Kirchenaustritt und Glaubensabfall (Omnium in mentem)

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iustus
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Re: Kirchenaustritt und Glaubensabfall (Omnium in mentem)

Beitrag von iustus »

Gamaliel hat geschrieben: Rom wird zu einer Stellungnahme gezwungen sich zur Vereinbarkeit von Universal- und deutschem Partikularrecht autoritativ zu äußern.
Wieso wird Rom dazu gewzungen? Der Fall Zapp verlangt eine Äußerung zur Vereinbarkeit von Universal- und deutschem Partikularrecht doch gar nicht: Dass Zapp nicht aus der Kirche ausgetreten ist, ist nun unumstritten: Das sieht er selbst so, das sieht die DBK so, das sieht Rom so, das sieht auch der VGH so.

Im weltlichen Recht würde man dazu sagen: Es besteht kein Rechtschutzbedürfnis.

Das besteht erst dann, wenn die DBK ihn als exkommuniziert behandelt, weil er nach staatlichem Recht ausgetreten ist. Erst dann wird Rom gezwungen, sich zur Vereinbarkeit von Universal- und deutschem Partikularrecht autoritativ zu äußern.

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Berolinensis
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Re: Kirchenaustritt und Glaubensabfall (Omnium in mentem)

Beitrag von Berolinensis »

taddeo hat geschrieben:
Berolinensis hat geschrieben:Hier tut sich für mich ein Widerspruch auf. Für eine Erläuterung wäre ich dankbar.
Vielleicht könnte man es so formulieren:

Wegen des charakter indelebilis der Taufe bleibt die Zugehörigkeit zum mystischen Leib Christi bestehen, auch wenn man sich vom irdischen Leib der Kirche lossagt.
Kann das richtig sein? Die Kirche ist doch gerade das Corpus Christi mysticum.

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taddeo
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Re: Kirchenaustritt und Glaubensabfall (Omnium in mentem)

Beitrag von taddeo »

Berolinensis hat geschrieben:
taddeo hat geschrieben:
Berolinensis hat geschrieben:Hier tut sich für mich ein Widerspruch auf. Für eine Erläuterung wäre ich dankbar.
Vielleicht könnte man es so formulieren:

Wegen des charakter indelebilis der Taufe bleibt die Zugehörigkeit zum mystischen Leib Christi bestehen, auch wenn man sich vom irdischen Leib der Kirche lossagt.
Kann das richtig sein? Die Kirche ist doch gerade das Corpus Christi mysticum.
Dessen bin ich mir schon bewußt - deshalb habe ich ja "vielleicht" geschrieben. Aber sag mir eine glücklichere Formulierung ...

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Bernado
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Re: Kirchenaustritt und Glaubensabfall (Omnium in mentem)

Beitrag von Bernado »

iustus hat geschrieben:
Gamaliel hat geschrieben: Rom wird zu einer Stellungnahme gezwungen sich zur Vereinbarkeit von Universal- und deutschem Partikularrecht autoritativ zu äußern.
Wieso wird Rom dazu gewzungen? Der Fall Zapp verlangt eine Äußerung zur Vereinbarkeit von Universal- und deutschem Partikularrecht doch gar nicht: Dass Zapp nicht aus der Kirche ausgetreten ist, ist nun unumstritten: Das sieht er selbst so, das sieht die DBK so, das sieht Rom so, das sieht auch der VGH so.

Im weltlichen Recht würde man dazu sagen: Es besteht kein Rechtschutzbedürfnis.

