Kirchenaustritt und Glaubensabfall (Omnium in mentem)

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ottaviani
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Kirchenaustritt und Glaubensabfall (Omnium in mentem)

Beitrag von ottaviani »

Ein neues Motu proprio, das die argumente der DBK bezgl. des Kirchenaustritts aus den Angeln hebt
http://212.77.1.245/news_services/bulle ... 29&lang=it

michaelis
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Re: Und wieder ein MP

Beitrag von michaelis »

Wieso ?

Soweit ich das erkennen kann (Ich beherrsche leider weder Latein noch wirklich Italienisch), wird nur der Zusatz "und nicht durch einen formalen Akt von ihr abgefallen sind" aus den entsprechenden Canones gestrichen.

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Berolinensis
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Re: Und wieder ein MP

Beitrag von Berolinensis »

michaelis hat geschrieben:Wieso ?

Soweit ich das erkennen kann (Ich beherrsche leider weder Latein noch wirklich Italienisch), wird nur der Zusatz "und nicht durch einen formalen Akt von ihr abgefallen sind" aus den entsprechenden Canones gestrichen.
In der Tat. Daß die so umstrittene Figur des actus formalis defectionis ersatzlos gestrichen wird, ist zwar schon ein Hammer. Aber die DBK hat ja gerade (wenn auch fragwürdig) argumentiert, daß unabhängig von der Frage des actus formalis jeder Austritt den Tatbestand des Schismas (can. 751 CJC) erfüllt. Insofern wird sie sich sicher auch von dieser Entwicklung nicht beeindrucken lassen. Die eherechtlichen Auswirkungen dieser Norm dürften aber beträchtlich sein: Ehen von Ausgetretenen sind damit grundsätzlich ungültig.

Du Jardin
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Re: Und wieder ein MP

Beitrag von Du Jardin »

Bist Du Dir da sicher? Ist denn jemand Getauftes nicht automatisch in der Gnade Gottes?

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taddeo
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Re: Und wieder ein MP

Beitrag von taddeo »

ottaviani hat geschrieben:ein neues Motu proprio da die argumente der DBK bezgl. des Kirchenaustritts aus den Angeln hebt
http://212.77.1.245/news_services/bulle ... 29&lang=it
Wenn man den erläuternden Text zum Motu Proprio liest, dann geht daraus hervor, daß einerseits die im MP behandelten eherechtlichen Canones nichts mit dem Thema "Kirchenaustritt wegen Kirchensteuer" zu tun haben, und daß in Bezug auf den Kirchenaustritt in D, A und CH ausschließlich die Lettera circolare vom 13. März 26 einschlägig ist. Mehr nicht.

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Re: Und wieder ein MP

Beitrag von Du Jardin »

Kannst Du das bitte mal so erklären, dass es auch ein Laie versteht?

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Berolinensis
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Re: Und wieder ein MP

Beitrag von Berolinensis »

Du Jardin hat geschrieben:Bist Du Dir da sicher? Ist denn jemand Getauftes nicht automatisch in der Gnade Gottes?
1. Ganz allgemein: nein, jede Todsünde läßt uns die heiligmachende Gnade verlieren.

2. Abgesehen davon, daß die Sakramente der Lebenden (also alle außer Taufe und Beichte) nur der wirksam empfängt, der im Stande der heiligmachenden Gnade ist, hat die Folge, die ich oben beschrieben habe nicht damit, sondern mit dem kirchlichen Eherecht zu tun.

Danach sind - verienfacht gesagt - Ehen, die von Katholiken unter Mißachtung der kirchlichen Formvorschriften geschlossen werden, grundsätzlich ungültig, can. 1108 § 1 CJC.

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Re: Und wieder ein MP

Beitrag von Berolinensis »

taddeo hat geschrieben:
ottaviani hat geschrieben:ein neues Motu proprio da die argumente der DBK bezgl. des Kirchenaustritts aus den Angeln hebt
http://212.77.1.245/news_services/bulle ... 29&lang=it
Wenn man den erläuternden Text zum Motu Proprio liest, dann geht daraus hervor, daß einerseits die im MP behandelten eherechtlichen Canones nichts mit dem Thema "Kirchenaustritt wegen Kirchensteuer" zu tun haben, und daß in Bezug auf den Kirchenaustritt in D, A und CH ausschließlich die Lettera circolare vom 13. März 26 einschlägig ist. Mehr nicht.

