Jesus und das Geld

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tam
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Beitrag von tam »

Ich bin nicht sonderlich Bibelfest, aber sollte MATTHÄUS 6,24 "Niemand kann zwei Herren dienen: entweder er wird den einen hassen und den andern lieben, oder er wird an dem einen hängen und den andern verachten. Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon. " nicht alle Fragen eines Christen erschöpfend beantworten?

Oder wirft man Jesus neuerdings dasselbe vor, wie Aristoteles hinsichtlich seiner Geldtheorie: Es hätte halt zu jener Zeit noch kein Kapital gegeben.

Die Frage ist doch nicht, ob und wie viel Geld man hat oder verdient, sondern einzig wer oder was im Mittelpunkt des eigenen Lebens steht. Gott oder Geld. Ein Reicher ist, je nach Glaube oder Unglaube, genauso gerecht oder ungerecht, wie ein armer Schlucker, der Weib und Kind im Suff verprügelt. Solche Menschen werden durch Geld nicht gerechter oder weiser.

Es ist ein Irrtum zu glauben, der Mensch definiere sich über seine sozialen Verhältnisse, statt seiner sittlichen und moralischen Werte. Den Zuchtmeister Platons ersetzt kein Geld, trotz moderner Kapitaltheorien, deren einziger Sinn es ist, Geiz und Gier in den Stand anbetungswürdiger Götzen zu erheben. Der Tanz ums Goldene Kalb ist eine 2000 Jahre alte Metapher, deren brennende Aktualität mir beim lesen besagter Bibelstellen immer wieder den Atem verschlägt.

EXODUS 32,31 Als nun Mose wieder zu dem HERRN kam, sprach er: Ach, das Volk hat eine große Sünde getan, und sie haben sich einen Gott von Gold gemacht. 32,32 Vergib ihnen doch ihre Sünde; wenn nicht, dann tilge mich aus deinem Buch, das du geschrieben hast. 32,33 Der HERR sprach zu Mose: Ich will den aus meinem Buch tilgen, der an mir sündigt. 32,34 So geh nun hin und führe das Volk, wohin ich dir gesagt habe. Siehe, mein Engel soll vor dir hergehen. Ich werde aber ihre Sünde heimsuchen, wenn meine Zeit kommt. 32,35 Und der HERR schlug das Volk, weil sie sich das Kalb gemacht hatten, das Aaron angefertigt hatte.

Ich verdiene gut, aber ich verschenke nichts. Diejenigen, die ich bezahle, haben jeden Euro redlich verdient. Wenn es eine sozialrevolutionäre Wurzel des Christentums gab oder noch immer gibt, woran ich glaube und freudig hoffe, dann ist es die Austreibung der Geldwechsler aus dem Tempel Gottes und das Zinsverbot.

MARKUS 11,15 Und sie kamen nach Jerusalem. Und Jesus ging in den Tempel und fing an, auszutreiben die Verkäufer und Käufer im Tempel; und die Tische der Geldwechsler und die Stände der Taubenhändler stieß er um 11,16 und ließ nicht zu, daß jemand etwas durch den Tempel trage. 11,17 Und er lehrte und sprach zu ihnen: Steht nicht geschrieben (Jesaja 56,7): «Mein Haus soll ein Bethaus heißen für alle Völker»? Ihr aber habt eine Räuberhöhle daraus gemacht. 11,18 Und es kam vor die Hohenpriester und Schriftgelehrten, und sie trachteten danach, wie sie ihn umbrächten. Sie fürchteten sich nämlich vor ihm; denn alles Volk verwunderte sich über seine Lehre.

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Raphaela hat geschrieben:Die Zeiten damals waren anders als heute!
Nein.
Raphaela hat geschrieben:Aber es kann durchaus heißen: Geh mit deinem Geld so um, als ob es nicht dir gehören würde.
Nein. Es heißt ganz schlicht: Gib’s weg. Den Armen. Widersage.
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Botschafter Lukas
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Beitrag von Botschafter Lukas »

Wenn ich mich hierzu äußern dürfte: Ich glaube nicht, dass Jesus die Sache so dogmatisch gesehen hat, wie es hier gerade den Eindruck macht. Geld ist ein profanes Tauschmittel, ohne dass man permanent alle möglichen Naturalien mitschleppen müsste. Es geht hier wohl mehr um die Vergötterung des Besitzes, um das Leben für den Besitz. Vielleicht sollte man sich hier das Gleichnis vom reichen Großgrundbesitzer hinzuziehen, der in seiner Vermessenheit nicht merkt, dass schon in der nächsten Nacht er vor dem Herr Rechenschaft ablegen muss und sich dennoch mit seinem ganzen Herzen bei der "besseren" Anlage seiner Ernte verbleibt.
Man könnte für Geld auch Besitz, Status, Macht etc einsetzen. Wird es zum eigenen "vergöttlichten" Wert, geht man den falschen Weg.