Das besteht erst dann, wenn die DBK ihn als exkommuniziert behandelt, weil er nach staatlichem Recht ausgetreten ist. Erst dann wird Rom gezwungen, sich zur Vereinbarkeit von Universal- und deutschem Partikularrecht autoritativ zu äußern.
Daher liegt es also zunächst an Zapp, durch einen formgerechten Austritt durch Erklärung vor dr Behörde die Voraussetzungen für die Überprüfung der kirchenrechtlichen Folgen durch Rom zu schaffen.
„DIE SORGE DER PÄPSTE ist es bis zur heutigen Zeit stets gewesen, dass die Kirche Christi der Göttlichen Majestät einen würdigen Kult darbringt.“ Summorum Pontificum 2007 (http://www.summorum-pontificum.de/)

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Gamaliel
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Re: Kirchenaustritt und Glaubensabfall (Omnium in mentem)

Beitrag von Gamaliel »

iustus hat geschrieben:Wieso wird Rom dazu gewzungen? Der Fall Zapp verlangt eine Äußerung zur Vereinbarkeit von Universal- und deutschem Partikularrecht doch gar nicht: Dass Zapp nicht aus der Kirche ausgetreten ist, ist nun unumstritten: Das sieht er selbst so, das sieht die DBK so, das sieht Rom so, das sieht auch der VGH so.

Im weltlichen Recht würde man dazu sagen: Es besteht kein Rechtschutzbedürfnis.

Das besteht erst dann, wenn die DBK ihn als exkommuniziert behandelt, weil er nach staatlichem Recht ausgetreten ist. Erst dann wird Rom gezwungen, sich zur Vereinbarkeit von Universal- und deutschem Partikularrecht autoritativ zu äußern.
Am einfachsten wäre es, wenn Du den Text von Hw. Dr. Weishaupt kurz durchlesen würdest; ich gebe nur die entscheidenden Stellen:
Das geht aus der Apostolischen Konstitution über die Römische Kurie Pastor Bonus hervor. Dort heisst es in Art. 158: "Für Antragsteller, die ein Interesse daran haben, entscheidet er (der Päpstliche Rat für die authentische Interpretation von Gesetzestexten), ob teilkirchliche Gesetze und allgemeine Dekrete, die von Gesetzgebern unterhalb der höchsten Autorität erlassen worden sind, mit den allgemeinen Gesetzen der Kirche übereinstimmen oder nicht."
[...]
Das Kirchenrecht (vgl. Art. 158 von Pastor Bonus) ermächtigt Gläubige ausdrücklich, sich an den Päpstlichen Rat für die Gesetzestexte zu wenden mit der Bitte um Überprüfung der Übereinstimmung eines partikularen Gesetzes (hier der Norm der deutschen Bischöfe in bezug auf den Kirchenaustritt vom 1969) mit dem universalen Recht (hier: der authentischen Interpretation des Päpstlichen Rates für die Gesetzestexte vom 13.3.2006. Dieses Recht wird wohl nun von Prof. Zapp in Anspruch genommen. Eine Antwort Roms würde zur Rechtssicherheit in Deutschland beitragen.
Sobald sich Prof. Zapp jetzt an Rom wendet, wird dieses "gezwungen" Antwort zu geben. Wie gesagt, es geht dabei nicht um das aktuelle Urteil, sondern allgemein um die Rechtslage. Auch Du könntest Dich in dieser Frage an Rom wenden.

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Berolinensis
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Re: Kirchenaustritt und Glaubensabfall (Omnium in mentem)

Beitrag von Berolinensis »

@ Gamaliel

Ich hatte ja bereits erläutert, warum m.E. gar kein Konflikt zwischen Universal- und Partikularrecht besteht, da diese über zwei verschiedene sprechen. Im übrigen nehme ich an, daß der Passus aus Pastor Bonus "Für Antragsteller, die ein Interesse daran haben", ähnlich wie im weltlichen Recht zu verstehen ist. Dann bedeutet ein Interesse schon eine eigene Betroffenheit, die rein abstrakte Klage soll gerade ausgeschlossen werden.

