"Evensong" und Co. - Was ist das?

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Stephen Dedalus
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Beitrag von Stephen Dedalus »

Linus hat geschrieben:Stimmt, die angegebene Perikope haben selbst Protestanten in ihrem Bibelverschnitt nach Luther :kiss:
Ach, was behält man schon von einem Predigttext, wenn der alle paar Jahre mal drankommt. Das Magnificat singen wir jeden Tag im Evensong. :ja:
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kephas
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Beitrag von kephas »

Stephen Dedalus hat geschrieben:
Linus hat geschrieben:Stimmt, die angegebene Perikope haben selbst Protestanten in ihrem Bibelverschnitt nach Luther :kiss:
Ach, was behält man schon von einem Predigttext, wenn der alle paar Jahre mal drankommt. Das Magnificat singen wir jeden Tag im Evensong. :ja:
Dann ist der Evensong eine gesungene Vesper?

John Grantham
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Beitrag von John Grantham »

Hi kephas,
kephas hat geschrieben:
Stephen Dedalus hat geschrieben:
Linus hat geschrieben:Stimmt, die angegebene Perikope haben selbst Protestanten in ihrem Bibelverschnitt nach Luther :kiss:
Ach, was behält man schon von einem Predigttext, wenn der alle paar Jahre mal drankommt. Das Magnificat singen wir jeden Tag im Evensong. :ja:
Dann ist der Evensong eine gesungene Vesper?
"Evensong" ist der Begriff für die gesungene Form von "Evening Prayer", was wiederum eine Mischung aus Vesper und Komplet ist. Daher kommen Magnificat *und* Nunc dimittis vor.

Cheers,

John
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Stephen Dedalus
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Beitrag von Stephen Dedalus »

kephas hat geschrieben: Dann ist der Evensong eine gesungene Vesper?
Evensong ist die gesungene Form des Abendgebetes.

Als Cranmer die Liturgie des Book of Common Prayer zusammenstellte, hat er beim Stundengebet ziemlich rationalisiert. Er hat die sieben Gebetszeiten (sind es soviele?) zu zwei Gebetszeiten zusammengefaßt: Morning und Evening Prayer. Weil beim Evening Prayer Vesper und Komplet kombiniert wurden, wird neben dem Magnificat auch das Nunc Dimittis gesungen.


Anhören kann man sich das ganze hier:
http://www.bbc.co.uk/radio3/choralevensong/

Gruß
Stephen
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Linus
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Beitrag von Linus »

War Cranmer in Heiligenkreuz zu Gast? :D Da wird auch auf dreieinhalb Gebetszeiten zusammengezogen (erster Block: 5.15 Vigil 6.00 Laudes 6.20 hl. Messe 2. Block 12.00 Terz und Sext 12.55 Non und Nekrologium 3. Block 18.00 Vesper 19.50 Komplet)
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johannes eck
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Beitrag von johannes eck »

Was sind dann die "mattins"???

John Grantham
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Beitrag von John Grantham »

Rudolf J. Karner hat geschrieben:Was sind dann die "mattins"???
Ein Frühmorgengebet bzw. eins der alten Stundengebete.

Die Stundengebete sind:

Matins (Frühmorgens, kurz nach dem Aufstehen)
Laudes (Morgens)
Terce (Mittags)
Sext (Mittags)
Nonce (Nachmittags)
Vesper (Abends)
Komplet (Nachts, vor dem Schlafengehen)

Bei uns Anglikanern wurden alle, wie SD schon sagte, zu Morning und Evening Prayer kombiniert, aber in manchen Orden werden die sieben Stundengebete noch gefeiert.

