Präexistenz

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overkott
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Präexistenz

Beitrag von overkott »

Es ist schon auffallend, dass uns die Evangelien nicht von Jesus erzählen als einem guten Mann mit langen Haaren, der ganz lieb war, ein bisschen langweilig, völlig unumstritten, dann in Jerusalem aufs Kreuz gelegt wurde, drei Tage gewartet hat, wieder aufgestanden ist und den Jüngern noch sagte: Ich bin dann mal weg. Macht euch keine Sorgen. Komme bald wieder.

Statt dessen führen uns die Evangelien erzählerisch hinein in heftige Auseinandersetzungen. Tatsächlich fühlten sich Jesu Zuhörer nämlich herausgefordert und provoziert. Amen, ich sage euch: Noch ehe Abraham wurde, bin ich. Für die Zuhörer des Herrn war klar: Hier stellt sich einer über unsern Vater Abraham und sagt: Ich existiere schon immer. Das war nicht ungefährlich. Denn zu seiner Zeit wurde nicht nur mit Worten diskutiert. Wo keine Argumente zur Hand waren, mussten auch schon mal Steine herhalten. Heilige Unvernunft!

Schließlich war der Gedanke der Präexistenz den gelehrten Theologen schon damals weder neu, noch unverständlich. Im Grunde sind es die Worte des Propheten Jeremia. Schon ganz am Anfang seines Buches steht: Noch ehe ich dich im Mutterleib formte, habe ich dich ausersehen, noch ehe du aus dem Mutterschoß hervorkamst, habe ich dich geheiligt, zum Propheten für die Völker habe ich dich bestimmt.

Philosophisch haben wir es hier mit dem Ewigkeit-Zeit-Paradoxon zu tun. Was sich in der Zeit ereignet, existiert quasi "vorab" als Idee im ewigen Logos.

Beschrieben wird uns die Berufung des Propheten Jeremia jedoch nicht als philosophisches Traktat, sondern als Dialog mit Gott, als Gebet. Es lohnt sich, die Stelle einmal im Zusammenhang zu lesen.

Noch ehe ich dich im Mutterleib formte, habe ich dich ausersehen, noch ehe du aus dem Mutterschoß hervorkamst, habe ich dich geheiligt, zum Propheten für die Völker habe ich dich bestimmt.
Da sagte ich: Ach, mein Gott und Herr, ich kann doch nicht reden, ich bin ja noch so jung.
Aber der Herr erwiderte mir: Sag nicht: Ich bin noch so jung. Wohin ich dich auch sende, dahin sollst du gehen, und was ich dir auftrage, das sollst du verkünden.
Fürchte dich nicht vor ihnen; denn ich bin mit dir um dich zu retten - Spruch des Herrn.
Dann streckte der Herr seine Hand aus, berührte meinen Mund und sagte zu mir: Hiermit lege ich meine Worte in deinen Mund.
Sieh her! Am heutigen Tag setze ich dich über Völker und Reiche; du sollst ausreißen und niederreißen, vernichten und einreißen, aufbauen und einpflanzen.

Wir wissen, dass Jesus solche Stellen auf sich bezog. Und als seine Schüler tun wir es genauso. Dabei räumen wir ein, dass eine geistliche Betrachtung keine geschichtswissenschaftliche Interpretation oder eine politikwissenschaftliche Arbeit ist. Natürlich glauben wir nicht, dass Jeremia hier die Weltherrschaft an sich reißen sollte, mit Schwert in der Hand und Bombe unter dem Arm.

Mein Reich ist nicht von dieser Welt, stellt Christus klar. Ihm geht es um den geistlichen Kampf gegen das Böse und das Eintreten für die Liebe zu Gott und zum Nachbarn, wie die Engländer sagen.