B. L.

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Nein, um Dogmatik geht es gar nicht. Die Frage ist: Auf welchem
Weg eigentlich gelangen wir zur Freiheit?
Marcus (10,17-22) hat geschrieben:
17 Und als er auf den Weg hinausging, lief einer herzu,
fiel vor ihm auf die Knie und fragte ihn: Guter Meister,
was soll ich tun, um das ewige Leben zu ererben?
18 Jesus aber sprach zu ihm: Was nennst du mich gut?
Niemand ist gut, als Gott allein! 19 Du weißt die Gebote:
Du sollst nicht töten! Du sollst nicht ehebrechen! Du
sollst nicht stehlen! Du sollst nicht falsches Zeugnis
reden! Du sollst nicht rauben! Ehre deinen Vater und
deine Mutter! 20 Er aber antwortete und sprach zu ihm:
Meister, dies alles habe ich gehalten von meiner Jugend
an. 21 Da blickte ihn Jesus an und gewann ihn lieb und
sprach zu ihm: Eins fehlt dir! Gehe hin, verkaufe alles,
was du hast, und gib es den Armen, so wirst du einen
Schatz im Himmel haben; und komm, nimm das Kreuz
auf dich und folge mir nach! 22 Er aber ward traurig
über diese Rede und ging betrübt davon; denn er hatte
viele Güter.
Ich habe zu dieser Stelle vor längerem schon einmal drei Beobachtun-
gen angestellt. Laßt mich daran erinnern. – Jesus fordert nicht. »Du weißt
die Gebote«: Er erinnert nur an das, was „unter dem Gesetz“ galt. Das
ist die erste wichtige Beobachtung.

Die zweite: Jesus nennt hier nur Gebote der Menschenliebe, nicht der
Gottesliebe. Das lasse ich erst einmal so stehen.

Die dritte Beobachtung: Was Jesus dem jungen Mann rät, ist gerade
keines der Gebote des Gesetzes. Was Jesus rät, geht über das Gesetz weit
hinaus. »Verkaufe, was du hast« – wo stünde das im Gesetz?

»Gib den Armen« – ja, das kennen wir wieder. Doch das ist auch kein
„Gebot“, das ist eins der Gott besonders wohlgefälligen Werke der Liebe
und der Buße, neben dem Gebet und dem Fasten.

Doch nicht dies gottgefällige Werk ist das Eigentliche, worum es dem
Herrn hier geht. Sondern um diesen ganz eigenartigen Akt: »Verkaufe,
was du hast«.

Jesus rät das dem jungen Mann nicht, weil das im Gesetz stünde. Da
steht es nicht. Das ist kein sittliches Gebot. Er rät ihm das, um ihm den
Weg in die Freiheit zu weisen.

Folgt der Mann dem Rat Jesu, dann wäre das eine Art Exorzismus. Die
Absage an Satan.

Denn Jesus hatte des Mannes eigentliches Problem erkannt – »da blick-
te ihn Jesus an und gewann ihn lieb« –, nämlich: den Reichtum. Nicht
der Reichtum an sich ist schlecht. Schlecht ist er als Mammon, als Göt-
ze, der neben oder an die Stelle Gottes tritt. Denn keiner kann zwei
Herren dienen.

Nun erklärt sich auch, weshalb Christus den Mann nicht nach den Ge-
boten der Gottesliebe fragte. Er hätte wohl auch bejaht: ja, die halte er.
Er hätte nicht verstanden, daß und warum er sie nicht hielt. Er hätte
noch nicht verstanden.

Da Jesus ihm aber empfiehlt, seine Güter zu verkaufen: da versteht er.
Und geht traurig weg. Er brachte es nicht fertig, Satan-Mammon zu
widersagen.

