Zu den rechtlichen Hintergründen der Einführung der Handkommunion gibt P. Martin Lugmayr (FSSP) in einer Kleinschrift mit dem Titel "Handkommunion" einige Auskünfte:
4. Die näheren Umstände der Einführung der „Handkommunion“ nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil
Bereits 1965 kam P. Annibale Bugnini, der Sekretär des „Consilium“, nach Holland, um sich ein Bild über die dortigen liturgischen Zustände zu machen. Betreffs der im Ungehorsam an manchen Orten praktizierten „Handkommunion“ schrieb das Consilium in einem Brief vom 12. Oktober 1965 an Kardinal Alfrink, dem Vorsitzenden der holländischen Bischofskonferenz: „ Die überlieferte Weise der Kommunionausteilung soll bewahrt werden. Obwohl dieser Brief vom Heiligen Vater approbiert war, zeitigte er, wie Bugnini offen zugibt, keine sichtbaren Resultate.
Das Titelbild der Zeitschrift Paris Match vom 17. Dezember 1966 zeigt ein Kind, das in der rechten Hand die heilige Kommunion in Brusthöhe hält. Seine Augen sind nicht auf den Herrn gerichtet, sondern blicken nach oben. Rechts im Bild ist noch die ein Ziborium haltende Hand eines Priesters erkennbar. Darunter steht: „Dieses Kind reicht sich in Holland selbst die Kommunion: ein Bild der Zukunft für uns alle in der neuen Messe“.
Da Paris Match im selben Monat auch Fotografien von eucharistischen Zeremonien in Häusern brachte, die jeder Sakralität entbehrten (mit selbst fabrizierten Gewändern, Texten, Riten – dies alles im Zusammenhang mit profanen Mahlzeiten und profaner Musik), sah sich das Consilium veranlasst, am 29. Dezember 1966 eine Erklärung zu veröffentlichen, die derartige Willkürakte zuückwies. Die Bischöfe werden aufgefordert, gegen Missbräuche vorzugehen.
Es ist festzuhalten, dass die „Handkommunion“ publikumswirksam in andere Missbräuche integriert wurde, die mit dem Begriff einer zu erwartenden „Neuen Messe“ verbunden wurden.
Bischöfe aus Holland, Frankreich, Belgien und Deutschland, denen es zu schwierig vorkam, die Missbräuche abzustellen ließen nicht nach, von „ Rom“ die Erlaubnis der Handkommunion zu erbitten, Papst Paul VI. entschied schließlich, wie aus einem Brief des Staatsekretariates vom 3. Juni 1968 hervorgeht, dass diesen Anfragen unter bestimmten Auflagen eine Zustimmung gewährt werden könne. Der Papst wünscht ausdrücklich keine Ausweitung dieser Praxis, die er als „sehr fragwürdig und gefährlich“ bezeichnet.
Als am 6. Juli 1968 seitens der Ritenkongregation diese Erlaubnis für Deutschland gegeben wurde und am 11. Juli für Belgien, erhob sich so heftiger Protest, dass Paul VI. persönlich entschied, diese Indulte in den beiden Ländern weder veröffentlichen noch anwenden zu lassen. Der Papst wollte über diese Frage alle lateinischen Bischöfe konsultieren. Das Consilium diese Befragung durch, deren Ergebnisse am 12. März 1969 vorlagen.
Auf die Frage, ob man neben der überlieferten Weise des Kommunionempfangs auch erlauben könne, die heilige Kommunion auf die Hand zu empfangen, antworten von 2136 Bischöfen 567 mit Ja, 1233 mit Nein, "iuxta modum" (unter bestimmten Vorbehalten) 315; ungültige Stimmen: 21.
[...]
Wie die am 29. Mai 1969 veröffentlichte Instruktion Memoriale Domini festhält, sind die weitaus meisten Bischöfe der Überzeugung, die geltende Disziplin (d.h. nur die Mundkommunion) soll keineswegs geändert werden. Eine Änderung würde diesen Bischöfen und den meisten Gläubigen ein Ärgernis bereiten.
