Sitte, Moral und Erkenntnis

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Stefanro
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Re: Sitte, Moral und Erkenntnis

Beitrag von Stefanro »

Übertrag von relevanten off-topic postings aus einem anderen Thread zum Zwecke der Fortführung der topic-gerechten Unterhaltung in diesem Thread:
Stefanro hat geschrieben:
Sonntag 15. Januar 2023, 14:05
Jakobgutbewohner hat geschrieben:
Sonntag 15. Januar 2023, 13:07
Ich verstehe es noch immer so:

1. Ein Mensch nimmt Gott vor allem anderen an, erfasst ihn seelisch mit seiner Liebe.
2. Folge dessen: Darauf ändert sich das Innere des Menschen ganz ohne Mühe von selbst (leichtes Joch, etc.).

Etwas grundlegend anderes wäre:

1. Ich befolge die Regeln.
2. Deswegen bin ich (vermeintlich, laut des Weltbildes vieler Menschen, die soetwas meinen) ein Geist mit Gott.
Das ist in Ordnung, jedoch da "Ich befolge die Regeln" unter "Etwas grundlegend anderes wäre" steht, kann der falsche Eindruck entstehen, dass das Befolgen von Regeln mit den Punkten 1 und 2 unter "Ich verstehe es noch immer so" inkompatibel wäre. Dem ist aber nicht so, denn nach Punkt 1 und 2 unter "Ich verstehe es noch immer so" kann durchaus auch Punkt 3 folgen:
3. Ich befolge die Regeln (grade weil ich Gott vor allem anderen angenommen und ihn seelisch erfasst habe mit meiner Liebe und sich deshalb mein Inneres ganz ohne Mühe - Dank Gottes Gnade - geändert hat).

Wobei bzgl. dem "die" in "die Regeln" auch nicht der Eindruck entstehen sollte, dass damit alle beliebigen Regeln gemeint wären, ganz egal, wer diese Regeln zu welchem Zwecke aufgestellt hat.
Jakobgutbewohner hat geschrieben:
Sonntag 15. Januar 2023, 15:10
Stefanro hat geschrieben:
Sonntag 15. Januar 2023, 14:05
jedoch da "Ich befolge die Regeln" unter "Etwas grundlegend anderes wäre" steht, kann der falsche Eindruck entstehen, dass das Befolgen von Regeln mit den Punkten 1 und 2 unter "Ich verstehe es noch immer so" inkompatibel wäre.
Ich sehe den Unterschied in der inneren Herangehensweise. Tut ein Mensch etwas, weil er in seinem innersten Herzen etwas tun will? Dann tut er es aus sich. Oder würdest du sagen, du handelst nicht mit Heroin, weil es verboten ist? Nicht doch eher, weil du es selbst als schlecht empfinden würdest? Dann kommst du mit diesem Verbot nicht in Konflikt, aber dein Handeln ist auch nicht geleitet vom Verbot. Ich sehe da einen großen Unterschied und zwar gerade auch was das Seelenheil eines jeweiligen Menschen anbetrifft.

Die Beschreibungen unter "Werke des Fleisches" und "Frucht des Geistes" verstehe ich als Beschreibung von Symptomen. Daran kann der Mensch erkennen, inwieweit er wirklich aus Gottes Geist ist. "Gesetzlichkeit" wäre dann ein Mißverständnis dahingehend, daß eine hinweisgebende Beschreibung mit zu befolgenden Regeln verwechselt wird.

Beschreibung: Bienen sind gelb-schwarz gestreift.
Erkenntnis: Ich bin nicht gelb-schwarz gestreift.

Gesetzliche Reaktion (Symptomaktionismus): Jetzt habe ich mir gelb-schwarze Streifen aufgemalt, nun ist alles gut.
Reaktion im Verständnis der Natur möglicher christlicher Erlösung ohne der Gnade verlustig zu gehen: Der Mensch wendet sich in seiner inneren Wahrheit an Jesus Christus, da er erkennt, daß er noch keine gelb-schwarzen Streufen an sich vorfindet, weil an seiner Beziehung zu Gott etwas noch nicht recht stimmt und er weiß, daß nur auf diesem Weg eine echte Lösung dieser Symptomdifferenz erreichbar ist.
Wobei bzgl. dem "die" in "die Regeln" auch nicht der Eindruck entstehen sollte, dass damit alle beliebigen Regeln gemeint wären, ganz egal, wer diese Regeln zu welchem Zwecke aufgestellt hat.
Ja.
Stefanro hat geschrieben:
Sonntag 15. Januar 2023, 16:31
Jakobgutbewohner hat geschrieben:
Sonntag 15. Januar 2023, 15:10
Stefanro hat geschrieben:
Sonntag 15. Januar 2023, 14:05
jedoch da "Ich befolge die Regeln" unter "Etwas grundlegend anderes wäre" steht, kann der falsche Eindruck entstehen, dass das Befolgen von Regeln mit den Punkten 1 und 2 unter "Ich verstehe es noch immer so" inkompatibel wäre.
Ich sehe den Unterschied in der inneren Herangehensweise. Tut ein Mensch etwas, weil er in seinem innersten Herzen etwas tun will? Dann tut er es aus sich. Oder würdest du sagen, du handelst nicht mit Heroin, weil es verboten ist? Nicht doch eher, weil du es selbst als schlecht empfinden würdest? Dann kommst du mit diesem Verbot nicht in Konflikt, aber dein Handeln ist auch nicht geleitet vom Verbot. Ich sehe da einen großen Unterschied und zwar gerade auch was das Seelenheil eines jeweiligen Menschen anbetrifft.
Mir scheint du wählst Beispiele so, dass du auf deinen kategorischen Unterscheidungen beharren kannst.
Ich bleibe dabei, dass folgende Aussage gültig sein kann (nicht "muss", weil ich ja damit keine kategorische Behauptung aufstelle):
3. Ich befolge [die] Regeln (grade weil ich Gott vor allem anderen angenommen und ihn seelisch erfasst habe mit meiner Liebe und sich deshalb mein Inneres ganz ohne Mühe - Dank Gottes Gnade - geändert hat).
Jakobgutbewohner hat geschrieben:
Sonntag 15. Januar 2023, 17:36
Stefanro hat geschrieben:
Sonntag 15. Januar 2023, 16:31
Mir scheint du wählst Beispiele so, dass du auf deinen kategorischen Unterscheidungen beharren kannst.
Ich wählte Beispiele um vielleicht mein Verstehen besser nachvollziehbar für euch zu machen.
Ich bleibe dabei, dass folgende Aussage gültig sein kann (nicht "muss", weil ich ja damit keine kategorische Behauptung aufstelle):
3. Ich befolge [die] Regeln (grade weil ich Gott vor allem anderen angenommen und ihn seelisch erfasst habe mit meiner Liebe und sich deshalb mein Inneres ganz ohne Mühe - Dank Gottes Gnade - geändert hat).
Du erkennst an, daß es ein Unterschied ist, ob das was ein Mensch tun will zufällig auch manchen Regeln entspricht, er aber handeln würde, wie er handelt, ob jemand solche Regeln vertreten würde oder nicht oder ein Mensch wegen Regeln anders handelt als er sowieso handeln würde?
Halten wir fest die Möglichkeiten, die du erwähnst:
1. Jemand folgt zufällig, d.h. unbeabsichtigt, Regeln, die die Tätigkeit von Körper und/oder Seele regeln. Dies unterscheidet sich von Pkt. 2.
2. Jemand folgt Regeln und widersteht dadurch Versuchungen, eine andere Art von Tätigkeit von Körper oder Seele zu verfolgen. Dies unterscheidet sich von Pkt. 1.
3. Jemand vertritt Regeln, die die Tätigkeit von Körper und/oder Seele regeln, wobei diese Position als Option sowohl mit 1. als auch mit 2. vereinbar scheint und deshalb nicht von Pkt. 1 und nicht von Pkt. 2 zu unterscheiden ist.

Um einem wirren Gesprächsverlauf vorzubeugen, ist es ratsam systematisch zu strukturieren. Deshalb:
1. Was sind "Regeln" im vorliegenden Kontext?
Regeln im vorliegenden Kontext sind Prinzipien, welche die die Tätigkeit von Körper und/oder Seele regeln. Das Befolgen von Regeln kann dem freien Willen unterliegen, Regeln können aber auch unabhängig vom freien Willen die Tätigkeit von Körper und/oder Seele regeln.
2. Was gehört zu solchen Regeln?
2.1 das ewige Gesetz
2.2 das Naturgesetz
2.3 das menschliche Gesetz
2.4 Gottes Gesetze (wie Gebote ['Du sollst ...'] und Verbote ['Du sollst nicht ...'])
2.5. das Gesetz des Fleisches
2.6 Sitten und Gebräuche

2.1 bis 2.5 folgt Thomas von Aquin, 2.6 ist meine Hinzufügung

Nun können wir 2.1 bis 2.6 beleuchten, ob das Befolgen der Regeln dem freien Willen unterliegt und wenn ja, ob das Befolgen der Regeln unter der Prämisse der liebenden Hinwendung des Willens zum Endzweck des höchten Gutes überhaupt, der liebenden Hinwendung zu Gott also, beabsichtigt werden kann.

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Jakobgutbewohner
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Re: Sitte, Moral und Erkenntnis

Beitrag von Jakobgutbewohner »

Stefanro hat geschrieben:
Montag 16. Januar 2023, 07:54
Halten wir fest die Möglichkeiten, die du erwähnst:
1. Jemand folgt zufällig, d.h. unbeabsichtigt, Regeln, die die Tätigkeit von Körper und/oder Seele regeln. Dies unterscheidet sich von Pkt. 2.
2. Jemand folgt Regeln und widersteht dadurch Versuchungen, eine andere Art von Tätigkeit von Körper oder Seele zu verfolgen. Dies unterscheidet sich von Pkt. 1.
3. Jemand vertritt Regeln, die die Tätigkeit von Körper und/oder Seele regeln, wobei diese Position als Option sowohl mit 1. als auch mit 2. vereinbar scheint und deshalb nicht von Pkt. 1 und nicht von Pkt. 2 zu unterscheiden ist.

Um einem wirren Gesprächsverlauf vorzubeugen, ist es ratsam systematisch zu strukturieren.
Ich merke an, daß du hier Punkte benennst. Es könnte vermutet werden, du meinst meine Punkte unter "Ich verstehe es noch immer so", da du in den von dir nocheinmal zitierten Äußerungen darauf Bezug nahmst.

Wäre es von dir her so gemeint gewesen, würde ich mich zu deinem 1. fragen, worin du einen Widerspruch zu meinem Punkt 2 unter "Ich verstehe es noch immer so" sehen würdest. Ich würde her sagen, das was du unter 1. benennst würde im Guten aus diesem meinen Punkt 2 unter "Ich verstehe es noch immer so" folgen? Denn dies wäre hier ein Resultat aus dem Zustand der Seele wie in Punkt 2 unter "Ich verstehe es noch immer so" benannt. Es würde vielleicht in Unkenntnis der Regeln getan oder auch in Kenntnis, aber nicht durch sie motiviert.

Zu deinem 3. bin ich mir noch nicht sicher, wie ich ihn zu verstehen habe.
Deshalb:
1. Was sind "Regeln" im vorliegenden Kontext?
Regeln im vorliegenden Kontext sind Prinzipien, welche die die Tätigkeit von Körper und/oder Seele regeln.
Ein Beispiel könnte dies sein:
Peduli hat geschrieben:
Montag 16. Januar 2023, 08:29
Wenn Du Dich an die Straßenverkehrsordnung nicht anpaßt, wirst Du die Folgen früher oder später in mehr oder weniger drastischer Form zu spüren bekommen. Je schwerer der Verstoß desto drastischer die Folgen. Aber auch schon kleine Verstöße, z. B. bei Rot über die Fußgängerampel gehen, können - müssen aber nicht - letale Folgen zeitigen.
Da wäre also ein Gesetz, so wie herrschende Menschen Gesetze zur Befolgung vorgeben. Verstöße können zur Folge haben, daß vom Herrscher beauftragte Menschen Bestrafungen beschließen gegen einen "Gesetzesbrecher". Ob Peduli solche Folgen meint, ist soweit unklar. Aber Strafen sind oft ein wenn nicht das wesentliche Argument von menschlichen Herrschern, das zur Befolgung ihrer Menschengesetze anhält.

