Reform der römischen Liturgie. Vorgeschichte und Problematik (1981)

Was an Restbeständen der Schriften Gambers noch vorhanden ist, wird vom Bischöflichen Zentralarchiv Regensburg verkauft. Ich empfehle Dir, bei Interesse einfach ne Mail dorthin zu schicken (archiv@bistum-regensburg.de) und nach einer Preisliste der noch vorrätigen Bände zu fragen.
Danke :)
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Re: Ist der "NOM"-Ritus verkehrt?

Beitrag von Hubertus »

V.a. ist Gamber m.E. auch für "Nicht-Fachmänner" gut zu lesen. Angst, es nicht zu verstehen, braucht man keine haben. Höchstens mal die Fachausdrücke oder lat. bzw. griech. Zitate. :ja:
Der Kult ist immer wichtiger als jede noch so gescheite Predigt. Die Objektivität des Kultes ist das Größte und das Wichtigste, was unsere Zeit braucht. Der Alte Ritus ist der größte Schatz der Kirche, ihr Notgepäck, ihre Arche Noah. (M. Mosebach)

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Re: Ist der "NOM"-Ritus verkehrt?

Beitrag von Hubertus »

taddeo hat geschrieben:Die heutigen Priesterzahlen hätten aber unter der "Alten Messe" noch wesentlich verheerendere Auswirkungen, denke ich.
Ich verstehe nicht genau, was Du damit meinst ... Du meinst, wir hätten durch die Alte Messe weniger Priesterberufungen? Ich glaube, das ganze Gegenteil wäre der Fall. Gerade von Priestern weiß ich, daß sie den vetus ordo als dje priesterliche Spiritualität besonders stützend erfahren. Er ist in gewisser Hinsicht viel "intimer", intensiver. Der Priester muß keine "Show" abziehen, er ist auch durch die Fülle an Rubriken stärker zur Aufmerksamkeit und Konzentration angehalten. Priester, die im alten Ritus zelebrieren, haben übereinstimmend berichtet, daß der Ritus den Priester gewissermaßen "trägt", gleichzeitig Ausfluß und Bestärkung der priesterlichen Identität ist.
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Re: Ist der "NOM"-Ritus verkehrt?

Beitrag von taddeo »

Hubertus hat geschrieben:
taddeo hat geschrieben:Die heutigen Priesterzahlen hätten aber unter der "Alten Messe" noch wesentlich verheerendere Auswirkungen, denke ich.
Ich verstehe nicht genau, was Du damit meinst ... Du meinst, wir hätten durch die Alte Messe weniger Priesterberufungen? Ich glaube, das ganze Gegenteil wäre der Fall. Gerade von Priestern weiß ich, daß sie den vetus ordo als dje priesterliche Spiritualität besonders stützend erfahren. Er ist in gewisser Hinsicht viel "intimer", intensiver. Der Priester muß keine "Show" abziehen, er ist auch durch die Fülle an Rubriken stärker zur Aufmerksamkeit und Konzentration angehalten. Priester, die im alten Ritus zelebrieren, haben übereinstimmend berichtet, daß der Ritus den Priester gewissermaßen "trägt", gleichzeitig Ausfluß und Bestärkung der priesterlichen Identität ist.
Nein, ich hab es anders gemeint.
Ich bin fest davon überzeugt, daß der Zusammenbruch des kirchlichen Lebens und damit auch der Priesterzahlen ohne die Reformen des II. Vatikanums genauso oder noch massiver gekommen wäre. Anzeichen dafür gab es ja weiß Gott schon vor dem Konzil, als sich niemand auch nur vorstellen konnte, was ein paar Jahre später alles anders werden würde.
Wenn nun heute noch die vorkonziliare Liturgie gefeiert werden müßte, wäre das mit den aktuell vorhandenen Priestern gar nicht mehr zu leisten, zumindest nicht mit den damals üblichen Regeln (Binationsverbot zB). Da es gleichzeitig nicht vorgesehen war, daß bestimmte kirchliche Funktionen auch von Laien wahrgenommen werden konnten, wäre mancherorts ein halbwegs geregeltes liturgisches Leben gar nicht mehr aufrechtzuerhalten.

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Re: Ist der "NOM"-Ritus verkehrt?

Beitrag von Hubertus »

taddeo hat geschrieben:Wenn nun heute noch die vorkonziliare Liturgie gefeiert werden müßte, wäre das mit den aktuell vorhandenen Priestern gar nicht mehr zu leisten, zumindest nicht mit den damals üblichen Regeln (Binationsverbot zB). Da es gleichzeitig nicht vorgesehen war, daß bestimmte kirchliche Funktionen auch von Laien wahrgenommen werden konnten, wäre mancherorts ein halbwegs geregeltes liturgisches Leben gar nicht mehr aufrechtzuerhalten.
Na gut, dem ließe sich entgegenhalten, daß es möglivherweise angesichts dieser Rahmenbedingungen eine größere Bereitschaft der Gläubigen gäbe, weitere Strecken auf sich zu nehmen, um sonntags dem hl. Meßopfer beizuwohnen als jetzt, wo man lieber in WoGoDis mit Kommunionausteilung geht, als ggf. ein paar Kilometer Fahrweg zurückzulegen.