Cheers,

John
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Linus
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Beitrag von Linus »

Stephen Dedalus hat geschrieben:
Linus hat geschrieben:Stimmt, die angegebene Perikope haben selbst Protestanten in ihrem Bibelverschnitt nach Luther :kiss:
Ach, was behält man schon von einem Predigttext, wenn der alle paar Jahre mal drankommt. Das Magnificat singen wir jeden Tag im Evensong. :ja:
Wenn dus jeden Tag singst, warum muß´ich dich dann ereinnern, wo der Text zu finden ist. Du scheinst eher die Predigttexte zu memorieren. :mrgreen:
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Stephen Dedalus
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Beitrag von Stephen Dedalus »

Rudolf J. Karner hat geschrieben:Was sind dann die "mattins"???
Als Mat(t)ins wird auch einfach das Morning Prayer bezeichnet, besonders in der gesungenen Form: Choral Matins und Choral Evensong.

Matins enthalten als Cantica das Venite, TeDeum und Benedictus. Die Entwicklung im 20. Jahrhundert hat Choral Matins durch die Parish Eucharist als Hauptgottesdienst in den meisten Kirchen verdrängt. Zuvor sah der Sonntagsplan einer normalen Parish Church so aus:

8am Holy Communion
10 am (Choral) Matins with Sermon
6 pm (Choral) Evensong with Sermon

Allerdings findet man immer noch Kirchen, in denen es am Sonntagvormittag Choral Matins gibt (in London zum Beispiel Westminster Abbey oder The Temple Church).

heute ist es meist:

8 am Holy Communion (1662)
10 am Sung Eucharist
6pm Choral Evensong & Sermon (in manchen Kirchen mit Benediction)

Gruß
SD
Zuletzt geändert von Stephen Dedalus am Donnerstag 9. November 2006, 13:33, insgesamt 1-mal geändert.
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Stephen Dedalus
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Beitrag von Stephen Dedalus »

Linus hat geschrieben:Wenn dus jeden Tag singst, warum muß´ich dich dann ereinnern, wo der Text zu finden ist. Du scheinst eher die Predigttexte zu memorieren. :mrgreen:
Gepredigt wird im Evensong nur am Sonntag. ;)
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johannes eck
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Beitrag von johannes eck »

Stephen Dedalus hat geschrieben:
Linus hat geschrieben:Wenn dus jeden Tag singst, warum muß´ich dich dann ereinnern, wo der Text zu finden ist. Du scheinst eher die Predigttexte zu memorieren. :mrgreen:
Gepredigt wird im Evensong nur am Sonntag. ;)
Wird auch bei den Gottesdiensten am Vormittag gepredigt?

John Grantham
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Beitrag von John Grantham »

Rudolf J. Karner hat geschrieben:
Stephen Dedalus hat geschrieben:
Linus hat geschrieben:Wenn dus jeden Tag singst, warum muß´ich dich dann ereinnern, wo der Text zu finden ist. Du scheinst eher die Predigttexte zu memorieren. :mrgreen:
Gepredigt wird im Evensong nur am Sonntag. ;)
Wird auch bei den Gottesdiensten am Vormittag gepredigt?
In der Woche nicht, auch Sonntags m.E. eher ungewöhnlich -- siehe Common Worship (das aktuelle Liturgiebuch der Church of England) oder das 1979 Book of Common Prayer (das Liturgiebuch der Episcopal Church USA, meine Kirche), oder auch das 1662 Book of Common Prayer (das alte Liturgiebuch beider Kirchen).

Cheers,

John
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Stephen Dedalus
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Beitrag von Stephen Dedalus »

John Grantham hat geschrieben:
Rudolf J. Karner hat geschrieben:
Stephen Dedalus hat geschrieben:
Linus hat geschrieben:Wenn dus jeden Tag singst, warum muß´ich dich dann ereinnern, wo der Text zu finden ist. Du scheinst eher die Predigttexte zu memorieren. :mrgreen:
Gepredigt wird im Evensong nur am Sonntag. ;)
Wird auch bei den Gottesdiensten am Vormittag gepredigt?
In der Woche nicht, auch Sonntags m.E. eher ungewöhnlich -- siehe Common Worship (das aktuelle Liturgiebuch der Church of England) oder das 1979 Book of Common Prayer (das Liturgiebuch der Episcopal Church USA, meine Kirche), oder auch das 1662 Book of Common Prayer (das alte Liturgiebuch beider Kirchen).