Desweiteren führt Peduli auf, es könne letale Folgen zeitigen das Signal einer Fußgängerampel nicht zu beachten. Solche Art Hilfsargumentation wird von Herrschenden heute oft zusätzlich bemüht, um auch zu argumentieren, aus welchen sachlichen Gründen ihr Gesetz gut sei. Anders könnte jedoch hier auch argumentiert werden: Wer nicht aufpasst, was auf der Straße gerade fährt, für den kann das letale Folgen mit sich bringen - ganz unabhängig von aufgestellten Signalen. Ja, sich auf die Signale zu verlassen kann sogar letale Folgen nach sich ziehen.
Das Befolgen von Regeln kann dem freien Willen unterliegen,
Wie im Beispiel Straßenverkehrsordnung"" vermutlich.
Regeln können aber auch unabhängig vom freien Willen die Tätigkeit von Körper und/oder Seele regeln.
2. Was gehört zu solchen Regeln?
2.1 das ewige Gesetz
2.2 das Naturgesetz
2.1. wäre soetwas wie die Ordnung, göttliche Ausgestaltung der Schöpfung?
2.3 das menschliche Gesetz
An sich "freier Wille"?
2.4 Gottes Gesetze (wie Gebote ['Du sollst ...'] und Verbote ['Du sollst nicht ...'])
Was "die zehn Gebote" angeht, bestand übrigens zwischen mir und Dr.Hackenbush schoneinmal Einigkeit darin, daß auf sie bezogen "du wirst" die bevorzugende Übersetzung wäre. Das ließe dann soweit ich sehe Deutungen ähnlich "Frucht des Geistes" in Gal zu.
2.5. das Gesetz des Fleisches
Laut meinen Punkten unter "Ich verstehe es noch immer so" läge dies im Grunde mittelbar (durch die Gnade Gottes) im Bereich menschlicher Willensentscheidungen. Nämlich dem Willen des Menschen dazu, das Angebot Gottes anzunehmen.
2.6 Sitten und Gebräuche
Gewohnheit, "Prägung durch das kulturelle Umfeld" kann hier eine Rolle spielen (diese können auch insofern im Bereich der Gesetze eine Rolle spielen). Letztlich "freies Wollen"? Aber: "Tote Fische schwimmen mit dem Strom."
und wenn ja, ob das Befolgen der Regeln unter der Prämisse der liebenden Hinwendung des Willens zum Endzweck des höchten Gutes überhaupt, der liebenden Hinwendung zu Gott also, beabsichtigt werden kann.
Wenn "Befolgen von Regeln" ein Ausdruck dessen wäre, daß ein Mensch etwas nicht sowieso tun wollte? Darin läge dann eine Diskrepanz zur "echten Frucht des Geistes", soweit ich es verstehe?

Unterscheiden würde ich davon eine Fügsamkeit in gesellschaftliche Absprachen, die eher irdische Abläufe regeln, z.B. die Einigung von Reitern/Wagenfahrern auf eine bestimmte Straßenseite/Fahrtrichtung.
"Selig sind ... die durch die Tore eingehen in die Stadt. Draußen aber sind die Hunde und die "Pharmazeuten" und die Buhler und die Mörder und die Götzendiener und jeder, der die Lüge liebt und tut." Off 22,14+15

Peduli
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Re: Sitte, Moral und Erkenntnis

Beitrag von Peduli »

Der Schöpfung ist von Gott, dem Schöpfer, eine natürliche Ordnung der Dinge mitgegeben worden!

Diese natürliche Ordnung kann man in den Naturgesetzen auf eine vernünftige Weise nachvollziehen.
Darüber hinaus gibt es eine übernatürliche Ordnung der Dinge. Einen Teil dieser übernatürlichen Ordnung der Dinge nennt die Kirche Naturrecht. Sowohl die natürliche als auch die übernatürliche Ordnung ist intelligibel.

Das Naturrecht kann man - auch dann, wenn man nicht gläubiger Katholik ist - auf eine vernünftige Weise nachvollziehen. Das Naturrecht führt dann zu einer sittlichen Ordnung, die schon in den noachidischen Gesetzen, präziser aber noch im Dekalog des Mose, ausformuliert worden ist.
Wer nicht weiß, wo er herkommt, weiß auch nicht, wo er hinwill.
Schauen wir dankbar zurück, mutig vorwärts und gläubig aufwärts!

(F.J.S.)

Stefanro
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Re: Sitte, Moral und Erkenntnis

Beitrag von Stefanro »

Jakobgutbewohner hat geschrieben:
Montag 16. Januar 2023, 10:19
Stefanro hat geschrieben:
Montag 16. Januar 2023, 07:54
Halten wir fest die Möglichkeiten, die du erwähnst:
1. Jemand folgt zufällig, d.h. unbeabsichtigt, Regeln, die die Tätigkeit von Körper und/oder Seele regeln. Dies unterscheidet sich von Pkt. 2.
2. Jemand folgt Regeln und widersteht dadurch Versuchungen, eine andere Art von Tätigkeit von Körper oder Seele zu verfolgen. Dies unterscheidet sich von Pkt. 1.
3. Jemand vertritt Regeln, die die Tätigkeit von Körper und/oder Seele regeln, wobei diese Position als Option sowohl mit 1. als auch mit 2. vereinbar scheint und deshalb nicht von Pkt. 1 und nicht von Pkt. 2 zu unterscheiden ist.

Um einem wirren Gesprächsverlauf vorzubeugen, ist es ratsam systematisch zu strukturieren.
Ich merke an, daß du hier Punkte benennst. Es könnte vermutet werden, du meinst meine Punkte unter "Ich verstehe es noch immer so", da du in den von dir nocheinmal zitierten Äußerungen darauf Bezug nahmst.
Nein, meine Punkte 1-3 bezogen sich auf die Worte von dir, die ich zitiert habe und unter denen sie stehen. Ich habe nur die drei Unterscheidungs-Punkte aus deiner länglichen Frage extrahiert und als Pkt. 1-3 ausgedrückt:
Stefanro hat geschrieben:
Montag 16. Januar 2023, 07:54
Jakobgutbewohner hat geschrieben:
Sonntag 15. Januar 2023, 17:36
Du erkennst an, daß es ein Unterschied ist, ob das was ein Mensch tun will zufällig auch manchen Regeln entspricht, er aber handeln würde, wie er handelt, ob jemand solche Regeln vertreten würde oder nicht oder ein Mensch wegen Regeln anders handelt als er sowieso handeln würde?
Halten wir fest die Möglichkeiten, die du erwähnst:
1. Jemand folgt zufällig, d.h. unbeabsichtigt, Regeln, die die Tätigkeit von Körper und/oder Seele regeln. Dies unterscheidet sich von Pkt. 2.
2. Jemand folgt Regeln und widersteht dadurch Versuchungen, eine andere Art von Tätigkeit von Körper oder Seele zu verfolgen. Dies unterscheidet sich von Pkt. 1.
3. Jemand vertritt Regeln, die die Tätigkeit von Körper und/oder Seele regeln, wobei diese Position als Option sowohl mit 1. als auch mit 2. vereinbar scheint und deshalb nicht von Pkt. 1 und nicht von Pkt. 2 zu unterscheiden ist.
Jakobgutbewohner hat geschrieben:
Montag 16. Januar 2023, 10:19


Zu deinem 3. bin ich mir noch nicht sicher, wie ich ihn zu verstehen habe.
...
Ein Beispiel könnte dies sein:
...
Wie im Beispiel Straßenverkehrsordnung"" vermutlich.
...
An sich "freier Wille"?
...
bestand übrigens zwischen mir und Dr.Hackenbush schoneinmal Einigkeit darin, daß ...

...
Gewohnheit, "Prägung durch das kulturelle Umfeld" kann hier eine Rolle spielen ...

...
Unterscheiden würde ich davon eine Fügsamkeit in gesellschaftliche Absprachen, ...
Du siehst vielleicht ein, dass so ein "brainstorming" Vorgehen kaum dazu geeignet ist, einen wirren Gesprächsverlauf zu vermeiden. Wenn ich auf all deine gedanklichen Assoziationen jetzt eingehen würde, würde sich unser Gespräch rasch in tausend Richtungen "zerstäuben".

Da ich mich strikt an der summa von Thomas von Aquin orientiere, sehe ich spontan auch keine Möglichkeit wie deine freien gedanklichen Assoziationen und die Sichtweise von Thomas von Aquin so einander angenähert werden können, dass wir nicht "aneinander vorbeireden". Denn selbst, wenn wir die gleichen deutschen Worte benutzen, würden die von dir und mir beabsichtigten Bedeutungen dieser Worte wohl sehr oft nicht zusammenpassen, weil meine Verwendung der Worte sich eben an der summa von Thomas von Aquin orientiert.

Jakobgutbewohner hat geschrieben:
Montag 16. Januar 2023, 10:19
und wenn ja, ob das Befolgen der Regeln unter der Prämisse der liebenden Hinwendung des Willens zum Endzweck des höchten Gutes überhaupt, der liebenden Hinwendung zu Gott also, beabsichtigt werden kann.
Wenn "Befolgen von Regeln" ein Ausdruck dessen wäre, daß ein Mensch etwas nicht sowieso tun wollte? Darin läge dann eine Diskrepanz zur "echten Frucht des Geistes", soweit ich es verstehe?
Das entscheidende Wort ist "beabsichtigen" im Kontext von "das Befolgen der Regeln ... beabsichtigen". Es kann nicht sein, dass "ein Mensch etwas sowieso tun wollte" ohne einer Regel zu folgen. Wichtig sind hier die Vermögen der Seele, wie Wille und Vernunft, und die Operationen des Willens wie zB die Absicht.
Was verstehst du denn unter "echten Frucht des Geistes"? Ich benötige deine Definition, um zu sehen, ob es etwas Analoges bei Thomas von Aquin gibt.

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Re: Sitte, Moral und Erkenntnis

Beitrag von Jakobgutbewohner »

Peduli hat geschrieben:
Montag 16. Januar 2023, 13:18
Der Schöpfung ist von Gott, dem Schöpfer, eine natürliche Ordnung der Dinge mitgegeben worden!
Ja.
Das Naturrecht kann man - auch dann, wenn man nicht gläubiger Katholik ist - auf eine vernünftige Weise nachvollziehen. Das Naturrecht führt dann zu einer sittlichen Ordnung, die schon in den noachidischen Gesetzen, präziser aber noch im Dekalog des Mose, ausformuliert worden ist.
Und hier wären wir quasi wieder am Anfang.
Stefanro hat geschrieben:
Montag 16. Januar 2023, 13:20
Nein, meine Punkte 1-3 bezogen sich auf die Worte von dir, die ich zitiert habe und unter denen sie stehen.
Ich verstehe es nun so, daß auch die von dir in einen 3 Punkten genannten Bezuge zu "Pkt." 1 und 2 sich auf diese 3 durch dich da formulierten Punkte selbst beziehen sollte.
Stefanro hat geschrieben:
Montag 16. Januar 2023, 07:54
Jakobgutbewohner hat geschrieben:
Sonntag 15. Januar 2023, 17:36
Du erkennst an, daß es ein Unterschied ist, ob das was ein Mensch tun will zufällig auch manchen Regeln entspricht, er aber handeln würde, wie er handelt, als ob jemand solche Regeln vertreten würde oder nicht oder ein Mensch wegen Regeln anders handelt als er sowieso handeln würde?
Halten wir fest die Möglichkeiten, die du erwähnst:
1. Jemand folgt zufällig, d.h. unbeabsichtigt, Regeln, die die Tätigkeit von Körper und/oder Seele regeln. Dies unterscheidet sich von Pkt. 2.
2. Jemand folgt Regeln und widersteht dadurch Versuchungen, eine andere Art von Tätigkeit von Körper oder Seele zu verfolgen. Dies unterscheidet sich von Pkt. 1.
3. Jemand vertritt Regeln, die die Tätigkeit von Körper und/oder Seele regeln, wobei diese Position als Option sowohl mit 1. als auch mit 2. vereinbar scheint und deshalb nicht von Pkt. 1 und nicht von Pkt. 2 zu unterscheiden ist.
1. Siehe weiter unten mein Beispiel "Süßigkeit".
2. Da deutest du einiges in meine Aussage hinein, das da nicht ausdrücklich steht. Bei mir stand nur, daß jemand Regeln befolgen und dadurch anders handeln würde als er ohne diese befolgten Regeln gehandelt hätte.
3. Mit "Regeln vertreten" meinst du z.B., daß er eventuell mit seine Vernunft für sich selbst eine Art Kodex aufstellte, "nach dem er lebt" (wie Menschen es aus ihrem Eigenen desöfteren zu tun pflegen)? Soeinen Unterschied könnte man machen zu "Regeln befolgen" (die jemand von außen her kennengelernt hatte). Dann würde ich darin aber dennoch einen deutlichen Unterschied zu 1. sehen.
Du siehst vielleicht ein, dass so ein "brainstorming" Vorgehen kaum dazu geeignet ist, einen wirren Gesprächsverlauf zu vermeiden.
Nun, ich habe so geantwortet und das nicht mutwillig um soeine Einschätzung bei dir hervorzubringen. In welcher Form würde dir mein Eingehen geeignet erscheinen?
Da ich mich strikt an der summa von Thomas von Aquin orientiere, sehe ich spontan auch keine Möglichkeit wie deine freien gedanklichen Assoziationen und die Sichtweise von Thomas von Aquin so einander angenähert werden können, dass wir nicht "aneinander vorbeireden". Denn selbst, wenn wir die gleichen deutschen Worte benutzen, würden die von dir und mir beabsichtigten Bedeutungen dieser Worte wohl sehr oft nicht zusammenpassen, weil meine Verwendung der Worte sich eben an der summa von Thomas von Aquin orientiert.
Das kann passieren. Soetwas ist allgemein in Gesprächen wohl nicht selten.
Es kann nicht sein, dass "ein Mensch etwas sowieso tun wollte" ohne einer Regel zu folgen.
Nehmen wir an, jemand hat Lust auf eine Süßigkeit. Deswegen beschafft er sich eine und ißt sie genüßlich. Später erfährt er, es gab in dem Ort, in dem er sich die Süßigkeit beschaffte ein Gesetz, das besagt, daß jeder einmal am Tag eine Süßigkeit von mindestens einer Menge kleiner als er sie aß, essen muß. Befolgte derjenige nach deinen Begriffen eine Regel?
Was verstehst du denn unter "echten Frucht des Geistes"? Ich benötige deine Definition, um zu sehen, ob es etwas Analoges bei Thomas von Aquin gibt.
Mit "Frucht des Geistes" beziehe ich mich auf mein Verständis der Beschreibung zu Gleichlautendem im Gal. Das "echt" ist meine Hinzufügung, um es von einem Verständnis (z.B. es ginge da um (eher "gesetzliche") Regelbefolgung "aus Menschlichem") abzugrenzen, das ich sagen wir mal skeptisch sehe.
"Selig sind ... die durch die Tore eingehen in die Stadt. Draußen aber sind die Hunde und die "Pharmazeuten" und die Buhler und die Mörder und die Götzendiener und jeder, der die Lüge liebt und tut." Off 22,14+15