Siehe dazu schon meine Antwort oben, ich sagte ja, die DBK wird sicher bei ihrer Auffassung bleiben. Allerdings kann ich der Vorstellung von Msgr. Coccopalmerio nicht entnehmen, daß das Rundschreiben von 26 einschlägig bleibt. Er weist lediglich darauf hin, daß dieses Rundschreiben vor anderem Hintergund ergangen ist, aber die Überzeugung bestärkt hat, daß die entsprechenden Klauseln unterdrücktn werden sollten. Nachdem dies nun durch Omnium in mentem geschehen ist, ist das Rundschreiben von 26 gegenstandslos.

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Re: Und wieder ein MP

Beitrag von Du Jardin »

Berolinensis hat geschrieben:
Du Jardin hat geschrieben:Bist Du Dir da sicher? Ist denn jemand Getauftes nicht automatisch in der Gnade Gottes?
1. Ganz allgemein: nein, jede Todsünde läßt uns die heiligmachende Gnade verlieren.

2. Abgesehen davon, daß die Sakramente der Lebenden (also alle außer Taufe und Beichte) nur der wirksam empfängt, der im Stande der heiligmachenden Gnade ist, hat die Folge, die ich oben beschrieben habe nicht damit, sondern mit dem kirchlichen Eherecht zu tun.

Danach sind - verienfacht gesagt - Ehen, die von Katholiken unter Mißachtung der kirchlichen Formvorschriften geschlossen werden, grundsätzlich ungültig, can. 1108 § 1 CJC.
Ich möchte Deine Geduld mit vielleicht dummen Fragen nicht überstrapazieren, aber ich kennen aus meiner Verwandschaft einen Fall, bei dem diese Änderung eine Rolle spielen könnte. Also: Das Bußsakrament wird nicht mehr empfangen, damit die heiligmachende Gnade Gottes zurückgewiesen. Es ist aber doch jederzeit möglich, sich wieder in die Gemeinschaft der Glaubenden aufnehmen zu lassen. Wenn jemand dies Angebot nicht annimmt, ist eine Ehe, die gültig geschlossen wurde, ungültig?

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taddeo
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Re: Und wieder ein MP

Beitrag von taddeo »

Du Jardin hat geschrieben:Kannst Du das bitte mal so erklären, dass es auch ein Laie versteht?
Ein Laie muß dazu eigentlich nur soviel wissen:

Ab dem Inkrafttreten des neuen Motu Proprio gilt im Eherecht wieder semel catholicus - semper catholicus, also einmal katholisch - für immer katholisch.

Wer einmal katholisch getauft oder in die Kirche aufgenommen wurde, bleibt sein Leben lang an die eherechtlichen Vorschriften des Kirchenrechts gebunden, auch wenn er - wie in einigen zentraleuropäischen Ländern möglich - vor einem Zivilbeamten "aus der Kirche austritt". Die Möglichkeit eines vor dem Kirchenrecht wirksamen "Austritts" aus der Kirche wird damit praktisch verneint. Insofern hat ottaviani oben schon recht.

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Re: Und wieder ein MP

Beitrag von Du Jardin »

Steht das jetzt nicht im Widerspruch zu dem an anderer Stelle diskutierten:

viewtopic.php?f=1&t=1662&p=33692#p33692

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Berolinensis
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Re: Und wieder ein MP

Beitrag von Berolinensis »

Du Jardin hat geschrieben:
Berolinensis hat geschrieben:
Du Jardin hat geschrieben:Bist Du Dir da sicher? Ist denn jemand Getauftes nicht automatisch in der Gnade Gottes?
1. Ganz allgemein: nein, jede Todsünde läßt uns die heiligmachende Gnade verlieren.

2. Abgesehen davon, daß die Sakramente der Lebenden (also alle außer Taufe und Beichte) nur der wirksam empfängt, der im Stande der heiligmachenden Gnade ist, hat die Folge, die ich oben beschrieben habe nicht damit, sondern mit dem kirchlichen Eherecht zu tun.