Aber, wie Du schon sagtest, es ist eine müßige Diskussion, da wir schlicht nicht wissen können, wie alles gekommen wäre.
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umusungu
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Re: Malachias' Rache - Der weiße Mann in Rom

Beitrag von umusungu »

cantus planus hat geschrieben: Die Leseordnung ist eine komplette akademische Totgeburt, die in dieser Form nur gut gemeint ist und sich überhaupt nur dem erschliesst, der ihren Hintergrund kennt und das Privileg geniesst, jeden Tag die Hl. Messe besuchen zu können (vorausgesetzt, dort wird immer das gelesen, was vorgesehen ist).
1. Du weißt natürlich, dass es zwei Leseordnungen gibt, oder?
2. Für alle: es gibt eine Leseordnung für die Sonntage und Festtage und eine Leseordnung für die Werktage.
3. Für die Werktage gibt es oft eine Auswahlmöglichkeit je nach Heiligen-Gedenktag.

Leider ist dein Beitrag von pseudo-liturgischen Kenntnissen geprägt - und kann daher keine Stellungnahme zum NOM sein.

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Libertas Ecclesiae
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Re: Ist der "NOM"-Ritus verkehrt?

Beitrag von Libertas Ecclesiae »

Hubertus hat geschrieben:Aber, wie Du schon sagtest, es ist eine müßige Diskussion, da wir schlicht nicht wissen können, wie alles gekommen wäre.
... wobei die Beweislast derjenige zu tragen hat, der für eine Neuerung eintritt und nicht derjenige, der am Bewährten festhält. Und einen solchen Beweis hat bisher noch niemand erbracht. Ich kann zumindest keinen „zweifelsfrei erwiesenen Nutzen“ der hier diskutierten liturgischen Veränderungen erkennen, etwa hinsichtlich der Auswirkungen auf die Priesterzahlen.
„Die letzte Messe ist noch nicht gelesen.“
(Jelena Tschudinowa)

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umusungu
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Re: Ist der "NOM"-Ritus verkehrt?

Beitrag von umusungu »

Libertas Ecclesiae hat geschrieben:... wobei die Beweislast derjenige zu tragen hat, der für eine Neuerung eintritt und nicht derjenige, der am Bewährten festhält.
auch in diesem Fall gilbt: "sentencia cum ecclesia".
Fragen der Liturgie waren immer Fragen "von oben". Die Kirche hat die Liturige als Tun der Kirche IMMER geregelt - immer verändert - immer renoviert - immer per Dekret festgeschrieben.
Pius V. maßte sich sogar an, seine Reform für alle Zeiten als unveränderbar zu bezeichnen.
Ich weiß nicht, welche Diskussionen 1570 entstanden wären, hätte es damals schon Internet und unsere sonstigen heutigen Kommunikationsmöglichkeiten gegeben.
Päpstliche Dekret brauchten damals oft eine lange Zeit, bis sie in die Tat umgesetzt wurden. (Die kanonische Eheschließungsform hat sich wohl im Erzbistum Köln im 19. Jahrhundert durchgesetzt.)

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Libertas Ecclesiae
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Re: Ist der "NOM"-Ritus verkehrt?

Beitrag von Libertas Ecclesiae »

umusungu hat geschrieben:
Libertas Ecclesiae hat geschrieben:... wobei die Beweislast derjenige zu tragen hat, der für eine Neuerung eintritt und nicht derjenige, der am Bewährten festhält.
auch in diesem Fall gilbt: "sentencia cum ecclesia".
Fragen der Liturgie waren immer Fragen "von oben". Die Kirche hat die Liturige als Tun der Kirche IMMER geregelt - immer verändert - immer renoviert - immer per Dekret festgeschrieben.
Pius V. maßte sich sogar an, seine Reform für alle Zeiten als unveränderbar zu bezeichnen.
Ich weiß nicht, welche Diskussionen 1570 entstanden wären, hätte es damals schon Internet und unsere sonstigen heutigen Kommunikationsmöglichkeiten gegeben.
Päpstliche Dekret brauchten damals oft eine lange Zeit, bis sie in die Tat umgesetzt wurden. (Die kanonische Eheschließungsform hat sich wohl im Erzbistum Köln im 19. Jahrhundert durchgesetzt.)
Joseph Kardinal Ratzinger hat geschrieben:
Was nach dem Konzil weithin geschehen ist, bedeutet etwas ganz anderes: An die Stelle der gewordenen Liturgie hat man die gemachte Liturgie gesetzt. Man ist aus dem lebendigen Prozeß des Wachsens und Werdens heraus umgestiegen in das Machen. Man wollte nicht mehr das organische Werden und Reifen des durch die Jahrhunderte hin Lebendigen fortführen, sondern setzte an dessen Stelle – nach dem Muster technischer Produktion – das Machen, das platte Produkt des Augenblicks.
„Die letzte Messe ist noch nicht gelesen.“
(Jelena Tschudinowa)

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Hubertus
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Re: Ist der "NOM"-Ritus verkehrt?