Im übrigen wäre ich dankbar, wenn du vielleicht kurz etwas zur Frage der Kirchengliedschaft sagen könnte, die ich oben ganz allgemein gestellt hatte, vgl. viewtopic.php?p=383426#p383426

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Gamaliel
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Re: Kirchenaustritt und Glaubensabfall (Omnium in mentem)

Beitrag von Gamaliel »

taddeo hat geschrieben:
Berolinensis hat geschrieben:
taddeo hat geschrieben:
Berolinensis hat geschrieben:Hier tut sich für mich ein Widerspruch auf. Für eine Erläuterung wäre ich dankbar.
Vielleicht könnte man es so formulieren:

Wegen des charakter indelebilis der Taufe bleibt die Zugehörigkeit zum mystischen Leib Christi bestehen, auch wenn man sich vom irdischen Leib der Kirche lossagt.
Kann das richtig sein? Die Kirche ist doch gerade das Corpus Christi mysticum.
Dessen bin ich mir schon bewußt - deshalb habe ich ja "vielleicht" geschrieben. Aber sag mir eine glücklichere Formulierung ...
Eine interessante Frage, die sich leider nicht ganz einfach beantworten läßt und außerdem bin ich mir nicht sicher, ob das hierher paßt. :hmm:

Ein Hinweis aber:

Es gibt zwei Kirchenzugehörigkeitsbegriffe, einen kirchenrechtlichen, einen dogmatischen. Diese sind nicht deckungsgleich, wie Berolinensis bemerkt haben dürfte.

Bei der Verwendung des Begriffes "Leib Christi" tritt dasselbe Problem auf.

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Berolinensis
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Re: Kirchenaustritt und Glaubensabfall (Omnium in mentem)

Beitrag von Berolinensis »

Gamaliel hat geschrieben: Eine interessante Frage, die sich leider nicht ganz einfach beantworten läßt und außerdem bin ich mir nicht sicher, ob das hierher paßt. :hmm:
Ggf. könnte man dazu ein eigenes Thema eröfnnen. Mods?
Ein Hinweis aber:

Es gibt zwei Kirchenzugehörigkeitsbegriffe, einen kirchenrechtlichen, einen dogmatischen. Diese sind nicht deckungsgleich, wie Berolinensis bemerkt haben dürfte.

Bei der Verwendung des Begriffes "Leib Christi" tritt dasselbe Problem auf.
In der Tat ist mir das nicht verborgen geblieben. ;D Aber auch die Ausführungen in der Encyclopedia beziehen sich doch wohl (auch) auf den dogmatischen Begriff:
This penalty is no mere external severance from the rights of common worship. It is a severance from the body of Christ, undoing to this extent the work of baptism, and placing the excommunicated man in the condition of the heathen and the publican". It casts him out of God's kingdom; and the Apostle speaks of it as "delivering him over to Satan" (1 Corinthians 5:5; 1 Timothy 1:20).
Die von mir hervorgehobene Stelle steht sowohl Taddeos Erklärungsversuch entgegen als auch direkt der Erklärung des Päpstlichen Rates für die Gesetzestexte.

iustus
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Re: Kirchenaustritt und Glaubensabfall (Omnium in mentem)

Beitrag von iustus »

Berolinensis hat geschrieben:Im übrigen nehme ich an, daß der Passus aus Pastor Bonus "Für Antragsteller, die ein Interesse daran haben", ähnlich wie im weltlichen Recht zu verstehen ist. Dann bedeutet ein Interesse schon eine eigene Betroffenheit, die rein abstrakte Klage soll gerade ausgeschlossen werden.
Bernado hat geschrieben:Daher liegt es also zunächst an Zapp, durch einen formgerechten Austritt durch Erklärung vor dr Behörde die Voraussetzungen für die Überprüfung der kirchenrechtlichen Folgen durch Rom zu schaffen.
Das sehe ich genauso. Aber vielleicht werden wir ja positiv überrascht und Rom äußert sich tatsächlich. Ich hatte allerdings an anderer Stelle schon geschrieben, dass das Gerücht umgeht, Rom habe gar kein Interesse daran, weil derzeit Kirchensteuergelder aus D in nicht unerheblicher Höhe dorthin fließen.

iustus
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Re: Kirchenaustritt und Glaubensabfall (Omnium in mentem)

Beitrag von iustus »

Ich weise nochmal auf Folgendes hin:

Es gibt ein Schreiben des Päpstlichen Rates für die Gesetzestexte vom 14. März 2006 an den Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, in dem der Rat ausdrücklich erklärt, "dass die in der Bundesrepublik Deutschland und in anderen Nationen bestehende Rechtslage hinsichtlich des Austritts aus der Kirche durch diese Interpretation nicht berührt wird."