Danach sind - verienfacht gesagt - Ehen, die von Katholiken unter Mißachtung der kirchlichen Formvorschriften geschlossen werden, grundsätzlich ungültig, can. 1108 § 1 CJC.
Ich möchte Deine Geduld mit vielleicht dummen Fragen nicht überstrapazieren, aber ich kennen aus meiner Verwandschaft einen Fall, bei dem diese Änderung eine Rolle spielen könnte. Also: Das Bußsakrament wird nicht mehr empfangen, damit die heiligmachende Gnade Gottes zurückgewiesen. Es ist aber doch jederzeit möglich, sich wieder in die Gemeinschaft der Glaubenden aufnehmen zu lassen. Wenn jemand dies Angebot nicht annimmt, ist eine Ehe, die gültig geschlossen wurde, ungültig?
Ich fürchte, ich verstehe nicht ganz, was du meinst. Eine gültig geschlossene Ehe wird nicht ungültig, auch wenn ich durch Todsünde die heiligmachende Gnade verliere. Die Gesetzesänderung betrifft Ehen von Ausgetretenen (also nicht Personen, die "bloß" nicht im Stand der heiligmachenden Gnade sind), und spielt zudem nur für Ehen eine Rolle, die künftig geschlossen werden, sie ist nicht rückwirkend.

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Berolinensis
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Re: Und wieder ein MP

Beitrag von Berolinensis »

taddeo hat geschrieben:Die Möglichkeit eines vor dem Kirchenrecht wirksamen "Austritts" aus der Kirche wird damit praktisch verneint. Insofern hat ottaviani oben schon recht.
Dazu verweise ich (zum zweiten Mal ;D ) auf meinen ersten Beitrag zu dem Thema: die DBK stützt sich ja auch bisher schon auf Schisma, und eben nicht auf den actus formalis, daran wird sich wohl kaum etwas ändern.

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Re: Und wieder ein MP

Beitrag von Du Jardin »

Jetzt habe ich verstanden, verzeiht bitte. Also, gültige Eheschließungen sind nicht möglich, wenn einer der Partner aus der Kirche ausgetreten ist. Das ist doch verständlich. Danke.

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Marion
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Re: Und wieder ein MP

Beitrag von Marion »

taddeo hat geschrieben: Die Möglichkeit eines vor dem Kirchenrecht wirksamen "Austritts" aus der Kirche wird damit praktisch verneint.
Berolinensis hat geschrieben: Die Gesetzesänderung betrifft Ehen von Ausgetretenen (also nicht Personen, die "bloß" nicht im Stand der heiligmachenden Gnade sind), und spielt zudem nur für Ehen eine Rolle, die künftig geschlossen werden, sie ist nicht rückwirkend.
Gilt das auch für die Austritte nicht rückwirkend, sondern nur für die künftigen.

Und gibt es das MT schon irgendwo auf Deutsch?
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Berolinensis
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Re: Und wieder ein MP

Beitrag von Berolinensis »

Du Jardin hat geschrieben:Jetzt habe ich verstanden, verzeiht bitte. Also, gültige Eheschließungen sind nicht möglich, wenn einer der Partner aus der Kirche ausgetreten ist. Das ist doch verständlich. Danke.
Das ist das Ergebnis. Es ist aber wichtig, das dahinterstehende Prinzip zu verstehen: auch für abgefallene Katholiken gelten die eherechtlichen Bestimmungen, ihr Abfall spielt insofern keine Rolle. Da sie aber die eherechtlichen Formvorschriften nicht einhalten werden - sie können ja gerade nicht kirchlich heiraten - sind dennoch eingenagene Ehen ungültig.

Du Jardin
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Re: Und wieder ein MP

Beitrag von Du Jardin »

Ich verstehe. Marion auch?

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Berolinensis
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Re: Und wieder ein MP

Beitrag von Berolinensis »

Marion hat geschrieben:
taddeo hat geschrieben: Die Möglichkeit eines vor dem Kirchenrecht wirksamen "Austritts" aus der Kirche wird damit praktisch verneint.
Berolinensis hat geschrieben: Die Gesetzesänderung betrifft Ehen von Ausgetretenen (also nicht Personen, die "bloß" nicht im Stand der heiligmachenden Gnade sind), und spielt zudem nur für Ehen eine Rolle, die künftig geschlossen werden, sie ist nicht rückwirkend.
Gilt das auch für die Austritte nicht rückwirkend, sondern nur für die künftigen.

Und gibt es das MT schon irgendwo auf Deutsch?
Auch auf die Gefahr hin, hier als broken record zu wirken: Ich weise noch einmal darauf hin, daß Omnium in mentem sich nicht auf den Austritt als solchen, sondern nur auf das Eherecht bezieht. Für den Austritt hat es allenfalls indirekte Konsequenzen, aber da - wie gesagt - die DBK auch bisher schon den Austritt als schismatischen Akt mit der Folge der Tatstrafe der Exkommunikation bewertet hat, wird sich an ihrer Haltung hier wohl nichts ändern.

