philipp hat geschrieben: ↑Donnerstag 11. Februar 2021, 21:38
Was ist
gut daran, dass der Mensch gezwungen ist zu glauben?
Erst einmal: Es ist weniger "gut", als die menschliche Realität. Der Mensch muss immer glauben. Es sei denn er hat eine Expertise in einem spezifischen Fachgebiet, wo er hinreichend Kenntnis hat, um von Wissen sprechen zu können, z.b. weil er durch Experiment und Labor etwas im empirischen Sinne beweisen kann.
Darüber hinaus haben wir auch in einer wissenschaftlichen Zeit die Situation, dass wir dem, was wissenschaftlicher Stand ist, glauben müssen. Es ist also unsere Grundrealität.
Was wir hingegen nicht glauben müssen, sondern wissen, ist welche Bedeutung die Kontinuität unseres Lebens bis zum aktuellen Zeitpunkt für uns hat. Wir müssen nicht glauben, was wir für Schlüsse über uns und unseren Weg ziehen. Das tun wir mit Gewissheit.
Deswegen steht Gewissheit auch über (empirischen) Wissen und Glauben. Es ist eine zutiefst innerliche Betrachtung über uns und unseren Lebensvollzug. Du kannst feststellen, dass Gott Dich immer begleitet hat in Deinem Leben. Diese Gewissheit wird Dir niemand nehmen. Es gibt dafür keinen empirischen Beweis und ist auch nicht nur ein "Glaube an...".
Es ist Vertrauen. Glaube im christlichen Sinne ist dieses Vertrauen. Es ist nicht nur die Annahme, wie z.g. die Transzendenz beschaffen sei, sondern es ist das Vertrauen in eine Begleitung, die Menschen in ihrem Leben erfahren haben.
Lieber philipp, Ich habe mich in meinem Leben mit vielen Religionen befasst. Ich kann mich 2 Stunden hinsetzen und buddhistisch meditieren, ich kann Dir Sanskrit-Verse aus der Bhagavad Gita vorlesen, ich weiß wie sich ein Freitagsgebet mit Muslimen anfühlt und ich könnte Dich auch in einem Scientology-Kommunikationskurse begleiten. Zumindest habe ich aber in einem Gewissheit, die sich aus einer Erfahrung speist: nichts berührt mich so existentiell wie die Begegnung mit Gott in Jesus Christus. Ich find Mantren wunderbar und ich liebe es, wenn gläubige Muslime den Koran wirklich wunderschön singen, aber nichts geht über die Gänsehaut hinaus, die Du in einer Osternacht bekommst, wenn Katechumenen getauft werden.
Es ist die Erfahrung etwas Existenziell Echten, das die Kirche bewahrt. Das muss ich nicht glauben, das ist meine innere Gewissheit aus einer Erfahrung. Diese Erfahrung des Existenziell Echten ist für mich im religiösen Sinn Glaube. Dieses Existenziell Echte trägt Menschen seit Jahrhunderten. Die Frage, ob es "gut" ist, dass man in großen Fragen Glauben muss, stellt sich für mich gar nicht.
Interessant wäre anzuschauen, wieso Dich diese Frage antreibt. Denn ich habe den Eindruck, dass diese Frage auf etwas tieferes hinweist, das Dich am Ende Deiner Reise mit anderen gläubigen Menschen verbindet.