So Heribert Schmitz im "Archiv für Katholisches Kirchenrecht" (AfkKR), Heft 174/2 2005, S. 505 f.

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Berolinensis
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Re: Kirchenaustritt und Glaubensabfall (Omnium in mentem)

Beitrag von Berolinensis »

iustus hat geschrieben:Ich weise nochmal auf Folgendes hin:

Es gibt ein Schreiben des Päpstlichen Rates für die Gesetzestexte vom 14. März 2006 an den Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, in dem der Rat ausdrücklich erklärt, "dass die in der Bundesrepublik Deutschland und in anderen Nationen bestehende Rechtslage hinsichtlich des Austritts aus der Kirche durch diese Interpretation nicht berührt wird."

So Heribert Schmitz im "Archiv für Katholisches Kirchenrecht" (AfkKR), Heft 174/2 2005, S. 505 f.
Das bestätigt ja meine Auffassung, die ich nun schon mehrfach vorgetragen habe, daß ein Widerspruch nicht besteht. Wenn der Rat die Frage nach der Rechtmäßigkeit der Interpretation des can. 751 CJC durch die deutschen Bischöfe damit inzident bereits entschieden hat (so verstehe ich den Hinweis), und dies Prof. Zapp bereits bekannt war, frage ich mich allerdings, was er sich von Anfang an von der Sache versprochen hat.

iustus
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Re: Kirchenaustritt und Glaubensabfall (Omnium in mentem)

Beitrag von iustus »

Berolinensis hat geschrieben:Wenn der Rat die Frage nach der Rechtmäßigkeit der Interpretation des can. 751 CJC durch die deutschen Bischöfe damit inzident bereits entschieden hat (so verstehe ich den Hinweis), und dies Prof. Zapp bereits bekannt war, frage ich mich allerdings, was er sich von Anfang an von der Sache versprochen hat.
Zapp hat das Schreiben vom 14. März 2006 in einem Aufsatz in der "Kirche und Recht" (Hartmut Zapp, Körperschaftsaustritt wegen Kirchensteuern - kein "Kirchenaustritt", KuR 2007, S. 66-90) für kanonistisch irrelevant erklärt, "d.h. es kann keine päpstlich approbierte Entscheidung ändern oder aufheben. Nur eine vom höchsten kirchlichen Lehrer und Gesetzgeber, dem "Herrn der canones", erlassene Änderung seiner Entscheidung (...) könnte in Deutschland verbindliches Partikularrecht schaffen, so dass gegenüber der Weltkirche eigenes Kirchenzugehörigkeitsrecht (...) in Kraft träte und im Vergleich zu anderen Ländern um ein vielfaches höhere Kirchensteuerbeiträge durchgesetzt werden könnten."

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Berolinensis
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Re: Kirchenaustritt und Glaubensabfall (Omnium in mentem)

Beitrag von Berolinensis »

