Drogen, Mystik und das "Karfreitagsexperiment"

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schmock
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Drogen, Mystik und das "Karfreitagsexperiment"

Beitrag von schmock »

In einem Beitrag auf NTV (oder war es N24?) kurz vor Weihnachten wurde über das sog. "Karfreitagsexperiment" aus dem Jahr 1962 berichtet.

en.wikipedia.org/wiki/Marsh_Chapel_Experiment

spektrum.de/alias/was-war-das-karfreitagsexperiment/1026411

Ich fand das Thema recht interessant, da ich auch vor einiger Zeit Berichte von evangelikalen Theologen gelesen habe, die sich allgemein recht kritisch über mystische Erlebnisse äußerten.

Ich selbst glaube natürlich grundsätzlich an die Möglichkeit echter mystischer Erfahrungen, aber ist es nicht auch so, dass man dort den sicheren Boden des Wortes Gottes und der Lehre der Kirche verläßt und sich auf ein Gebiet begibt, in dem es auch allerlei Täuschungen gibt, seien sie natürlicher Art (spielt sich nur im Gehirn ab) oder vielleicht auch dämonischen Ursprungs?

Im Grunde ist ja das "Karfreitagsexperiment" nichts wirklich Neues, es wird ja seit Menschengedenken mit Pilzen, Kräutern, Rauschmitteln aller Art und natürlich auch durch Meditationstechniken versucht in einen mystischen Zustand zu gelangen. Interessant finde ich so ein Experiment aber eben im christlichen Kontext.

Wie interpretiert Ihr so etwas? Wie steht Ihr allgemein zur Mystik und was sind die Kriterien zur Beurteilung echter mystischer Erlebnisse bzw. Unterschiede zwischen echter Mystik (Gotteserfahrung) und heidnischer oder Naturmystik?

Freue mich auf Eure Beiträge!

Gruß,

Schmock

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Reinhard
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Re: Drogen, Mystik und das "Karfreitagsexperiment"

Beitrag von Reinhard »

schmock hat geschrieben:In einem Beitrag auf NTV (oder war es N24?) kurz vor Weihnachten wurde über das sog. "Karfreitagsexperiment" aus dem Jahr 1962 berichtet.
Kannst Du mir kurz zusammenfassen, welche Art Erfahrungen die Probanden dabei gemacht haben ? - in dem Wiki finde ich da wenig Konkretes.
schmock hat geschrieben:... aber ist es nicht auch so, dass man dort den sicheren Boden des Wortes Gottes und der Lehre der Kirche verläßt und sich auf ein Gebiet begibt, in dem es auch allerlei Täuschungen gibt, seien sie natürlicher Art (spielt sich nur im Gehirn ab) oder vielleicht auch dämonischen Ursprungs?
Vielleicht kann ich dazu etwas sagen, schließlich habe ich meine Wurzeln in der Charismatischen Erneuerung. Von daher versuche ich mal, einiges aus der "Innenperspektive" zu erläutern.

Grundsätzlich verlässt man mit der Mystik ja nicht den Boden der Kirche, schließlich waren zahllose Heilige selber Mystiker.
Vielmehr muss man die prinzipielle Skepsis gegen alles mystische / transzendente, die wir auch in der Kirche speziell in Europa erleben, eher im Zusammenhang mit dem Geist der Aufklärung sehen, der in unseren Köpfen herumspukt: "was nicht rational erklärbar ist, das ist höchst verdächtig !" - Aber das wurzelt im Rationalismus, nicht im Glauben der Kirche.

Konkret zu Deiner Frage: Ja, bei jeder Art Privatoffenbarung oder sonstigem Mystischen muss man tatsächlich klären, wes Geistes Kind das ist, was man da erlebt.
Aber dafür gibt es sowohl in der Bibel als auch in der Tradition gute Werkzeuge, um das unterscheiden zu können.
Die einschlägigen Bibelstellen kennst Du ? - was Paulus in 1.Kor. 12-14 sagt, und dass er speziell in 1.Kor. 14:29 ganz großen Wert darauf legt, dass Privatoffenbarungen ausdrücklich der Prüfung unterworfen werden sollen. Ohnehin wird aus diesen Kapiteln deutlich, dass diese Geistesgaben nie losgelöst vom Aufbau der Kirche gesehen werden dürfen.
Jesus selber antwortet auf diese Frage, dass der Teufel niemals gegen sich selber arbeiten wird (Mk. 3:22-27), sondern von dem Stärkeren, von Ihm, besiegt wird.
In dem Sinne ist auch die "Unterscheidung der Geister" von Ignatius von Loyola ein wichtiges Werkzeug zur Unterscheidung, das auf praktische Fragen genauer eingeht.