Peduli
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Re: Sitte, Moral und Erkenntnis

Beitrag von Peduli »

Jakobgutbewohner hat geschrieben:
Montag 16. Januar 2023, 15:56
Peduli hat geschrieben:
Montag 16. Januar 2023, 13:18
Das Naturrecht kann man - auch dann, wenn man nicht gläubiger Katholik ist - auf eine vernünftige Weise nachvollziehen. Das Naturrecht führt dann zu einer sittlichen Ordnung, die schon in den noachidischen Gesetzen, präziser aber noch im Dekalog des Mose, ausformuliert worden ist.
Und hier wären wir quasi wieder am Anfang.
Du schon, Katholiken jedoch sind einen (oder gar mehrere) Schritte - DAS ist individuell unterschiedlich - weiter auf den Herrn der Schöpfung zugegangen ................
Wer nicht weiß, wo er herkommt, weiß auch nicht, wo er hinwill.
Schauen wir dankbar zurück, mutig vorwärts und gläubig aufwärts!

(F.J.S.)

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Re: Sitte, Moral und Erkenntnis

Beitrag von Stefanro »

Jakobgutbewohner hat geschrieben:
Montag 16. Januar 2023, 15:56
Es kann nicht sein, dass "ein Mensch etwas sowieso tun wollte" ohne einer Regel zu folgen.
Nehmen wir an, jemand hat Lust auf eine Süßigkeit. Deswegen beschafft er sich eine und ißt sie genüßlich. Später erfährt er, es gab in dem Ort, in dem er sich die Süßigkeit beschaffte ein Gesetz, das besagt, daß jeder einmal am Tag eine Süßigkeit von mindestens einer Menge kleiner als er sie aß, essen muß. Befolgte derjenige nach deinen Begriffen eine Regel?
Natürlich befolgt er eine Regel: entweder folgt er der Vorschrift des Naturgesetzes (Nahrungsaufnahme) oder er folgt der Vorschrift des Gesetzes des Fleisches (Gaumenlust). "Lust auf eine Süßigkeit" lässt letzteres vermuten.
Jakobgutbewohner hat geschrieben:
Montag 16. Januar 2023, 15:56
Was verstehst du denn unter "echten Frucht des Geistes"? Ich benötige deine Definition, um zu sehen, ob es etwas Analoges bei Thomas von Aquin gibt.
Mit "Frucht des Geistes" beziehe ich mich auf mein Verständis der Beschreibung zu Gleichlautendem im Gal. Das "echt" ist meine Hinzufügung, um es von einem Verständnis (z.B. es ginge da um (eher "gesetzliche") Regelbefolgung "aus Menschlichem") abzugrenzen, das ich sagen wir mal skeptisch sehe.
Thomas (in summa theol. I-II, q70 , a1 ) hat geschrieben:Die vom Apostel (Gal. 5.) aufgezählten Früchte sind Thätigkeiten. Ich antworte, der Name „Frucht“ ist vom Körperlichen herübergenommen. Im Körperlichen aber bedeutet „Frucht“ das, was von der Pflanze hervorgebracht wird, wenn sie zur Vollendung gelangt ist; was nämlich eine gewisse Annehmlichkeit mit sich bringt. Eine solche Frucht kann nun sowohl mit Bezug auf den sie hervorbringenden Baum betrachtet werden als auch mit Bezug auf den Menschen, der sie in Besitz nimmt. So können wir also im Bereiche des Geistigen in doppelter Weise von Frucht sprechen, daß nämlich: 1. Frucht des Menschen genannt wird, was derselbe hervorbringt; und 2. das, was der Mensch in Besitz nimmt. Nicht aber Alles, was der Mensch so in Besitz nimmt, wird schlechthin Frucht genannt; sondern was den Charakter des Letzten hat und Ergötzen mit sich bringt. Denn der Mensch hat den Acker und den Baum; dies wird aber nicht „Frucht“ genannt, sondern nur das Letzte, was der Mensch aus dem Acker und dem Baume heraus haben will. Und danach wird Frucht des Menschen“ genannt der letzte Endzweck, dessen Genuß er haben soll. Wird jedoch „Frucht“ genannt das, was der Mensch hervorbringt, so sind die menschlichen Thätigkeiten selber Früchte. Denn die Thätigkeit des Wirkens entspricht dessen Wesen und Vermögen; und bringt demgemäß, soweit sie dem Wesen und dem Vermögen entsprechend ist, Ergötzen mit sich. Wenn also die Thätigkeit vom Menschen ausgeht gemäß der Fähigkeit seiner Vernunft, so wird sie „Frucht der Vernunft“ genannt. Geht sie aber aus gemäß einer höheren Kraft, gemäß der nämlich des heiligen Geistes, so wird diese Thätigkeit „Frucht des heiligen Geistes“ genannt, als ob sie einem göttlichen Samenkorne angehörte. So steht bei Joh. 3. geschrieben: „Wer geboren ist aus Gott, thut keine Sünde; denn der Same Gottes bleibt in ihm.“
Eine "Frucht des heiligen Geistes" ist jedoch auch eine „Frucht der Vernunft“, nicht jedoch in dem Sinne, dass sie aus der Fähigkeit der natürlichen Vernunft des Menschen entspränge, sondern in dem Sinne, dass sie aus Zuständen der Vernunft entspringt, welche Gaben des heiligen Geistes sind. Und weil das so ist, ist das vernünftige Befolgen der Regeln der von mir genannten Gesetze (ausschließlich des Gesetzes des Fleisches) ebenso eine Tätigkeit, welche „Frucht des heiligen Geistes“ genannt werden kann.
Thomas (in summa theol. I-II, q70 , a2 ) hat geschrieben:Die Früchte unterscheiden sich von den Seligkeiten. ... Ich antworte, mehr sei erfordert, um den Charakter der Seligkeit zu haben; wie als dazu, Frucht zu sein. Zu letzterer genügt, daß etwas das „Letzte“ und ergötzlich sei; zur „Seligkeit“ aber muß es noch dazu vollkommen und hervorragend sein. Alle Seligkeiten also können Früchte genannt werden, aber nicht umgekehrt. Denn Früchte sind alle guten Werke, die dem Menschen Ergötzen bereiten; Seligkeiten aber sind nur vollkommene Werke, die auch eben wegen ihrer Vollendung mehr den Gaben als den Tugenden zugeschrieben werden.
Zuletzt geändert von Stefanro am Dienstag 17. Januar 2023, 09:05, insgesamt 1-mal geändert.

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Re: Sitte, Moral und Erkenntnis

Beitrag von Jakobgutbewohner »

Stefanro hat geschrieben:
Dienstag 17. Januar 2023, 08:35
Natürlich befolgt er eine Regel: entweder folgt er der Vorschrift des Naturgesetzes (Nahrungsaufnahme) oder er folgt der Vorschrift des Gesetzes des Fleisches (Gaumenlust).
Diese Antwort finde ich erstaunlich. Das bedeutet im Grunde, daß nach deinem Verständnis von "Regel" jeder Antrieb den z.B. ein Mensch haben kann einer Regel folge? Oder gäbe es nach deinem Verständnis Ausnahmen?
Thomas (in summa theol. I-II, q70 , a1 ) hat geschrieben:Und danach wird Frucht des Menschen“ genannt der letzte Endzweck, dessen Genuß er haben soll. Wird jedoch „Frucht“ genannt das, was der Mensch hervorbringt, so sind die menschlichen Thätigkeiten selber Früchte. Denn die Thätigkeit des Wirkens entspricht dessen Wesen und Vermögen; und bringt demgemäß, soweit sie dem Wesen und dem Vermögen entsprechend ist, Ergötzen mit sich.
Das kann ersteinmal so als Gesprächsgrundlage betrachtet werden.
Wenn also die Thätigkeit vom Menschen ausgeht gemäß der Fähigkeit seiner Vernunft, so wird sie „Frucht der Vernunft“ genannt. Geht sie aber aus gemäß einer höheren Kraft, gemäß der nämlich des heiligen Geistes, so wird diese Thätigkeit „Frucht des heiligen Geistes“ genannt, als ob sie einem göttlichen Samenkorne angehörte. So steht bei Joh. 3. geschrieben: „Wer geboren ist aus Gott, thut keine Sünde; denn der Same Gottes bleibt in ihm.“
Gut, wenn soein Unterschied gemacht wird. Es kann gut sein, daß das auf eine ähnliche Richtung hinauswill wie ich in einigem hier, das mir wesentlich vorkommt.
Thomas (in summa theol. I-II, q70 , a2 ) hat geschrieben:Die Früchte unterscheiden sich von den Seligkeiten. ... Ich antworte, mehr sei erfordert, um den Charakter der Seligkeit zu haben; wie als dazu, Frucht zu sein. Zu letzterer genügt, daß etwas das „Letzte“ und ergötzlich sei; zur „Seligkeit“ aber muß es noch dazu vollkommen und hervorragend sein. Alle Seligkeiten also können Früchte genannt werden, aber nicht umgekehrt. Denn Früchte sind alle guten Werke, die dem Menschen Ergötzen bereiten; Seligkeiten aber sind nur vollkommene Werke, die auch eben wegen ihrer Vollendung mehr den Gaben als den Tugenden zugeschrieben werden.
Aha.
"Selig sind ... die durch die Tore eingehen in die Stadt. Draußen aber sind die Hunde und die "Pharmazeuten" und die Buhler und die Mörder und die Götzendiener und jeder, der die Lüge liebt und tut." Off 22,14+15

Stefanro
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Re: Sitte, Moral und Erkenntnis

Beitrag von Stefanro »

Jakobgutbewohner hat geschrieben:
Dienstag 17. Januar 2023, 09:00
Stefanro hat geschrieben:
Dienstag 17. Januar 2023, 08:35
Natürlich befolgt er eine Regel: entweder folgt er der Vorschrift des Naturgesetzes (Nahrungsaufnahme) oder er folgt der Vorschrift des Gesetzes des Fleisches (Gaumenlust).
Diese Antwort finde ich erstaunlich. Das bedeutet im Grunde, daß nach deinem Verständnis von "Regel" jeder Antrieb den z.B. ein Mensch haben kann einer Regel folge? Oder gäbe es nach deinem Verständnis Ausnahmen?
Ich beziehe mich auf Thomas von Aquin. Die Tätigkeiten des Menschen werden geregelt von der Vernunft und dem Willen und diese folgen den Vorschriften der genannten Gesetze 2.1 bis 2.5, wobei die einzelnen Gesetze sich nicht notwendigerweise gegenseitig ausschließen, insofern das eine Gesetz, von dem anderen Gesetz sich ableiten kann.
Jakobgutbewohner hat geschrieben:
Dienstag 17. Januar 2023, 09:00
Wenn also die Thätigkeit vom Menschen ausgeht gemäß der Fähigkeit seiner Vernunft, so wird sie „Frucht der Vernunft“ genannt. Geht sie aber aus gemäß einer höheren Kraft, gemäß der nämlich des heiligen Geistes, so wird diese Thätigkeit „Frucht des heiligen Geistes“ genannt, als ob sie einem göttlichen Samenkorne angehörte. So steht bei Joh. 3. geschrieben: „Wer geboren ist aus Gott, thut keine Sünde; denn der Same Gottes bleibt in ihm.“
Gut, wenn soein Unterschied gemacht wird. Es kann gut sein, daß das auf eine ähnliche Richtung hinauswill wie ich in einigem hier, das mir wesentlich vorkommt.
Beachte jedoch meine Hinzufügung dazu in meinem Posting oben, welche ich geschrieben habe, als du bereits deine Antwort gepostet hattest:
Eine "Frucht des heiligen Geistes" ist jedoch auch eine „Frucht der Vernunft“, nicht jedoch in dem Sinne, dass sie aus der Fähigkeit der natürlichen Vernunft des Menschen entspränge, sondern in dem Sinne, dass sie aus Zuständen der Vernunft entspringt, welche Gaben des heiligen Geistes sind. Und weil das so ist, ist das vernünftige Befolgen der Regeln der von mir genannten Gesetze (ausschließlich des Gesetzes des Fleisches) ebenso eine Tätigkeit, welche „Frucht des heiligen Geistes“ genannt werden kann.

