Aus dem Strang
"Griechenland nach den Wahlen":
Torsten hat geschrieben:
Die Vermögensabgabe zur Staatsschuldenreduzierung ist keine gute Idee.
Sie vernichtet Vertrauen und Anlagemöglichkeiten. Was ist die Alternative?
Wie kann man an das Geld der Reichen kommen (*g*) und Staatsausgaben senken? Die Schweiz macht es mit ihrem Rentensystem vor, wo alle ihren Rentenbeitrag zahlen müssen, ohne Beitragsbemessungsgrenze. Das erspart dem Staat eine Menge Sozialausgaben und lässt den Menschen auch nach ihrer Zeit als Einkommensbezieher ihre Würde. Nebenbei wird der Binnenmarkt durch die Erhöhung der Kaufkraft gestärkt.
Auch den Reichen lässt sich das viel besser vermitteln, wenn statt einer so neidisch daherkommenden Vermögensabgabe einfach nur der gesetzliche Rentenbeitrag gezahlt werden muss. In so einen Staat vertraut man auch. Auch wenn seine Schulden niemals geringer werden. (Was in letzter Konsequenz sowieso hieße, dass Vermögen und Wohlstand sinken.)
Torsten hat geschrieben:
Wäre ich reich, dann würde ich sagen: Ich bezahle gerne meinen Rentenbeitrag, weil dieses Geld - anders als Steuern, die an den Staat gehen, der damit irgendwelche Abenteuer finanziert - weil dieses Geld den Menschen im Alter zugute kommt, die während ihres Arbeitslebens zu meinem wachsenden Vermögen und Wohlstand beigetragen haben.
Torsten hat geschrieben:
Preisfrage: Warum wird es nicht so gehandhabt?
Ich kann so viel verraten, dass es keine ökonomischen Gründe hat, und dem auch keine (Leistungs-)Gerechtigkeit zugrunde liegt, bei der die meisten nur nicht in der Lage sind, sie zu erkennen.
Natürlich ist das Rentensystem in der Schweiz besser aufgestellt als die deutsche Rentenversicherung. Das liegt aber nicht daran, daß alle Erwerbstätigen einzahlen müssen - auch wenn das gerne behauptet wird. Der Vorteil liegt in dem 3-Säulen-Modell, das in D. zwar geschätzt, aber leider, leider nicht kopiert wird.
Die von Dir angesprochene Zahlungspflicht für alle Erwerbstätigen betrifft nur die 1. Säule - die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV) und die Invalidenversicherung (IV). Sie dient jedoch
nur der reinen Existenzsicherung und wird im Umlageverfahren erhoben; sie ist also nicht kapitalgedeckt. Die Beiträge werden hälftig von AG und AN entrichtet und
liegen mit ca. 12% ganz erheblich unter dem Beitrag zur deutschen Rentenversicherung (knappe 2%).
Ob die Säule 1 den Menschen ihre "Würde" läßt, mußt Du selbst beurteilen. Die Renten, die daraus gezahlt werden, sind ausgesprochen gering. So beträgt die Mindestaltersrente nur 1.175 CHF, die Höchstrente 2.35 CHF - sie wird bei Ehepaaren auf 3.525 CHF gedeckelt - alle Zahlen für 215.
Quelle:
https://www.ahv-iv.ch/p/1.215.d
Verglichen mit D. sind das sehr hohe Renten. Der deutsche Eckrentner, der die Standardrente bezieht, erhielt zum 1. 7. 214 eine Rente von 1.154,68 € (West) bzw. 1.65,8 € (Ost) - also in etwa in Höhe der Schweizer Mindestaltersrente. Dafür hat er aber
45 Jahre lang Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung jeweils in Höhe des Beitrags für ein Durchschnittsentgelt gezahlt. In der verhältnismäßig niedrigen deutschen Standardrente spiegelt sich ua auch der Wertverfall des "Euros, unserer Währung" (O-Ton Merkel) wider. Die Höhe zur Grundsicherung für jemanden, der nie etwas in den RV eingezahlt hat, ist - unter Berücksichtigung der Mieterstattung, ziemlich gering. Nimmt man den Unterschied (Standardrente abzgl. KV - Hartz IV einschl. Miete) mit 3 €/Monat an und rechnet man dies auf die Lebenserwartung eines 65 jährigen (=
17,5 Jahre) hoch, so erzielt der Eckrentner Mehreinnahmen von ca. (3*12*17,5=) 63. €. Ob allerdings 45 Jahre lang nur (63./45 =)1.4 p.a. RV-Beiträge (zu je 1/2 AN und AG-Anteile) in die RV eingezahlt hat, erscheint doch zweifelhaft.