Genau dasselbe ist auch der wahre Sinn des Almosengebens. Ja, natür-
lich ist es auch für die Armen gut, ihnen zu geben. Aber sie bleiben
doch arm. Um ihre Armut aufzuheben, wenigstens ihr Dasein etwas
aus der Armut zu heben, gründest du besser eine Partei oder einen
Verein.

Eigentlich geht es beim Almosengeben um dich. Wie beim Gebet und
beim Fasten. Die falsche Sicherheit – nämlich Mammon – weggeben
und auf den Herrn bauen.

Nun aber sagt Jesus dem Jüngling, mir und dir nicht: »Gib was ab«,
sondern: »Verkaufe, was du hast, und gib es weg.«

Noch einmal: Keine Moral, kein Gebot, keine ethische Verpflichtung,
sondern der Weg in die Freiheit.
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Raphaela
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Beitrag von Raphaela »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Raphaela hat geschrieben:Die Zeiten damals waren anders als heute!
Nein.
Das Nein hat bei mir die Frage nach der Begründung ausgelöst; würde darauf gerne eine Antwort haben. Dem Staat auf der Tasche liegen kann man ja schließlich nicht und Miete Strom... muss auch von irgendetwas bezahlt werden. Daher sind für mich die Zeiten schon anders

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Pit
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Beitrag von Pit »

Nun, dann hoffe ich, daß Du kein Geld und auch keinerlei Besitz Dein Eigen nennst, denn das wäre dann ja gegen Gottes Willen. ;-)
ABer ganz im Ernst:
Ich bin der Überzeugung, daß es nicht um Besitz oder Nichtbesitz (bzw. Armut) geht, sondern um unsere Prioriäten.
Wer steht für mich an erster Stelle:
Gott oder der Besitz, die Macht, der Einfluss, das Ansehen.

Gruß, Pit
Robert Ketelhohn hat geschrieben: ...
Nein. Es heißt ganz schlicht: Gib’s weg. Den Armen. Widersage.[/color]
carpe diem - Nutze den Tag !

ad_hoc
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Beitrag von ad_hoc »

[quote]....Er aber ward traurig
über diese Rede und ging betrübt davon; denn er hatte
viele Güter
.[/quote]

Genau da stehts!
Er konnte, auch um höherer Interessen willen, nicht von seinen Gütern lassen und geriet gerade deshalb in deren Abhängigkeit.
Das heißt nicht, dass, wer viel Geld bzw. viele Güter besitzt, auch davon abhängig sein muß - aber viele sind es!
Ist man abhängig, ist man unfrei. Nur die vollkommene Ergebung in den Willen Gottes (unter etwaigem Verzicht auf zeitliche Güter) macht wirklich frei.

Gruß, ad_hoc
quidquid cognoscitur, ad modum cognoscentis cognoscitur (n. Thomas v. Aquin)

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Pit hat geschrieben:Nun, dann hoffe ich, daß Du kein Geld und auch keinerlei Besitz Dein Eigen nennst, denn das wäre dann ja gegen Gottes Willen. ;-)
ABer ganz im Ernst:
Ich bin der Überzeugung, daß es nicht um Besitz oder Nichtbesitz (bzw. Armut) geht, sondern um unsere Prioriäten.
Wer steht für mich an erster Stelle:
Gott oder der Besitz, die Macht, der Einfluß, das Ansehen.
Robert Ketelhohn hat geschrieben:...
Nein. Es heißt ganz schlicht: Gib’s weg. Den Armen. Widersage.
Du hast nicht verstanden. Nein, um Armut geht es nicht. Es geht darum, Satan zu widersagen. Darum weggeben. Die Sicherheit nicht länger auf Irdisches zu setzen, sondern allein auf den Herrn. Auf den Herrn, der auch weiß, wessen wir in dieser Welt bedürfen.
Mc 10,29 Jesus antwortete ihm und sprach: Wahrlich, ich sage euch, es ist niemand, der Haus oder Brüder oder Schwestern oder Vater oder Mutter oder Kinder oder Äcker um meinetwillen und um des Evangeliums willen verlassen hat, 30 der nicht hundertfältig empfinge, jetzt in dieser Zeit Häuser und Brüder und Schwestern und Mütter und Kinder und Äcker, unter Verfolgungen, und in der zukünftigen Weltzeit ewiges Leben.
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Maya
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ganz einfach alles leihgaben; qed

Beitrag von Maya »

RK hat geschrieben:... Es geht darum, Satan zu widersagen. ...

der liebe pit hat geschrieben: ... Nun, dann hoffe ich, daß Du kein Geld und auch keinerlei Besitz Dein Eigen nennst. ...
das letze hemd hat doch keine taschen, - oder ?