Beitrag von Hubertus »

Libertas Ecclesiae hat geschrieben:
Hubertus hat geschrieben:Aber, wie Du schon sagtest, es ist eine müßige Diskussion, da wir schlicht nicht wissen können, wie alles gekommen wäre.
... wobei die Beweislast derjenige zu tragen hat, der für eine Neuerung eintritt und nicht derjenige, der am Bewährten festhält. Und einen solchen Beweis hat bisher noch niemand erbracht. Ich kann zumindest keinen „zweifelsfrei erwiesenen Nutzen“ der hier diskutierten liturgischen Veränderungen erkennen, etwa hinsichtlich der Auswirkungen auf die Priesterzahlen.
Ich, wie gesagt, auch nicht.
Der Kult ist immer wichtiger als jede noch so gescheite Predigt. Die Objektivität des Kultes ist das Größte und das Wichtigste, was unsere Zeit braucht. Der Alte Ritus ist der größte Schatz der Kirche, ihr Notgepäck, ihre Arche Noah. (M. Mosebach)

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umusungu
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Re: Ist der "NOM"-Ritus verkehrt?

Beitrag von umusungu »

Libertas Ecclesiae hat geschrieben:
Joseph Kardinal Ratzinger hat geschrieben:
Was nach dem Konzil weithin geschehen ist, bedeutet etwas ganz anderes: An die Stelle der gewordenen Liturgie hat man die gemachte Liturgie gesetzt. Man ist aus dem lebendigen Prozeß des Wachsens und Werdens heraus umgestiegen in das Machen. Man wollte nicht mehr das organische Werden und Reifen des durch die Jahrhunderte hin Lebendigen fortführen, sondern setzte an dessen Stelle – nach dem Muster technischer Produktion – das Machen, das platte Produkt des Augenblicks.
Unter Pius V. ist genauso gehandelt worden. Damals wurde genauso ausgesucht, neu gestrickt usw..
Ich widerspreche Ratzinger: es ist keine gemachte - sondern ebenfalls eine gewordene Liturgie.

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Re: Ist der "NOM"-Ritus verkehrt?

Beitrag von Fragesteller »

umusungu hat geschrieben:
Libertas Ecclesiae hat geschrieben:
Joseph Kardinal Ratzinger hat geschrieben:
Was nach dem Konzil weithin geschehen ist, bedeutet etwas ganz anderes: An die Stelle der gewordenen Liturgie hat man die gemachte Liturgie gesetzt. Man ist aus dem lebendigen Prozeß des Wachsens und Werdens heraus umgestiegen in das Machen. Man wollte nicht mehr das organische Werden und Reifen des durch die Jahrhunderte hin Lebendigen fortführen, sondern setzte an dessen Stelle – nach dem Muster technischer Produktion – das Machen, das platte Produkt des Augenblicks.
Unter Pius V. ist genauso gehandelt worden. Damals wurde genauso ausgesucht, neu gestrickt usw..
Ich widerspreche Ratzinger: es ist keine gemachte - sondern ebenfalls eine gewordene Liturgie.
Ausgesucht ja, gestrickt nein. Um es metaphorisch zu sagen: Trient hat das alte Flussbett verengt, das Vatikanum eine neue Quelle aufgegraben. Beides ein Eingriff, aber von sehr unterschiedlicher Qualität.

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Re: Ist der "NOM"-Ritus verkehrt?

Beitrag von Fragesteller »

Was übrigens die Traditionsvernichtung mit dem Tridentinum angeht, hier ein Widerspruch (zwar von interessierter Seite, deckt sich aber mit dem, was man sonst weiß).
Institut St. Philipp Neri hat geschrieben:Da war die Vielfalt der Riten, die auch vom Konzil von Trient ausdrücklich nicht abgeschafft werden sollte, später freilich dem absolutistischen Zug der Zeit folgend von den meisten Ritengemeinschaften selbst aufgegeben wurde http://www.institut-philipp-neri.de/institut/grundlagen
Es ist ja allgemein bekannt, dass Trient nur die nichtrömischen Riten abschaffen wollte, die keine langjährige Tradition nachweisen konnten (also evtl. reformatorisch beeinflusst waren). Wenn diese Regelung der einzige Vereinheitlichungsfaktor gewesen wäre, hätten doch wohl tatsächlich erheblich mehr Lokalriten überlebt, als das de facto schließlich der Fall war?

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