iustus hat geschrieben:
Berolinensis hat geschrieben:Wenn der Rat die Frage nach der Rechtmäßigkeit der Interpretation des can. 751 CJC durch die deutschen Bischöfe damit inzident bereits entschieden hat (so verstehe ich den Hinweis), und dies Prof. Zapp bereits bekannt war, frage ich mich allerdings, was er sich von Anfang an von der Sache versprochen hat.
Hartmut Zapp erklärt das Schreiben vom 14. März 2006 in einem sehr lesenswerten Aufsatz in der "Kirche und Recht" (Hartmut Zapp, Körperschaftsaustritt wegen Kirchensteuern - kein "Kirchenaustritt", KuR 2007, S. 66-90) für kanonistisch irrelevant, "d.h. es kann keine päpstlich approbierte Entscheidung ändern oder aufheben. Nur eine vom höchsten kirchlichen Lehrer und Gesetzgeber, dem "Herrn der canones", erlassene Änderung seiner Entscheidung (...) könnte in Deutschland verbindliches Partikularrecht schaffen, so dass gegenüber der Weltkirche eigenes Kirchenzugehörigkeitsrecht (...) in Kraft träte und im Vergleich zu anderen Ländern um ein vielfaches höhere Kirchensteuerbeiträge durchgesetzt werden könnten."
Das klingt mir allerdings wieder danach - es ist natürlich schwer das ohne kontext zu beurteilen -, als ob hier die Fragen des actus formalis und des Schismas vermengt würden. Hinsichtlich des Schismas, auf das sich die deutschen Bischöfe ja stützen, gibt es keine päpstlich approbierte Entscheidung, die die Bischöfe oder der Rat zu unrecht zu ändern sich anmaßten, und es geht auch gar nicht um Partikularrecht, sondern um die Interpretation des Universalrechts - can. 751 - durch die deutschen Bischöfe.

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ar26
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Re: Kirchenaustritt und Glaubensabfall (Omnium in mentem)

Beitrag von ar26 »

@ berolinensis

Man sollte hier nicht kleinlich sein. In der von Benedikt XVI. approbierten Erklärung vom 13.03.2006 wird das Procedere unter Bezugnahme auf den CIC beschrieben. Auch wenn es keinen eigenen Canon für die Erklärung der Apostasie gibt, so scheinen sich für den obersten kirchlichen Gesetzgeber keine Probleme zu ergeben, Tatbestand und Rechtsfolge aus den Canones zu erkennen.

Das Beispiel FSSPX soll ja nur illustrieren, auf welches Glatteis sich ein staatliches Gericht begibt, daß meint, aus Gründen einer einheitlichen Mitgliedschaft von KöR und Glaubensgemeinschaft die religiöse Praxis des einzelnen Gläubigen beurteilen zu müssen.

Die zweite Frage steht nach wie vor im Raum. Was ist mit demjenigen, der in der durch die Erklärung vom 13.03.2006 beschriebenen Art und Weise vom Glauben abfällt? Nehmen wir den Vermerk im Taufbuch als Feststellung dessen. Wird der noch zur Kirchensteuer veranlagt? Bei einheitlicher Mitgliedschaft ginge dies ja nicht.

Was die anderen Problemkreise angeht. Darf der Ortsbischof oder die Konfernz eigentlich ein Schisma feststellen, oder bleibt dies dem Papst vorbehalten?
...bis nach allem Kampf und Streit wir dich schaun in Ewigkeit!

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Berolinensis
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Re: Kirchenaustritt und Glaubensabfall (Omnium in mentem)

Beitrag von Berolinensis »

ar26 hat geschrieben:@ berolinensis´

Man sollte hier nicht kleinlich sein. In der von Benedikt XVI. approbierten Erklärung vom 13.03.2006 wird das Procedere unter Bezugnahme auf den CIC beschrieben. Auch wenn es keinen eigenen Canon für die Erklärung der Apostasie gibt, so scheinen sich für den obersten kirchlichen Gesetzgeber keine Probleme zu ergeben, Tatbestand und Rechtsfolge aus den Canones zu erkennen.
Ich weiß nicht, ob du die folgenden Beiträge schon gelesen hattest, als du diese Antwort geschrieben hast, denn wir sind eigentlich schon etwas weiter. Der springende Punkt ist, daß der actus formalis, auf den sich die Erklärung des Päpstlichen Rates für die Gesetzestexte vom 13. März 2006 bezieht - nicht etwa auf die Apostasie (die die deutschen Bischöfe nicht geltend machen, obwohl es naheliegend wäre) oder das Schisma i.S.d. can. 751 - durch Omnium in mentem aus dem Codex gestrichen wurde. Die Erklärung ist daher, wie schon mehrfach gesagt, hinfällig.

