Über die göttliche Offenbarung

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platon
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Über die göttliche Offenbarung

Beitrag von platon »

Hallo Leute,

gelernt habe ich, daß mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil über die göttliche Offenbarung festgelegt wurde, daß die Tradition die legitime Interpretation der Schrift darlegt, während das Heilsnotwendige mit Abschluß des Neuen Testamentes geschlossen wird. Damit ist nicht gemeint, daß nun alles von A bis Z in der Schrift stünde, sondern daß nach der Urgemeinde keine neuen dogmatischen bahnbrechenden Wahrheiten entstehen.

Beispiele: In Nikaia und Chalkedon haben die Väter nicht einfach Sachen erfunden, sondern vielmehr entstand der theologische Streit über Jesus deshalb, weil die ersten Christen nunmal sich fragten, wenn Jesus das Fleisch gewordene Wort Gottes ist, wie es heißt, warum betet Jesus am Kreuz: "Vater, warum hast Du mich verlassen?" Wir werden also schon im Zeugnis der Schrift finden, daß sowohl über die Göttlichkeit als auch die Menschlichkeit Jesu die Rede ist.

Oder nehmen wir mal das Dogma über die Aufnahme Mariens in den Himmel in Leib und Seele. Das ist auch keine "Erfindung" des Papstes, sondern meint, daß die Erlösung Mariens vollkommen vollbracht ist, daß sie vollendet ist. Wenn es einen Heiligen gibt, der ganz sicher nicht in der Hölle schmort, dann ist das in erster Linie die Jungfrau Maria. Wir lesen in 1. Korinther 15:35-49, daß wir mit himmlischen Leibern auferstehen werden. Der Tag des Jüngsten Gerichts ist doch der, wo die neue Stadt Jerusalem entstehen soll, wo Gott die ganze Schöpfung zu sich holt, also alles Tote zum neuen Leben erweckt wird.

Natürlich verstehen wir, daß Himmel mehr ist als nur bloße Unsterblichkeit. Bloße Unsterblichkeit in Langeweile wäre der Tod mitten im Leben. Wenn Himmel auch wirklich Himmel sein soll, dann darf es dort keine Langeweile geben. Rein gedanklich kann ich mir eine Ewigkeit ohne Langeweile geben; das würde meine menschliche Vorstellungskraft übersteigen. Vielmehr wird der Himmel von Jesus mit einer Hochzeit verglichen; da wo Braut und Bräutigam beisamen sind, da kann es keine Langeweile geben. "Himmel" also hieße also hier die Fülle dessen, was kein Auge je gesehen und kein Ohr je gehört hat. Aber hier drückt das Gleichnis einer Hochzeit in einfachen Worten viel besser diesen Sachverhalt aus, als tausend philosophische Worte das ausdrücken könnten.

Genau diese Fülle, diesen Reichtum drückt die Schrift aus, wenn sie im Buch der Offenbarung sagt, die neue Stadt wird Straßen aus Gold haben, das so durchsichtig ist wie Glas, und keine Sonne wird mehr nötig sein, denn der Herr wird uns Licht sein. Diese Leiblichkeit, die hier angesprochen ist, meint auch, der Himmel, wie man ihn sich auch immer vorstellen mag, meint etwas Konkretes, also sie wollen also keine "leere" Versprechungen sein, sondern will heißen: "Siehe, ich bereite euch eine Heimat im Himmel." An der Person Maria hat ist dieser Prozess gänzlich abgeschlossen, sie ist nun beim Vater.

Wenn wir das alles sehen, was aber meint der Trienter Konzil und das Erste Vatikanum, wenn die Tradition als eigenes Standbein und als Offenbarungsquelle gedeutet wird? Worin soll denn bitteschön das Zweite Vatikanische Konzil dazu in Widerspruch stehen?

Es versteht sich, die Tradition ist das, was die Kanonisierung der Schrift überhaupt ermöglicht hat. Wer also die Tradition wegleugnen will, der nimmt auch der Schrift ihre Legitimation. Aber welche Dogmen gibt es, die nicht in der Schrift oder in der Tradition der Urkirche irgendwie "latent" wären. Oder soll man sagen, man muß fordern, daß neue Dogmen aufgrund von Offenbarungen wenigstens der Schrift nicht "widersprechen" dürfen? Kein Reich, das ich sich gespalten ist, kann Bestand haben.

Sagen wir es mal anders, wenn mir heute der Kaiser Napoleon im Traum erscheint, dann kann ich nicht sagen, und ich nie von ihm zuvor sprechen gehört habe, weiß ich nicht, wie ich damit umgehen soll. Und gesetzt ich würde irgendwann heiliggesprochen werden, dann wird man ja doch nicht diesen Traum dann zum neuen Dogma erheben, nur weil ich derjenige war, der diesen Traum hatte.

Danke für die Antworten im voraus...
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overkott
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Re: Über die göttliche Offenbarung

Beitrag von overkott »

Das war aber mal ein sehr langes Hallo.

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platon
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Re: Über die göttliche Offenbarung

Beitrag von platon »

Stimmt!

Das war ein langes Hallo. ;)

In der Zwischenzeit habe ich mir zwei Dokumente aus vatican.va zu Gemüte genommen, und zwar die Konstitution Dei Verbum und eine Nota zu einem Buch über den Theologen Messner, das genau dieses Thema des Verhältnisses zwischen Tradition und Schrift erläutert.

Es lohnt sich jedenfalls beide Dokumente zu lesen, und dann wird es einem bewußt, daß im Vatikan jedenfalls sehr belesene Leute sitzen. Die Konstitution Dei Verbum hält fest, daß die Tradition und die Schrift beide sich aus der Quelle der göttlichen Offenbarung speisen, dabei bilden sie sozusagen eine Einheit. Liest man sich aber die Nota über Messner, die Begriffe sind spezifisch fachtheologisch, dort wird einiges aus der Konstitution Dei Verbum erklärt, so ist die Tradition ursprünglicher, und die Schrift muß als ein Teil der Tradition gesehen werden. Die Tradition legt auch fest, welche Bücher zu den Heiligen Büchern gezählt werden.

Dabei ist im Dei Verbum ein Augenmerk auf den Heiligen Geist geworfen werden, der die Tradition lebendig hält, und schließlich ist da das Lehramt, das als Diener in der Sache der Auslegung dient, und dem die Rolle zukommt, die echte Darlegung und Interpretation von Tradition und Schrift festzulegen. Ich muß als Charismatiker sagen, eben gerade die Bedeutung des Heiligen Geistes zu vertiefen, ermutigt mich sehr und lädt mich ein, mich wieder auf den Heiligen Geist einzulassen, dabei auch das Amt des Petrus in Ehren zu halten.