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Re: Sitte, Moral und Erkenntnis

Beitrag von Jakobgutbewohner »

Stefanro hat geschrieben:
Dienstag 17. Januar 2023, 09:15
Ich beziehe mich auf Thomas von Aquin. Die Tätigkeiten des Menschen werden geregelt von der Vernunft und dem Willen und diese folgen den Vorschriften der genannten Gesetze 2.1 bis 2.5, wobei die einzelnen Gesetze sich nicht notwendigerweise gegenseitig ausschließen, insofern das eine Gesetz, von dem anderen Gesetz sich ableiten kann.
Deine Antwort deute ich dahingehend, daß du wohl tatsächlich meinst, alles was ein Mensch will und/oder tut folgt Regeln.
Eine "Frucht des heiligen Geistes" ist jedoch auch eine „Frucht der Vernunft“, nicht jedoch in dem Sinne, dass sie aus der Fähigkeit der natürlichen Vernunft des Menschen entspränge,
Einverstanden.
sondern in dem Sinne, dass sie aus Zuständen der Vernunft entspringt, welche Gaben des heiligen Geistes sind.
Was das sei, dürfte hier dann eine Frage sein, zu der vielleicht soweit keine Einigkeit besteht.
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Stefanro
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Re: Sitte, Moral und Erkenntnis

Beitrag von Stefanro »

Jakobgutbewohner hat geschrieben:
Dienstag 17. Januar 2023, 09:40
Stefanro hat geschrieben:
Dienstag 17. Januar 2023, 09:15
Ich beziehe mich auf Thomas von Aquin. Die Tätigkeiten des Menschen werden geregelt von der Vernunft und dem Willen und diese folgen den Vorschriften der genannten Gesetze 2.1 bis 2.5, wobei die einzelnen Gesetze sich nicht notwendigerweise gegenseitig ausschließen, insofern das eine Gesetz, von dem anderen Gesetz sich ableiten kann.
Deine Antwort deute ich dahingehend, daß du wohl tatsächlich meinst, alles was ein Mensch will und/oder tut folgt Regeln.
Notwendigerweise folgt der Mensch den genannten Gesetzen, weil er nicht anders kann als ihnen zu folgen, weil er so oder so tätig sein muss. Deshalb gleicht deine ad infinitum vorgetragene Ablehnung des Befolgens von Regeln dem Kampf des Don Qixote gegen Windmühlen. Es gibt schlicht kein Tun ohne Vernunft und Willen und die Vernunft folgt notwendigerweise den Regeln der genannten Gesetze, weshalb diese Vorschriften sind. Und da auch die menschlichen Gesetze sich vom Naturgesetze ableiten (Thomas "Jedes menschliche Gesetz leitet sich ab vom Naturgesetze."), käme ein Nichtbefolgen der menschlichen Gesetze dem Versuch gleich, sich dem Naturgesetz zu widersetzen, was unweigerlich ins Verderben und/oder zum Tode führte.
Es mag sein, dass auf deiner Seite ein grundsätzliches Mißverständnis vorliegt, indem du das vernünftige beabsichtige Befolgen von Gesetzen und Regeln und die damit ggf. verbundenen entsprechenden oder zuwiderlaufenden optionalen Zweckbestimmungen im Willen (Allgemeinwohl und Endzweck des höchsten Gutes oder Eigennutz) nicht auseinander halten kannst oder willst.

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Re: Sitte, Moral und Erkenntnis

Beitrag von Peduli »

Stefanro hat geschrieben:
Dienstag 17. Januar 2023, 10:01
Es mag sein, dass auf deiner Seite ein grundsätzliches Mißverständnis vorliegt, indem du das vernünftige beabsichtige Befolgen von Gesetzen und Regeln und die damit ggf. verbundenen entsprechenden oder zuwiderlaufenden optionalen Zweckbestimmungen im Willen (Allgemeinwohl und Endzweck des höchsten Gutes oder Eigennutz) nicht auseinander halten kannst oder willst.
Es besteht die Möglichkeit, daß dieses "grundsätzliche Mißverständnis" absichtsvoll herbeigeführt wird. :roll:

Bei dem Esau vom Jakobsgut kann man mit Engelszungen reden und doch wird er Widerworte geben.

SEIN Wille ist das GESETZ, an welches er sich zu halten hat. Das hat er sogar bereits expliziert: hier! :pfeif:
Wer nicht weiß, wo er herkommt, weiß auch nicht, wo er hinwill.
Schauen wir dankbar zurück, mutig vorwärts und gläubig aufwärts!

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Beitrag von Jakobgutbewohner »

Stefanro hat geschrieben:
Dienstag 17. Januar 2023, 10:01
Notwendigerweise folgt der Mensch den genannten Gesetzen, weil er nicht anders kann als ihnen zu folgen, weil er so oder so tätig sein muss.
Dann betrachte ich nach diesem Begriffsverständnis nicht als kritisch allen Gesetzen/Regeln zu folgen, sondern solchen in bestimmten Konstellationen.
Und da auch die menschlichen Gesetze sich vom Naturgesetze ableiten (Thomas "Jedes menschliche Gesetz leitet sich ab vom Naturgesetze."), käme ein Nichtbefolgen der menschlichen Gesetze dem Versuch gleich, sich dem Naturgesetz zu widersetzen, was unweigerlich ins Verderben und/oder zum Tode führte.
Nun waren Apostel selbst als Verbrecher ins Gefängnis gesperrt worden?
Es mag sein, dass auf deiner Seite ein grundsätzliches Mißverständnis vorliegt, indem du das vernünftige beabsichtige Befolgen von Gesetzen und Regeln und die damit ggf. verbundenen entsprechenden oder zuwiderlaufenden optionalen Zweckbestimmungen im Willen (Allgemeinwohl und Endzweck des höchsten Gutes oder Eigennutz) nicht auseinander halten kannst oder willst.
Oder mir geht es dann hauptsächlich gerade um soetwas?
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Re: Sitte, Moral und Erkenntnis

Beitrag von Stefanro »

Jakobgutbewohner hat geschrieben:
Dienstag 17. Januar 2023, 10:59
Und da auch die menschlichen Gesetze sich vom Naturgesetze ableiten (Thomas "Jedes menschliche Gesetz leitet sich ab vom Naturgesetze."), käme ein Nichtbefolgen der menschlichen Gesetze dem Versuch gleich, sich dem Naturgesetz zu widersetzen, was unweigerlich ins Verderben und/oder zum Tode führte.
Nun waren Apostel selbst als Verbrecher ins Gefängnis gesperrt worden?
Da Thomas sagt "Das menschliche Gesetz muß mehr für das Allgemeine aufgestellt werden als bloß für einzelne Fälle." (summa theol., I-II, q96, a1) sagt er auch "Wer dem Gesetze unterliegt, kann manchmal von dem Wortlaute desselben absehen."(summa theol., I-II, q96, a6):
Vielfach aber kommt es vor, daß dasjenige, was in den meisten Fällen dem Gemeinbesten dienlich ist, in wenigen einzelnen Fällen höchst gefährlich erscheint. Weil also der Gesetzgeber nicht alle einzelnen Fälle vor sich haben kann, macht er das Gesetz nach dem gewöhnlich Vorkommenden und beabsichtigt dabei den gemeinen Nutzen. Trifft sonach der Fall ein, daß ein solches Gesetz dem Gemeinbesten schädlich wird, so ist es nicht zu beobachten. So wird z. B. in einer belagerten Stadt das Gesetz aufgestellt, die Thore müßten geschlossen sein. Kommt es nun vor, daß die Feinde einige Bürger verfolgen, durch die in erster Linie die Stadt verteidigt wird, so wäre es verderblich für die ganze Stadt, wenn man solchen Bürgern die Thore nicht öffnete. Das Gesetz also hatte zum Zwecke das Gemeinbeste; und daß man im einzelnen Falle seinem Wortlaute nicht folgt, hat wieder zum Zwecke das Gemeinbeste. Dies gilt freilich bloß, wenn es sich um einen plötzlich eintretenden Fall handelt, wo es unmöglich ist, die Obrigkeit um Rat zu fragen. Sonst gehört es nicht einem jeden zu, das Gesetz zu erklären, sondern dem Regierenden, der vom Gesetze im gegebenen Falle dispensieren kann. Ist Notwendigkeit vorhanden, wie im beschriebenen Falle, so heißt es: Not kennt kein Gebot.
Wesentlicher ist aber vielleicht die Bedeutung von "menschlich" in "menschliche Gesetze", weil "menschlich" abhebt auf das, was den Menschen vom Tier unterscheidet und dies ist die Vernunft, welche gemäß der Natur des Menschen im Sinne des Naturgesetzes das Gute, i.S.v. Allgemeinbeste, für den Menschen regelt. Ein menschliches Gesetz ist deshalb notwendigerweise auch gerecht. In diesem Sinne ist zu verstehen "Jedes menschliche Gesetz leitet sich ab vom Naturgesetze."
Jakobgutbewohner hat geschrieben:
Dienstag 17. Januar 2023, 10:59
Es mag sein, dass auf deiner Seite ein grundsätzliches Mißverständnis vorliegt, indem du das vernünftige beabsichtige Befolgen von Gesetzen und Regeln und die damit ggf. verbundenen entsprechenden oder zuwiderlaufenden optionalen Zweckbestimmungen im Willen (Allgemeinwohl und Endzweck des höchsten Gutes oder Eigennutz) nicht auseinander halten kannst oder willst.
Oder mir geht es dann hauptsächlich gerade um soetwas?
Dann geht es wohl hauptsächlich um die Unterscheidung zwischen gut/richtig und böse/schlecht/falsch/sündig in den Vermögen der Seele. "Wer Gott (das allerhöchste Gut[e]) liebt, der verabscheut die Sünde".

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Re: Sitte, Moral und Erkenntnis

Beitrag von Jakobgutbewohner »

Stefanro hat geschrieben:
Dienstag 17. Januar 2023, 11:44
Ein menschliches Gesetz ist deshalb notwendigerweise auch gerecht. In diesem Sinne ist zu verstehen "Jedes menschliche Gesetz leitet sich ab vom Naturgesetze."
Puh, der Punkt ist hier aber vielleicht gar nicht so entscheidend. Mal weitersehen. Ich würde nicht sagen, daß jedes menschliche Gesetz gerecht ist.
Jakobgutbewohner hat geschrieben:
Dienstag 17. Januar 2023, 10:59
Es mag sein, dass auf deiner Seite ein grundsätzliches Mißverständnis vorliegt, indem du das vernünftige beabsichtige Befolgen von Gesetzen und Regeln und die damit ggf. verbundenen entsprechenden oder zuwiderlaufenden optionalen Zweckbestimmungen im Willen (Allgemeinwohl und Endzweck des höchsten Gutes oder Eigennutz) nicht auseinander halten kannst oder willst.
Oder mir geht es dann hauptsächlich gerade um soetwas?
Dann geht es wohl hauptsächlich um die Unterscheidung zwischen gut/richtig und böse/schlecht/falsch/sündig in den Vermögen der Seele.
Wohl nicht. Die andere Stelle wirkte auf mich relevanter. Woraus ist "Vernunft" inspiriert? Und handelt der Mensch nach seinem Herzen oder unterdrückt er es um z.B. ethischen Prinzipien zu folgen? Oder auch religiösen Gesetzen? Mir geht es um einen solchen inneren Zwiespalt, der vorhanden sein kann oder auch nicht. Ist er es, halte ich dies für problematisch, wenn der Mensch dann seinen inneren Zustand zu günstig einschätzt und daraus in gewisser Weise nachlässig ist.
"Wer Gott (das allerhöchste Gut[e]) liebt, der verabscheut die Sünde".
Ja.
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Stefanro
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Re: Sitte, Moral und Erkenntnis

Beitrag von Stefanro »

