„Volksaltar“ protestantisch?

Schriftexegese. Theologische & philosophische Disputationen. Die etwas spezielleren Fragen.
Stephen Dedalus
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Beitrag von Stephen Dedalus »

Eldar hat geschrieben:
Juergen hat geschrieben:
Eldar hat geschrieben:Den Volksaltar bspw. haben wir von den Protestanten übernommen. Weswegen frag ich mich ?
Komisch nur, daß in den meisten ev. Pfarreien die Pastöre bei der Abendmahlsfeier mit dem "Rücken zum Volk" stehen :hmm:
Das sind Ausnahmen, nichts weiter. Ihren Ursprung haben die Volksaltare nun einmal bei den Protestanten !
Das sind keineswegs Ausnahmen. In den meisten aelteren ev. Kirchen steht der Pastor mit dem Ruecken zum Volk, besonders bestimmte Teile des Gottesdienste (etwa Psalm oder Tagesgebet) werden mit dem Ruecken zum Volk gebetet. Natuerlich ist in vielen neueren Kirchen auch der Volksaltar da.

Es ist Unsinn zu behaupten, der Volksaltar und die Zelebration versus populum sei eine "protestantische Erfindung". Dafuer muessten hier bitte Beweise geliefert werden.

MW ist die Aenderung der Zelebrationsrichtung ein Ergebnis der liturgischen Bewegung, in der liturgiegeschichtliche Erkenntnisse aufgenommen wurden. Diese Bewegung war zum nicht geringen Teil katholisch gepraegt. So ist seit etwa den vierziger Jahren des 20. Jahrhunderts erkennbar, dass in verschiedenen Kirchen (westlicher Praegung) die Zelebration des Priesters hinter dem Altar stehend, dem Volke zugewandt, aufgenommen wurde. Die RKK war mit dem Vat II dabei nicht die erste Kirche, die diesen Wechsel vollzogen hat, aber natuerlich die groesste. MW war die Church of South India eine der ersten Kirchen, die bei ihrer Gruendung (Zusammenschluss mehrerer Traditionen) diese Liturgieform eingefuehrt hat.

Lustigerweise sind die Evangelischen hier auch an diesem Punkt der ma. Messe treu geblieben.

Gruss
Stephen

Eldar
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Beitrag von Eldar »

Es ist Unsinn zu behaupten, der Volksaltar und die Zelebration versus populum sei eine "protestantische Erfindung". Dafuer muessten hier bitte Beweise geliefert werden.
Beweis du mir erst mal das Gegenteil.

Eldar
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Beitrag von Eldar »

Das sind keineswegs Ausnahmen.
Und ob.
In den meisten aelteren ev. Kirchen steht der Pastor mit dem Ruecken zum Volk, besonders bestimmte Teile des Gottesdienste (etwa Psalm oder Tagesgebet) werden mit dem Ruecken zum Volk gebetet. Natuerlich ist in vielen neueren Kirchen auch der Volksaltar da.
Eben. In älteren protestantischen Kirchen mag dies noch der Fall sein. Der Volksaltar hat seinen Ursprung jedoch bei den Protestanten.
Es ist Unsinn zu behaupten, der Volksaltar und die Zelebration versus populum sei eine "protestantische Erfindung". Dafuer muessten hier bitte Beweise geliefert werden.
Wie gesagt, beweis du mir erst einmal das Gegenteil.
Lustigerweise sind die Evangelischen hier auch an diesem Punkt der ma. Messe treu geblieben.
Das stimmt so nicht!

Eldar
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Beitrag von Eldar »

Wikipedia

Als Volksaltar wird im allgemeinen in katholischen Kirchen der Altar bezeichnet, an dem der Priester die Eucharistie zum Volk hin gewandt zelebriert. Damit werden die anwesenden Gläubigen weit mehr in die Feier einbezogen, als es bei der früher üblichen Zelebration am Hochaltar der Fall ist.

Volksaltäre wurden in der Folge des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962 - 1965) und seiner Liturgiereformen in den meisten katholischen Kirchen eingerichtet. In protestantischen Kirchen war dies schon länger üblich. Die Orthodoxe Kirche behielt die Zelebration zu Gott hin (mit dem Rücken zu den Gläubigen) bis heute bei.

Durch die Zelebration zum Volk hin oder inmitten der versammelten Gläubigen wird der Gedanke des Mahls mit und im Gedächtnis an Jesus ("Tut dies zu meinem Gedächtnis") deutlicher betont als bei Zelebration am Hochaltar mit dem Rücken zum Volk.

Letztere betont dagegen mehr den Opfergedanken der Eucharistie wie auch die Rolle des Priesters als herausgehobener Mittler zwischen Volk und Gott, der den Gläubigen nicht gegenüber- sondern vorsteht.

Der Volksaltar steht meist unter der Vierung oder dem Triumphbogen, in nach dem Konzil neu begonnenen Kirchenbauten auch oft praktisch in der Mitte der Gläubigen. Die Aufstellung des Volksaltars war oft Anlass zu Auseinandersetzungen zwischen eher konservativ eingestellten Gläubigen einerseits und progressiven Gläubigen andererseits, wird heute aber nur noch von einer verschwindend geringen Minderheit abgelehnt.