Gleichzeitig wird mir jedenfalls deutlich, daß man in der Konstitution Dei Verbum sehr leicht Nuancen und Details leicht übersehen kann, weil sie in einer sehr leichten und bildhaften Sprache geschrieben ist, und oft wird sie deshalb von Theologen falsch interpretiert.
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platon
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Re: Über die göttliche Offenbarung

Beitrag von platon »

Und hier sind die Hyperlinks...

NOTIFIKATION
bezüglich einiger Veröffentlichungen von Professor DR. REINHARD MESSNER:
http://www.vatican.va/roman_curia/congr ... er_ge.html

Dei Verbum:
http://www.vatican.va/archive/hist_coun ... um_ge.html
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platon
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Re: Über die göttliche Offenbarung

Beitrag von platon »

Besonders in den Textstellen, wo der Heiligen Geist erwähnt wird, müssen
sich charismatische Kreise bestätigt und geborgen fühlen,
weil es sowas gibt, wie das Begleiten und Wirken des Geistes
in seiner Kirche durch die Jahrhunderte hindurch.
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overkott
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Re: Über die göttliche Offenbarung

Beitrag von overkott »

Das ist richtig. Wir begegnen Gott, indem wir sein Wort hören und das Brot brechen. Eins sein mit Gottvater wie der Sohn kann man nur im Heiligen Geist, indem man seinen Willen tut.

Aletheia
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Re: Über die göttliche Offenbarung

Beitrag von Aletheia »

Danke platon für deine Arbeit -

Im 4. Kapitel von Dei verbum findet sich das Verständnis, von dem du ausgegangen bist.
4. Nachdem Gott viele Male und auf viele Weisen durch die Propheten gesprochen hatte, "hat er zuletzt in diesen Tagen zu uns gesprochen im Sohn" (Hebr 1,1-2). Er hat seinen Sohn, das ewige Wort, das Licht aller Menschen, gesandt, damit er unter den Menschen wohne und ihnen vom Innern Gottes Kunde bringe (vgl. Joh 1,1-18). Jesus Christus, das fleischgewordene Wort, als "Mensch zu den Menschen" gesandt (3), "redet die Worte Gottes" (Joh 3,34) und vollendet das Heilswerk, dessen Durchführung der Vater ihm aufgetragen hat (vgl. Joh 5,36; 17,4). Wer ihn sieht, sieht auch den Vater (vgl. Joh 14,9). Er ist es, der durch sein ganzes Dasein und seine ganze Erscheinung, durch Worte und Werke, durch Zeichen und Wunder, vor allem aber durch seinen Tod und seine herrliche Auferstehung von den Toten, schließlich durch die Sendung des Geistes der Wahrheit die Offenbarung erfüllt und abschließt und durch göttliches Zeugnis bekräftigt, daß Gott mit uns ist, um uns aus der Finsternis von Sünde und Tod zu befreien und zu ewigem Leben zu erwecken. Daher ist die christliche Heilsordnung, nämlich der neue und endgültige Bund, unüberholbar, und es ist keine neue öffentliche Offenbarung mehr zu erwarten vor der Erscheinung unseres Herrn Jesus Christus in Herrlichkeit (vgl. 1 Tim 6,14 und Tit 2,13).
Kapitel 5 und 6 zeigen nun die Seite auf, die den Gehorsam des Glaubens voraussetzt -
5. Dem offenbarenden Gott ist der "Gehorsam des Glaubens" (Röm 16,26; vgl. Röm 1,5; 2 Kor 10,5-6) zu leisten. Darin überantwortet sich der Mensch Gott als ganzer in Freiheit, indem er sich "dem offenbarenden Gott mit Verstand und Willen voll unterwirft" (4) und seiner Offenbarung willig zustimmt. Dieser Glaube kann nicht vollzogen werden ohne die zuvorkommende und helfende Gnade Gottes und ohne den inneren Beistand des Heiligen Geistes, der das Herz bewegen und Gott zuwenden, die Augen des Verstandes öffnen und "es jedem leicht machen muß, der Wahrheit zuzustimmen und zu glauben" (5). Dieser Geist vervollkommnet den Glauben ständig durch seine Gaben, um das Verständnis der Offenbarung mehr und mehr zu vertiefen.

6. Durch seine Offenbarung wollte Gott sich selbst und die ewigen Entscheidungen seines Willens über das Heil der Menschen kundtun und mitteilen, "um Anteil zu geben am göttlichen Reichtum, der die Fassungskraft des menschlichen Geistes schlechthin übersteigt" (6). Die Heilige Synode bekennt, "daß Gott, aller Dinge Ursprung und Ziel, mit dem natürlichen Licht der menschlichen Vernunft aus den geschaffenen Dingen sicher erkannt werden kann" (vgl. Röm 1,20); doch lehrt sie, seiner Offenbarung sei es zuzuschreiben, "daß, was im Bereich des Göttlichen der menschlichen Vernunft an sich nicht unzugänglich ist, auch in der gegenwärtigen Lage des Menschengeschlechtes von allen leicht, mit sicherer Gewißheit und ohne Beimischung von Irrtum erkannt werden kann"(7).
5. Die Tradition ist die Weitergabe der Offenbarung, die von Christus und vom Heiligen Geist den Aposteln anvertraut worden ist, in Leben und Lehre der katholischen Kirche durch die Generationen hindurch bis heute[6]. Nur diese Tradition ist Glaubensnorm.
Wenn man diese Aussagen von Kardinal Ratzinger auf das Evangelium des 2. Fastensonntags anwendet - dann geschieht die Weitergabe der Offenbarung durch die Auferstehung.
7. In der Auslegung des in Schrift und Tradition überlieferten Gotteswortes kommt der theologischen Wissenschaft eine wichtige Bedeutung zu. Es verbindlich für Glauben und Leben der Kirche zu deuten, überschreitet die Möglichkeiten der Theologie. Diese Aufgabe ist dem lebendigen Lehramt der Kirche anvertraut.[9] Das Lehramt steht nicht über dem Wort Gottes, sondern dient ihm. Es steht aber über den Deutungen des Wortes Gottes, indem es urteilt, ob eine solche Deutung dem überlieferten Sinn des Wortes Gottes entspricht oder nicht.[10]
8. In der Liturgie wird das Werk unserer Erlösung vollzogen.[11] Sie ist «der Höhepunkt, dem das Tun der Kirche zustrebt und zugleich die Quelle, aus der all ihre Kraft strömt».[12] So vergegenwärtigt sie das «Geheimnis des Glaubens» und ist zugleich dessen vornehmste Bezeugung. Die von der Kirche anerkannten liturgischen Riten sind daher auch normative Ausdrucksformen des Glaubens, in denen die apostolische Überlieferung der Kirche erscheint.