Cheers,

John
Kommt drauf an, würde ich sagen.

Wenn hier Kirchen Matins als Hauptgottesdienst am späteren Sonntagvormittag haben, dann wird da meist auch gepredigt. In der Woche allerdings nicht.

Ebenso in der Frühmesse um 8 Uhr normalerweise nicht.
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johannes eck
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Beitrag von johannes eck »

Ich habe mir die zahlreichen anglikanischen Hochgebete angeschaut. Sie drücken kaum das hl. Messopfer aus, vielmehr entsteht der Eindruck, es handle sich nur um ein Gedenken des einen Opfers (nicht um eine Gegenwärtigsetzung), aus dem Gnaden hervorgehen sollen. Auch wird stets nur vom "Opfer des Lobes" gesprochen. Da Christus aber für unsere Sünden gestorben ist, hat ja auch die Vergegenwärtigung des einen Opfers sühnende Wirkung. Besunders die alte Form scheint recht "unkatholisch" zu sein, denn nach dem "Einsetzungsbericht" beginnt gleich die Kommunion und davor wird die Messe "perpetual memory of that his precious death" genannt.

Stephen Dedalus
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Beitrag von Stephen Dedalus »

Ich habe mir die zahlreichen anglikanischen Hochgebete angeschaut. Sie drücken kaum das hl. Messopfer aus, vielmehr entsteht der Eindruck, es handle sich nur um ein Gedenken des einen Opfers (nicht um eine Gegenwärtigsetzung), aus dem Gnaden hervorgehen sollen. Auch wird stets nur vom "Opfer des Lobes" gesprochen. Da Christus aber für unsere Sünden gestorben ist, hat ja auch die Vergegenwärtigung des einen Opfers sühnende Wirkung.
Hallo Rudolf,

das müßte man im einzelnen analysieren.

Prayer C der neuen Meßordnung geht weitgehend auf Material des BCP von 1662 zurück. In Prayer C heißt es zum Beispiel:
Prayer C hat geschrieben:we offer you through him this our sacrifice of praise and thanksgiving.
Die Rede vom Sacrifice of Praise and Thanksgiving ist nicht etwa nur auf Lob und Dank bezogen, sondern natürlich auf die ganze Eucharistie, der Ausdruck ist eine direkte Übersetzung des Wortes "Eucharistie", allerdings natürlich um den Opferbegriff erweitert. M.W. ist es altkirchlicher Sprachgebrauch, die eucharistischen Gaben selbst als "eucharistiai" zu bezeichnen, also als "Dankopfer". Einer unserer Priester machte das immer sehr schön deutlich, indem er beim Rezitieren dieser Worte mit den Händen auf Kelch und Patene wies, weil diese unser "Sacrifice of Praise and Thanksgiving" sind. Das ist m. E. gut katholisch. Ist es nicht? ;)
Prayer C hat geschrieben: Although we are unworthy, through our manifold sins,
to offer you any sacrifice,
yet we pray that you will accept this
the duty and service that we owe.
Do not weigh our merits, but pardon our offences,
and fill us all who share in this holy communion
with your grace and heavenly blessing;
Dieser Text ist weitgehend dem Gebet entnommen, das im BCP 1662 nach der Kommunion gebetet wurde. Die Reformen des 16. Jahrhunderts wollten den Empfang der Hl. Kommunion möglichst nahe an die Einsetzungsworte rücken. Daher wurde einiges der theologischen Aussagen in die Dankgebete nach der Kommunion gepackt. Mit der Liturgiereform seit 1980 hat man dies wieder korrigiert. Der Text steht in Prayer C jetzt wieder vor der Austeilung. M. E. zeigt er sehr wohl, welche Früchte die Gläubigen von der Feier der Eucharistie erwarten?