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Gamaliel
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Re: Kirchenaustritt und Glaubensabfall (Omnium in mentem)

Beitrag von Gamaliel »

ar26 hat geschrieben:Was die anderen Problemkreise angeht. Darf der Ortsbischof oder die Konfernz eigentlich ein Schisma feststellen, oder bleibt dies dem Papst vorbehalten?
Was heißt "ein Schisma"? Im Schisma können immer nur konkrete Personen sein.

Der Tatbestand wird in c. 751 beschrieben. Als Sanktion tritt die Exkommunikation als Tatstrafe ein (c. 1364 §1). Für deren Deklarierung ist der Ordinarius zuständig (c. 1341) Die Bischofskonferenz hat gar nichts zu sagen.

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ar26
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Re: Kirchenaustritt und Glaubensabfall (Omnium in mentem)

Beitrag von ar26 »

@ berolinensis
Die Änderungen aus 2009 hatte ich tatsächlich nicht berücksichtigt. Danke für den Hinweis. Das macht die Sache kirchenrechtlich nicht einfacher. Nichts desto trotz bleibt aus verwaltungsrechtlicher Sicht die Frage eigentlich gleich. Was passiert mit der Veranlagung zur Kirchensteuer, wenn der Gläubige ins Schisma geht, etwa durch Übertritt in eine Religionsgemeinschaft, die nicht KöR ist?

@ Gamaliel
Ich suchte nur den Canon. Dass nur Personen im Schisma sein können, weiß ich auch. Nichtsdestotrotz muss es festgestellt werden.
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Gamaliel
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Re: Kirchenaustritt und Glaubensabfall (Omnium in mentem)

Beitrag von Gamaliel »

ar26 hat geschrieben:Nichts desto trotz muss es festgestellt werden.
:hae?:

Es handelt sich bei der Sanktion um eine Tatstrafe! Eine etwaige Deklaration derselben entfaltet freilich weitergehende Rechtswirkungen, ist aber nicht unbedingt erforderlich.

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Berolinensis
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Re: Kirchenaustritt und Glaubensabfall (Omnium in mentem)

Beitrag von Berolinensis »

Gamaliel hat geschrieben:
ar26 hat geschrieben:Nichts desto trotz muss es festgestellt werden.
:hae?:

Es handelt sich bei der Sanktion um eine Tatstrafe! Eine etwaige Deklaration derselben entfaltet freilich weitergehende Rechtswirkungen, ist aber nicht unbedingt erforderlich.
Genau. Zur Verdeutlichung can. 1364 § 1, 1. Hs.:
Apostata a fide, haereticus vel schismaticus in excommunicationem latae sententiae incurrit

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Bernado
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Re: Kirchenaustritt und Glaubensabfall (Omnium in mentem)

Beitrag von Bernado »

Gamaliel hat geschrieben:
ar26 hat geschrieben:Nichts desto trotz muss es festgestellt werden.
:hae?:

Es handelt sich bei der Sanktion um eine Tatstrafe! Eine etwaige Deklaration derselben entfaltet freilich weitergehende Rechtswirkungen, ist aber nicht unbedingt erforderlich.
War das schon immer so? Ich frage als Nicht-Jurist, der irgendwie der Meinung ist, daß das schönste Schisma hinieden ja nichts hilft, wenn es einem keiner sagt.
„DIE SORGE DER PÄPSTE ist es bis zur heutigen Zeit stets gewesen, dass die Kirche Christi der Göttlichen Majestät einen würdigen Kult darbringt.“ Summorum Pontificum 2007 (http://www.summorum-pontificum.de/)

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Robert Ketelhohn
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Re: Kirchenaustritt und Glaubensabfall (Omnium in mentem)