9. Zwischen den lehramtlichen Formen der Definition des Glaubens (Regula fidei, Symbolum, Dogma) und ihrer Vergegenwärtigung in der Liturgie kann es daher keinen Widerspruch geben. Der definierte Glaube ist verbindlich für jede Liturgie, für Deutung und Neugestaltung von Liturgie.
Ich will da nicht alle Passagen hier posten - aber es ist als Kurzform eine hervorragende Darstellung.
Nochmals vielen Dank.

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platon
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Re: Über die göttliche Offenbarung

Beitrag von platon »

Vielen Dank, Aletheia,

bei der Auswahl der Zitate fallen mir einige Dinge auf, bei denen deutlich wird, wie sehr das Zweite Vatikanische Konzil auf frühere Konzilien zurückgreift und zur Geltung bringt.

Das folgende Zitat basiert schon auf das I. Vatikanische Konzil:
"daß, was im Bereich des Göttlichen der menschlichen Vernunft an sich nicht unzugänglich ist, auch in der gegenwärtigen Lage des Menschengeschlechtes von allen leicht, mit sicherer Gewißheit und ohne Beimischung von Irrtum erkannt werden kann"
Und dann sind auch solche Texte zu finden, von denen man meinen könnte, da sie quasi an Lefevre gerichtet waren:
"In der Liturgie wird das Werk unserer Erlösung vollzogen."
Die Piusbrüder behaupten, durch die Liturgiereform sei der Opfercharakter der Eucharistie verloren gegangen, dabei betont Dei Verbum besonders diesen Aspekt.
"Die von der Kirche anerkannten liturgischen Riten sind daher auch normative Ausdrucksformen des Glaubens, in denen die apostolische Überlieferung der Kirche erscheint."
Hier wird festgelegt, daß die Kirche die Vollmacht hat, erklären zu dürfen, welche Riten der apostolichen Überlieferung der Kirche entsprechen und welche nicht. Lefevre wird so indirekt gehalten, dem Papst hierbei zu gehorchen. Allerdings sieht man im Lehramt eine Dienfunktion in der Auslegung der Tradition, und es wäre unglücklich zu behaupten, bestimmte Riten würden der Tradition nicht entsprechen, von denen man zuvor gesagt hat, das Gegenteil sei der Fall. Für die tridentinische Messe gilt, daß sie im Zweiten Vatikanischen Konzil nicht verboten wurde, sondern erst, nachdem Lefevre sich stur gesetzt hat und vielleicht andere nur zögerlich mit der Umstellung nachkamen.

Eigentlich war das ein Fehler, die tridentinische Messe gänzlich zu verbieten. Man hätte z.B. durchaus das so regeln können, daß die neue Riten verbindlich sind, aber für die alten Riten eine Dispenz geholt werden kann, und zwar dann wenn im Hinblick auf die Gemeinde aus pastoralen Gründen dies nötig war. Für den Fall aber, daß die Kirchenbesucher kein Latein konnten, hätte aber die Muttersprachepflicht gegolten.
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Linus
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Re: Über die göttliche Offenbarung

Beitrag von Linus »

Eine Muttersprachpflicht gabs nie. Eher dieErlaubnis auch die Muttersprache verwenden zu dürfen.
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Aletheia
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Re: Über die göttliche Offenbarung

Beitrag von Aletheia »

Es bestand offenbar ein großes Bedürfnis nach muttersprachlichen und auch sachlicheren Formen der Liturgie, so dass dies seitens der Bischöfe und Priester sehr schnell umgesetzt worden ist. Zudem hat es da auch bauliche Änderungen gegeben - und heute müssten diese wieder zurück genommen werden, um die Messe im alten Ritus zelebrieren zu können.
Ein Verbot der alten Form gab es auch nie - weshalb auch.

Was mir allerdings wichtig ist und ich dies deshalb auch hervorgehoben habe, ist die Bezeichnung "Vollzug" für die Liturgie. Und in diesem Zusammenhang muss dann auch der Begriff des "Opfers" gesehen werden. Die Liturgie vergegenwärtig als Vollzug das Opfer - in den Worten - dies ist mein Leib, der für euch hingegeben wird - damit ist nicht nur das Brot gemeint, nicht nur der Priester, sondern die ganze Gemeinde, die an der Eucharistiefeier Teilnehmenden und die Brot für die Welt werden sollen - für alle - pro multis.

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LaudaSion
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Re: Über die göttliche Offenbarung

Beitrag von LaudaSion »

Linus hat geschrieben:Eine Muttersprachpflicht gabs nie. Eher dieErlaubnis auch die Muttersprache verwenden zu dürfen.
So wie ich es immer verstanden habe, sollte Latein die Regel und die Muttersprache die Ausnahme darstellen;
nun innerhalb weniger Jahre hat sich dies ja gänzlich anders dargestellt.

Und ich finde keinen vernünftigen Grund, warum nicht "wenigstens" jedes zweite Hochamt am Sonntag vormittag (in der ordentlichen Form) nicht in Latein gefeiert werden sollte (die Lesungen in Muttersprache).

Ich verweise auf Gemeinden in Berlin, die regelmäßig die ordentliche Form des Ritus im Sonntag-Hochamt auf Latein feiern:
die Kirche ist voll- und St. Matthias ist groß :ja:
Domine, labia mea aperies,
et os meum annunciabit laudem tuam!

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Re: Über die göttliche Offenbarung

Beitrag von HeGe »

Bitte hier beim Thema bleiben. :regel:
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platon
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Re: Über die göttliche Offenbarung

Beitrag von platon »

Wenn das alles so ist, so müßten eigentlich charismatische Freikirchler sich nur bewußt machen, wieviel lebendige Tradition sich in der Charismenlehre verbirgt. Und dann sind da die verschiedenste Bilder und Symbole aus der Bibel, z.B. ist die Wolkensäule, die Moses beim Auszug aus Ägypten begleitet hat, ein Bild für die waltende Kraft Gottes, die sie überschattet. Lebendige Bilder und Symbole gibt es in Hülle und Fülle. Da wird es eigentlich zum Rätsel, wieso sie die Eucharistie nicht als Realsymbol annehmen können. Ist das zuviel Intellektualismus in der Mystik verwoben?