Von "http://de.wikipedia.org/wiki/Volksaltar"
Zuletzt geändert von Eldar am Dienstag 24. Januar 2006, 22:15, insgesamt 1-mal geändert.

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Juergen
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Beitrag von Juergen »

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Stephen Dedalus hat geschrieben:Es ist Unsinn zu behaupten, der Volksaltar und die Zelebration versus populum sei eine "protestantische Erfindung". Dafuer muessten hier bitte Beweise geliefert werden.
Nach meiner Erinnerung hat Luther sich irgendwo in diese Richtung
geäußert. Ich weiß aus dem Handgelenk jedoch nicht, wo. Und umge-
setzt wurde das im Luthertum nicht.
Stephen Dedalus hat geschrieben:MW ist die Aenderung der Zelebrationsrichtung ein Ergebnis der liturgischen Bewegung, in der liturgiegeschichtliche Erkenntnisse aufgenommen wurden.
Der Hinweis auf die liturgische Bewegung ist sicher richtig. Man den-
ke etwa an Pius Parsch. »Aufgenommen« wurden jedoch keineswegs
»liturgiegeschichtliche Erkenntnisse«, sondern vielmehr fette Mißver-
ständnisse der Liturgiegeschichte.

Man müßte einmal untersuchen, welche Inspiration am meisten dazu
beigetragen hat: das durch den Parlamentarismus verbreitete Bild vom
Vorsitzenden einer Versammlung, das theatralische Prinzip eines Ge-
genüber von Mimen und Publikum oder der Gedanke der Bruderkette.
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

(Der Wikiplödia-Artikel ist Müll.)

(Und getret’ner Quark
wird breit, nicht stark.)
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Juergen
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Beitrag von Juergen »

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Jürgen hat geschrieben:Ich muß es mal raussuchen: aber ich meine daß im Zuge der Reformation der sog. Kreuzaltar, also jener der (sofern ein Lettner vorhanden war) vor dem Lettner stand, zum "Volksaltar" erklärt wurde. -- Aber soweit ich das nun auswendig sagen kann, weniger von Luther als von Zwingli.
Aber das hat nichts mit der Zelebrationsrichtung zu tun.
Der Begriff „Volksaltar“ bezeichnete früher in der Tat den Altar vor dem Lettner – zur Feier der Messe mit dem Volk –, im Gegensatz zum Hochaltar zur Meßfeier im Chorraum. Mit der Zelebrationsrichtung hat das, wie du zu Recht betonst, nichts zu tun.

Ich meinte allerdings etwas anderes, was Luther nämlich – wie ich inzwischen gefunden habe – 1526 in seiner »Deutschen Messe« schreibt:
Martin Luther hat geschrieben:Da lassen wir die Meßgewänder, Altar, Lichter noch bleiben, bis sie alle werden oder uns gefällt zu ändern. Wer aber hier anders verfahren will, lassen wir geschehen. Aber in der rechten Messe unter eitel Christen müßte der Altar nicht so bleiben und der Priester sich immer zum Volk kehren, wie ohne Zweifel Christus beim Abendmahl getan hat. Nun, das erharre seiner Zeit.
Von diesem Zitat Luthers zur liturgischen Bewegung des 20. Jahrhunderts gibt es aber keine Kontinuität. Ob man in der liturgischen Bewegung diesen Luther gleichsam wiederentdeckt hat, weiß ich nicht. Vielleicht war die Idee doch neu und speiste sich aus andern Quellen, obgleich Luthers Irrtum, der die Idee einer Zelebration »zum Volk« hin auf Christus zurückprojiziert, in der liturgischen Bewegung wiederauftaucht.
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

Stephen Dedalus
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Beitrag von Stephen Dedalus »

Eldar hat geschrieben:In protestantischen Kirchen war dies schon länger üblich.[/b]
Eldar, nur weil es in prot. Kirchen fruher Einzug gehalten hat, muessen es die Protestanten nicht erfunden haben.

Hinsichtlich des "Beweises": Ich habe oben bereits dargelegt, wie m. W. die historische Entwicklung war (und die Kausalitaeten). Robert hat das im Wesentlichen bestaetigt.

Gruss
SD

Stephen Dedalus
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Beitrag von Stephen Dedalus »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:Der Hinweis auf die liturgische Bewegung ist sicher richtig. Man den-
ke etwa an Pius Parsch. »Aufgenommen« wurden jedoch keineswegs
»liturgiegeschichtliche Erkenntnisse«, sondern vielmehr fette Mißver-
ständnisse der Liturgiegeschichte.
Das mag sein, aber die Verfechter des Volksaltares meinten damals doch wenigstens, die Fruehe Kirche auf ihrer Seite zu haben. Uebrigens finde ich noch bedenkenswert, dass man zwischen Volksaltar und dem unterscheiden sollte, was man in England als "Nave Altar" bezeichnet. Was naemlich im Zuge der liturgischen Bewegung in den meisten angl. Kirchen gemacht wurde, war nicht, einen Volksaltar zusaetzlich zum Hochaltar aufzustellen. Man hat einfach den Hochaltar einen halben Meter vorgerueckt und den Priester hinter den Hochaltar gestellt. Damit ist eine Zelebration zum Volk hin moeglich, zugleich hat man aber die Albernheit von zwei Altaeren vermieden.

Gruss
SD

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