Man könnte es kurz und grob zusammenfassen: was uns näher zu Gott bringt, was im Einklang mit der Lehre der Kirche steht, das dürfen wir getrost als von Gott annehmen, was nicht, das nicht.

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schmock
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Re: Drogen, Mystik und das "Karfreitagsexperiment"

Beitrag von schmock »

Hi Reinhard,

danke für Deine Antwort. Zu den Erfahrungen der Teilnehmer hier ein Auszug aus einem Artikel auf spektrum.de:
Den Karfreitagsgottesdienst vom 2. April 1962 werden diese zehn Studenten wohl nie mehr vergessen. Die Predigt von Pfarrer Howard Thurman fesselte ihre Aufmerksamkeit jedoch nicht, und auch das Ende der Fastenzeit war für sie von untergeordneter Bedeutung. Sie waren vielmehr fasziniert von all den Farben, die sie wahrnahmen, sie hörten Stimmen und fühlten sich eins mit ihrer Umwelt.

Ausgelöst wurde dieser Rauschzustand jedoch nicht vom Weihrauch und auch nicht durch übermäßigen Konsum von Messwein. Die Studenten waren vielmehr Teilnehmer eines medizinischen Drogenversuchs von Walter Pahnke und Timothy Leary, der damals das Psylocibin-Projekt der Harvard University geleitet hat. Ihr Ziel: Sie wollten herausfinden, ob halluzinogene Pilze der Gattung Psilocybe ähnlich mystische Gefühle auslöst, wie sie besonders gläubige Menschen in religiöser Trance erleben. (...)


http://www.spektrum.de/alias/was-war-da ... nt/126411

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Reinhard
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Re: Drogen, Mystik und das "Karfreitagsexperiment"

Beitrag von Reinhard »

Ok, das ist ja der schönste Drogenflash, was die da drauf hatten ...

Wer sowas mit "Mystik" gleichsetzt, der hat da was grundsätzlich nicht verstanden. In mystischen Begegnungen mit Gott wird niemals der Wille eines Menschen gebrochen, sondern Begegnungen mit Ihm sind immer freiwillig. (-> siehe im Artikel von Dorothea aus der Blogozese zum Thema Übergriffigkeit !) Jederzeit behält derjenige die Freiheit, nein zu sagen und sich der Begegnung mit Gott zu entziehen. (er wird es nicht tun, weil es einfach gut und heilsam ist, Ihm zu begegnen, aber er kann !)
Genau dies ist auch ein wesentlicher Unterschied zum Schamanismus: ein Schamane gibt sich, samt aller Kontrolle, den Dämonen hin, der christliche Mystiker behält seine Freiheit.
Ähnliches erlebt man ja auch bei psychischen Erkrankungen: ein manisch-Depressiver ist in seiner manischen Phase völlig von der Rolle, er ist nicht wirklich Herr seiner selbst. Oder beim religiösen Wahn ... da ist nichts Gesundes, religiöse Thematik hin oder her. Das ist bei Gottesbegegnungen überhaupt nicht so. Du musst nur mal lesen, in welchem Ton Paulus über seine eigenen, großen mystischen Erfahrungen schreibt ! (-> 2.Kor. 12:1-9) - da ist nichts Zwanghaftes, sondern es passt alles nahtlos zu seinen Worten in 1.Kor. 14 .

Klar, wir haben die Herrschaft über unser Leben auch weggegeben, an Christus, das aber völlig freiwillig und mit klarem Verstand.
Das ist was ganz anderes, und Gott bleibt auch bei mystischen Begegnungen immer derselbe, der Er immer war und ist.

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