Und wieso kann denn der Glaube an die Eucharistie nicht durch den Heiligen Geist bewirkt sein? Genauso wie Jesus wahrer Mensch und wahrer Gott ist, könnte ich genauso behaupten, der Leib Christi, das sei genauso wahres Brot und wahrer Christus, unvermischt und ungetrennt; dies zu glauben behauptet einmal die Schrift, da wo Jesus als den Auferstandenen auf dem Weg zu Emmaus, den Jüngern "das Brot bricht", d.h. er bricht ihre Herzen, daß sie sehend werden. Und ausgerechnet da, wo Jesus im himmlischen Auferstehungsleib auferstanden ist, da hat er nichts besseres zu tun, als den Aposteln das Brot zu brechen. Wohl gemerkt, wir reden über Dinge, die den Verstand in vielerlei Hinsichten übersteigen, aber nicht unsinnig sind.
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Aletheia
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Re: Über die göttliche Offenbarung

Beitrag von Aletheia »

platon hat geschrieben:Wenn das alles so ist, so müßten eigentlich charismatische Freikirchler sich nur bewußt machen, wieviel lebendige Tradition sich in der Charismenlehre verbirgt. Und dann sind da die verschiedenste Bilder und Symbole aus der Bibel, z.B. ist die Wolkensäule, die Moses beim Auszug aus Ägypten begleitet hat, ein Bild für die waltende Kraft Gottes, die sie überschattet. Lebendige Bilder und Symbole gibt es in Hülle und Fülle. Da wird es eigentlich zum Rätsel, wieso sie die Eucharistie nicht als Realsymbol annehmen können. Ist das zuviel Intellektualismus in der Mystik verwoben?
Was soll daran Rätsel sein? Die Eucharistie selbst ist doch ein viel größeres "Rätsel".
Und wieso kann denn der Glaube an die Eucharistie nicht durch den Heiligen Geist bewirkt sein?
Der Glaube - an die Eucharistie - wird durch den Hl. Geist bewirkt, aber ohne unsere Mitwirkung geht da nichts. Daher ist die Frage: warum wollen Menschen nicht mitwirken?
Genauso wie Jesus wahrer Mensch und wahrer Gott ist, könnte ich genauso behaupten, der Leib Christi, das sei genauso wahres Brot und wahrer Christus, unvermischt und ungetrennt; dies zu glauben behauptet einmal die Schrift, da wo Jesus als den Auferstandenen auf dem Weg zu Emmaus, den Jüngern "das Brot bricht", d.h. er bricht ihre Herzen, daß sie sehend werden. Und ausgerechnet da, wo Jesus im himmlischen Auferstehungsleib auferstanden ist, da hat er nichts besseres zu tun, als den Aposteln das Brot zu brechen. Wohl gemerkt, wir reden über Dinge, die den Verstand in vielerlei Hinsichten übersteigen, aber nicht unsinnig sind.
Ich verstehe da jetzt auch nicht, was du damit sagen willst.
"Jesus Christus wahrer Mensch und wahrer Gott" ist keine Behauptung, die man aufstellt und die dann bewiesen oder begründet werden kann. Mit sprachlich-logischen Mitteln kann ich daher niemanden von der Wahrheit dieser sprachlichen Aussage überzeugen. Erst wenn ich das glaube, erschließt sich mir durch den Glauben die Wahrheit dieser Rede. Es wird also von mir ein Vertrauensvorschuss verlangt - und das öffnet das Tor zum Geheimnis des Glaubens selbst.
Der Vollzug der Eucharistie besteht in Handlung und Wort - beides gehört immer zusammen. Und genau das erzählt auch die Emmaus-Geschichte. Er legte ihnen die Schrift aus - und jetzt, nach der Erfahrung der Ereignisse, sehen sie die Schrift in einem neuen Licht - sie lesen sie jetzt als Bestätigung.
Das Brot brechen hat aber nichts mit "Herzen brechen" zu tun, im Sinne von Gebrechen, sondern im Sinne von "aufbrechen". Ihre Herzen waren nach diesen schweren Tagen ebenso schwer und belastet - und diese Last und Schwere nahm er von ihnen und brach ihre Herzen auf, für das neuen Leben.
Auch hier wird "Brot" und "Wort" in einen Zusammenhang gestellt, so wie Jesus in der Versuchung sagte: "Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, sondern von jedem Wort, das aus dem Munde Gottes kommt."
Gottes Wort ist eben Brot des Lebens.

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platon
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Re: Über die göttliche Offenbarung

Beitrag von platon »

Aletheia hat geschrieben:Was soll daran Rätsel sein? Die Eucharistie selbst ist doch ein viel größeres "Rätsel".
Hallo Aletheia,

zunächst einmal unterscheide ich zwischen "Rätsel" und "Geheimnis". Ein Rätsel ist eine Frage, die eine rationale Lösung hat, etwa, wie denn die Gefangenen aus einem Gefängnis geflohen, sind. Wenn ich die Antwort nicht weiß, so darf ich annehmen, daß es eine Lösung gibt. Hingegen bei einem "Geheimnis" verstehe ich etwas, worauf die Antwort in vielfacher Weise den Verstand übersteigt. Das Leben der Pflanzen ist ein Geheimnis, d.h. jeder glaubt zu wissen, was das Leben ist, aber das Leben ist durchdrungen von diesem zauberhaften Wunder, das in Gott geborgen ist. Die Eucharistie, die Dreifaltigkeit, die Menschwerdung Gottes sind Geheimnisse. Die Liebe ist ein Geheimnis.
Der Glaube - an die Eucharistie - wird durch den Hl. Geist bewirkt, aber ohne unsere Mitwirkung geht da nichts. Daher ist die Frage: warum wollen Menschen nicht mitwirken?
Und genau da wollte ich auf die Geisterfahrungen der Freikirchler anspielen, um zu sagen, daß das Wirken des Geistes den Glauben hervorruft, und daß hier diese Art der Geisterfahrung respektiert werden muß, wenn Katholiken glauben, aufgrund der Gnade des Heiligen Geistes sich mit dem Glauben an die Eucharistie beschenkt wissen.
Genauso wie Jesus wahrer Mensch und wahrer Gott ist, könnte ich genauso behaupten, der Leib Christi, das sei genauso wahres Brot und wahrer Christus, unvermischt und ungetrennt
Ich verstehe da jetzt auch nicht, was du damit sagen willst.
"Jesus Christus wahrer Mensch und wahrer Gott" ist keine Behauptung, die man aufstellt und die dann bewiesen oder begründet werden kann.
Ich spielte ein wenig mit den philosophischen Gedanken von Jörg Splett zur Symbolthematik.
(Jorg Splett: Konturen der Freiheit. Kapitel 2: Bedenklichkeit des Symbols.)
Genauso wie das Wort gleichzeitig Sinn und Schall in sich vereint, d.h. eine geistige und eine leibliche Ebene, sodaß sie unvermischt und ungetrennt sich ergeben, und so wie mein Leib nicht mein Ich aber mein Ich in meinem Leib ist, unvermischt und ungetrennt, so war Gott in Jesus Christus, d.h. die göttliche und die menschliche Wirklichkeit da, und genauso ist es im Geheimnis der Eucharistie.