Jakobgutbewohner hat geschrieben:
Dienstag 17. Januar 2023, 12:17
Stefanro hat geschrieben:
Dienstag 17. Januar 2023, 11:44
Ein menschliches Gesetz ist deshalb notwendigerweise auch gerecht. In diesem Sinne ist zu verstehen "Jedes menschliche Gesetz leitet sich ab vom Naturgesetze."
Puh, der Punkt ist hier aber vielleicht gar nicht so entscheidend. Mal weitersehen. Ich würde nicht sagen, daß jedes menschliche Gesetz gerecht ist.
Im Folgenden geht es um "menschlich" in "menschliches Gesetz" als lediglich "vom Menschen gemacht":
Thomas (in summa theol. I-II, q96, a4) hat geschrieben:"Das menschliche Gesetz verpflichtet im Gewissen.": Ich antworte, die menschlichen Gesetze seien entweder gerecht oder ungerecht. Im ersten Falle haben sie vom ewigen Gesetze her die Kraft, im Gewissen zu verpflichten, nach Prov. 8.: „Durch mich herrschen die Könige und entscheiden Rechtes die Gründer der Gesetze.“ Gerecht aber sind die Gesetze 1. vom Zwecke aus, wenn sie auf das Gemeinbeste sich richten; — 2. vom Urheber her, wenn sie von dem ausgehen, der rechtmäßige Gewalt hat und die Grenzen seiner Gewalt nicht überschreitet; — 3. von ihrer inneren Form aus, wenn sie nach rechtmäßigem, gleichem Verhältnisse den Unterthanen Lasten auflegen für das allgemeine Beste. Denn da jeder Mensch ein Glied der Menge ist und sonach das, was er ist und hat, dem Ganzen schuldet, so werden ihm, wenn das richtige Verhältnis zu den anderen eingehalten erscheint, mit Recht Lasten aufgelegt zu Gunsten des Ganzen; duldet ja auch die Natur, daß ein Glied Nachteil erleidet, damit das Ganze heil sei. Ungerecht sind die Gesetze also: 1. vom Zwecke aus, wenn jemand, nicht für das gemeine Beste, sondern zur Befriedigung seiner Geld- oder Ruhmgier Gesetze macht; — 2. vom Urheber aus; wenn jemand über seine Gewalt hinaus Gesetze aufstellt; — 3. von der Form aus, wenn in der Verteilung der Lasten nicht das gebührende Verhältnis gewahrt wird. Dergleichen sind mehr Gewaltthaten wie Gesetze; denn, sagt Augustin, „es ist kein Gesetz jenes, das nicht gerecht ist.“ Solche Gesetze also verpflichten nicht im Gewissen außer etwa, damit man Ärgernis vermeide oder Verwirrung; weshalb ja der Mensch auch bisweilen sein Recht aufgeben muß, nach Matth. 5.: „Wer dir das Kleid genommen hat, gieb ihm auch den Mantel.“ Sind aber die Gesetze ungerecht, weil sie dem göttlichen Gute entgegengesetzt sind und gegen Gottes ausdrückliches Gebot befehlen, so darf man sie nicht beobachten, sondern „man muß Gott mehr gehorchen wie den Menschen.“ (Act. 4.)
Jakobgutbewohner hat geschrieben:
Dienstag 17. Januar 2023, 12:17
Woraus ist "Vernunft" inspiriert? Und handelt der Mensch nach seinem Herzen oder unterdrückt er es um z.B. ethischen Prinzipien zu folgen? Oder auch religiösen Gesetzen? Mir geht es um einen solchen inneren Zwiespalt, der vorhanden sein kann oder auch nicht. Ist er es, halte ich dies für problematisch, wenn der Mensch dann seinen inneren Zustand zu günstig einschätzt und daraus in gewisser Weise nachlässig ist.
ad Frage 1: "Das Bild Gottes ist im Menschen." (summa theol. I. q93, a1). "Das Bild Gottes ist nicht in der vernunftlosen Kreatur."(summa theol. I. q93, a2)
Aber: Die Vernunft entscheidet sich nicht für Tätigkeiten, sondern sie dient lediglich dem Willen, der sich auch über die Vernunft hinwegsetzen kann, denn der Wille ist frei.
Die Vernunft erhält ihr natürliches Licht von Gott und sie erhält ihr übernatürliches Licht vom Glauben, der ebenso von Gott erhalten wird.

ad Frage 2: das "nach seinem Herzen" betrifft wohl das "Gewissen", welches Gegenstand des oberen Zitates im Kontext "menschliches Gesetz" ist. Allerdings ist mir nicht vorstellbar wie es zu einem Konflikt bei ethischen Prinzipien kommen sollte, denn das Gewissen ist ja eine praktische Beurteilung im Hier und Jetzt bzgl. gut und böse/schlecht, die ethischen Prinzipien folgt, und ganz konkret Gutes befiehlt und Böses/Schlechtes verbietet. Wie sollte also das Gewissen mit seinen eigenen Prinzipien in Konflikt geraten können?

ad "religiöse Gesetze": Wie sollten diese im Widerstreit mit dem ewigen Gesetz und Gottes Gesetzen stehen können?

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Re: Sitte, Moral und Erkenntnis

Beitrag von Jakobgutbewohner »

Stefanro hat geschrieben:
Dienstag 17. Januar 2023, 14:25
Im Folgenden geht es um "menschlich" in "menschliches Gesetz" als lediglich "vom Menschen gemacht":
Thomas (in summa theol. I-II, q96, a4) hat geschrieben:"Das menschliche Gesetz verpflichtet im Gewissen.": Ich antworte, die menschlichen Gesetze seien entweder gerecht oder ungerecht.
Stefanro hat geschrieben:
Dienstag 17. Januar 2023, 10:01
Und da auch die menschlichen Gesetze sich vom Naturgesetze ableiten (Thomas "Jedes menschliche Gesetz leitet sich ab vom Naturgesetze."), käme ein Nichtbefolgen der menschlichen Gesetze dem Versuch gleich, sich dem Naturgesetz zu widersetzen, was unweigerlich ins Verderben und/oder zum Tode führte.
Das wirkt auf mich soweit widersprüchlich. Den Rest dazu stelle ich hier erstmal zurück.
Aber: Die Vernunft entscheidet sich nicht für Tätigkeiten, sondern sie dient lediglich dem Willen
Ja.
der sich auch über die Vernunft hinwegsetzen kann, denn der Wille ist frei.
Und er kann Vernunft (so wie ich den Begriff bisher verstehe) auch korrumpieren, was wohl oft geschieht.
Die Vernunft erhält ihr natürliches Licht von Gott
Sofern sie von Wahrheitsliebe geleitet wird, kann man das wohl so sehen.
und sie erhält ihr übernatürliches Licht vom Glauben, der ebenso von Gott erhalten wird.
Kein Einwand. "Glauben" verstehe ich im Sinne wie "Sehen/Gesehenhaben".
ad Frage 2: das "nach seinem Herzen" betrifft wohl das "Gewissen"
Ich halte dies für zweierlei.
Allerdings ist mir nicht vorstellbar wie es zu einem Konflikt bei ethischen Prinzipien kommen sollte, denn das Gewissen ist ja eine praktische Beurteilung im Hier und Jetzt bzgl. gut und böse/schlecht, die ethischen Prinzipien folgt, und ganz konkret Gutes befiehlt und Böses/Schlechtes verbietet.
Vielleicht könnte ich "Herz" hier soweit einmal in die Nähe von "Bauchgefühl" stellen.
ad "religiöse Gesetze": Wie sollten diese im Widerstreit mit dem ewigen Gesetz und Gottes Gesetzen stehen können?
Z.B. wenn sie nicht Gottes Willen entsprechen, so wie Menschen sie tradieren, lehren?
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Re: Sitte, Moral und Erkenntnis

Beitrag von Peduli »

Jakobgutbewohner hat geschrieben:
Dienstag 17. Januar 2023, 16:49
Stefanro hat geschrieben:
Dienstag 17. Januar 2023, 14:25
und sie erhält ihr übernatürliches Licht vom Glauben, der ebenso von Gott erhalten wird.
Kein Einwand. "Glauben" verstehe ich im Sinne wie "Sehen/Gesehenhaben".
Das ist unbiblisch ...............
Wer nicht weiß, wo er herkommt, weiß auch nicht, wo er hinwill.
Schauen wir dankbar zurück, mutig vorwärts und gläubig aufwärts!

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Stefanro
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Re: Sitte, Moral und Erkenntnis

Beitrag von Stefanro »

Jakobgutbewohner hat geschrieben:
Dienstag 17. Januar 2023, 16:49
Stefanro hat geschrieben:
Dienstag 17. Januar 2023, 14:25
Im Folgenden geht es um "menschlich" in "menschliches Gesetz" als lediglich "vom Menschen gemacht":
Thomas (in summa theol. I-II, q96, a4) hat geschrieben:"Das menschliche Gesetz verpflichtet im Gewissen.": Ich antworte, die menschlichen Gesetze seien entweder gerecht oder ungerecht.
Ist das nun beabsichtigt, dass du einen falschen Eindruck erweckst mit diesem partiellen Zitat? Denn ohne den Rest des Artikels könnte so der Eindruck entstehen, dass sowohl gerechte als auch ungerechte menschliche Gesetze im Gewissen verpflichten, aber das genau schließt der Artikel in seinem weiteren Wortlaut ja aus.

der sich auch über die Vernunft hinwegsetzen kann, denn der Wille ist frei.
Und er kann Vernunft (so wie ich den Begriff bisher verstehe) auch korrumpieren, was wohl oft geschieht.
Da der Wille frei ist, kann er sich auch von Gott abwenden.
Die Vernunft erhält ihr natürliches Licht von Gott
Sofern sie von Wahrheitsliebe geleitet wird, kann man das wohl so sehen.
Nein, das ist ganz grundsätzlich so, dass das natürliche Licht von Gott kommt. Du verwechselst wohl die Urteile der Vernunft, die auch vom Willen abhängen, mit ihrem Licht.
und sie erhält ihr übernatürliches Licht vom Glauben, der ebenso von Gott erhalten wird.
Kein Einwand. "Glauben" verstehe ich im Sinne wie "Sehen/Gesehenhaben".
Nein, Glauben und Sehen sind unterschiedliche Dinge.
Allerdings ist mir nicht vorstellbar wie es zu einem Konflikt bei ethischen Prinzipien kommen sollte, denn das Gewissen ist ja eine praktische Beurteilung im Hier und Jetzt bzgl. gut und böse/schlecht, die ethischen Prinzipien folgt, und ganz konkret Gutes befiehlt und Böses/Schlechtes verbietet.
Vielleicht könnte ich "Herz" hier soweit einmal in die Nähe von "Bauchgefühl" stellen.
Ganz gefährlich! Wer die Vernunft, die von Gott gegeben wurde als er den Mensch als sein Abbild schuf, nicht nutzt, verschmäht diese Gabe Gottes, die den Menschen erst zum Menschen macht, und läuft Gefahr zum Opfer ungeregelter Leidenschaften zu werden und/oder dem Gesetz des Fleisches zu folgen.
ad "religiöse Gesetze": Wie sollten diese im Widerstreit mit dem ewigen Gesetz und Gottes Gesetzen stehen können?
Z.B. wenn sie nicht Gottes Willen entsprechen, so wie Menschen sie tradieren, lehren?
Wie willst du das beurteilen? Nach deinem "Bauchgefühl"? Die ethisch-moralischen Prinzipien, die der Vernunft angehören, ergeben sich aus Gottes Gesetzen, dem ewigen Gesetz, dem Naturgesetz, dem menschlichen Gesetz und die Moraltheologie (das was Menschen der Kirche tradieren) berücksichtigt genau diese. Gottes Wille ist doch wohl (weil er die Vernunft gegeben hat, damit der Mensch sein Abbild sei), dass der Mensch diese Vernunft auch anwende, was die Moraltheologie tut.

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Re: Sitte, Moral und Erkenntnis

Beitrag von Jakobgutbewohner »

Stefanro hat geschrieben:
Mittwoch 18. Januar 2023, 07:49
Ist das nun beabsichtigt, dass du einen falschen Eindruck erweckst mit diesem partiellen Zitat? Denn ohne den Rest des Artikels könnte so der Eindruck entstehen, dass sowohl gerechte als auch ungerechte menschliche Gesetze im Gewissen verpflichten, aber das genau schließt der Artikel in seinem weiteren Wortlaut ja aus.
1. "Jedes menschliche Gesetz leitet sich ab vom Naturgesetze." (käme ein Nichtbefolgen der menschlichen Gesetze dem Versuch gleich, sich dem Naturgesetz zu widersetzen)
2. "Ich antworte, die menschlichen Gesetze seien entweder gerecht oder ungerecht."