Ansonsten gilt alles, was in Omnium in mentem angeordnet wird, erst nach Ablauf von drei Monaten, von dem Tag an gerechnet, der auf der betreffenden Nummer der Acta Apostolicae Sedis, in der das Motu Proprio veröffentlicht werden wird, angegeben ist (vgl. can. 8 § 1 CJC).

Ein deutscher Text ist mir noch nicht bekannt.

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Re: Und wieder ein MP

Beitrag von Du Jardin »

Und gerade da wirkt es. Das Eherecht von 1983 ist dem von 1917 weit hinterher, wie ich meine. Dabei sehe ich das mit der Dummheit eines Laien und lasse mich gerne eines Besseren belehren. Möchte wirklich nicht neunmalklug daherkommen.

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taddeo
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Re: Und wieder ein MP

Beitrag von taddeo »

Berolinensis hat geschrieben:Für den Austritt hat es allenfalls indirekte Konsequenzen, aber da - wie gesagt - die DBK auch bisher schon den Austritt als schismatischen Akt mit der Folge der Tatstrafe der Exkommunikation bewertet hat, wird sich an ihrer Haltung hier wohl nichts ändern.
Und deshalb wird man weiter streiten (können bzw. müssen), ob die DBK überhaupt befugt ist, den Austritt aus einer zivilrechtlichen Körperschaft nur vor einem Staatsdiener ohne weiteres als Schisma im Sinne des Kirchenrechts zu bewerten.

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Berolinensis
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Re: Und wieder ein MP

Beitrag von Berolinensis »

taddeo hat geschrieben:
Berolinensis hat geschrieben:Für den Austritt hat es allenfalls indirekte Konsequenzen, aber da - wie gesagt - die DBK auch bisher schon den Austritt als schismatischen Akt mit der Folge der Tatstrafe der Exkommunikation bewertet hat, wird sich an ihrer Haltung hier wohl nichts ändern.
Und deshalb wird man weiter streiten (können bzw. müssen), ob die DBK überhaupt befugt ist, den Austritt aus einer zivilrechtlichen Körperschaft nur vor einem Staatsdiener ohne weiteres als Schisma im Sinne des Kirchenrechts zu bewerten.
Klar, das hatte ich ja schon am Anfang gesagt, daß diese Position mindestens fragwürdig ist.

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taddeo
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Re: Und wieder ein MP

Beitrag von taddeo »

Berolinensis hat geschrieben:
taddeo hat geschrieben:
Berolinensis hat geschrieben:Für den Austritt hat es allenfalls indirekte Konsequenzen, aber da - wie gesagt - die DBK auch bisher schon den Austritt als schismatischen Akt mit der Folge der Tatstrafe der Exkommunikation bewertet hat, wird sich an ihrer Haltung hier wohl nichts ändern.
Und deshalb wird man weiter streiten (können bzw. müssen), ob die DBK überhaupt befugt ist, den Austritt aus einer zivilrechtlichen Körperschaft nur vor einem Staatsdiener ohne weiteres als Schisma im Sinne des Kirchenrechts zu bewerten.
Klar, das hatte ich ja schon am Anfang gesagt, daß diese Position mindestens fragwürdig ist.
Wie die ganze DBK halt auch.

"Pecunia, o pecunia: te adorat Ecclesia!"

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Berolinensis
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Re: Und wieder ein MP

Beitrag von Berolinensis »

taddeo hat geschrieben:
Berolinensis hat geschrieben:
taddeo hat geschrieben:
Berolinensis hat geschrieben:Für den Austritt hat es allenfalls indirekte Konsequenzen, aber da - wie gesagt - die DBK auch bisher schon den Austritt als schismatischen Akt mit der Folge der Tatstrafe der Exkommunikation bewertet hat, wird sich an ihrer Haltung hier wohl nichts ändern.
Und deshalb wird man weiter streiten (können bzw. müssen), ob die DBK überhaupt befugt ist, den Austritt aus einer zivilrechtlichen Körperschaft nur vor einem Staatsdiener ohne weiteres als Schisma im Sinne des Kirchenrechts zu bewerten.
Klar, das hatte ich ja schon am Anfang gesagt, daß diese Position mindestens fragwürdig ist.
Wie die ganze DBK halt auch.