Wenn Freikirchler also Jesus als wahrer Gott und wahrer Mensch verehren, warum kann man nicht in dieser Analogie verbleiben und sagen, daß die Eucharistie in dieser Art des Denkens zwar dem Verstand überstieglich aber keineswegs unsinnig ist? Mit anderen Worten, wir Katholiken brauchen uns nicht zu verstecken, als ob man so leicht über uns lachen könnte.

Sosehr diese Analogien hilfreich sind, muß ich ergänzen, diese Analogien kommen da an ihre Grenzen, da wo es um das Geheimnis des Todes Jesu Christi geht. Hier hat Franz Kamphaus in seinem Buch "Der Stein kam ins Rollen" sehr schöne Gedanken aufgeschrieben, daß Gott den Tod nicht einfach von außen bezwingt, sondern indem er durch ihn hindurch geht. Darin also zeigt sich diese Unbegreiflichkeit Gottes potenziert.

Was bleibt ist, daß wir Christen durch die Tradition im Leben mit dem Heiligen Geist gegenseitig mit der Flamme des Glaubens anstecken, und dies beginnt bereits in der Urkirche. Die Urkirche ist die Mutter der Tradition, und es gibt auch außerbiblische frühchristliche Zeugnisse über die Art und Weise, wie sie die Eucharistie gefeiert haben.
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Re: Über die göttliche Offenbarung

Beitrag von cantus planus »

HeGe hat geschrieben:Bitte hier beim Thema bleiben. :regel:
Schade, ich hatte oben merkwürdige Aussagen die Liturgie betreffend gelesen und wollte soeben ein Brikett zulegen, da habe ich deine Mahnung gelesen... :traurig taps:
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‎Tradition ist das Leben des Heiligen Geistes in der Kirche. — Vladimir Lossky

Paul Heliosch
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Re: Über die göttliche Offenbarung

Beitrag von Paul Heliosch »

platon hat geschrieben:...
Wenn wir das alles sehen, was aber meint der Trienter Konzil und das Erste Vatikanum, wenn die Tradition als eigenes Standbein und als Offenbarungsquelle gedeutet wird? Worin soll denn bitteschön das Zweite Vatikanische Konzil dazu in Widerspruch stehen?
...
platon hat geschrieben:...
bei der Auswahl der Zitate fallen mir einige Dinge auf, bei denen deutlich wird, wie sehr das Zweite Vatikanische Konzil auf frühere Konzilien zurückgreift und zur Geltung bringt.
...
Hier wird festgelegt, daß die Kirche die Vollmacht hat, erklären zu dürfen, welche Riten der apostolichen Überlieferung der Kirche entsprechen und welche nicht.
...
Eigentlich war das ein Fehler, die tridentinische Messe gänzlich zu verbieten. ...
LaudaSion hat geschrieben:
Linus hat geschrieben:Eine Muttersprachpflicht gabs nie. Eher dieErlaubnis auch die Muttersprache verwenden zu dürfen.
So wie ich es immer verstanden habe, sollte Latein die Regel und die Muttersprache die Ausnahme darstellen;
nun innerhalb weniger Jahre hat sich dies ja gänzlich anders dargestellt.
Am 4. Dezember 1963 verabschiedete das 2. Vatikanische Konzil
die Konstitution über die Liturgie, in deren Absatz 36 es heißt:
"§ 1. Der Gebrauch der lateinischen Sprache soll in den lateinischen Riten erhalten bleiben, soweit nicht Sonderrecht entgegensteht.
§ 2. Da bei der Messe, bei der Sakramentenspendung und in den anderen Bereichen der Liturgie nicht selten der Gebrauch der Muttersprache für das Volk sehr nützlich sein kann, soll es gestattet sein, ihr einen weiteren Raum zuzubilligen, vor allem in den Lesungen und Hinweisen und in einigen Orationen und Gesängen gemäß den Regeln, die hierüber in den folgenden Kapiteln im einzelnen aufgestellt werden..."

( Konstitution über die heilige Liturgie "SACROSANCTUM CONCILIUM" 36 §§,1-2 )

Ich meine es geht dem Threaderöffner darum, aufzuzeigen, daß das II. Vatikanische Konzil in der Tradition (eine Säule der Kirche) steht. Dem stehen Fakten gegenüber, die einigen Auslegern des Konzils bescheinigen, im Vollzug dieser Auslegung jene Säule (die Tradition nämlich) nicht genügend berücksichtigt zu haben.

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Re: Über die göttliche Offenbarung

Beitrag von platon »

Hallo allerseits,

meine Frage ist eigentlich folgende:

Bisher war ich immer davon fälschlischerweise davon ausgegangen, daß mit der Konstitution Dei Verbum die Offenbarung von dogmenrelevanten Wahrheiten mit der urkirchliche Tradition endet, die sich in etwa Zeitgleich mit den Ereignissen gibt, die im Neuen Testament festgehalten werden. Die Kirche hat viele Wahrheiten tradiert, die nicht explizit(!) in der Bibel erwähnt werden, aber implizit latent in der Tradition der Urkirche gegeben sind.

Die Konstitution Dei Verbum kennt sehr wohl einen "Fortschritt" der Tradition, aber es scheint fast so, als sei dieser Fortschritt eigentlich darin gegeben, daß man man die urchristliche Tradition vertieft und besser versteht. Viele der Dogmen, die relativ neu sind, auf diese gibt es bereits in der Schrift oder in der urchristlichen Tradition latent Anzeichen dafür. Rom hat bei der Verkündigung dieser Dogmen niemals nur Sachen "erfunden", sondern dies alles geht auf die urchristliche Zeit bis zum Ende des 3. Jh. zurück.

