Amanda hat geschrieben:Lieber Bonifatius54,
auch ich befasse mich seit langem mit Anneliese Michel, habe auch das Buch von Dr. Felicitas Goodman gelesen und so weiter.
Ich würde Dich gern fragen, ob Du den Film "Der Exorzismus von Emily Rose" für eine gute Adaption der Ereignisse um Anneliese Michel hältst - immerhin wird ja ihr Sühneleiden, das sie freiwillig auf sich nahm, dort sehr stark thematisiert...
Wie denkst Du darüber?
Amanda
Liebe Amanda,
das Buch von Dr. Felicitas Goodman kenne ich. Ebenfalls das von Uwe Wolff ("Der Teufel in mir" bzw. "Das bricht dem Bischof das Kreuz") und das von Kaspar Bullinger ("Anneliese Michel und die Aussagen der Dämonen". Mittlerweile ist ein neues Buch zum Thema erschienen: "Ney-Hellmuth, Petra, Der Fall Anneliese Michel. Kirche, Justiz, Presse"). Den Film "Der Exorzismus von Emily Rose" habe ich vor längerer Zeit einmal gesehen. Ebenso den von Hans Christian Schmidt ("Requiem") über Anneliese Michel. Ersterer basiert in etwa auf den Aussagen von F. Goodman, die ja auch kurz im Film erscheint, Letzterer ist eine eigenwillige Interpretation des Regisseurs. Fairerweise lässt er aber die Möglichkeit einer Besessenheit offen.
Anneliese Michel wurde im Mutterleib verflucht. Bis zu ihrem 16. Lebensjahr traten die Dämonen, außer als Verursacher von Krankheiten, nicht direkt in Erscheinung. Dies geschah erst, als A. an einer Wallfahrt nach San Damiano teilnahm. Ihre Eltern glaubten anfangs ebenfalls nicht an eine Besessenheit. Erst im Laufe der Zeit stellte sich heraus, dass es sich wohl um eine solche handeln musste. Nachdem man sich mit diesem Gedanken vertraut gemacht hatte, glaubte man, diese durch den Exorzismus beheben zu können. Da A. aber im Laufe der Ereignisse eingewilligt hatte, ihr Leiden für die Sünden Anderer auf sich zu nehmen, gestaltete sich eine Befreiung immer schwieriger. Am Ende stand dann ihr Tod, welcher, wie ich oben erwähnt habe, von der Gottesmutter im Sinne einer "Wende" angekündigt wurde.
Man kann zu diesen Ereignissen stehen, wie man will. Ich halte sie jedenfalls für echt. Zugegebenermaßen gibt es bei diesem Fall Dinge, welche nicht zu 100% auf eine Besessenheit hindeuten - wieso sprach A. bzw. die Stimme aus ihr während der Exorzismen in der fränkischen Umgangssprache? Gibt es Aufnahmen, in denen A. Sprachen anwandte, die sie nie gelernt hatte? Vorhandensein übernatürlicher Kräfte?).
Da es sich bei A. nicht um den einzigen aktuellen Fall einer Besessenheit handelt - der in diesem Zusammenhang gern benutzte Ausdruck "Der letzte Exorzismus" ist irreführend, ja sogar falsch - kann man auch nicht sagen, dass es eine solche nicht gäbe (die Begriffe "finsteres Mittelalter" oder "aufgeklärte Menschheit" kann ich in Verbindung damit schon lange nicht mehr hören). Eine Besessenheit ist zwar relativ selten, aber es gibt sie. Auch heute noch. Mir selber sind Fälle einer (kirchlich) nachgewiesenen Besessenheit bekannt. Man muss allerdings dazu sagen, dass, bis auf wenige, jeweils eine Austreibung erfolgte und der betroffene Mensch daraufhin frei war. Dies gibt für Schlagzeilen jedoch wenig her.
Alles zur größeren Ehre Gottes.