Die hohe Anzahl an ungültigen Stimmen bei der dritten Frage deutet Georg May unseres Erachtens richtig „als Zeichen des Unwillens über die Fragestellung (...) Es ist denkbar, dass die Väter, die hier ihre Stimme ungültig machten, der düsteren Meinung waren, bei gehöriger Propaganda lasse sich den Menschen beinahe alles suggerieren, natürlich auch die Handkommunion, und dass sie deswegen die Fragestellung als unangebracht ablehnten."
Bugnini dokumentiert auch die Hauptargumente der Bischöfe, die der Zulassung derr Handkommunion gegenüber ablehnend gegenüberstanden. Einige seien hier genannt (in Klammern das Herkunftsland des Bischofs bzw. der Bischöfe):
• eine Änderung könnte interprediert werden als Zugeständnis an jene, die die Realpräsenz in Zweifel ziehen (England);
• warum überhaupt eine Befragung übe einen Ungehorsam? Dasselbe müsste dann auch geschehen bezüglich des Breviers, des Zölibats, der Pille (Argentinien);
• es besteht die große Gefahr der Profanierung (Argentinien, Ecuador, Indien);
• die Handkommunion würde einen Skandal hervorrufen (Italien);
• der einfache Glaube der Kinder würde Schaden nehmen (Argentinien);
• wo wird das alles enden innerhalb des Geistes der Opposition, der auch von nicht wenigen Professoren genährt wird? (Kongo);
• wer trägt Sorge für die kleinen Teilchen? (Italien);
• Fragmente würden verstreut werden? (Portugal);
• In bestimmten Gegenden sind aufgrund der hohen Luftfeuchtigkeit auch die Hände immer feucht (Argentinien);
• Viele haben schmutzigen Hände, die sich aufgrund des Wassermangels nicht waschen (Portugal);
• Würde man die Handkommunion erlauben, käme bald de Verwendung von gewöhnlichen Brotes (anstelle der Hostien);
die Gläubigen würden glauben, dass es nur gesegnetes Brot sei (und nicht der Leib Christi) (Kamerun);
• Der Empfang der Hostie mit dem Mund ist ein heiliges Zeichen, das diese Speise von anderen unterscheidet (Italien);
• Gemäß unseren Gebräuchen wäre es ein Zeichen schlechter Erziehung, den leib des Herrn mit der nackten Hand zu empfangen (Kongo);
• Gewisse Hexenmeister bemühen sich, heilige Sachen zu bekommen: Ist die Handkommunion nicht eine Weise, es ihnen leichter zu machen? (Gabun, Kongo);
• Die Sakrilegien würden sich vervielfachen (Italien)
Trotz des negativen Votum seitens der Bischöfe wurde am 29. Mai 1969 durch die Instruktion Memoriale Domini den Bischofskonferenzen, in deren Gebiet der der weltkirchlichen Norm widersprechende Gebrauch der Handkommunion ein stärkeres Ausmaß angenommen hatte, das Recht zugestanden, nach einer vorhergehenden klugen Prüfung eine geheime Abstimmung abzuhalten. Wenn zwei Drittel der Bischöfe für die Einführung der Handkommunion sind, muß „Rom“ um Bestätigung angesucht werden, wobei die Argumente für das positive Votum beizufügen sind. Der Heilige Stuhl wird dann jeden Fall sorgfältig prüfen. Anschließend wird gegebenenfalls das Indult (Ausnahmeerlaubnis) der Handkommunion erteilt. Es wird in der Instruktion auch betont, dass bei der Praxis der Handkommunion der Gefahr mangelnder Ehrfurcht oder falscher Meinungen über das Allerheiligste Altarsakrament vorgebeugt werden muß.