Beitrag von Robert Ketelhohn »

ar26 hat geschrieben:Daß nur Personen im Schisma sein können
Das ist übrigens völlig falsch. Vermutlich ist die Aussage einem (allzu) eng gefaßten juridischen Begriffsverständnis geschuldet. Schisma als Delikt. Dieser Begriff ist jedoch weder theologisch noch historisch-faktisch tragfähig. – Aber das bloß als Einwurf von der Seitenauslinie, bleibt ruhig bei euerm kanonistischen Ballgeschiebe … :anton:
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Gamaliel
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Re: Kirchenaustritt und Glaubensabfall (Omnium in mentem)

Beitrag von Gamaliel »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:
ar26 hat geschrieben:Daß nur Personen im Schisma sein können
Das ist übrigens völlig falsch.
Du kannst es gerne völlig richtigstellen, indem Du Deine Theorie darlegst und begründest. :detektiv: So hilft uns Dein Einwurf gar nicht weiter.

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Bernado
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Re: Kirchenaustritt und Glaubensabfall (Omnium in mentem)

Beitrag von Bernado »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:Aber das bloß als Einwurf von der Seitenauslinie, bleibt ruhig bei euerm kanonistischen Ballgeschiebe … :anton:
Du meinst, das sind alles nur Kanonenkügelchen?
„DIE SORGE DER PÄPSTE ist es bis zur heutigen Zeit stets gewesen, dass die Kirche Christi der Göttlichen Majestät einen würdigen Kult darbringt.“ Summorum Pontificum 2007 (http://www.summorum-pontificum.de/)

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Re: Kirchenaustritt und Glaubensabfall (Omnium in mentem)

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Vulgo „Schrot“. (Oder schreibt man das nach der neuen Schlechtschreibung mit Doppel-t?)
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Re: Kirchenaustritt und Glaubensabfall (Omnium in mentem)

Beitrag von Gamaliel »

Bernado hat geschrieben:
Gamaliel hat geschrieben:
ar26 hat geschrieben:Nichts desto trotz muss es festgestellt werden.
:hae?:

Es handelt sich bei der Sanktion um eine Tatstrafe! Eine etwaige Deklaration derselben entfaltet freilich weitergehende Rechtswirkungen, ist aber nicht unbedingt erforderlich.
War das schon immer so? Ich frage als Nicht-Jurist, der irgendwie der Meinung ist, daß das schönste Schisma hinieden ja nichts hilft, wenn es einem keiner sagt.
Ja, früher sogar weit ausgiebiger als heutzutage. Gerne knüpft man dabei an Jo 3,18 an. Die anderen Etappenschritte führen über die Synoden von Elvira, Antiochien,...

Hintergrund ist die im kirchlichen Strafrecht vorherrschende "Innerlichkeit", d.h. die Ausrichtung auf das Gewissen des Delinquenten, um dessen Besserung es eigentlich geht. Für weitergehende Wirkungen, insbesondere um Schaden von der Gemeinschaft abzuhalten, ist dann freilich die öffentliche Deklaration der Strafe nötig.

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Robert Ketelhohn
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Re: Kirchenaustritt und Glaubensabfall (Omnium in mentem)

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Gamaliel hat geschrieben:
Robert Ketelhohn hat geschrieben:
ar26 hat geschrieben:Daß nur Personen im Schisma sein können
Das ist übrigens völlig falsch.
Du kannst es gerne völlig richtigstellen, indem Du Deine Theorie darlegst und begründest. :detektiv: So hilft uns Dein Einwurf gar nicht weiter.
Ich wollte nur daran erinnern, daß der Begriff des Schismas sowohl den individuellen oder gemeinschaftlichen Ungehorsam gegen die rechtmäßige kirchliche Autorität zum Inhalt haben kann als auch die Spaltung durch „Verdopplung“ der Autorität (bei mindestens zeitweise unklarer Rechtmäßigkeit) als auch den Verlust der Gemeinschaft zwischen einzelnen Ortskirchen.