Gelernt hatte ich, daß mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil über die göttliche Offenbarung festgelegt wurde, daß die Tradition die legitime Interpretation der Schrift darlegt, während das Heilsnotwendige mit Abschluß des Neuen Testamentes geschlossen wird. Damit ist nicht gemeint, daß nun alles von A bis Z in der Schrift stünde, sondern daß nach der Urgemeinde (3.-4. Jh.) keine neuen dogmatischen bahnbrechenden Wahrheiten entstehen. Wenn ich also das, was ich fälschlich verstanden hatte korrigiere, dann sind also alle heilsnotwendigen Wahrheiten sozusagen "latent" in dieser urchristlichen Tradition gegeben, und der "Fortschritt" besteht eigentlich im Vertiefen bzw. im Aufleuchten dieser verborgenen Wahrheiten, die wie ein Schatz im Acker verborgen sind.

Beispiele: In Nikaia und Chalkedon haben die Väter nicht einfach Sachen "erfunden". Für die ersten Christen war die Göttlichkeit des Sohnes nicht das Problem. Vielmehr fragten sie sich, wenn Jesus der "Gott mit uns", der Immanuel ist, wieso betet er denn am Kreuze: "Vater, warum hast Du mich verlassen?" Dies führte zu verschiedenen Deutungen, wie man sich dieses Verhältnis vorstellen konnte, wobei sich bald herausstellte, daß der Arianismus der Botschaft des Eu-Angelion nicht gerecht wurde.

Weitere Beispiele für Dogmen, die auch später entstanden sind, so sehen wir das Dogma der Aufnahme Mariens in den Himmel in Leib und Seele, wo ich meinte, daß an ihr die Erlösung vollständig vollbracht ist. Siehe hierzu mein erster Beitrag.

Wenn also ein neues Dogma her kommen sollte, von dem es heißt, er sei nicht in der Urchristenheit entstanden, dann hätten wir bald jemand an der Seite, der von sich behautet, private Offenbarungen gehabt zu haben, die entweder die ganze christliche Lehre auf dem Kopf stellt mit "Ergänzungen" oder gar ihr widersprechen, wie der Muhammed meinte, behaupten zu müssen. Vielmehr ist das so, daß neuere Offenbarungen, Visionen oder dergleichen an der urchristlichen Tradition gemessen werden müssen.

Sehe ich das richtig? Gibt die Konstitution "Dei Verbum" sowas, wie ich beschrieben habe?
Fides quaerens intellectum
(Anselm von Canterbury)

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Re: Über die göttliche Offenbarung

Beitrag von platon »

Und auch für die Unfehlbarkeit des Papstes, wie sie im I. Vatikanischen Konzil aufgestellt wurde, gibt es in der Urkirche Anzeichen dafür. So zum Beispiel, auf dem Konzil zu Ephesus I, war ein Konflikt zwischen Nestorius und Kyrill entstanden, so war allen von vorne herein klar, daß keine Beschlüsse gefaßt werden konnten, solange die Legaten aus Rom nicht da waren. Es war der Urkirche klar, daß Rom zwar nicht unbedingt auf einem ökumenischen Konzil dabei sein mußte, damit es gültig wurde, aber Rom mußte zustimmen. Dies begründete sich u.a. dadurch, daß der Patriarch Roms als der Nachfolger Petri galt, da nicht zuletzt die Gräber von Petrus und Paulus in Rom sind.
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Robert Ketelhohn
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Re: Über die göttliche Offenbarung

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Was du von Ephesus berichtest, hat nichts mit den Primatsbeschlüssen der I. Vatikanischen Synode zu tun.
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platon
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Re: Über die göttliche Offenbarung

Beitrag von platon »

Danke Robert,

ich meinte, das Primat Roms war damals zu Ephesus I allen Teilkirchen schon klar. Und das erste Vatikanum hat in dieser Frage nichts anderes gemacht, als das verlautbart, was seit eh und je schon gelebt wurde. Das Dogma über die Unfehlbarkeit des Papstes sehe ich als eine Konsequenz dieser Tradition an.

Sehe ich das richtig?

Welches Dogma gibt es nun, das keine Wurzeln in der Urkirche hätte? Ich kenne jedenfalls keines.
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Robert Ketelhohn
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Re: Über die göttliche Offenbarung

Beitrag von Robert Ketelhohn »

platon hat geschrieben:Danke Robert … Sehe ich das richtig?
Nein. Die Primatsbeschlüsse von 1870 sind ohne Rückhalt in der Tradition,
ja die extremsten Aussagen stehen der Tradition diametral entgegen.
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platon
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Re: Über die göttliche Offenbarung

Beitrag von platon »

Kannst Du mir ein Beispiel nennen?
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platon
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Re: Über die göttliche Offenbarung

Beitrag von platon »

Die Philosophiefreundschaft des I. Vatikanums sehen wir einmal bei Paulus in Athen, wo er das Denkmal an den unbekannten Gott rühmt. Klar schränkt er schließlich ein, daß die Offenbarung das letzte Wort hat, so wenn es darum geht, den Gekreuzigten und Auferstandenen zu verehren, was für die Welt eine Torheit ist, aber zuerst hält er ihnen eine freundliche Rede, da sie einen wichtigen ersten Schritt auf den unbekannten Gott gemacht haben.

Und bei Maria finden wir den Satz: "Wie kann das geschehen, da ich keinen Mann kenne?" Das ist zunächst eine Anfrage an den Verstand, nur die Erkenntnis zeigt sich erst vollends, als sie mit dem Heiligen Geist erfüllt wurde.

Müßte man nicht sagen, es geht im Glauben um das dem Verstand Überstiegliche? Auferstehung hat natürlich nichts mit Torheit zu tun, sondern mit dem, daß für Gott nichts unmöglich ist. Nur der Tod Jesu, das mag sein, daß das mit etwas mit Absurdität zu tun hat, aber Gott will eben diese Absurdität, eben das, was an sich unmöglich ist, überwinden.
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Aletheia
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Re: Über die göttliche Offenbarung

Beitrag von Aletheia »

Paul Heliosch hat geschrieben: Am 4. Dezember 1963 verabschiedete das 2. Vatikanische Konzil
die Konstitution über die Liturgie, in deren Absatz 36 es heißt:
"§ 1. Der Gebrauch der lateinischen Sprache soll in den lateinischen Riten erhalten bleiben, soweit nicht Sonderrecht entgegensteht.
§ 2. Da bei der Messe, bei der Sakramentenspendung und in den anderen Bereichen der Liturgie nicht selten der Gebrauch der Muttersprache für das Volk sehr nützlich sein kann, soll es gestattet sein, ihr einen weiteren Raum zuzubilligen, vor allem in den Lesungen und Hinweisen und in einigen Orationen und Gesängen gemäß den Regeln, die hierüber in den folgenden Kapiteln im einzelnen aufgestellt werden..."