Diese Aussagen, auch in ihrem Kontext, wirken auf mich widersprüchlich. Ich betrachte diese Punkte hier aber nicht als zentral für das Gespräch.
Nein, das ist ganz grundsätzlich so, dass das natürliche Licht von Gott kommt. Du verwechselst wohl die Urteile der Vernunft, die auch vom Willen abhängen, mit ihrem Licht.
Hm.
"Glauben" verstehe ich im Sinne wie "Sehen/Gesehenhaben".
Nein, Glauben und Sehen sind unterschiedliche Dinge.
Doch, ich verstehe es so. :)

Ja, Sehen ist ein Wahrnehmen. Einem Ergebnis des Sehens zu trauen wäre in diesem Sinne nach meinem Verständnis "Glauben", also eine Positionierung zu einem bestimmten Wahrnehmen/Wahrgenommenhaben/Wirken Gottes auf einen Menschen.
Wer die Vernunft, die von Gott gegeben wurde als er den Mensch als sein Abbild schuf, nicht nutzt, verschmäht diese Gabe Gottes, die den Menschen erst zum Menschen macht
Soein "Bauchgefühl" kann ein Wille sein, der die Vernunft benutzt.
und läuft Gefahr zum Opfer ungeregelter Leidenschaften zu werden und/oder dem Gesetz des Fleisches zu folgen.
Wenn ein Mensch innerlich in seiner Seele so verfasst wäre, könnte es das Resultat sein wenn er dies einfach so ausleben würde, statt dies als Hinweis wahrzunehmen. Aber diesen Hinweis zu sehen, kann serh wertvoll sein, wenn dies zu den richtigen Schlüssen führt, stattdessen ein Mensch durch "Gesetzlichkeit" sich davon abhalten würde diese seine Wahrheit wahrzunehmen, ihr Erkennen zuzulassen. Auch daher wäre "Gesetzlichkeit" (hier geht es um einen schon angesprochenen inneren Zwiespalt) nach meinem Verständnis ganz gefährlich.
Wie willst du das beurteilen? Nach deinem "Bauchgefühl"?
Nicht an sich, "Herz" ist in der Bibel keine bestimmte geistige Qualität, sondern eher ein "Organ" der Seele, das so oder so orientiert sein kann.
Gottes Wille ist doch wohl (weil er die Vernunft gegeben hat, damit der Mensch sein Abbild sei), dass der Mensch diese Vernunft auch anwende, was die Moraltheologie tut.
Puh, ich finde es gut, wenn der Mensch seine Vernunft gebraucht. Aber wir waren uns eigentlich einig, daß sie eher ein Werkzeug wäre, das vom Willen (Zusatz von mir: dem Begehren des Herzens) gebraucht wird?
"Selig sind ... die durch die Tore eingehen in die Stadt. Draußen aber sind die Hunde und die "Pharmazeuten" und die Buhler und die Mörder und die Götzendiener und jeder, der die Lüge liebt und tut." Off 22,14+15

Stefanro
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Re: Sitte, Moral und Erkenntnis

Beitrag von Stefanro »

Jakobgutbewohner hat geschrieben:
Mittwoch 18. Januar 2023, 10:41
und läuft Gefahr zum Opfer ungeregelter Leidenschaften zu werden und/oder dem Gesetz des Fleisches zu folgen.
Wenn ein Mensch innerlich in seiner Seele so verfasst wäre, könnte es das Resultat sein wenn er dies einfach so ausleben würde, statt dies als Hinweis wahrzunehmen. Aber diesen Hinweis zu sehen, kann serh wertvoll sein, wenn dies zu den richtigen Schlüssen führt, stattdessen ein Mensch durch "Gesetzlichkeit" sich davon abhalten würde diese seine Wahrheit wahrzunehmen, ihr Erkennen zuzulassen. Auch daher wäre "Gesetzlichkeit" (hier geht es um einen schon angesprochenen inneren Zwiespalt) nach meinem Verständnis ganz gefährlich.
Ich bin mir nicht sicher, ob ich diesen Abschnitt verstehe wie du ihn beabsichtigst, insbesondere die Bedeutung von "Hinweis".
Dass ein Mensch in diese Gefahr läuft, folgt aus seiner gefallenen Natur. Wenn du nun glaubst, dass das Befolgen von Gesetzen/Regeln es verhindern würde, dass der Mensch sich seiner gefallenen Natur und der permanenten Bedrohung durch diese bewußt wird hinsichtlich aller inneren Regungen, dann ignorierst oder unterschätzt du die Kardinaltugend der Klugheit, welche unabdingbar ist für ein gutes Leben. Klugheit ist die praktische Vernunft, die sich zur Vernunft, welche sich mit dem Allgemeinen befasst, notwendigerweise hinzugesellen muss im Leben. Das Befolgen der Gesetze erfolgt also mit Klugheit.
Thomas (in summa theol, I-II, q57, a5) hat geschrieben:Ich antworte; die Klugheit sei eine zum menschlichen Leben notwendige Tugend. Denn, um gut zu leben, muß man gut wirken. Und um gut zu wirken, ist es nicht allein erforderlich, daß man etwas thut, sondern es kommt darauf an, wie man es thut; daß man nämlich gemäß vernünftiger Auswahl handelt und nicht aus Ungestüm der Leidenschaft. Da nun die Auswahl das Zweckdienliche berücksichtigt, so gehört, um gut auszuwählen, dazu vor Allem der gebührende Zweck; und dann das, was zum Zwecke hinbezogen wird. Damit der Mensch nun den gebührenden Zweck sich vorsetze, wird der begehrende Teil durch Tugenden vollendet, dessen Gegenstand eben das Gute und der Zweck ist. Damit aber das, was zum Zwecke thatsächlich dient, gefunden und zu ihm hinbezogen werde, muß die Vernunft in der richtigen Verfassung sein kraft einer Tugend; denn Beraten und Wählen sind Akte der Vernunft. Also muß in der Vernunft eine diese vollendende Tugend sich finden, vermittelst deren sie in der richtigen Verfassung ist zu dem hin, was der Erreichung des Zweckes dient; und diese Tugend ist die Klugheit. Also ist die Klugheit nötig, um gut zu leben.
Jakobgutbewohner hat geschrieben:
Mittwoch 18. Januar 2023, 10:41
Gottes Wille ist doch wohl (weil er die Vernunft gegeben hat, damit der Mensch sein Abbild sei), dass der Mensch diese Vernunft auch anwende, was die Moraltheologie tut.
Puh, ich finde es gut, wenn der Mensch seine Vernunft gebraucht. Aber wir waren uns eigentlich einig, daß sie eher ein Werkzeug wäre, das vom Willen (Zusatz von mir: dem Begehren des Herzens) gebraucht wird?
Da der Wille auf das höchste Gut[e], nämlich Gott, gerichtet ist, erfolgt der Gebrauch der Vernunft gemäß diesem Willen.

Peduli
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Re: Sitte, Moral und Erkenntnis

Beitrag von Peduli »

@ Jakobgutbewohner
Jakobgutbewohner hat geschrieben:
Mittwoch 18. Januar 2023, 10:41
Stefanro hat geschrieben:
Mittwoch 18. Januar 2023, 07:49
Ist das nun beabsichtigt, dass du einen falschen Eindruck erweckst mit diesem partiellen Zitat? Denn ohne den Rest des Artikels könnte so der Eindruck entstehen, dass sowohl gerechte als auch ungerechte menschliche Gesetze im Gewissen verpflichten, aber das genau schließt der Artikel in seinem weiteren Wortlaut ja aus.
1. "Jedes menschliche Gesetz leitet sich ab vom Naturgesetze." (käme ein Nichtbefolgen der menschlichen Gesetze dem Versuch gleich, sich dem Naturgesetz zu widersetzen)
2. "Ich antworte, die menschlichen Gesetze seien entweder gerecht oder ungerecht."

Diese Aussagen, auch in ihrem Kontext, wirken auf mich widersprüchlich. Ich betrachte diese Punkte hier aber nicht als zentral für das Gespräch.
.............
Beschreibe doch 'mal bitte eine Handlung von Dir, die nicht den Naturgesetzen folgt! :hmm:
Wer nicht weiß, wo er herkommt, weiß auch nicht, wo er hinwill.
Schauen wir dankbar zurück, mutig vorwärts und gläubig aufwärts!

(F.J.S.)

Stefanro
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Re: Sitte, Moral und Erkenntnis

Beitrag von Stefanro »

Jakobgutbewohner hat geschrieben:
Mittwoch 18. Januar 2023, 10:41
Stefanro hat geschrieben:
Mittwoch 18. Januar 2023, 07:49
Ist das nun beabsichtigt, dass du einen falschen Eindruck erweckst mit diesem partiellen Zitat? Denn ohne den Rest des Artikels könnte so der Eindruck entstehen, dass sowohl gerechte als auch ungerechte menschliche Gesetze im Gewissen verpflichten, aber das genau schließt der Artikel in seinem weiteren Wortlaut ja aus.
1. "Jedes menschliche Gesetz leitet sich ab vom Naturgesetze." (käme ein Nichtbefolgen der menschlichen Gesetze dem Versuch gleich, sich dem Naturgesetz zu widersetzen)
2. "Ich antworte, die menschlichen Gesetze seien entweder gerecht oder ungerecht."
Diese Aussagen, auch in ihrem Kontext, wirken auf mich widersprüchlich.
Da ist kein Widerspruch, denn ich hatte bereits auf die beiden Bedeutungen von "menschliches Gesetz" hingewiesen:

1. Bedeutung:
Stefanro hat geschrieben:
Dienstag 17. Januar 2023, 11:44
Wesentlicher ist aber vielleicht die Bedeutung von "menschlich" in "menschliche Gesetze", weil "menschlich" abhebt auf das, was den Menschen vom Tier unterscheidet und dies ist die Vernunft, welche gemäß der Natur des Menschen im Sinne des Naturgesetzes das Gute, i.S.v. Allgemeinbeste, für den Menschen regelt. Ein menschliches Gesetz ist deshalb notwendigerweise auch gerecht. In diesem Sinne ist zu verstehen "Jedes menschliche Gesetz leitet sich ab vom Naturgesetze."
In summa theol. I-II, q95, a2 mit der Thesenüberschrift "Jedes menschliche Gesetz leitet sich ab vom Naturgesetze." geht es um diese 1. Bedeutung:
Thomas (in summa theol. I-II, q95, a2) hat geschrieben:Ich antworte, „es scheine das ein Gesetz nicht zu sein, was nicht gerecht ist.“ (Augustin. 1. de lib. arbitr. 5.) Insofern also ein Gesetz gerecht ist, hat es Gesetzeskraft. Im Bereiche des Menschlichen aber wird etwas gerecht genannt, was der Regel der Vernunft gemäß ist. Nun ist die erste Regel der Vernunft das Gesetz der Natur. Also insoweit ein Gesetz vom Naturgesetze sich ableitet, hat es den Charakter und die Kraft eines Gesetzes. Weicht es von dieser Norm ab, so ist es kein Gesetz, sondern Verkehrtheit.
2. Bedeutung:
Stefanro hat geschrieben:
Dienstag 17. Januar 2023, 14:25
Im Folgenden geht es um "menschlich" in "menschliches Gesetz" als lediglich "vom Menschen gemacht":
Thomas (in summa theol. I-II, q96, a4) hat geschrieben: Ich antworte, die menschlichen Gesetze seien entweder gerecht oder ungerecht. Im ersten Falle haben sie vom ewigen Gesetze her die Kraft, im Gewissen zu verpflichten, ... Ungerecht sind die Gesetze also: 1. vom Zwecke aus, wenn jemand, nicht für das gemeine Beste, sondern zur Befriedigung seiner Geld- oder Ruhmgier Gesetze macht; — 2. vom Urheber aus; wenn jemand über seine Gewalt hinaus Gesetze aufstellt; — 3. von der Form aus, wenn in der Verteilung der Lasten nicht das gebührende Verhältnis gewahrt wird. Dergleichen sind mehr Gewaltthaten wie Gesetze; denn, sagt Augustin, „es ist kein Gesetz jenes, das nicht gerecht ist.“ Solche Gesetze also verpflichten nicht im Gewissen außer etwa, damit man Ärgernis vermeide oder Verwirrung; ...
Fazit: Es ist etwas unglücklich, dass "menschliches Gesetz" mit diesen beiden Bedeutung verwendet wird, weil es bei oberflächlichem Lesen von bloßen Zitaten v.a. bei fehlender Beschäftigung mit Thomas' summa zu Mißverständnissen kommen kann. Die beiden Bedeutungen sind 1. "menschliches Gesetz", welches den Namen "Gesetz" auch verdient, weil es sich vom Naturgesetz ableitet und gerecht ist und 2."menschliches Gesetz", welches "menschlich" ist, insofern es von Menschen gemacht ist, welches aber den Namen "Gesetz" nicht verdient, weil es nicht vom Naturgesetz abgeleitet ist und also nicht gerecht ist.

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Jakobgutbewohner
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Re: Sitte, Moral und Erkenntnis

Beitrag von Jakobgutbewohner »

Stefanro hat geschrieben:
Donnerstag 19. Januar 2023, 08:28
Ich bin mir nicht sicher, ob ich diesen Abschnitt verstehe wie du ihn beabsichtigst, insbesondere die Bedeutung von "Hinweis".
Es geht im Grunde wieder hierum:
Jakobgutbewohner hat geschrieben:
Sonntag 15. Januar 2023, 15:10
Die Beschreibungen unter "Werke des Fleisches" und "Frucht des Geistes" verstehe ich als Beschreibung von Symptomen. Daran kann der Mensch erkennen, inwieweit er wirklich aus Gottes Geist ist. "Gesetzlichkeit" wäre dann ein Mißverständnis dahingehend, daß eine hinweisgebende Beschreibung mit zu befolgenden Regeln verwechselt wird.