Sehr gut finde ich auch die Formulierung in Prayer G, wo der Gedanke, daß das Meßopfer, das wir auf der Erde darbringen, eins ist mit dem Opfer Christi, das er im Himmel darbringt, sehr schön deutlich wird:
Prayer G hat geschrieben:Father, we plead with confidence
his sacrifice made once for all upon the cross;
we remember his dying and rising in glory,
and we rejoice that he intercedes for us
at your right hand.


Pour out your Holy Spirit as we bring before you
these gifts of your creation;
may they be for us the body and blood of your dear Son.

As we eat and drink these holy things in your presence,
form us in the likeness of Christ,
and build us into a living temple to your glory.

[Remember, Lord, your Church in every land.
Reveal her unity, guard her faith,
and preserve her in peace …]

Bring us at the last with [N and] all the saints
to the vision of that eternal splendour
for which you have created us;
through Jesus Christ, our Lord,
by whom, with whom, and in whom,
with all who stand before you in earth and heaven,
we worship you, Father almighty, in songs of everlasting praise:

Mit bestem Gruß
SD
Zuletzt geändert von Stephen Dedalus am Mittwoch 15. November 2006, 15:17, insgesamt 3-mal geändert.
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John Grantham
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Beitrag von John Grantham »

Rudolf J. Karner hat geschrieben:Ich habe mir die zahlreichen anglikanischen Hochgebete angeschaut. Sie drücken kaum das hl. Messopfer aus, vielmehr entsteht der Eindruck, es handle sich nur um ein Gedenken des einen Opfers (nicht um eine Gegenwärtigsetzung), aus dem Gnaden hervorgehen sollen. Auch wird stets nur vom "Opfer des Lobes" gesprochen. Da Christus aber für unsere Sünden gestorben ist, hat ja auch die Vergegenwärtigung des einen Opfers sühnende Wirkung. Besunders die alte Form scheint recht "unkatholisch" zu sein, denn nach dem "Einsetzungsbericht" beginnt gleich die Kommunion und davor wird die Messe "perpetual memory of that his precious death" genannt.
Es ist sehr unterschiedlich, je nach Eucharistiegebet bzw. dessen Geschichte. Bekannterweise waren die diversen anglikanischen Kirchen früher deutlich "protestantischer" als heute; ab etwa 1800 fing aber ein langer Prozeß an, wo das Weihe- und Sakramentenverständnis wieder in katholische Richtung pendelte. Aus diesem Grund sind diverse "anglikanische Freikirchen" entstanden, die aus Protest gegen diese Katholisierung der anglikanischen Kirche entwickelten -- z.B. die Free Church of England oder die Reformed Episcopal Church in den USA.

Zudem kam der spätere Einfluß der Orthodoxen, mit denen die anglikanischen Kirche zunehmend Kontakte aufgenommen hat.

Viele der moderneren Eucharistiegebete haben also Elemente von protestantischen, katholischen und orthodoxen Verständnissen. Aber auch weil unsere Kirche ja viele Strömungen inne hat, haben wir die verschiedenen Gebete beibehalten, um jede dieser Gruppen innerhalb der Kirche zu bedienen. (Stichwort Alte Messe/NOM. *hüstel*)

Schaue mal die vier Eucharisitegebete im Rite II der Episcopal Church an. In Gebet A gibt es gleich am Anfang das Opfer:

"Holy and gracious Father: In your infinite love you made us
for yourself; and, when we had fallen into sin and become
subject to evil and death, you, in your mercy, sent Jesus
Christ, your only and eternal Son, to share our human
nature, to live and die as one of us, to reconcile us to you, the
God and Father of all.

He stretched out his arms upon the cross, and offered himself,
in obedience to your will, a perfect sacrifice for the whole
world
."

dann die Einsetzungsworte; dann das Gedächtnis:

"We celebrate the memorial of our redemption, O Father, in
this sacrifice of praise and thanksgiving. Recalling his death,
resurrection, and ascension, we offer you these gifts."

und Epiklese:

"Sanctify them by your Holy Spirit to be for your people the
Body and Blood of your Son, the holy food and drink of new
and unending life in him."