( Konstitution über die heilige Liturgie "SACROSANCTUM CONCILIUM" 36 §§,1-2 )

Ich meine es geht dem Threaderöffner darum, aufzuzeigen, daß das II. Vatikanische Konzil in der Tradition (eine Säule der Kirche) steht. Dem stehen Fakten gegenüber, die einigen Auslegern des Konzils bescheinigen, im Vollzug dieser Auslegung jene Säule (die Tradition nämlich) nicht genügend berücksichtigt zu haben.
Es wäre natürlich schöner, wenn du Pkt 36 vollständig zitierst.
Da heißt es nämlich
36.

1. § 1. Der Gebrauch der lateinischen Sprache soll in den lateinischen Riten erhalten bleiben, soweit nicht Sonderrecht entgegensteht.
2. § 2. Da bei der Messe, bei der Sakramentenspendung und in den anderen Bereichen der Liturgie nicht selten der Gebrauch der Muttersprache für das Volk sehr nützlich sein kann, soll es gestattet sein, ihr einen weiteren Raum zuzubilligen, vor allem in den Lesungen und Hinweisen und in einigen Orationen und Gesängen gemäß den Regeln, die hierüber in den folgenden Kapiteln im einzelnen aufgestellt werden.
3. § 3. Im Rahmen dieser Regeln kommt es der für die einzelnen Gebiete zuständigen kirchlichen Autorität zu, im Sinne von Art. 22 § 2 - gegebenenfalls nach Beratung mit den Bischöfen der angrenzenden Gebiete des gleichen Sprachraumes - zu bestimmen, ob und in welcher Weise die Muttersprache gebraucht werden darf. Die Beschlüsse bedürfen der Billigung, das heißt der Bestätigung durch den Apostolischen Stuhl.
4. § 4. Die in der Liturgie gebrauchte muttersprachliche Übersetzung des lateinischen Textes muß von der obengenannten für das Gebiet zuständigen Autorität approbiert werden.
Daher ist davon auszugehen, dass diese Regelungen auch vom Apostolischen Stuhl gebilligt wurden.

Diese Regelungen sind eingeführt worden, um den belehrenden und seelsorgerlichen Charakter der Liturgie zu stärken, so die Überschrift zu diesem Abschnitt

SC unterscheidet im Pkt 21 zwischen unveränderlichen Teilen und veränderlichen Teilen der Liturgie und begründet die Intention für die Veränderungen und Erneuerungen.
21. Damit das christliche Volk in der heiligen Liturgie die Fülle der Gnaden mit größerer Sicherheit erlange, ist es der Wunsch der heiligen Mutter Kirche, eine allgemeine Erneuerung der Liturgie sorgfältig in die Wege zu leiten. Denn die Liturgie enthält einen kraft göttlicher Einsetzung unveränderlichen Teil und Teile, die dem Wandel unterworfen sind. Diese Teile können sich im Laufe der Zeit ändern, oder sie müssen es sogar, wenn sich etwas in sie eingeschlichen haben sollte, was der inneren Wesensart der Liturgie weniger entspricht oder wenn sie sich als weniger geeignet herausgestellt haben. Bei dieser Erneuerung sollen Texte und Riten so geordnet werden, daß sie das Heilige, dem sie als Zeichen dienen, deutlicher zum Ausdruck bringen, und so, daß das christliche Volk sie möglichst leicht erfassen und in voller, tätiger und gemeinschaftlicher Teilnahme mitfeiern kann. Zu diesem Zweck hat das Heilige Konzil folgende allgemeinere Regeln aufgestellt.
Dabei ist die Vorgeschichte von SC auch zu bedenken, die als Liturgische Bewegung Mitte des 19.Jh. begann und die "tätige Teilnahme der Gläubigen am liturgischen Leben" lange vor SC formulierte.

ad_hoc
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Re: Über die göttliche Offenbarung

Beitrag von ad_hoc »

Die von Aletheia unter Pkt. 36, 3, § 3 zitierte Bestimmung für die örtlichen kirchlichen Autoritäten, darüber zu entscheiden, ob und in welcher Weise der Muttersprache mehr Raum gegeben werden kann, bedeutet nicht die Aufhebung des Pkt. 38, 1, § 1, wonach der Gebrauch der lateinischen Sprache erhalten bleiben soll, soweit nicht Sonderrechte entgegen stehen. Entfällt also, wie es häufig geschieht, die lateinische Sprache im Gottesdienst vollständig, so wird gegen $ 1 bewußt verstoßen.

Es sind genau diese Aussagen in den Konzilsbeschlüssen, die in sich selbst bereits vorbereitend mehrdeutig ausgelegt sind und um so leichter von den Bischöfen in ihrem Sinne zusätzlich in einer außerordentlich verschlampten Art und Weise verwässert werden, die dadurch dem Charakter der Heiligkeit nicht mehr gerecht werden.
Ich empfehle wiederum das Buch "Der Rhein fließt in den Tiber"

In diesem Sinne bin ich gespannt auf die Aufnahme der Gespräche zwischen der Glaubenskongregation und der Piusbruderschaft. Sie werden sich wohl über längere Zeit hinziehen.

Gruß, ad_hoc
quidquid cognoscitur, ad modum cognoscentis cognoscitur (n. Thomas v. Aquin)

Raphael

Re: Über die göttliche Offenbarung

Beitrag von Raphael »

Aletheia hat geschrieben:Daher ist davon auszugehen, dass diese Regelungen auch vom Apostolischen Stuhl gebilligt wurden.
Wieso ist davon auszugehen?
Oder willst Du hier die normative Kraft des Faktischen eines Niklas Luhmann bemühen, um unhaltbare Positionen zu untermaueren? :auweia:

Aletheia
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Re: Über die göttliche Offenbarung

Beitrag von Aletheia »