Beschreibung: Bienen sind gelb-schwarz gestreift.
Erkenntnis: Ich bin nicht gelb-schwarz gestreift.

Gesetzliche Reaktion (Symptomaktionismus): Jetzt habe ich mir gelb-schwarze Streifen aufgemalt, nun ist alles gut.
Reaktion im Verständnis der Natur möglicher christlicher Erlösung ohne der Gnade verlustig zu gehen: Der Mensch wendet sich in seiner inneren Wahrheit an Jesus Christus, da er erkennt, daß er noch keine gelb-schwarzen Streufen an sich vorfindet, weil an seiner Beziehung zu Gott etwas noch nicht recht stimmt und er weiß, daß nur auf diesem Weg eine echte Lösung dieser Symptomdifferenz erreichbar ist.
Dass ein Mensch in diese Gefahr läuft, folgt aus seiner gefallenen Natur. Wenn du nun glaubst, dass das Befolgen von Gesetzen/Regeln es verhindern würde, dass der Mensch sich seiner gefallenen Natur und der permanenten Bedrohung durch diese bewußt wird hinsichtlich aller inneren Regungen, dann ignorierst oder unterschätzt du die Kardinaltugend der Klugheit, welche unabdingbar ist für ein gutes Leben. Klugheit ist die praktische Vernunft, die sich zur Vernunft, welche sich mit dem Allgemeinen befasst, notwendigerweise hinzugesellen muss im Leben. Das Befolgen der Gesetze erfolgt also mit Klugheit.
Nachdem der Stand in diesem Gespräch war, daß nach deinen Begriffen alles was ein Mensch tut auf Regeln/Gesetze(/Gebote?) zurückginge, finde ich es schwierig hierauf sinnvoll zu antworten. Und ja, ich habe vielfach auch selbst den Eindruck, daß Christen durch Gesetzlichkeit in der von mir kritisch betrachteten Weise "der Gnade verlustig gehen", weil sie dadurch quasi in die Irre gehen und die Gnade nicht in Anspruch nehmen, da sie sich über sich selbst oder auch die Möglichkeiten der Inanspruchnahme der Auslösung in Jesus Christus problematische Vorstellungen machen.
Thomas (in summa theol, I-II, q57, a5) hat geschrieben:Ich antworte; die Klugheit sei eine zum menschlichen Leben notwendige Tugend. Denn, um gut zu leben, muß man gut wirken. Und um gut zu wirken, ist es nicht allein erforderlich, daß man etwas thut, sondern es kommt darauf an, wie man es thut; daß man nämlich gemäß vernünftiger Auswahl handelt und nicht aus Ungestüm der Leidenschaft.
"Leidenschaft" ist ein nicht unproblematischer Begriff, aber verstanden in meinem Sinne würde ich sagen es ist viel besser aus der richtigen Leidenschaft aus dem himmlischen Vater zu handeln als aus irgendwelchen Überlegungen moralischer Art, die sich ein Mensch möglicherweise macht und meint darin klug zu sein.

"Wiederum gleicht das Reich der Himmel einem Schatze, der in dem Felde verborgen liegt, den ein Mensch findet und verbirgt und in seiner Freude hingeht und alles, was er hat, verkauft und dieses Feld kauft." Mt 13,44
Da der Wille auf das höchste Gut[e], nämlich Gott, gerichtet ist, erfolgt der Gebrauch der Vernunft gemäß diesem Willen.
Ob er das ist zeigt sich aber nach meinem Verständnis ja an "der Frucht".
Stefanro hat geschrieben:
Donnerstag 19. Januar 2023, 10:49
Fazit: Es ist etwas unglücklich, dass "menschliches Gesetz" mit diesen beiden Bedeutung verwendet wird, weil es bei oberflächlichem Lesen von bloßen Zitaten v.a. bei fehlender Beschäftigung mit Thomas' summa zu Mißverständnissen kommen kann. Die beiden Bedeutungen sind 1. "menschliches Gesetz", welches den Namen "Gesetz" auch verdient, weil es sich vom Naturgesetz ableitet und gerecht ist und 2."menschliches Gesetz", welches "menschlich" ist, insofern es von Menschen gemacht ist, welches aber den Namen "Gesetz" nicht verdient, weil es nicht vom Naturgesetz abgeleitet ist und also nicht gerecht ist.
Achso, ich kenne die Schriften des Thomas kaum, das ist richtig.
"Selig sind ... die durch die Tore eingehen in die Stadt. Draußen aber sind die Hunde und die "Pharmazeuten" und die Buhler und die Mörder und die Götzendiener und jeder, der die Lüge liebt und tut." Off 22,14+15

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Re: Sitte, Moral und Erkenntnis

Beitrag von Stefanro »

Jakobgutbewohner hat geschrieben:
Donnerstag 19. Januar 2023, 11:24
Thomas (in summa theol, I-II, q57, a5) hat geschrieben:Ich antworte; die Klugheit sei eine zum menschlichen Leben notwendige Tugend. ...
... würde ich sagen es ist viel besser aus der richtigen Leidenschaft aus dem himmlischen Vater zu handeln als aus irgendwelchen Überlegungen moralischer Art, die sich ein Mensch möglicherweise macht und meint darin klug zu sein.
Ich finde es befremdlich wie du eine achtens- und lobenswerte menschliche Kardinaltugend in ein Zerrbild des oberflächlichen Intellekts ("irgendwelchen Überlegungen moralischer Art") und des Egozentrischen ("meint darin klug zu sein") pervertierst. Bedeutet dir deine eigene Rede/Wortwahl soviel, dass du so gedankenlos die Rede anderer herabsetzt? Manifestiert sich darin eine "wahre Frucht des Geistes"?
Jakobgutbewohner hat geschrieben:
Donnerstag 19. Januar 2023, 11:24
Achso, ich kenne die Schriften des Thomas kaum, das ist richtig.
Nun, ich auch nicht, aber ich hangele mich so vor und es macht viele Freude. Und ich kann sagen, dass gerade deine Art des Ausdruckes mir einen Motivationsschub verliehen hat, mich etwas tiefer in Thomas's summa "einzugraben". Deine Rede erscheint mir zu selbst-bezogen, getrieben von ungeregelten gedanklichen Assoziationen und zu ungeregelt leidenschaftlich. Ich bevorzuge Systematik, Strukturiertheit und Vernunft.

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Re: Sitte, Moral und Erkenntnis

Beitrag von Jakobgutbewohner »

Stefanro hat geschrieben:
Donnerstag 19. Januar 2023, 12:00
Bedeutet dir deine eigene Rede/Wortwahl soviel, dass du so gedankenlos die Rede anderer herabsetzt?
"Sondern was töricht ist vor der Welt, hat Gott auserwählt, auf daß Er die Weisen zuschanden mache und das Schwache vor der Welt hat Gott auserwählt, daß Er das Starke zuschanden mache;" 1. Kor 1,27

Es geht mir hier generell um den Gegensatz "der Mensch denkt" zu "Gott lenkt (auch im Menschen, sofern der Mensch es zulässt)" und damit im Zusammenhang um das menschliche Wohl. Dabei habe ich ersteinmal gar nichts gegen menschliche Überlegungen, wer solche vertritt und schätzt sollte aber schon auch ihren Platz kennen.
Nun, ich auch nicht, aber ich hangele mich so vor und es macht viele Freude. Und ich kann sagen, dass gerade deine Art des Ausdruckes mir einen Motivationsschub verliehen hat, mich etwas tiefer in Thomas's summa "einzugraben".
Gut. :)
Deine Rede erscheint mir zu selbst-bezogen,
Wie sollte sie deiner Meinung nach besser sein?
getrieben von ungeregelten gedanklichen Assoziationen
Daß es z.B. auf dich mitunter so wirken mag, finde ich nachvollziehbar.
und zu ungeregelt leidenschaftlich.
Passt hier ja zu meiner Position? "Ungeregelt" - was sollte "geregelt" werden? Um solche Haltungen geht es mir hier ja gerade auch.
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Re: Sitte, Moral und Erkenntnis

Beitrag von Stefanro »

Jakobgutbewohner hat geschrieben:
Donnerstag 19. Januar 2023, 12:23
Stefanro hat geschrieben:
Donnerstag 19. Januar 2023, 12:00
Bedeutet dir deine eigene Rede/Wortwahl soviel, dass du so gedankenlos die Rede anderer herabsetzt?
"Sondern was töricht ist vor der Welt, hat Gott auserwählt, auf daß Er die Weisen zuschanden mache und das Schwache vor der Welt hat Gott auserwählt, daß Er das Starke zuschanden mache;" 1. Kor 1,27
Ja, genau so verstehe ich deinen Vortrag: dass du dich selbst als auserwählt ansiehst. Und gegen Parteisucht (Thema von Kor1.10-31) wie sie andere pflegen kannst du gut angehen, denn du brauchst ja keine Partei, weil du dir selbst der einzige Maßstab bist. Deswegen muss dein Gott ein Gott der Regellosigkeit sein, denn gäbe er Regeln vor, müsstest du diese ja mit anderen gemein haben, was aber in deinen Augen Parteibildung wäre.

Zu deiner Haltung ist zu sagen:
in summa theol., II-II, q162, a1 Thomas hat geschrieben:Ich antworte, Stolz oder Hochmut wird danach so genannt, daß jemand kraft seines Willens strebt nach dem, was für ihn zu hoch ist: „Hochmütig wird jemand genannt, weil er als höher erscheinen will wie er wirklich ist.“ (Isid. 10 Etymol. litt. S.) Die gesunde Vernunft aber schreibt vor, daß eines jeden Wille auf das sich richte, was zu ihm in gebührendem Verhältnisse steht. Also ist der Hochmut gegen die Richtschnur der Vernunft und somit Sünde; da „Sünde ist: außerhalb der Vernunft sein.“ (4. de div. nom.)
und
in summa theol., II-II, q161, a1 Thomas hat geschrieben:Ich antworte, das schwer zu erreichende Gute habe etwas Anziehendes, nämlich den Charakter selber des Guten; und etwas Abstoßendes, nämlich die Schwierigkeit. Gemäß dem Charakter des Guten ersteht die Bewegung der Hoffnung; die Schwierigkeit läßt erstehen die Verzweiflung. Nun ist oben gesagt worden, bezüglich der begehrenden Thätigkeiten, die antreiben, müsse eine Tugend sein, welche zügelt; und bezüglich der abstehenden, sich zurückziehenden Thätigkeiten müsse eine Tugend sein, die festigt und anspornt. Also existiert mit Rücksicht auf das schwer erreichbare Gute eine doppelte Tugend: eine, welche zügelt und zurückhält, daß man nicht maßlos zum Erhabenen strebe; das ist die Demut; — und eine andere, die bei Schwierigkeiten anspornt und festigt; das ist die Hochherzigkeit. Somit ist die Demut eine Tugend.
Zuletzt geändert von Stefanro am Donnerstag 19. Januar 2023, 13:26, insgesamt 3-mal geändert.

Peduli
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Re: Sitte, Moral und Erkenntnis

Beitrag von Peduli »

Konzentriert gedanklich arbeiten ist etwas anderes als unkonzentriert seinen Gedanken freien Lauf lassen.

Wissenschaftliches Arbeiten ganz allgemein, aber erst recht theologisches Arbeiten, gehört zu der ersten Variante des Denkens. Glaubensverkündigung ebenfalls!
Wer nicht weiß, wo er herkommt, weiß auch nicht, wo er hinwill.
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Re: Sitte, Moral und Erkenntnis

Beitrag von Jakobgutbewohner »

Stefanro hat geschrieben:
Donnerstag 19. Januar 2023, 12:45
Ja, genau so verstehe ich deinen Vortrag: dass du dich selbst als auserwählt ansiehst.
In meinem zitierten Bibelvers geht es wie ich finde nicht um auserwählte Personen in dem Sinne, seine Aussage ist genereller und darauf wollte ich bezogen auf den Gesprächverlauf hier hinaus.
Und gegen Parteisucht (Thema von Kor1.10-31) wie sie andere pflegen kannst du gut angehen, denn du brauchst ja keine Partei,
Meinst du, ein Christ brauche eine Parteizugehörigkeit? Oder empfindest du unseren Austausch hier als "Parteienstreit? Letzteres würde ich soweit nicht so sehen, auch wenn wir offenbar unterschiedliche Auffassungen für heilvoll halten könnten und nach aktuellen Gesprächsstand auch dürften. Und zur eigentlichen Sache, um die es mir geht, gingst du nun erstmal auch nicht mehr ein..
weil du dir selbst der einzige Maßstab bist.
Nein.
Deswegen muss dein Gott ein Gott der Regellosigkeit sein,
Mein Gott ist ein Gott der Ordnung. Aber nicht alles was Menschen für "gut geordnet" halten ist es auch in seinen Augen, würde ich sagen.
denn gäbe er Regeln vor, müsstest du diese ja mit anderen gemein haben, was aber in deinen Augen Parteibildung wäre.
Diesen Gedankengang vermag ich nicht nachzuvollziehen.
Zu deiner Haltung ist zu sagen:
in summa theol., II-II, q162, a1 Thomas hat geschrieben:Ich antworte, Stolz oder Hochmut wird danach so genannt, daß jemand kraft seines Willens strebt nach dem, was für ihn zu hoch ist: „Hochmütig wird jemand genannt, weil er als höher erscheinen will wie er wirklich ist.“ (Isid. 10 Etymol. litt. S.) Die gesunde Vernunft aber schreibt vor, daß eines jeden Wille auf das sich richte, was zu ihm in gebührendem Verhältnisse steht. Also ist der Hochmut gegen die Richtschnur der Vernunft und somit Sünde; da „Sünde ist: außerhalb der Vernunft sein.“ (4. de div. nom.)
Ich weiß nicht, wie du darauf kommst. Oder ist das eine Art Pauschalkeule?