Mit der Höhe einer Schweizer Rente ausschl. aus der Säule 1 kannst Du beim dem Preisniveau der Schweiz kaum überleben. Die Rente aus dieser. Säule hat also nur den Charakter einer Grundsicherung und ist in D. durchaus mit Hartz IV vergleichbar - eine Sozialleistung, die auch dem Menschen seine "Würde" garantieren soll. Ob die Garantie der Existenzsicherung aber aus dem allgemeinen Steuertopf oder mittels Sozialversicherungsbeitrag finanziert wird, darüber kann man lange diskutieren.
Die 2. Säule (betriebliche Renten) und die 3. Säule (private Vorsorge) kennen wir auch in D., allerdings nicht in der Konsequenz, wie dies in der Schweiz eingeführt wurde. Weder die 2. Säule noch die 3. Säule sind für alle Erwerbstätigen obligatorisch. Verpflichtend sind Einzahlungen in die 2. Säule nur für
"alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die schon in der 1. Säule versichert sind und mindestens 21'15 Franken im Jahr verdienen." Die 1. und die 2. Säule sollen zusammen eine
Niveau von 6% des letzten Lohnes erreichen. Beiträge zur 2. Säule werden von AG und AN getragen, der AG-Beitrag muß mindestens gleich hoch sein, wie der AN-Beitrag. Das Verfahren ist weitestgehend kapitalgedeckt.
Bei der beruflichen Vorsorge herrscht zum Teil Wettbewerb. Der Arbeitgeber kann aus verschiedenen Anbietern selbst auswählen. Grössere Unternehmen sowie die Verwaltung haben in der Regel eine eigene Pensionskasse. Alle Arbeitnehmer eines Unternehmens mit einem jährlichen Gesamteinkommen von mehr als CHF 21'6 sind obligatorisch in der Pensionskasse des Arbeitgebers versichert.
http://de.wikipedia.org/wiki/Drei-S%C3% ... S.C3.A4ule
Auch in D. gibt es Betriebsrenten. Eine konsequente Versicherungspflicht besteht jedoch nicht.
Die 3. Säule ist freiwillig und steuerbegünstigt. Sie kann mit "Riester" in D. verglichen werden.
Das Rentensystem in der Schweiz ist aufgrund der "Drei-Säulen" wesentlich sicherer aufgestellt als die deutsche Rentenversicherung. Für besonders wichtig halte ich die Tatsache, daß es weitgehend der Manipulation durch die Politik entzogen ist. Man kann eben nicht der 2. oder 3. Säule Zusatzleistungen aufbürden und diese dann von der Allgemeinheit bezahlen lassen.
Zu kurz greifen aber Lobeshymnen auf das Schweizer System, weil "endlich alle" ihr Scherflein beitragen müssen. Dieses ist in D. dadurch gewährleistet, daß die Existenzsicherung aus dem allgemeinen Steueraufkommen bestritten wird - in das auch "alle" einzahlen müssen. Die hohen Altersbezüge in der Schweiz, die Dir imponieren, beruhen eben nicht auf einer allgemeinen Versicherungpflicht, die nur für die 1. Säule (= Existenzsicherung) gilt. Sie sind vor allem der 2. und 3. Säule geschuldet - also kapitalgedeckten Beiträgen, die weitestgehend dem Zugriff der Politik entzogen sind. Ein wichtiger Punkt ist mit Sicherheit die direkte Demokratie in der Schweiz. In Volksabstimmungen wurden mehrfach Pläne abgelehnt, das Renteneintrittsalter zu senken, die AHV durch eine Anhebung der Mehrwertsteuer zu finanzieren oder "überschüssige" Goldreserven für ihre Finanzierung zu verwenden. Das Volk ist halt meist viel konservativer als die sog. "politische Elite" und hält an Bewährtem fest. Es betrachtet die Rentenansprüche als "sein Eigentum" - die in D. übliche Vermischung von politisch gewünschten und dann vom Beitragszahler zu zahlenden Vorhaben ist dort wegen der Möglichkeit von Volksabstimmungen nicht so einfach durchzuführen.
Die Höhe der Schweizer Renten wirft ein bezeichnendes Licht auf das hohe Einkommens- und Wohlstandsniveau eines Nicht-EU-Landes. Es straft all diejenigen Lügen, die behaupten, hohe Löhne und dauernde Währungsaufwertungen würden in allen Fällen die Wettbewerbsfähigkeit eines Landes verringern. Es kommt halt auf die Produkte an, die exportiert werden. Qualität und Innovationen werden immer gefragt sein, die Schweiz zeigt, wie man es macht.