Piusderdritte
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Re: Jesus und das Geld

Beitrag von Piusderdritte »

Gutes Geld 211
Sonderausgabe vom Smartinvestor
http://www.smartinvestor.de/magazin/arc ... gaben.html

Im Grunde genommen steht alles was man so über Geld wissen sollte in diesem Heft!
Ist zwar schon von 211 aber noch hoch aktuell!
Angesichts der bleibenden Euro-Krise ist es sehr empfehlenswert sich zu informieren.

Geld ist nunmal das Tauschmittel der letzten Jahrtausende.
Deshalb sollte man unbedingt wissen wie das funktioniert.
Ohne Geld müßten wir wieder zurück zum Tauschhandel!

gruss, Piusderdritte
"Katholische Haus- und Schulbibel" (aus1928) von Paul Bergmann, ist eine sehr gute Zusammenfassung der Bibel! Sollte jeder Katholik mal gelesen haben. Verständlich geschrieben und schnell durchgelesen!

Vir Probatus
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Registriert: Freitag 28. Januar 2011, 19:45
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Re: Jesus und das Geld

Beitrag von Vir Probatus »

Fromm und geldgeil schliessen sich ja nicht gegenseitig aus, was manche ja auch offen zeigen:

Das Herz Jesu Apostolat – für die Zukunft der Familie

Eine Aktion der
Deutsche Gesellschaft zum Schutz von Tradition,
Familie und Privateigentum e.V. (TFP)
Gladiolenstr. 11
60437 Frankfurt
„Die Kirche will herrschen, und da muss sie eine bornierte Masse haben, die sich duckt und die geneigt ist, sich beherrschen zu lassen. Die hohe, reich dotierte Geistlichkeit fürchtet nichts mehr als die Aufklärung der unteren Massen.“ (J.W. von Goethe)

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overkott
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Re:

Beitrag von overkott »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:Nein, um Dogmatik geht es gar nicht. Die Frage ist: Auf welchem
Weg eigentlich gelangen wir zur Freiheit?
Marcus (10,17-22) hat geschrieben:
17 Und als er auf den Weg hinausging, lief einer herzu,
fiel vor ihm auf die Knie und fragte ihn: Guter Meister,
was soll ich tun, um das ewige Leben zu ererben?
18 Jesus aber sprach zu ihm: Was nennst du mich gut?
Niemand ist gut, als Gott allein! 19 Du weißt die Gebote:
Du sollst nicht töten! Du sollst nicht ehebrechen! Du
sollst nicht stehlen! Du sollst nicht falsches Zeugnis
reden! Du sollst nicht rauben! Ehre deinen Vater und
deine Mutter! 20 Er aber antwortete und sprach zu ihm:
Meister, dies alles habe ich gehalten von meiner Jugend
an. 21 Da blickte ihn Jesus an und gewann ihn lieb und
sprach zu ihm: Eins fehlt dir! Gehe hin, verkaufe alles,
was du hast, und gib es den Armen, so wirst du einen
Schatz im Himmel haben; und komm, nimm das Kreuz
auf dich und folge mir nach! 22 Er aber ward traurig
über diese Rede und ging betrübt davon; denn er hatte
viele Güter.
Wichtig ist zunächst einmal die Übersetzung: Worum geht es eigentlich an dieser Stelle? Geht es darum, dass ewige Leben zu ererben? zu erwerben? zu gewinnen? oder zu verstehen?

Erwerben legt nahe, dass man es noch nicht erhalten hat, sondern dass es ein Lohn ist für eine Dienstleistung.
Ererben legt nahe, dass man es schon erhalten hat. Was muss man dafür tun, was man schon erhalten hat?
Der heilige Hieronymus spricht von percipere ( = durchnehmen ). Percipere hat körperliche und geistige Bedeutungen. Es geht dabei um aufnehmen: um ernten und lernen.