Du meinst, ich will als höher erscheinen, als ich wirklich bin? Weil ich versuchte darauf hinzuweisen, daß manche laut meinem Empfinden durch gewisse Ansichten ihr Seelenheil gefährden, ihnen noch zustehende Gnadenchancen nicht auszunutzen drohen?

Zum nachträglch eingefügten Zitat, das ich gerade sah:
in summa theol., II-II, q161, a1 Thomas hat geschrieben:Ich antworte, das schwer zu erreichende Gute habe etwas Anziehendes, nämlich den Charakter selber des Guten; und etwas Abstoßendes, nämlich die Schwierigkeit.
Ich würde dann fragen: Worauf geht diese erlebte Schwierigkeit zurück? Gemeint ist wohl das Erleben "das Gute nicht durchweg umzusetzen zu vermögen"? Z.B. wegen "fleischlichen Gelüsten", die immer wieder Überhand gewinnen oder zumindest innerlich drängen und mit "menschlicher Disziplin" vielleicht von jemandem ständig mit eigener menschlicher Kraft eingehegt würden?
Nun ist oben gesagt worden, bezüglich der begehrenden Thätigkeiten, die antreiben, müsse eine Tugend sein, welche zügelt; und bezüglich der abstehenden, sich zurückziehenden Thätigkeiten müsse eine Tugend sein, die festigt und anspornt.
Wie ist hier gemeinte Tugend sich vorzustellen? In der Art "menschlicher Disziplin" wie von mir einen Absatz hierüber kurz angerissen? Etwas wie menschliche Disziplin z.B. wenig zu essen, weil "man abnehmen will" (begründet durch Verstandesentscheid, nicht durch "Leidenschaft"/"Bauch"-Inspiration?
Also existiert mit Rücksicht auf das schwer erreichbare Gute eine doppelte Tugend: eine, welche zügelt und zurückhält, daß man nicht maßlos zum Erhabenen strebe; das ist die Demut;
Maßlos zum Erhabenen streben? Was will das sagen? Wird hier vielleicht versucht Ferne von Frucht des Geists zu verklären und das Verharren darin in die Nähe von Demut zu rücken?
und eine andere, die bei Schwierigkeiten anspornt und festigt; das ist die Hochherzigkeit.
Hm ...
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Stefanro
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Re: Sitte, Moral und Erkenntnis

Beitrag von Stefanro »

Jakobgutbewohner hat geschrieben:
Donnerstag 19. Januar 2023, 13:33
Stefanro hat geschrieben:
Donnerstag 19. Januar 2023, 12:45
Ja, genau so verstehe ich deinen Vortrag: dass du dich selbst als auserwählt ansiehst.
In meinem zitierten Bibelvers geht es wie ich finde nicht um auserwählte Personen in dem Sinne, seine Aussage ist genereller und darauf wollte ich bezogen auf den Gesprächverlauf hier hinaus.
Und gegen Parteisucht (Thema von Kor1.10-31) wie sie andere pflegen kannst du gut angehen, denn du brauchst ja keine Partei,
Meinst du, ein Christ brauche eine Parteizugehörigkeit? Oder empfindest du unseren Austausch hier als "Parteienstreit? Letzteres würde ich soweit nicht so sehen, auch wenn wir offenbar unterschiedliche Auffassungen für heilvoll halten könnten und nach aktuellen Gesprächsstand auch dürften. Und zur eigentlichen Sache, um die es mir geht, gingst du nun erstmal auch nicht mehr ein..
Dir erscheint offensichtlich alles, was traditionelle Gemeinschaft angeht, als Partei, eben weil du dir selbst der einzige Maßstab bist.
weil du dir selbst der einzige Maßstab bist.
Nein.
Doch doch
Deswegen muss dein Gott ein Gott der Regellosigkeit sein,
Mein Gott ist ein Gott der Ordnung. Aber nicht alles was Menschen für "gut geordnet" halten ist es auch in seinen Augen, würde ich sagen.
Du bist nicht der erste, der sich mit Bibelzitaten bewaffnet, um seinem Dämonen zu folgen. Du bist auch nicht der Erste, der von Gott redet und doch nur seinen Dämonen meint.
Wir können über dieses und über jenes reden, aber es ist nur eine Frage der Zeit, dann manifestiert sich dein Dämon wieder in deinen Worten. Ich kann ihn dir nicht austreiben. Könnten wir deine Spur zurückverfolgen, so ließen sich sicher mehr als eine Weggabelung detektieren, an der du falsch abgebogen bist, weil du die Gnade Gottes verschmäht hast. Jetzt aber bist du in der selbst-bezogenen Regellosigkeit angekommen, die du die "wahre Frucht des Geistes" nennst. So lange du in deiner Eremitage verweilst, ist dein Irrweg unauffällig. Wenn du aber mit deinen Torheiten hausieren gehst, kannst du andere, noch nicht gefestigte, mit ins Verderben reissen. Du bist nicht der Erste, der diesen Irrweg geht. In der Geschichte der Kirche gab es sogar Bewegungen von mehreren, die einen Irreweg ähnlich dem deinen predigten und praktizierten, einen Irrweg der Regellosigkeit und also notwendigerweise der Zügellosigkeit.
(in summa theol., I-II, q77, a4) Thomas hat geschrieben:Ich antworte; nach Kap. 75, Art. 1 ist die eigenst entsprechende und direkt wirkende Ursache der Sünde zu erwägen von der Zuwendung zu einem veränderlichen Gute aus; und nach dieser Richtung hin geht jede Thätigkeit in der Sünde aus vom ungeregelten Begehren nach einem zeitlichen Gute. Daß aber jemand ungeregelterweise ein zeitliches Gut erstrebt, das geht davon aus, daß er ungeregelterweise sich selbst liebt. Denn jemanden lieben heißt ihm Gutes wollen. Also ist es offenbar, daß die ungeregelte Selbstliebe die Ursache jeder Sünde ist.
Es ist ganz offensichtlich, dass jemand, der behauptet, in diesem Leben sei möglich, was nur den Seligen im ewigen Leben nach dem Tode vorbehalten ist, einem zeitlichen vermeintlichen Gute nachjagt, weil er ganz offensichtlich zeitliche natürliche Erfahrungen mit dem ewigen Übernatürlichen gleichsetzt. Und was sollte einen zu einer solchen Verblendung bewegen, wenn nicht die ungeregelte Selbstliebe? Und die leidenschaftliche Abneigung wider dem Befolgen aller guten Regeln und die Verachtung von Tugenden ist nur eine Folge davon.

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Jakobgutbewohner
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Re: Sitte, Moral und Erkenntnis

Beitrag von Jakobgutbewohner »

Da du auf die von mir aufgeworfene Hauptfrage nun zunächst nicht mehr eingingst, antworte ich eben auf das, was dich offenbar gerade im Zusammenhang mit unseren Gesprächen bewegt.
Stefanro hat geschrieben:
Freitag 20. Januar 2023, 08:03
Dir erscheint offensichtlich alles, was traditionelle Gemeinschaft angeht, als Partei,
Das hängt wohl davon ab, was du als "traditionelle Gemeinschaft" verstehst.
eben weil du dir selbst der einzige Maßstab bist.
weil du dir selbst der einzige Maßstab bist.
Nein.
Doch doch
Ahja.
Du bist nicht der erste, der sich mit Bibelzitaten bewaffnet, um seinem Dämonen zu folgen. Du bist auch nicht der Erste, der von Gott redet und doch nur seinen Dämonen meint.
Soetwas gibt es, zweifellos. Andersherum würde ich bei dir derzeit nicht von soetwas ausgehen. Aber wie weit wirst du das Christentum verstanden haben?
an der du falsch abgebogen bist, weil du die Gnade Gottes verschmäht hast.
Sehr interessant, vielleicht könnten wir auch einfach inhaltlich weiter zu meinen Hinweisen ("Erlangen des Seelenheils") erwägen, ob an denen eventuell doch etwas dran sein könnte.
Jetzt aber bist du in der selbst-bezogenen Regellosigkeit angekommen, die du die "wahre Frucht des Geistes" nennst.
Und die (möglicherweise dämonische) Bibel eventuell "Frucht des Geistes".
Du bist nicht der Erste, der diesen Irrweg geht.
Bewegungen von mehreren, die einen Irreweg ähnlich dem deinen predigten und praktizierten
Was wäre dann "dieser Irrweg"? Soetwas?

"Ihr alle, die ihr durch das Gesetz gerecht werden wollt, seid von Christus abgefallen und der Gnade verlustig geworden." Gal 5,4
einen Irrweg der Regellosigkeit und also notwendigerweise der Zügellosigkeit.
Du hast da vermutlich was was verstanden und meinst mit "Zügellosigkeit" etwas, das ich nicht meine.
Es ist ganz offensichtlich, dass jemand, der behauptet, in diesem Leben sei möglich, was nur den Seligen im ewigen Leben nach dem Tode vorbehalten ist,
Dazu vermute ich, daß du hier nicht falsch liegst und in anderer Weise als ich annimmst, was "in diesem Leben möglich ist" (du könntest eventuell auch schauen, was Jesus und etlichen seiner Jünger in erheblich geringerem Maße, aber immerhin, laut nicht kaputtgedeuteter biblischer Überlieferung möglich war).
einem zeitlichen vermeintlichen Gute nachjagt, weil er ganz offensichtlich zeitliche natürliche Erfahrungen mit dem ewigen Übernatürlichen gleichsetzt.
Interessant, woran denkst du da?
Und die leidenschaftliche Abneigung wider dem Befolgen aller guten Regeln und die Verachtung von Tugenden ist nur eine Folge davon.
An was für Regeln denkst du da? Wir waren zuletzt, wenn ich es richtig verstand, zu einem Punkt gekomen, an dem du den Begriff so verstanden hattest, daß der Mensch nicht anders könne als aus Regeln zu leben?
(in summa theol., I-II, q77, a4) Thomas hat geschrieben:Ich antworte; nach Kap. 75, Art. 1 ist die eigenst entsprechende und direkt wirkende Ursache der Sünde zu erwägen von der Zuwendung zu einem veränderlichen Gute aus; und nach dieser Richtung hin geht jede Thätigkeit in der Sünde aus vom ungeregelten Begehren nach einem zeitlichen Gute. Daß aber jemand ungeregelterweise ein zeitliches Gut erstrebt, das geht davon aus, daß er ungeregelterweise sich selbst liebt. [...] Also ist es offenbar, daß die ungeregelte Selbstliebe die Ursache jeder Sünde ist.
Ich bin mir nicht sicher, versuchst du hiermit zu belegen, daß die Lehre des Thomas angesichts meines Zitats eventuell teils unbiblisch und falsch ist? Davon ging ich bisher nicht aus, auch wenn ich mich in ihr kaum auskenne.
Jakobgutbewohner hat geschrieben:
Donnerstag 19. Januar 2023, 11:24
"Wiederum gleicht das Reich der Himmel einem Schatze, der in dem Felde verborgen liegt, den ein Mensch findet und verbirgt und in seiner Freude hingeht und alles, was er hat, verkauft und dieses Feld kauft." Mt 13,44
(in summa theol., I-II, q77, a4) Thomas hat geschrieben:Denn jemanden lieben heißt ihm Gutes wollen.
Genau gesagt bedeutet jemanden agapelieben soetwas, richtig.
"Selig sind ... die durch die Tore eingehen in die Stadt. Draußen aber sind die Hunde und die "Pharmazeuten" und die Buhler und die Mörder und die Götzendiener und jeder, der die Lüge liebt und tut." Off 22,14+15

Peduli
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Re: Sitte, Moral und Erkenntnis

Beitrag von Peduli »

Jakobgutbewohner hat geschrieben:
Freitag 20. Januar 2023, 15:28
Da du auf die von mir aufgeworfene Hauptfrage nun zunächst nicht mehr eingingst, ...........
Und die soll welche gewesen sein? :detektiv:

Was ist Sitte?

oder

Was ist Moral?

oder etwa

Was ist Erkenntnis?

:roll: :roll: :roll:
Wer nicht weiß, wo er herkommt, weiß auch nicht, wo er hinwill.
Schauen wir dankbar zurück, mutig vorwärts und gläubig aufwärts!

(F.J.S.)

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