Also ein bisserl was von allen. ;-)

Die anderen in Rite II sind ebenfalls "katholischer" gehalten. Aber die Gebete in Rite I sind recht protestantisch: Sie sind vom vorherigen 1928er Book of Common Prayer genommen worden, als der protestantische Einfluß auf die Episcopal Church viel größer war. Damals hieß die Kirche offiziell "PROTESTANT Episcopal Church" -- heute ist "Protestant" weggefallen.

Cheers,

John
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Stephen Dedalus
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Beitrag von Stephen Dedalus »

Noch was: In den Gemeinden, die es ganz dolle mit dem Meßopfer haben, wird vor dem Eucharistic Prayer noch gebetet:

Pray, Brothers and Sisters, that our sacrifice may be acceptable to the Lord ...

May the Lord accept the sacrifice at thy hands...

(jetzt aus dem Gedächtnis zitiert, aber das dürfte Dir bekannt sein.) ;)
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johannes eck
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Beitrag von johannes eck »

Im Anhang des BCP sind die "Articles of Religion" (1562), die für mich ein Konglomerat an Häresie sind.
Der Herr sei z. B. nur in geistlicher Weise in der Eucharistie gegenwärtig und das hl. Messopfer wird als "blasphemous fables" bezeichnet. Diese "Articles" sind durch und durch calvinistisch! Hat man die etwa in den letzten Jahrhunderten abgeschafft?
Wenn nun in demselben Buch steht "please accept this sacrifice of praise and thanksgiving" dann wirkt das nicht katholisch, obwohl es natürlich - neutral betrachtet- als katholisch gelten kann. Im Canon Missae wird es am klarsten auf den Punkt gebracht!

johannes eck
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Beitrag von johannes eck »

Stephen Dedalus hat geschrieben:Noch was: In den Gemeinden, die es ganz dolle mit dem Meßopfer haben, wird vor dem Eucharistic Prayer noch gebetet:

Pray, Brothers and Sisters, that our sacrifice may be acceptable to the Lord ...

May the Lord accept the sacrifice at thy hands...

(jetzt aus dem Gedächtnis zitiert, aber das dürfte Dir bekannt sein.) ;)
Natürlich kenne ich das "orate, fratres"!
Beste Grüße!

Stephen Dedalus
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Beitrag von Stephen Dedalus »

Rudolf J. Karner hat geschrieben:Im Anhang des BCP sind die "Articles of Religion" (1562), die für mich ein Konglomerat an Häresie sind.
Die 39 Artikel sind ein historisches Dokument der Reformationsepoche, hauptsächlich gegen Mißbräuche und Fehlinterpretationen der damaligen Zeit gerichtet. Sie sind heute weitgehend ohne praktische Bedeutung, werden aber von einigen evangelikalen Anglikanern noch hochgehalten. Einige anglikanische Kirchen weltweit haben sie noch in ihren Gebetbüchern, andere haben sie herausgenommen. Im neuen Gottesdienstbuch der C of E, Common Worship (2000) sind sie nicht mehr enthalten. Auch wenn einige der Artikel zur Zeit ihrer Entstehung einen antikatholischen Zug hatten, konnten sie doch von Newman weitgehen im katholischen Sinne interpretiert werden (vgl. seine Tracts for the Times).
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johannes eck
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Beitrag von johannes eck »

Wenn man diese liest, dann hat man den Eindruck, ihr wäret Kalvinisten mit ein paar katholischen [Punkt]
Gott sei Dank haben kaum mehr einen Wert!
Diese Evangelikalen, von denen Du geschrieben hast, haben ja noch kaum etwas gemeinsam mit den anderen, dennoch bildet ihr eine Konfession. Find ich eigenartig! Gibt`s darüber keine gemeinsame anglikanische Lehre (ich meine bezügl. Messopfer, Articles of Religion, &c)? :hmm:

Stephen Dedalus
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Beitrag von Stephen Dedalus »

Rudolf J. Karner hat geschrieben:Wenn man diese liest, dann hat man den Eindruck, ihr wäret Kalvinisten mit ein paar katholischen [Punkt]
Gott sei Dank haben kaum mehr einen Wert!
Diese Evangelikalen, von denen Du geschrieben hast, haben ja noch kaum etwas gemeinsam mit den anderen, dennoch bildet ihr eine Konfession. Find ich eigenartig! Gibt`s darüber keine gemeinsame anglikanische Lehre (ich meine bezügl. Messopfer, Articles of Religion, &c)? :hmm:
Als Konfession würde ich uns nicht bezeichnen, weil uns eben eine Confessio fehlt, sowas wie die Lutheraner haben. Wir haben die altkirchlichen Bekenntnisse, das reicht.

Der Zusammenhalt bei uns wurde und wird in erster Linie durch die Liturgie und das Amt der Bischöfe hergestellt. Die Kirche von England war nie eine Kirche, die sich gegen andere Konfessionskirchen direkt abgrenzen mußte. Im sogenannten Elizabethan Settlement unter Elisabeth I. wurde ein Kompromiß geschlossen, der eine größtmögliche liturgische Uniformität mit einer größtmöglichen Freiheit in Lehrfragen verknüpfte. Von Anfang an gab es daher Kräfte in der Kirche, die die Liturgie des Book of Common Prayer eher katholisch, andere, die es eher protestantisch interpretierten.
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Stephen Dedalus
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Beitrag von Stephen Dedalus »

Noch ein Nachtrag zu den anglikanischen Hochgebeten. Ich war am Sonntag in Ascension and St Agnes in Washington DC (Dank nochmals an John für den Tipp!). Dort wurde exzellent zelebriert (levitiertes Hochamt mit Asperges, hervorragender Musik etc.). Die Liturgie war Rite I der Episcopal Church. Darin kam imho der Meßopfergedanke ganz gut zum Ausdruck (allerdings auch durch das Orate Fratres und dadurch, daß der Priester vor dem Beginn des Opfergottedienstes die Intentionen des Sonntags erläuterte. ;)

Book of Common Prayer der Episkopalkirche hat geschrieben:All glory be to thee, Almighty God, our heavenly Father, for
that thou, of thy tender mercy, didst give thine only Son Jesus Christ to suffer death upon the cross for our redemption; who
made there, by his one oblation of himself once offered, a full,
perfect, and sufficient sacrifice, oblation, and satisfaction, for
the sins of the whole world; and did institute, and in his holy
Gospel command us to continue, a perpetual memory of that
his precious death and sacrifice, until his coming again.

For in the night in which he was betrayed, he took bread;
and when he had given thanks, he brake it, and gave it to his
disciples, saying, "Take, eat, this is my Body, which is given
for you. Do this in remembrance of me."
Likewise, after supper, he took the cup; and when he had
given thanks, he gave it to them, saying, "Drink ye all of this;
for this is my Blood of the New Testament, which is shed for
you, and for many, for the remission of sins. Do this, as oft as
ye shall drink it, in remembrance of me."

Wherefore, O Lord and heavenly Father, according to the
institution of thy dearly beloved Son our Savior Jesus Christ,
we, thy humble servants, do celebrate and make here before
thy divine Majesty, with these thy holy gifts, which we now
offer unto thee, the memorial thy Son hath commanded us to
make
; having in remembrance his blessed passion and precious
death, his mighty resurrection and glorious ascension;
rendering unto thee most hearty thanks for the innumerable
benefits procured unto us by the same.

And we most humbly beseech thee, O merciful Father, to
hear us; and, of thy almighty goodness, vouchsafe to bless
and sanctify, with thy Word and Holy Spirit, these thy gifts
and creatures of bread and wine; that we, receiving them
according to thy Son our Savior Jesus Christ's holy institution,
in remembrance of his death and passion, may be partakers
of his most blessed Body and Blood.