Die Lohnidee ist bei Matthäus und Lukas stark vertreten. Markus spricht beim fremden Wundertäter ( hier: ein Fremder, der offenbar kostenlos einen Becher Wasser gibt ) von Lohn. Bei Johannes geht es um den Lohn des Schnitters im Gegensatz zum Sämann, was übrigens auch Lukas problematisiert. Für Johannes ist die Idee des Lohns offenbar nicht so wichtig. Denn Lohn ist nicht die Frage der Söhne, die im Vertrauen zum Vater handeln, sondern eher ein Thema der Knechte.

Percipere ist als Übersetzung eine gute Wahl. Denn tatsächlich geht es nicht nur um die Frage nach dem Lohn, sondern um ein philosohisches Lehrgespräch. Hat der junge Mann das ewige Leben verstanden? Der Ausdruck legt ein zeitloses Verständnis des Lebens nahe. Nach allgemeinen Erfahrungen kann ein solches Verständnis sich kaum auf das leibliche Leben beziehen. Offenbar geht es um das geistliche Leben.

Jesus hört aufmerksam zu. Er geht gleich auf die Anrede ein: guter Meister. Jesus ist bescheiden. Er nimmt die Schmeichelei nicht an, sondern gibt Gott die Ehre. Dann erinnert er an die allgemeine Ethik.

Anders als Jesus lobt sich der junge Mann selbst.

Jesus erkennt seine Eigenliebe. Sie ist unendlich groß. Er empfiehlt eine entsprechende Nächstenliebe. Er empfiehlt einen Tausch leiblicher Güter gegen geistliche Güter, vergänglicher Güter gegen unvergängliche Güter, die Angst vor dem Tod gegen das Vertrauen auf Gott: Kreuzesnachfolge bedeutet, die Angst um sich selbst zu verlieren und in der Hingabe für die Bedürftigen mit allen Heiligen zur himmlischen Ehre zu gelangen.

Die Geschichte zeigt, wo das Herz des jungen Mannes war, und den Grund seiner Traurigkeit.
Ich habe zu dieser Stelle vor längerem schon einmal drei Beobachtun-
gen angestellt. Laßt mich daran erinnern. – Jesus fordert nicht. »Du weißt
die Gebote«: Er erinnert nur an das, was „unter dem Gesetz“ galt. Das
ist die erste wichtige Beobachtung.

Die zweite: Jesus nennt hier nur Gebote der Menschenliebe, nicht der
Gottesliebe. Das lasse ich erst einmal so stehen.

Die dritte Beobachtung: Was Jesus dem jungen Mann rät, ist gerade
keines der Gebote des Gesetzes. Was Jesus rät, geht über das Gesetz weit
hinaus. »Verkaufe, was du hast« – wo stünde das im Gesetz?

»Gib den Armen« – ja, das kennen wir wieder. Doch das ist auch kein
„Gebot“, das ist eins der Gott besonders wohlgefälligen Werke der Liebe
und der Buße, neben dem Gebet und dem Fasten.

Doch nicht dies gottgefällige Werk ist das Eigentliche, worum es dem
Herrn hier geht. Sondern um diesen ganz eigenartigen Akt: »Verkaufe,
was du hast«.

Jesus rät das dem jungen Mann nicht, weil das im Gesetz stünde. Da
steht es nicht. Das ist kein sittliches Gebot. Er rät ihm das, um ihm den
Weg in die Freiheit zu weisen.

Folgt der Mann dem Rat Jesu, dann wäre das eine Art Exorzismus. Die
Absage an Satan.

Denn Jesus hatte des Mannes eigentliches Problem erkannt – »da blick-
te ihn Jesus an und gewann ihn lieb« –, nämlich: den Reichtum. Nicht
der Reichtum an sich ist schlecht. Schlecht ist er als Mammon, als Göt-
ze, der neben oder an die Stelle Gottes tritt. Denn keiner kann zwei
Herren dienen.

Nun erklärt sich auch, weshalb Christus den Mann nicht nach den Ge-
boten der Gottesliebe fragte. Er hätte wohl auch bejaht: ja, die halte er.
Er hätte nicht verstanden, daß und warum er sie nicht hielt. Er hätte
noch nicht verstanden.

Da Jesus ihm aber empfiehlt, seine Güter zu verkaufen: da versteht er.
Und geht traurig weg. Er brachte es nicht fertig, Satan-Mammon zu
widersagen.