Aber ich schweife etwas ab. Das eigentlich Thema war ja: Präexistenz.

ad_hoc
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Beitrag von ad_hoc »

Hallo overkott

Ich gestehe, ich tue mir manchmal etwas schwer mit Deinen Gedankengängen. Zum Teil begreife ich diese überhaupt nicht, es sei denn ich müßte annehmen, Du vertrittst eigenartige Ideen.

Aber dieses Thema zur 'Präexistenz' ist sehr interessant, und der Beitrag gefällt mir.

Gruß, ad_hoc
quidquid cognoscitur, ad modum cognoscentis cognoscitur (n. Thomas v. Aquin)

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Peregrin
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Re: Präexistenz

Beitrag von Peregrin »

overkott hat geschrieben: Philosophisch haben wir es hier mit dem Ewigkeit-Zeit-Paradoxon zu tun. Was sich in der Zeit ereignet, existiert quasi "vorab" als Idee im ewigen Logos.
Einfacher ist die Annahme, daß die frühen Christen Jesus Christus als den inkarnierten Jahwe erkannt haben.
Ich bin der Kaiser und ich will Knödel.

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overkott
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Beitrag von overkott »

ad_hoc hat geschrieben:Hallo overkott

Ich gestehe, ich tue mir manchmal etwas schwer mit Deinen Gedankengängen. Zum Teil begreife ich diese überhaupt nicht, es sei denn ich müßte annehmen, Du vertrittst eigenartige Ideen.

Aber dieses Thema zur 'Präexistenz' ist sehr interessant, und der Beitrag gefällt mir.

Gruß, ad_hoc
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overkott
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Re: Präexistenz

Beitrag von overkott »

Peregrin hat geschrieben:
overkott hat geschrieben: Philosophisch haben wir es hier mit dem Ewigkeit-Zeit-Paradoxon zu tun. Was sich in der Zeit ereignet, existiert quasi "vorab" als Idee im ewigen Logos.
Einfacher ist die Annahme, daß die frühen Christen Jesus Christus als den inkarnierten Jahwe erkannt haben.
Ich glaube, dass viele wie Paulus die befreiende Botschaft Jesu erst mit der Zeit verstanden haben.

Und sie übernahmen diese Lehre als erneuerte Tora, weshalb sie Jesus als den prophezeiten Christus, also als den Sendboten, Sohn und Hohepriester Gottes verehrten.

Dagegen ist die Menschwerdung Gottes eigentlich kein jüdischer Gedanke, sondern dürfte eine besondere Bedeutung erst bei der Ausbreitung des Christentums in die hellenistisch-römische Welt bekommen haben.

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incarnata
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Beitrag von incarnata »

Auch Johannes schreibt:"das Wort war bei Gott......schon im Anfang war es bei
Gott" Auch hier der Gedanke der Praeexsistenz Jesu.
Mich würde interessieren,ob auch wir Menschen alle als "Gedanken Gottes"
vor unserer leiblichen Exsistenz schon paeexsistiert haben.Irgendwo habe
ich tief in mir die Vostellung,daß es so ist,ja daß ich sogar in der Auswahl des Elternpaars ,das mich "materialisiert" hat ein gewisses Mitspracherecht hatte.
Keines gab´s nur bezüglich der Tatsache,daß ich irgendwann und wo meine irdische Aufgabe zu erfüllen hatte.Nicht-Irdisch werden ging nicht---- aber jetzt wird´s
esoterisch.Gibt es irgendwelche philosophischen Vorbilder für solche Gedankengänge-ich denke sowas schon seit früher Kindheit.
Durch die barmherzige Liebe unseres Gottes wird uns besuchen das aufstrahlende
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Idiota
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Präexistenz

Beitrag von Idiota »

incarnata hat geschrieben:ja daß ich sogar in der Auswahl des Elternpaars ,das mich "materialisiert" hat ein gewisses Mitspracherecht hatte.
.
Das vertreten die Antroposophen.