And we earnestly desire thy fatherly goodness mercifully to
accept this our sacrifice of praise and thanksgiving; most
humbly beseeching thee to grant that, by the merits and
death of thy Son Jesus Christ, and through faith in his blood,
we, and all thy whole Church, may obtain remission of our
sins, and all other benefits of his passion.


And here we offer and present unto thee, O Lord, our selves,
our souls and bodies, to be a reasonable, holy, and living
sacrifice unto thee; humbly beseeching thee that we, and all
others who shall be partakers of this Holy Communion, may
worthily receive the most precious Body and Blood of thy Son
Jesus Christ, be filled with thy grace and heavenly benediction,
and made one body with him, that he may dwell in us, and
we in him.

And although we are unworthy, through our manifold sins,
to offer unto thee any sacrifice, yet we beseech thee to accept
this our bounden duty and service, not weighing our merits,
but pardoning our offences, through Jesus Christ our Lord;

By whom, and with whom, in the unity of the Holy Ghost,
all honor and glory be unto thee, O Father Almighty, world
without end. AMEN.
Der Text geht weitgehend auf das Prayer Book von 1662 zurück.
Die Klärung, die im Vergleich zu 1662 aber hier eingefügt wurde, besteht darin, daß die Gaben von Brot und Wein nach der Konsekration dem Herrn "dargebracht" werden.

Gruß
Stephen
If only closed minds came with closed mouths.

John Grantham
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Beitrag von John Grantham »

Moin SD,
Stephen Dedalus hat geschrieben:Noch ein Nachtrag zu den anglikanischen Hochgebeten. Ich war am Sonntag in Ascension and St Agnes in Washington DC (Dank nochmals an John für den Tipp!). Dort wurde exzellent zelebriert (levitiertes Hochamt mit Asperges, hervorragender Musik etc.). Die Liturgie war Rite I der Episcopal Church.

Book of Common Prayer der Episkopalkirche hat folgendes geschrieben:
Bäääääh, tue das mir nicht an! Die schöne Sprache! Habe ich seit Ewigkeiten im Gottesdienst nicht mehr gehört! *heul*

Epiklese hast Du aber nicht hervorgehoben, also das tue ich hier:
Book of Common Prayer der Episkopalkirche hat geschrieben:And we most humbly beseech thee, O merciful Father, to
hear us; and, of thy almighty goodness, vouchsafe to bless
and sanctify, with thy Word and Holy Spirit, these thy gifts
and creatures of bread and wine;
*schnief* Ich vermiße den ollen Rite I. Ihr Katho-Tradis könnt Eure Alte Messe haben, ich will mein Rite I!

;-)

Cheers,

John
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Beitrag von Stephen Dedalus »

John Grantham hat geschrieben: Bäääääh, tue das mir nicht an! Die schöne Sprache! Habe ich seit Ewigkeiten im Gottesdienst nicht mehr gehört! *heul*

*schnief* Ich vermiße den ollen Rite I. Ihr Katho-Tradis könnt Eure Alte Messe haben, ich will mein Rite I!
In der Tat ist dieser Rite I sehr zu loben. Weißt Du etwas über die Genese? Außer 1662 scheint da auch noch ordentlich 1928 drin zu sein, oder?
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John Grantham
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Beitrag von John Grantham »

Stephen Dedalus hat geschrieben:
John Grantham hat geschrieben: Bäääääh, tue das mir nicht an! Die schöne Sprache! Habe ich seit Ewigkeiten im Gottesdienst nicht mehr gehört! *heul*

*schnief* Ich vermiße den ollen Rite I. Ihr Katho-Tradis könnt Eure Alte Messe haben, ich will mein Rite I!
In der Tat ist dieser Rite I sehr zu loben. Weißt Du etwas über die Genese? Außer 1662 scheint da auch noch ordentlich 1928 drin zu sein, oder?
Nun, im Gegensatz zur C of E hatten wir ja einige Iterationen zwischen 1662 und heute (1789, 1892, 1928, 1979 -- alle Versionen sind hier zu finden). Die Gebete sind also evolutionär entstanden, mit neuen Impulsen und Ideen aus der jeweiligen Zeit. Die Gattung sieht man von 1662 bis 1928 ganz klar, und vieles von 1928 wurde in 1979er Rite I übernommen; der zunehmende Einfluß von Ritualists und Katholiken, aber auch von den Orthodoxen, merkt man ebenfalls.

