Bernado hat geschrieben:Ich habe sie denn auch gleich überflogen und entdeckt, daß für das Jahr 65 vermerkt ist, was wir an anderer Stelle diskutieren:
March 25- permits the singing of the Passion by those below the rank of deacon, including laymen. The vesture is the alb.
Das bringt diese Vorgehensweise zwar noch nicht in die Bücher von 1962, zeigt, aber, wo es herkommt: Es wurde halt irgendwann in den Reformjahren einmal eingeführt, und nur noch wenige Spezialisten wissen, ob es vor oder nach dem Stichtag war.
Naja... Ich verstehe, daß du St. Afra verbunden bist, und deshalb etwas großzügiger, aber so ganz kann ich das mit den Spezialisten nicht nachvollziehen: wenn im Missale von 1962 selbst klipp und klar drinsteht, daß nur Diakone die Passion lesen dürfen, brauche ich doch kein Spezialist zu sein. Wenn eine andere Regelung vorher gekommen wäre, stünde sie ja im Missale drin, und Regelungen, die später kamen, sind eben keine "der Bücher von 1962", die nun einmal die ao. Form ausmachen.
Zum Stichtag selbst habe ich eine gespaltene Meinung. Einerseits sagt Summorum Pontificum: "nach den Büchern von 1962" - und das muß man ernst nehmen. Andererseits hatten diese Bücher niemals einen tatsächlichen "Sitz im Leben" der alten Liturgie - und solange die Liturgie nicht dazu missbraucht wurde und wird, häretisierende Vorstellungen unters Volk zu bringen, besteht da wohl auch kein Grund, den Rubrizismus des 19. Jh in seiner heftigsten Form wieder aufleben zu lassen.
1962 ist sicher nicht der glücklichste Stichtag, da gebe ich dir völlig recht. Wenn man mich fragte (mir ist aber völlig klar, daß das zurecht keiner tut

) würde ich für das Ende des Pontifikats Pius XI., also 1939 als Stichtag plädieren. Ich stimme dir auch - vorsichtig und mit Vorbehalten - zu, daß man vielleicht an mancher Stelle etwas großzügiger sein kann, als dies mitunter früher gehandhabt wurde. Dies würde ich aber eher im Hinblick auf Regelungen so sehen, die über Jahrhunderte zum Ritus gehörten, und nur das "Pech" hattem, Bugnini & Co. schon vor 1962 zum Opfer gefallen zu sein. Bei Regelungen, die nach 1962 kamen, und praktisch ausnahmslos eine Verarmung bedeuten bzw. Elemente der Beliebigkeit anheim geben, sehe ich dies durchaus nicht so. Was das konkrete Beispiel angeht, widerspricht es völlig dem römischen Ritus, die Verlesung des Evangeliums - und auch die Passion ist ein Evangelium - niederen Klerikern oder gar Laien zu überlassen. Ich kann dafür auch keinen Grund sehen außer - ohne hier jemandem zu nahe treten zu wollen - Faulheit des Zelebranten.
@Niels: Ja, da stecken sicher noch viel mehr drin. Aber mir zumindest fehlt es am "heroischen Tugendgrad", sie aufspüren zu wollen. Soll doch jemand eine Doktorarbeit drüber schreiben.
Es ist aber auch nicht alles drin, insbesondere die liturgischen Texte selbst nicht. Ich hatte einmal nach dem Ordo Hebdomadæ Sanctæ Instauratus geschaut, der ja andernorts aufkam, aber da finden sich nur die Dekrete der Ritenkongregation, mit denen er in Kraft gesetzt wird, nicht der Ordo selbst. Das ist natürlich wenig überrashcend, ich weise nur mal darauf hin.