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overkott
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Beitrag von overkott »

incarnata hat geschrieben:Auch Johannes schreibt:"das Wort war bei Gott......schon im Anfang war es bei
Gott" Auch hier der Gedanke der Praeexsistenz Jesu.
Mich würde interessieren,ob auch wir Menschen alle als "Gedanken Gottes"
vor unserer leiblichen Exsistenz schon paeexsistiert haben.
Theologisch ergibt sich die Antwort zunächst aus der Diskussion um die creatio ex ipso / ex nihilo. Wir haben gesehen, dass nach der Lehre der Kirche beides zutrifft, wenn auch differenziert. Auch die Antwort auf die Präexistenz jedes Menschen muss mit ja und nein beantwortet werden: der Idee nach ja, der Verwirklichung nach nein.

Des weiteren führt dies hinein in die Seelenlehre, deren Entwicklung sehr anregend bei Wikipedia dargestellt ist.

Bemerkenswert ist der platonische Einfluss über Augustinus bis hin zu Bonaventura und ein tendenzieller Paradigmenwechsel unter dem Einfluss von Aristoteles bei Thomas. Bonaventura verstand die Seele eher geistig und unabhängig vom Körper. Von Bedeutung ist das insbesondere für das Verständnis des Geistleibes bei der Auferstehung.

Analog zur Schöpfungstheologie möchte ich behaupten, dass Gott die Seele zu Beginn des menschlichen Lebens aus dem Nichts erschafft. Als Geistleib gibt sie dem Körper die Form, ist jedoch unabhängig vom Körper und hat in der Taufe Anteil an der Auferstehung Christi. Folglich hat die Seele auch keinen eigenen Willen vor ihrer Erschaffung.

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holzi
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Beitrag von holzi »

Hat nicht auch Origenes seinerzeit eine etwas spezieller gefasste Haltung zur Präexistenz der menschlichen Seelen, was aber von der Kirche verworfen wurde? Er meinte aber, dass die Seelen bereits als Geister existierten, bis sie in den Menschen materialisierten. Das halte ich tatsächlich für häretisch, da dies die Dimension der Ewigkeit ignoriert. Dass ich schon vor und jenseits aller Zeit von Gott gewollt und geliebt bin - das kann ich dagegen ohne große Probleme akzeptieren.

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overkott
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Beitrag von overkott »

Ganz einer Meinung.

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incarnata
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Re: Präexistenz

Beitrag von incarnata »

Idiota hat geschrieben:
incarnata hat geschrieben:ja daß ich sogar in der Auswahl des Elternpaars ,das mich "materialisiert" hat ein gewisses Mitspracherecht hatte.
.
Das vertreten die Antroposophen.
In der Tat ?Ich hatte mal zwischen dem 6.-9. Lebensjahr eine ca 2 Jahre ältere
Kinderfreundin ,die Tochter eines Kriegskameraden meines Vaters,der öfters besucht wurde,Die hab ich gemocht,weil sie mich ernst nahm,obwohl ich ja "soo" viel jünger war-und die ging auf die Waldorfschule !Wer weiss ob ich den Gedanken nicht da aufgschnappt und ins Unterbewusstsein integriert habe !
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overkott
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Beitrag von overkott »

incarnata hat geschrieben:Irgendwo habe
ich tief in mir die Vostellung,daß es so ist,ja daß ich sogar in der Auswahl des Elternpaars ,das mich "materialisiert" hat ein gewisses Mitspracherecht hatte.
Nix soll dich schrecken, niks dich quälen.

Wenn uns das eigne Herz belügt, sag du uns:

Gott allein genügt.

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pierre10
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Beitrag von pierre10 »

Ob es Präexistenz gibt oder nicht ist wie so vieles Glaubenssache.
Mir aber scheint der Mensch in seiner Evolution oder Entwicklung auf einem Weg, der eine Existenz bereits vor dem körperlichen Leben logisch erscheinen lässt.