"Pecunia, o pecunia: te adorat Ecclesia!"
Völlig deiner Meinung. Ich halte das ganze Institut der Bischofskonferenzen für überflüssig, ja so wie es heute funktioniert für schädlich. Nach der göttlichen Verfassung der Kirche nicht vorgesehen- worauf ja Card. Ratzinger großartigerweise hingeiwesen hat - führt es dazu, daß sich die meisten Diözesanbischöfe dahinter verstecken und keine echte Verantwortung für ihre Bistümer mehr übernehmen. Deshalb warte ich dringend auf das Motu Proprio - na, vielleicht sollte es hierfür doch ein Apostolische Konstitution sein - Tremendi Pastorum Judicis, das die Bischofskonferenzen ersatzlos unterdrückt, oder zumindest, wie sie ursprünglich mal entstanden sind, zu Instrumenten der interdiözesanen Abstimmung in praktischen Fragen herabstuft. Man kann ja hoffen...

iustus
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Re: Und wieder ein MP

Beitrag von iustus »

Das größte Problem im Zusammenhang mit der erhofften Kirchensteuerabschaffung ist folgendes:

Es gibt ein Schreiben des Päpstlichen Rates für die Gesetzestexte vom 14. März 2006 an den Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, in dem der Rat ausdrücklich erklärt, "dass die in der Bundesrepublik Deutschland und in anderen Nationen bestehende Rechtslage hinsichtlich des Austritts aus der Kirche durch diese Interpretation nicht berührt wird."

So Heribert Schmitz im "Archiv für Katholisches Kirchenrecht" (AfkKR), Heft 174/2 2005, S. 505 f.

Zu diesem Schreiben vom 14. März 2006 hieß es in modernistischen Kreisen innerhalb der Kirche, dass der Päpstliche Rat für die Gesetzestexte im Zuge der Wirrungen um seine Ausführungen zum "actus formalis" festgestellt oder erfahren habe, wieviel Geld der Vatikan von den Deutschen erhält. Daraufhin habe er schnell erklärt, die deutsche Praxis der Kirchensteuererhebung werde durch seine Interpretation nicht tangiert.

:/

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Linus
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Re: Und wieder ein MP

Beitrag von Linus »

Berolinensis hat geschrieben:
Du Jardin hat geschrieben:Bist Du Dir da sicher? Ist denn jemand Getauftes nicht automatisch in der Gnade Gottes?
1. Ganz allgemein: nein, jede Todsünde läßt uns die heiligmachende Gnade verlieren.
Was ist mit dem Carakter indelebilis, der durch die Taufe der Seele eingeschrieben wird? (Ernsthaft, worin besteht der CI wenn man dennoch der Verdamnis anheim fallen kann?)
"Katholizismus ist ein dickes Steak, ein kühles Dunkles und eine gute Zigarre." G. K. Chesterton
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ottaviani
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Re: Und wieder ein MP

Beitrag von ottaviani »

michaelis hat geschrieben:Wieso ?

Soweit ich das erkennen kann (Ich beherrsche leider weder Latein noch wirklich Italienisch), wird nur der Zusatz "und nicht durch einen formalen Akt von ihr abgefallen sind" aus den entsprechenden Canones gestrichen.
war ein irrtum von mir entschuldigung hatte nur flücchtig gelesen da ich schnell weg mußte

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taddeo
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Re: Und wieder ein MP

Beitrag von taddeo »

ottaviani hat geschrieben:
michaelis hat geschrieben:Wieso ?

Soweit ich das erkennen kann (Ich beherrsche leider weder Latein noch wirklich Italienisch), wird nur der Zusatz "und nicht durch einen formalen Akt von ihr abgefallen sind" aus den entsprechenden Canones gestrichen.
war ein irrtum von mir entschuldigung hatte nur flücchtig gelesen da ich schnell weg mußte
Hihi ... Flüchtigkeit ist in der Kanonistik der sicherste Weg in den Untergang ... ;D

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Robert Ketelhohn
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Re: Und wieder ein MP

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Berolinensis hat geschrieben:Für den Austritt hat es allenfalls indirekte Konsequenzen
Ich möchte einmal diese indirekten Konsequenzen näher beleuchten. – Richtig wurde
gesagt, daß von der Änderung der cann. 1086 § 1, 1117 und 1124 zunächst nur das
Eherecht betroffen ist. Künftig entfällt durch „Austritt“, Abfall oder dergleichen nicht
mehr das Formerfordernis.

