6 mal Warum

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Sarrha
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Registriert: Freitag 27. Mai 2005, 15:08

Beitrag von Sarrha »

Doriano hat geschrieben:Hallo Pierre!
Du fragst nach dem Zusammenhang zwischen der Anzahl der Kirchengänger und der Möglichkeit einer Zwangsabgabe in Form von Kirchensteuer in Kenya. Erst einmal würde ich behaupten, daß sich die Frage des Geldes für einen wahrhaft Gläubigen überhaupt nicht stellt.In Kenya lieben die Menschen ihre katholische Kirche und sie lieben den Heiligen Vater! Über Diskussionen, wie sie hier geführt werden, schüttelt man dort vor lauter Verwunderung den Kopf. Thema Gemeindevorstand( O Graus!!): In Deutschland bedeutet Arbeit im Gemeindevorstand erst einmal - Macht ausüben. In Kenya: Dienst an Gott, Dienst am Menschen, Dienst an der Kirche. Also eine Frage der inneren Einstellung und vor allem der Demut im Geiste. Sprechen Sie hier die Leute auf Demut an - Sie werden Bauklötze staunen! Viele wissen anscheinend gar nicht mehr, was das ist -oder sie fühlen sich in ihrem Stolz oder ihrer Ehre verletzt. Die Anzahl der Kirchgänger auf eine Frage des Geldes reduzieren zu wollen ist einfach zu kurz gegriffen und wird vor allem den Menschen nicht gerecht.
Also nach meinr Erfahrung bedeutet es heute erst einmal Geld beschaffen.
Kirchensteuer zahlen und das war's? Nicht bei uns - wir haben einen Fond in denen wir einzahlen, um die Sekretärin stundenweise noch bezahlen zu können, Hausmeisterarbeiten werden alle ehrenamtlich erledigt, kein Geld dafür da. Demnächst stehen die nächsten Streichungen und Zusammenlegungen bevor. Wenn wir den Küster behalten wollen, müssen wir wohl noch drauflegen...

Vielleicht reduziert sich die Zahl der Katholiken auf die echten Gläubigen, weil der gesellschaftliche Druck für die anderen einfach nicht mehr da ist.
Das kann man durchaus auch als Chance sehen, wir müssen uns eben von vielem, was uns selbstverständlich erschien, verabschieden.



Sarrha

anselm
Beiträge: 370
Registriert: Samstag 1. November 2003, 17:53

Beitrag von anselm »

Höchstwahrscheinlich liegt der (ein) Grund für die geringer werdenden Kirchenbesuche und die hohe Zahl der Kirchenaustritte darin,
dass die heute vorherrschenden Weltbilder
und die christliche Weltsicht immer weiter auseinander driften.

Je mehr ich in diesem Forum lese, desto stärker wird bei mir Eindruck, dass es, um Christ zu sein, einer klaren Entscheidung bedarf, sich von den vorherrschenden Weltbildern zu verabschieden und eine das ganze Leben bestimmende conversio durchzuführen.

Und dazu sind vermutlich immer weniger Menschen bereit (wenn sie dieses Entscheidungsproblem mit seiner gravierenden Tragweite erfassen).

Solche großen Unterschiede zwischen christlichen Vorstellungen und vorherrschenden Ansichten finde bei vielen christlichen Aussagen,

zum Beispiel wird Jesus die Aussage zugeschrieben: Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben

Das ist in heutiger Vorstellung ein sehr merkwürdiger und unverständlicher Satz. Was soll das bedeuten: ich bin die Wahrheit??

Dagegen ist die Pilatus zugeschriebene Frage: Was ist Wahrheit? geradezu modern und völlig nachvollziehbar.

An diesem Beispiel wird mir bewusst, dass das Christentum keine nette Tradition ist, sondern dass dahinter eine völlig andere Weltauffassung steht, die quer liegt zu modernen (und alten - römischen, griechischen, etc. ) Weltauffassungen.

HeGe
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Beitrag von HeGe »

:jump:

Hervorragend ausgedrückt. Bindungsunfähigkeit und die Angst, Entscheidungen zu treffen. Das ist ein Riesenproblem. Das gleiche Problem ist ja auch mitursächlich für den Scheidungsanstieg, die wenigen Kinder und die zurückgehenden Berufungen in Deutschland. Man scheut sich davor, sich auf irgendetwas festzulegen, weil man Angst hat, dadurch seine vermeintliche Freiheit zu riskieren. Daher scheut sich man, das christliche Weltbild zu akzeptieren, weil dies angeblich ein Weniger an Freiheit bedeuten soll.
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Edi
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Beitrag von Edi »

Früher sind viele auch nur aus Gewohnheit und Tradition in die Kirche gegangen, obwohl es da den NOM noch nicht gab. (Damit will ich jetzt nichts gegen die alte Messe an sich sagen.) Die Oma ging noch in die Kirche, ihre Kinder nur noch bei bestimmten Anlässen und die Enkel gar nicht mehr.
Der natürliche Mensch sagt Paulus, hat keine Ahnung vom Geist Gottes. Wenn der hlg. Geist uns nicht erleuchtet, dann hilft alles nichts. Die Priester müssen den Glauben vorleben, dann finden sie auch Nachahmer.

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

anselm hat geschrieben:Höchstwahrscheinlich liegt der (ein) Grund für die geringer werdenden Kirchenbesuche und die hohe Zahl der Kirchenaustritte darin,
dass die heute vorherrschenden Weltbilder
und die christliche Weltsicht immer weiter auseinander driften.