Raphael hat geschrieben:
Aletheia hat geschrieben:Daher ist davon auszugehen, dass diese Regelungen auch vom Apostolischen Stuhl gebilligt wurden.
Wieso ist davon auszugehen?
Oder willst Du hier die normative Kraft des Faktischen eines Niklas Luhmann bemühen, um unhaltbare Positionen zu untermaueren? :auweia:
Die normative Kraft des Faktischen ist ein Begriff aus dem Recht, wurde von Georg Jellinek, dem Rechtspositivsten, verwendet und Luhmann muss man da nun nicht gerade erwähnen. Ja - wir wissen alle, du bist ein wenig in der Soziologie bewandert.Aber Luhmann war auch Verwaltungsjurist und kannte natürlich Jellinek's Schriften.
Carl Schmitt hat den Begriff in seiner Politischen Theologie gebraucht - hier das Zitat -
Der sogenannte Positivismus und Normativismus der deutschen Staatsrechtslehre der Wilhelminischen und der Weimarer Zeit ist nur ein degenerierter - weil statt auf ein Naturrecht oder Vernunftsrecht begründeter, an bloß faktisch 'geltende' Normen angehängter - daher in sich widerspruchsvoller Normativismus, vermischt mit einem Positivismus, der nur ein rechtsblinder, an die 'normative Kraft des Faktischen' statt an eine echte Entscheidung sich haltender, degenerierter Dezisionismus war.
Die Regelungen zur Liturgie in den Diözesen der Welt - nicht nur das bisschen Deutschland werden sehr wohl dem Apostolischen Stuhl bekannt gegeben und durch ihn abgesegnet.
In der Kirche gibt es ein Faktum das seine normative Kraft entfaltet - das ist die Auferstehung.

Aletheia
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Re: Über die göttliche Offenbarung

Beitrag von Aletheia »

ad_hoc hat geschrieben:Die von Aletheia unter Pkt. 36, 3, § 3 zitierte Bestimmung für die örtlichen kirchlichen Autoritäten, darüber zu entscheiden, ob und in welcher Weise der Muttersprache mehr Raum gegeben werden kann, bedeutet nicht die Aufhebung des Pkt. 38, 1, § 1, wonach der Gebrauch der lateinischen Sprache erhalten bleiben soll, soweit nicht Sonderrechte entgegen stehen. Entfällt also, wie es häufig geschieht, die lateinische Sprache im Gottesdienst vollständig, so wird gegen $ 1 bewußt verstoßen.
Du meinst § 36 - also da steht lateinischer Ritus - und da wäre es ja merkwürdig, wenn in einem lateinischen Ritus kein Wort Latein vor käme - und außerdem steht da auch noch "soll".
Der Punkt, um den es hier geht, ist das Verständnis von "lateinischem Ritus" als dem Ritus einer Teilkirche. Das Konzil hat neben dem lateinischen Ritus, der lateinische Sprache gebrauchen soll, einen weiteren Ritus zugelassen - den römischen Ritus, der muttersprachlich vollzogen werden kann.
Wir haben also den Oberbegriff "Römischer Ritus" und dann die zwei Formen innerhalb des römischen Ritus: - außerordentlich ( 36,1 ) Latein und ordentlich ( 36,2 ). Muttersprache.

michaelis
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Re: Über die göttliche Offenbarung

Beitrag von michaelis »

Der "lateinische Ritus" ist als Bezeichnung aller lateinisch-sprachigen Riten, also des römischen, des ambrosianischen, des mozzarabischen und diverser Ordensriten zu verstehen.

Der römische Ritus ist und war ein lateinischer Ritus!

Aletheia
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Re: Über die göttliche Offenbarung

Beitrag von Aletheia »

michaelis hat geschrieben:Der "lateinische Ritus" ist als Bezeichnung aller lateinisch-sprachigen Riten, also des römischen, des ambrosianischen, des mozzarabischen und diverser Ordensriten zu verstehen.

Der römische Ritus ist und war ein lateinischer Ritus!
Das haben Oberbegriffe so an sich - es ist ja der muttersprachliche Ritus hinzu gekommen, als "ordentlicher Ritus" des römischen Ritus.
http://www.kathpedia.com/index.php?titl ... cher_Ritus

http://stjosef.at/dokumente/missale_rom ... tution.htm
Der Anordnung des Zweiten Vatikanischen Konzils entsprechend, haben Wir zwar im neuen Meßbuch berechtigter Vielfalt und Anpassung[15] ihren Platz zuerkannt; dennoch geben auch Wir der Hoffnung Ausdruck, daß das neue Buch von den Gläubigen als eine Hilfe zur gegenseitigen Bezeugung und Stärkung der Einheit angenommen werde. Durch seine Verwendung soll in der Mannigfaltigkeit vieler Sprachen aus den Herzen aller ein und dasselbe Gebet, das Gott wohlgefälliger ist als Weihrauch, zum himmlischen Vater durch unseren Hohenpriester Jesus Christus im Heiligen Geiste

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platon
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Re: Über die göttliche Offenbarung

Beitrag von platon »

ad_hoc hat geschrieben:Es sind genau diese Aussagen in den Konzilsbeschlüssen, die in sich selbst bereits vorbereitend mehrdeutig ausgelegt sind und um so leichter von den Bischöfen in ihrem Sinne zusätzlich in einer außerordentlich verschlampten Art und Weise verwässert werden, die dadurch dem Charakter der Heiligkeit nicht mehr gerecht werden.
Ich finde, die Konzilsbeschlüsse von Dei Verbum sind in einer solch einfachen Sprache gehalten, daß sie auch von Nicht-Theologen verstanden werden können. Diesem Anspruch sind auch die Credos der frühchristlichen Konzilien gerecht geworden. Konzilsbeschlüsse sind nicht nur für Theologen bestimmt, sondern für die ganze Christenheit.

Die Einfachheit der Sprache verführt eben dazu, daß man kleine Details und Andeutungen auf frühere Konzilientexte leicht übersieht. Es ist nun die Aufgabe der Theologen, sich andere einschlägige Literatur aus den Vatikanischen Texten anzueignen, um so die Denkart und Zusammenhänge zu verstehen. Auf gewisse Fragen geben die Texte nur Andeutungen, die viele nicht nur übersehen, sondern vielmehr informieren sich einige Leute nur aus kürzeren teilweise falschen Texte der Sekundärliteratur. Einige Theologen kritisieren manchmal das Konzil und haben die Texte manchmal gar nicht gelesen. Und andere liberale Theologen, wenn sie wüßten, was in Dei Verbum wirklich drin steht, würden sie auch das II Vatikanische Konzil grad ablehnen, Küng und andere. Mir selbst ist es passiert, daß ich Dei Verbum nur aus der Sekundärliteratur kannte, und deshalb andere mit Falschinformationen gegeben habe, was ich etwas später korrigieren mußte.
Fides quaerens intellectum
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