Nun wurde gesagt, wer „ausgetreten“ sei, könne fortan nicht mehr im katholisch-sakra-
mentalen Sinn gültig heiraten. – Ist das wirklich so? – Es scheint so zu sein. Denn „kirch-
lich heiraten“ darf er nicht mehr, das wird ihm als „Ausgetretenem“ verwehrt. Heiratet
er dagegen standesamtlich, hat er die weiterhin ihm obliegende Formpflicht verletzt, die
Ehe wird kirchlich als ungültig betrachtet.

Was aber, wenn nun einer „austritt“, aber deutlich macht, sein Austritt betreffe nur die
Körperschaft öffentlichen Rechts namens „Römisch-Katholische Kirche“, keinesfalls wol-
le er sich dadurch von der Kirche lossagen, und nun heiraten will, und zwar kirchlich,
und sich mit diesem Anliegen bei seinem Pfarrer meldet? Oder wenn so einer zum Bei-
spiel bei der Piusbruderschaft heiratet und dann zu seinem Pfarrer seiner Heimatpfarrei
geht, um die Trauung in die dortigen Kirchenbücher eintragen zu lassen?

Genau dann wird sich die Frage der Bedeutung des profan-öffentlich-rechtlichen „Aus-
tritts“ wieder stellen, dann wird sie definitiv kanonisch entschieden werden müssen.
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

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Re: Und wieder ein MP

Beitrag von Berolinensis »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Berolinensis hat geschrieben:Für den Austritt hat es allenfalls indirekte Konsequenzen
Ich möchte einmal diese indirekten Konsequenzen näher beleuchten. – Richtig wurde
gesagt, daß von der Änderung der cann. 1086 § 1, 1117 und 1124 zunächst nur das
Eherecht betroffen ist. Künftig entfällt durch „Austritt“, Abfall oder dergleichen nicht
mehr das Formerfordernis.

Nun wurde gesagt, wer „ausgetreten“ sei, könne fortan nicht mehr im katholisch-sakra-
mentalen Sinn gültig heiraten. – Ist das wirklich so? – Es scheint so zu sein. Denn „kirch-
lich heiraten“ darf er nicht mehr, das wird ihm als „Ausgetretenem“ verwehrt. Heiratet
er dagegen standesamtlich, hat er die weiterhin ihm obliegende Formpflicht verletzt, die
Ehe wird kirchlich als ungültig betrachtet.

Was aber, wenn nun einer „austritt“, aber deutlich macht, sein Austritt betreffe nur die
Körperschaft öffentlichen Rechts namens „Römisch-Katholische Kirche“, keinesfalls wol-
le er sich dadurch von der Kirche lossagen, und nun heiraten will, und zwar kirchlich,
und sich mit diesem Anliegen bei seinem Pfarrer meldet?
Dann wird der sich im Zweifel auf die schon mehrfach erwähnte Erklärung der Deutschen Bischofskonferenz zum Austritt aus der katholischen Kirche berufen, in der es u.a. heißt:
Wer - aus welchen Gründen auch immer - den Austritt aus der katholischen Kirche erklärt, zieht sich die Tatstrafe der Exkommunikation zu, d. h. er verliert die mit der Zugehörigkeit zur kirchlichen Gemeinschaft (Communio) verbundenen Gliedschaftsrechte, insbesondere zum Empfang der Sakramente und zur Mitwirkung in der Kirche.
Daß das fragwürdig ist, hatten wir ja schon festgestellt, aber ein Pfarrer wird sich wohl daran halten (müssen?).
Robert Ketelhohn hat geschrieben:Oder wenn so einer zum Bei-
spiel bei der Piusbruderschaft heiratet und dann zu seinem Pfarrer seiner Heimatpfarrei
geht, um die Trauung in die dortigen Kirchenbücher eintragen zu lassen?
Wie soll das gehen? Die kanonische Form verlangt Eheschließung "unter Assistenz des Ortsordinarius oder des Ortspfarrers oder eines von einem der beiden delegierten Priesters oder Diakons" (can. 1108 § 1). Eine solche Delegation dürfte doch bei Piusbruderschaftpriestern eher ausscheiden.