Genau dasselbe ist auch der wahre Sinn des Almosengebens. Ja, natür-
lich ist es auch für die Armen gut, ihnen zu geben. Aber sie bleiben
doch arm. Um ihre Armut aufzuheben, wenigstens ihr Dasein etwas
aus der Armut zu heben, gründest du besser eine Partei oder einen
Verein.

Eigentlich geht es beim Almosengeben um dich. Wie beim Gebet und
beim Fasten. Die falsche Sicherheit – nämlich Mammon – weggeben
und auf den Herrn bauen.

Nun aber sagt Jesus dem Jüngling, mir und dir nicht: »Gib was ab«,
sondern: »Verkaufe, was du hast, und gib es weg.«

Noch einmal: Keine Moral, kein Gebot, keine ethische Verpflichtung,
sondern der Weg in die Freiheit.

Fragesteller
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Unehrlicher Verwalter

Beitrag von Fragesteller »

Wie ist das Gleichnis vom unehrlichen Verwalter zu verstehen?
Und der Herr lobte den ungetreuen Verwalter, weil er klug gehandelt hatte; denn die Kinder dieser Welt sind unter ihresgleichen klüger als die Kinder des Lichts.
Anfangs las ich das als ironisches Lob: Ja, nach den Maßstäben der Welt ist das klug. Die Welt ist aber eben die Welt, ihre Klugheit wollen wir nicht. Dazu passt es, dass "Treue" mit "fremdem Gut" eingefordert wird, und das hätte in diesem Fall geheißen: Dem Herrn das zu geben, was ihm gesetzlicherweise zusteht.

Dann aber wird das Verhalten des Verwalters doch positiv gewürdigt: So, wie das Verhalten des Verwalters gegenüber den Schuldnern von diesen vergolten wird, so fordert auch Christus von den Jüngern ein Verhalten ein, das durch Aufnahme in die "ewigen Hütten" vergolten wird. Die Aufforderung, sich "Freunde" mit dem ungerechten Mammon zu machen, scheint nicht ironisch gemeint.

Wie geht man damit um? Ist das ein Widerspruch? Wie lässt er sich auflösen? Sollen hier zwei Verhaltensweisen spiegelbildlich gegenübergestellt werden: Macht euch Freunde mit dem ungerechten Mammon, aber überlegt euch, wo - wer sich Freunde in der Welt macht, dem wird in der Welt vergolten, wer sich Freunde im Himmel macht, dem wird im Himmel vergolten? Was meint ihr?

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Marion
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Re: Jesus und das Geld

Beitrag von Marion »

Guck mal da ab Seite 174 was die Kirchenväter (Goldene Kette, Catena Aurea) zu diesem Gleichnis sagen:
http://books.google.com.br/books?id=HnE ... &q&f=false
Christus vincit - Christus regnat - Christus imperat

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overkott
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Re: Jesus und das Geld

Beitrag von overkott »

Die Frage nach dem richtigen Umgang mit Geld stellte sich schon für Jesus. Dass er mit Judas den Bock zum Gärtner gemacht hatte, war sicherlich für Judas eine Chance, der er sich nicht als würdig erwiesen hat. Jesus stellte sich nicht gegen Reiche, bemerkte jedoch ihre Schwierigkeit mit einer Mittelschichtspolitik, die gemäß Gottes- und Nächstenliebe auf Ausgleich der finanziellen Lebensmittel orientiert ist. Hieran könnte christlich-soziale Politik auch heute Maß nehmen.

Raphael

Re: Jesus und das Geld

Beitrag von Raphael »

overkott hat geschrieben:Die Frage nach dem richtigen Umgang mit Geld stellte sich schon für Jesus.
Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist!
overkott hat geschrieben:Dass er mit Judas den Bock zum Gärtner gemacht hatte, war sicherlich für Judas eine Chance, der er sich nicht als würdig erwiesen hat.
Gemäß dem biblischen Zeugnis hat Judas Iskariot jeodch nicht bei der Verwaltung des Geldes falsch gehandelt, sondern nicht an die Macht der Botschaft Jesu glauben können.
overkott hat geschrieben:Jesus stellte sich nicht gegen Reiche, bemerkte jedoch ihre Schwierigkeit mit einer Mittelschichtspolitik, die gemäß Gottes- und Nächstenliebe auf Ausgleich der finanziellen Lebensmittel orientiert ist. Hieran könnte christlich-soziale Politik auch heute Maß nehmen.
Maß halten ist eher angezeigt als 'ne Maß nehmen! :)

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