Hier ein paar (längere -- sorry
) Gedanken, die ich mir selbst mal (als vorläufige Gedanken) zur Gottes-Beziehung gemacht habe:
Es geht bei der Gottesbeziehung um eine wechselseitige Beziehung zwischen Personen, eine persönliche Begegnung. Die Beziehung zu Gott hat dieselbe Struktur wie die Beziehung zu Menschen - echte Beziehung bedeutet, mich ganz drauf einzulassen, „mit Haut und Haar“, auf Dauer hin. Wesentliche Merkmale: gegenseitige Zuwendung, Liebe.
Allerdings gibt es bei der Beziehung zu Gott ein paar Besonderheiten:
Gott ist der Ganz-Andere. Sein „Person-Sein“ sprengt allen Menschenmaßstab. Er ist Person – aber: zugleich ist er
nicht Person, nicht eine Person nach menschlichen Vorstellungen. Ich kann ihn nicht sehen, fühlen, er ist für mich im wahrsten und im übertragenen Sinn „un-fassbar“.
Die Gottesbeziehung ist zwar, wie zwischenmenschliche Beziehungen auch, von Glaube, Hoffnung, Liebe, Miteinander-Reden (incl. z. B. Anklagen, Vorwürfe) etc. geprägt, allerdings auf besondere Weise – eben weil Gott der „Besondere“, der „Ganz-Andere“ ist.
Mein
Glaube an Gott („Ich glaube dir! Ich glaube das, was du mir sagst!“) bedeutet wesentlich eine vertrauensvolle, persönliche Beziehung zu einem persönlichen Gott (= „Ich glaube dir!“). Dann aber gehört zu einer lebendigen Beziehung
das Gespräch mit Gott, das Beten. Als ganz normaler, alltäglicher, unspektakulärer Vorgang. Allerdings: Es handelt sich nicht um ein Zwiegespräch zwischen zwei Personen nach Menschenmaßstab mit Rede und Gegenrede, Frage und Antwort. Sondern es handelt sich eben darum: Gott, der Person und zugleicht unfassbare Nicht-Person ist, spricht mich an; ich reagiere im Gebet, im Anreden eines göttlichen „Du“ - ohne auf eine nachprüfbare Antwort Gottes fixiert zu sein. Das Gebet kann vieles umfassen: Anbetung, Loben, Danken, Bitten (ohne Automatik-haargenau-Erfüllen-Erwartung), auch z. B. Vorwürfe, Anklagen, Anfragen nach dem „Warum?“ ...
Eigentlich ist mein Glaube (Ich glaube dir/Ich glaube an dich) als solcher schon Gespräch, ein persönliches Anreden Gottes. Das heißt, mein Glaube als solcher ist ein dauerndes, den Alltag durchziehendes Gebet. Ausdrücklich vollzogen wird der Glaube durch das darüber hinausgehende ausdrückliche Beten - und durch mein Tun. Glauben, Beten und (gutes) Tun gehören zusammen.
Dieses Tun ist nicht nur Vollzug des Glaubens, sondern auch entscheidender Ausdruck meiner
Liebe zu Gott. Denn:
Die Liebe zu Gott (wie zum Nächsten und zu mir selbst) muss nicht unbedingt mit Gefühlen (in diesem Fall positiven) verbunden sein. Entscheidend ist das konkrete Handeln, das konstruktive Tun, unabhängig von Gefühlen. Positive Gefühle, jemanden mögen, das alles gehört zwar zur Liebe, doch ich weiß auch, wie schwer mir gerade bei der Liebe zu Gott ein Riesengefühl fällt - bei einem Gott, den ich nicht sichtbar vor Augen habe! Meine Liebe zu Gott bedeutet, abgesehen von der „Herzenssache“, eine Sache des Verstandes und vor allem des Tuns. Gottesliebe ist wesentlich ein gutes Tun. Ich halte mich an Gottes Weisungen (bemühe mich jedenfalls darum ...
), befolge sie, setze sie konkret um. Dies ist der überzeugendste Ausdruck meiner Liebe zu Gott.
Und: Glaube ist mit
Hoffnung verbunden. In den alltäglichen Frustrationen und scheinlosen Ausweglosigkeiten darf ich voll auf den Gott setzen, der mir auf seine - für mich vielleicht ungeahnte Weise - vom Dunkel ins Licht verhilft.
Im Tagesablauf unterliegt meine Beziehung zu Gott – obwohl sie grundsätzlich bestehen bleibt – „natürlichen“ Schwankungen hinsichtlich der Intensität. Das heißt: Kein Mensch denkt ununterbrochen an Gott, das ist unmöglich, kein Mensch ist ununterbrochen bewusst und gezielt intensiv auf Gott, auf Glaube, Hoffnung, Liebe hin ausgerichtet. Das schafft noch nicht mal der Mönch in der Wüste. Es geht, wie Hildegard von Bingen es sagen würde, um das „richtige Maß“, das Maßvolle. Ich richte mich vom Tagesbeginn an bis zur Nacht unverkrampft und ohne Übertreibung auf Gott hin aus. Ich bringe mich und meine Tätigkeiten in Zuordnung zu ihm, rede ihn im Gebet an, handle ohne Leistungswahn gerne nach Gottes Wunsch und Willen, lebe aus seiner Kraft. Mitten im alltäglichen Tun werde ich mir immer wieder meines Gottes bewusst, seiner Liebe, seiner wohl tuenden Nähe, seiner Weisungen. Dadurch lebe ich bewusster, weniger oberflächlich.
Sünde wäre, wenn ich aus diesem „Normal-Maß“ in das eine (Übertreibung) oder andere (Gott vergessen) Extrem fallen würde. Wobei, nebenbei, auch für die Sünde gilt: Kein übertriebenes, krankhaftes Sündenbewusstsein aufbauen, keine kleinkariert-spießbürgerliche düstere, verklemmte Sündenmoral, sondern nüchtern das erkennen, wo meine Beziehung zu Gott tatsächlich konkret gestört ist (üblicherweise da, wo ich meinen Gott wirklich vergesse, aus dem Glauben, der Hoffnung, der Liebe falle, aber auch da, wo ich eine übertriebene Beziehung aufbauen würde, die dann allerdings wiederum auch krankhaft/nicht schuldhaft sein könnte).
Uli
www.textdienst.de/woran_christen_glauben.htm