So definiert, ist das Konzept des „Schismas“ deskriptiv, indem es einen Zustand oder das ihn verursachende Ereignis oder die ihn verursachende Handlung beschreibt. Das ist gewissermaßen die Sicht des Historikers. Der Theologe müßte darüber hinausgehen und die Folgen untersuchen, sowohl ekklesiologisch als auch für das Heil des einzelnen.

Ihr dagegen habt oben allein das juridische, und zwar näherhin strafrechtliche, Konzept im Blick gehabt, das die Beteiligung des einzelnen Gläubigen an einem Schisma (im historisch-deskriptiven Sinn) zum Inhalt hat und, soweit es rechtswidrig und schuldhaft ist, diesen Tatbestand ebenfalls „Schisma“ nennt und mit Strafe belegt.

Aber wie gesagt, das sollte bloß ein begriffsklärender und -abgrenzender Einwurf sein und eure Fachsimpelei nicht unterbrechen. Innerhalb des kanonisch-strafrechtlichen Diskurses ist die von mir angefochtene Aussage schon richtig. Aber eben nur innerhalb seiner.
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Re: Kirchenaustritt und Glaubensabfall (Omnium in mentem)

Beitrag von Gamaliel »

Danke für die ergänzenden Ausführungen!

Einen Widerspruch kann ich freilich nicht erkennen, denn auch in der deskriptiven Betrachtungsweise sind es immer nur Personen, die sich im Schisma befinden.
Betrachtet man dann näher wem diese Personen die Gemeinschaft aufkündigen (dem Papst, den übrigen Gliedern der Kirche) und ob dies eine einzelne Person oder eine Gruppe von Personen tut, dann kommt man zu den von Dir richtig beschriebenen weiteren Unterscheidungen, die man treffen kann.

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Niels
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Re: Kirchenaustritt und Glaubensabfall (Omnium in mentem)

Beitrag von Niels »

Offenbar befasst Rom sich bereits mit einem gleichgelagerten Fall: http://www.kath.net/detail.php?id=26624
Iúdica me, Deus, et discérne causam meam de gente non sancta

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Robert Ketelhohn
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Re: Kirchenaustritt und Glaubensabfall (Omnium in mentem)

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Niels hat geschrieben:Offenbar befasst Rom sich bereits mit einem gleichgelagerten Fall: http://www.kath.net/detail.php?id=26624
Daraus:
kath.net hat geschrieben:In Rom liegte Beschwerde eines deutschen Katholik vor, der ebenfalls aus der "Körperschaft" der Kirche austrat
Fünf Fehler in einem kurzen Satz. Alle Achtung.
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Re: Kirchenaustritt und Glaubensabfall (Omnium in mentem)

Beitrag von Sempre »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:
kath.net hat geschrieben:In Rom liegte Beschwerde eines deutschen Katholik vor, der ebenfalls aus der "Körperschaft" der Kirche austrat
Fünf Fehler in einem kurzen Satz. Alle Achtung.
Das hat wohl der Chef selbst geschrieben.

Gruß
Sempre
Niemals sei gesagt es werde je zugelassen, daß ein zum Leben prädestinierter Mensch sein Leben ohne das Sakrament des Mittlers beendet. (St. Augustin, Gegen Julian, V-4)

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Niels
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Re: Kirchenaustritt und Glaubensabfall (Omnium in mentem)

Beitrag von Niels »

Sempre hat geschrieben:
Robert Ketelhohn hat geschrieben:
kath.net hat geschrieben:In Rom liegte Beschwerde eines deutschen Katholik vor, der ebenfalls aus der "Körperschaft" der Kirche austrat
Fünf Fehler in einem kurzen Satz. Alle Achtung.
Das hat wohl der Chef selbst geschrieben.

Gruß
Sempre
:kugel:
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Re: Kirchenaustritt und Glaubensabfall (Omnium in mentem)

Beitrag von cantus planus »

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