(Am Rande -- ich frage mich eigentlich, wie schön die C of Es Gebete geworden wären, hätte sie es geschafft, auch öfter Reformen durchzuführen. Eure Gebete sind auch schön, das will ich nicht bestreiten, aber ich finde unsere schöner formuliert, vor allem in Rite I. Die Engländer haben aber m.E. mehr Fingerspitzengefühl, was Sprache angeht, und hätten das noch besser gemacht...)

Ich weiß nicht, ob Du es weißt, aber die Episkopalkirche hat ihre Sukzession (aus anglikanischer Sicht...Ruhe, Ihr Tradis!) über die s.g. Non-Juror Bishops in Schottland, denn nach der Revolution wollten die C of E-Bischöfe keine amerikanischen Anglikaner zu Bischof weihen. Die Schotten sind dafür eingesprungen.

Warum ist das interessant? Weil die Non-Jurors auch in Kontakt mit den Orthodoxen waren, nur 50 Jahre zuvor, mit der Absicht, mit ihnen in volle Kommunion zu kommen. Die Orthodoxen wiederum -- die ja bekannterweise nichts vergessen ;-) -- wiesen darauf hin, dass unsere anglikanische Kirche ursprünglich vieles aus der orthodoxen Tradition hatte -- denn Theodore of Tarsus war ja Grieche und brachte die griechische Liturgie mit, zwar noch in der Zeit der ungeteilten Kirche, aber die Verwandtschaft war da. Man wollte die "ursprünglische" englische Liturgie -- die also griechischer Abstammung war -- wieder einführen.

Und siehe da, klassische Epiklese wird im Eucharistiegebet wieder hochgehalten, neben Einsetzungsworten und Opfer. In 1662 war kein Epiklese drin, aber in 1798 auf einmal doch:
1789 US Book of Common Prayer hat geschrieben:And we most humbly be-
seech thee, O merciful Father, to
hear us; and, of thy almighty good-
ness, vouchsafe to bless and sancti-
fy, with thy Word and Holy Spirit,
these thy gifts and creatures...
Interessant, was? Mehr dazu hier:

http://anglicanhistory.org/nonjurors/langford1.html

Cheers,

John
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Beitrag von Stephen Dedalus »

Hi John,

danke für die Info. Daß die TEC auf die Nonjurors zurückgeht, weiß ich - daher auch der deutlich höhere liturgische Grundwasserspiegel verglichen mit der C of E in den vergangenen Jahrhunderten. Die erste Benediction of the Blessed Sacrament fand nicht etwa in einer Kirche in England statt, sondern in Chicago (hier hätte man den Priester wahrscheinlich dafür im Gefängnis bei Wasser und Brot verschmachten lassen ...). ;)

Ich habe nochmal auf der Website gestöbert. Die Epiklese kommt bei Cranmer noch im 1549er Prayer Book vor, erst ab 1552 ist nur noch indirekt drin. Hier hat die TEC (wie auch immer sie damals hieß) bereits sehr früh wieder etwas eingeführt, wozu die Briten wesentlich länger gebraucht haben.

Interessant ist aber, daß die Formulierung der Opferdarbringung "which we now offer unto thee" nicht im BCP 1549 drin ist, die muß also wirklich durch den schottischen oder orthodoxen Einfluß reingekommen sein. Sehr schön jedenfalls!

Yours affly.
SD
If only closed minds came with closed mouths.

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