Vor allem wenn wir Kinder (wir haben 4 Kinder und 8 Enkel, jeder ist verantwortlich für die Hälfte) betrachten, genau hinsehen und zuhören, es ist erstaunlich, was da alles existiert.

Pierre
Grenzen im Kopf sind sehr hinderlich

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overkott
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Beitrag von overkott »

Manchmal haben die Eltern den Namen schon im Kopf.

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Linus
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Beitrag von Linus »

Dann exiastiert das Wesen aber bereits: zumindest ontologisch.
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Sebastian
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Beitrag von Sebastian »

holzi hat geschrieben:Hat nicht auch Origenes seinerzeit eine etwas spezieller gefasste Haltung zur Präexistenz der menschlichen Seelen, was aber von der Kirche verworfen wurde? Er meinte aber, dass die Seelen bereits als Geister existierten, bis sie in den Menschen materialisierten. Das halte ich tatsächlich für häretisch, da dies die Dimension der Ewigkeit ignoriert. Dass ich schon vor und jenseits aller Zeit von Gott gewollt und geliebt bin - das kann ich dagegen ohne große Probleme akzeptieren.
Dann sprechen wir also mehr im Sinne einer Göttliche Vorsehung.
"Selig sind die, die nicht gesehen und doch geglaubt haben" (Joh. 20,31)

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holzi
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Beitrag von holzi »

Sebastian hat geschrieben:Dann sprechen wir also mehr im Sinne einer Göttliche Vorsehung.
Ich würde das so sehen.

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overkott
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Beitrag von overkott »

holzi hat geschrieben:
Sebastian hat geschrieben:Dann sprechen wir also mehr im Sinne einer Göttliche Vorsehung.
Ich würde das so sehen.
Ich würde gleichzeitig vorsichtig sein.

nadir
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Beitrag von nadir »

warum würdest du
Ich würde gleichzeitig vorsichtig sein.
?

ich meine zwar zu ahnen, was du meinst, bin mir aber eben nicht gewiss!?...

Raphael

Beitrag von Raphael »

nadir hat geschrieben:warum würdest du
Ich würde gleichzeitig vorsichtig sein.
?

ich meine zwar zu ahnen, was du meinst, bin mir aber eben nicht gewiss!?...
"Vorsehung" war eine hitler'sche Lieblingsvokabel ..............

ad_hoc
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Beitrag von ad_hoc »

"Vorsehung" war eine hitler'sche Lieblingsvokabel .......
Ich stelle den Antrag, dass das Wort Vorseh... nicht mehr im Forum verwendet wird.
Gleichzeitig wäre zu überprüfen, welche weiteren Worte damals eindeutig in ideologischer Weise von ihm mißbraucht worden sind und diese ebenfalls aus dem deutschen Wortschatz zu verbannen.
;)

Gruß, ad_hoc
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overkott
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Beitrag von overkott »

Auferstanden?

sofaklecks
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Wo steht

Beitrag von sofaklecks »

Wo steht das nochmal in der Bibel, dass die Seele unsterblich ist?

sofaklecks

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overkott
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Beitrag von overkott »

Joh 11,26

sofaklecks
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Mhhm

Beitrag von sofaklecks »

Mhhm,

Joh 8, 51 steht ähnliches.

Aber das Wort Seele steht in beiden Stellen nicht.

Mhhm.

Aber gut. Ich lass es gelten. Vielen Dank.

Oh, halt:

Und die Ungläubigen? Die den Tod schauen? Die nicht leben in Ewigkeit? Was ist mit denen? Haben die auch eine unsterbliche Seele?

sofaklecks

Allons
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Re: Mhhm

Beitrag von Allons »

sofaklecks hat geschrieben: Oh, halt:

Und die Ungläubigen? Die den Tod schauen? Die nicht leben in Ewigkeit? Was ist mit denen? Haben die auch eine unsterbliche Seele?
Gute Frage: Wie schaut man den Tod wenn man schon tot ist :ratlos:

Gruß Allons!

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