Je mehr ich in diesem Forum lese, desto stärker wird bei mir Eindruck, dass es, um Christ zu sein, einer klaren Entscheidung bedarf, sich von den vorherrschenden Weltbildern zu verabschieden und eine das ganze Leben bestimmende conversio durchzuführen.

Und dazu sind vermutlich immer weniger Menschen bereit (wenn sie dieses Entscheidungsproblem mit seiner gravierenden Tragweite erfassen).

Solche großen Unterschiede zwischen christlichen Vorstellungen und vorherrschenden Ansichten finde bei vielen christlichen Aussagen,

zum Beispiel wird Jesus die Aussage zugeschrieben: Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben

Das ist in heutiger Vorstellung ein sehr merkwürdiger und unverständlicher Satz. Was soll das bedeuten: ich bin die Wahrheit??

Dagegen ist die Pilatus zugeschriebene Frage: Was ist Wahrheit? geradezu modern und völlig nachvollziehbar.

An diesem Beispiel wird mir bewusst, dass das Christentum keine nette Tradition ist, sondern dass dahinter eine völlig andere Weltauffassung steht, die quer liegt zu modernen (und alten - römischen, griechischen, etc. ) Weltauffassungen.
Ich schließe mich HeGe an und unterstreiche das. Wobei man noch
ergänzen kann, daß jener Gegensatz zwischen „Kirche“ und „Welt“
sich natürlich auch innerhalb der Kirche wiederfindet. Das ist zwar
prinzipiell nichts Neues, doch wird auch da der Gegensatz zwischen
beiden Seiten aufgrund jenes „Auseinanderdriftens der Weltbilder“
immer eklatanter.

Dies erklärt gewiß auch manche heftige Auseinandersetzung unter
den Christen, und nicht bloß mit den Nominalchristen, sondern
auch unter wirklich Gläubigen. Denn die Verunsicherung ist groß.
Auch für die conversi ist es ja nicht leicht, sich mitten ins Meer der
Weltlichkeit geworfen zu sehen. Der Gegensatz zwischen „Kirche“
und „Welt“ findet sich dann auch in jedem einzelnen wieder.
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

Uwe Schmidt
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Beitrag von Uwe Schmidt »

HeGe hat geschrieben::jump:

Hervorragend ausgedrückt. Bindungsunfähigkeit und die Angst, Entscheidungen zu treffen. Das ist ein Riesenproblem. Das gleiche Problem ist ja auch mitursächlich für den Scheidungsanstieg, die wenigen Kinder und die zurückgehenden Berufungen in Deutschland. Man scheut sich davor, sich auf irgendetwas festzulegen, weil man Angst hat, dadurch seine vermeintliche Freiheit zu riskieren. Daher scheut sich man, das christliche Weltbild zu akzeptieren, weil dies angeblich ein Weniger an Freiheit bedeuten soll.

Tja, als Christ darf man eben nicht mehr das Böse tun - das ist schon eine Einschränkung der Freiheit.

Ecce Homo
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Beitrag von Ecce Homo »

Uwe Schmidt hat geschrieben: Tja, als Christ darf man eben nicht mehr das Böse tun - das ist schon eine Einschränkung der Freiheit.
Und selbst "nur" das ist für viele Menschen noch zu viel... :nein:
User inaktiv seit dem 05.06.2018.
Ihr seid im Gebet ... mal schauen, ob/wann ich hier wieder reinsehe ...

HeGe
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Beitrag von HeGe »

Uwe Schmidt hat geschrieben:Tja, als Christ darf man eben nicht mehr das Böse tun - das ist schon eine Einschränkung der Freiheit.
Interessanterweise sind das dann oft die gleichen Leute, die bei jeder Verschärfung von Strafrechtsnormen laut Hurra schreien. Dass man dieses Böse nicht tun darf, wird also akzeptiert. Nicht aber das Böse, was die Kirche (darüberhinaus) verkündet. Wieso?
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Linus
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Beitrag von Linus »

Uwe Schmidt hat geschrieben:
Tja, als Christ darf man eben nicht mehr das Böse tun - das ist schon eine Einschränkung der Freiheit.
Freiheit wovon? ja von der bösen Sünde, aber wichtiger:
Freiheit wozu? zur Liebe.
"Katholizismus ist ein dickes Steak, ein kühles Dunkles und eine gute Zigarre." G. K. Chesterton
"Black holes are where God divided by zero. - Einstein

Uwe Schmidt
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Beitrag von Uwe Schmidt »

HeGe hat geschrieben:
Uwe Schmidt hat geschrieben:Tja, als Christ darf man eben nicht mehr das Böse tun - das ist schon eine Einschränkung der Freiheit.
Interessanterweise sind das dann oft die gleichen Leute, die bei jeder Verschärfung von Strafrechtsnormen laut Hurra schreien. Dass man dieses Böse nicht tun darf, wird also akzeptiert. Nicht aber das Böse, was die Kirche (darüberhinaus) verkündet. Wieso?


Die Spießer wollen eben selber ein bisschen sündigen dürfen, um auch was vom Leben zu haben, andererseits aber vor dem großen Bösen geschützt werden, dass etwa von Terroranschlägen oder Kinderschändern ausgeht. Halt die alte Kompromiss-Strategie.....aber immer zum eigenen Vorteil.

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