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Bernado
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Re: Und wieder ein MP

Beitrag von Bernado »

Interessanter als diese eherechtlichen Fragen und deren vermutliche Nicht-Auswirkungen auf die Position der deutschen Bischöfe zum Kirchenaustritt finde ich die im Motu Proprio vorgenommene Präzisierung der Stellung des Diakons, von dem nunmehr eindeutig ausgesagt wird, daß er nicht wie Priester und Bischof die Fähigkeit hat, in der Person Christi des Hauptes zu handeln. Das bringt einerseits mehr Klarheit, könnte aber andererseits neue Unklarheiten bringen - etwa in der Frage von Frauen als Diakonen.
„DIE SORGE DER PÄPSTE ist es bis zur heutigen Zeit stets gewesen, dass die Kirche Christi der Göttlichen Majestät einen würdigen Kult darbringt.“ Summorum Pontificum 2007 (http://www.summorum-pontificum.de/)

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Re: Und wieder ein MP

Beitrag von Berolinensis »

Bernado hat geschrieben:Interessanter als diese eherechtlichen Fragen und deren vermutliche Nicht-Auswirkungen auf die Position der deutschen Bischöfe zum Kirchenaustritt finde ich die im Motu Proprio vorgenommene Präzisierung der Stellung des Diakons, von dem nunmehr eindeutig ausgesagt wird, daß er nicht wie Priester und Bischof die Fähigkeit hat, in der Person Christi des Hauptes zu handeln. Das bringt einerseits mehr Klarheit, könnte aber andererseits neue Unklarheiten bringen - etwa in der Frage von Frauen als Diakonen.
Das vollzieht ja nur nach, was im Katechismus schon 1998 klargestellt wurde, und da es sich hier um eine doktrinelle, keine disziplinäre Frage handelt, ist die lehrmäßige Aussage ohnehin die wichtigere (nebenbei bemerkt frage ich mich sowieso, wozu der Kodex soviele Lehraussagen enthält, was irgendwie den Eindruck vermittelt, als wären dies Festlegungen der Kirche, und nicht göttliches Recht.)

Was die Frage von Frauen als Diakonen betrifft, dürfte entscheidender doch die Einheit des Weihesakraments sein, als die Funktion, die dessen einzelne Grade ausüben. Ich habe gerade vergessen wer, aber ich meine mich zu erinnern, daß irgendeiner der "rising stars" der Kurie Papst Benedikts eine Monographie zu dieser Frage verfaßt, die natürlich auch zu dem Ergebnis kommt, daß eine Diakonenweihe von Frauen nicht möglich ist.

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Bernado
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Re: Und wieder ein MP

Beitrag von Bernado »

Berolinensis hat geschrieben:Das vollzieht ja nur nach, was im Katechismus schon 1998 klargestellt wurde, und da es sich hier um eine doktrinelle, keine disziplinäre Frage handelt, ist die lehrmäßige Aussage ohnehin die wichtigere (nebenbei bemerkt frage ich mich sowieso, wozu der Kodex soviele Lehraussagen enthält, was irgendwie den Eindruck vermittelt, als wären dies Festlegungen der Kirche, und nicht göttliches Recht.)
Es wurde leider nicht im Katechismus klargestellt, sondern nur in irgendeiner Erklärung zum Katechismus. Der Paragraph 1581 des KKK sagt bis auf den heutigen Tag (zumindest in der Übersetzung der deutschen Bischöfe):
Durch eine besondere Gnade des Heiligen Geistes gleicht dieses Sakrament den Empfänger Christus an, damit er als Werkzeug Christi seiner Kirche diene. Die Weihe ermächtigt ihn, als Vertreter Christi, des Hauptes, in dessen dreifacher Funktion als Priester, Prophet und König zu handeln.
Hier wird im Zusammenhang mit dem Sakrament der Weihe nur von "dem Empfänger" gesprochen - ohne Differenzierung nach den drei Stufen, wie sie jetzt auch im MP vorgenommen wird.

Im Übrigen bin ich auch der Meinung, daß die Präzisierung positiv zu sehen ist. Aber es kennzeichnet die aktuelle Situation nach 5 Jahrzehnten äußerster Verwirrung, daß jede Klarstellung an einem Ende geeignet ist, Unklarheiten an einem anderen entstehen zu lassen oder zu fördern.
„DIE SORGE DER PÄPSTE ist es bis zur heutigen Zeit stets gewesen, dass die Kirche Christi der Göttlichen Majestät einen würdigen Kult darbringt.“ Summorum Pontificum 2007 (http://www.summorum-pontificum.de/)

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