Ist es vernünftig an Gott zu glauben?

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sofaklecks
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Da

Beitrag von sofaklecks »

Da ich nicht weiss, was Vernunft ist, kann ich nicht behaupten, sie zu besitzen.

Da ich nicht weiss, wer Gott ist, kann ich nicht behaupten, an ihn zu glauben.


sofaklecks

Gerhard
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Beitrag von Gerhard »

Für die Kirche ist Jesus Christus das Vorbild. Wenn wir so handeln wie er, sind wir vernünftig.
"Ad Deum, qui laetificat juventutem meam."

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overkott
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Re: Da

Beitrag von overkott »

sofaklecks hat geschrieben:Da ich nicht weiss, was Vernunft ist, kann ich nicht behaupten, sie zu besitzen.

Da ich nicht weiss, wer Gott ist, kann ich nicht behaupten, an ihn zu glauben.


sofaklecks
An dem Punkt war Augustinus auch schon mal.

Si... fallor, sum.

Gerhard
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Beitrag von Gerhard »

Lies mal Franz von Sales "Philothea".
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lifestylekatholik
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Re: Sippenhaft

Beitrag von lifestylekatholik »

sofaklecks hat geschrieben:Ich sehe sehr deutlich die Diskrepanz zwischen Vernunft und Glaube. Das hab ich auch geschrieben. In diesem Strang wurde nach der Vernunft gefragt und ich habe das wiedergegeben, was mein Verstand einwendet.
'tschuldigung für mein etwas ungestümes Posting vorhin.

Ich würde nicht von einer "Diskrepanz" zwischen Vernunft und Glauben schreiben, obwohl das an sich natürlich nicht 'falsch' ist. Glaube ist nun mal nicht Vernunft, und Vernunft nicht Glaube. Und es ist auch richtig: Der Glaube lässt sich nicht vollständig auf die Vernunft zurückführen.

Es gibt ja das tolle dictum: Credo quia absurdum. Ich glaube, weil es gegen die Vernunft ist. Wobei das natürlich auch überspitzt ist. Tatsächlich steht ja der Glaube der 'wirklichen' Vernunft nirgendwo entgegen.

Du hast aber auch gesagt, das waren die Einwände deines Verstandes. Sind Verstand und Vernunft dasselbe? Die Ausgansfrage war ja, ob es vernünftig sei, an Gott zu glauben.

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lifestylekatholik
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Re: Da

Beitrag von lifestylekatholik »

sofaklecks hat geschrieben:Da ich nicht weiss, wer Gott ist, kann ich nicht behaupten, an ihn zu glauben.
Na ja, doch. Du kannst jemandem vertrauen, auch wenn du ihn nicht genau kennst. Du kannst an Gott glauben (= auf ihn vertrauen), auch wenn du ihn nicht vollständig durchschaust. :ja:

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overkott
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Beitrag von overkott »

Gut, ich denke, Glaube als Urvertrauen geht der Vernunft voraus. Gleichwohl denke ich, um dieses Urvertrauen zu stärken.

Vernunft ist Denkvermögen, die Möglichkeit und Fähigkeit zu denken. Denken ist letztlich ein Unterscheiden und Entscheiden. Damit können wir Vernunft auch als Urteilsvermögen und Entscheidungsfähigkeit bezeichnen.

Denken vollzieht sich in betrachten, benennen, bewerten. Denken äußert sich in Sprache und folgt deren Regeln. Beim Benennen vergeben wir Namen für das Betrachtete. Beim Bewerten ordnen wir die Namen in eine Reihen- und Rangfolge. Das Bewerten vollzieht sich in Sätzen.

Ein einfacher Satz besteht aus Subjekt, Prädikat, Objekt. Beweger, Bewegung und Bewegtes. Der Satz antwortet auf die Frage: Wer oder was tut wen oder was?

Die Frage wer oder wen steht bei Personen. Personen zeichnen sich aus durch Eigenwillen und als Selbstursache aus.

Beispiel: Ein Mann verkauft ein Brot. Eine Frau pflanzt eine Blume.

Die Frage was steht bei (Ur-)Sachen. Diese zeichnen sich als willenlos und Bewirktes aus.

Beispiel: Ein Blitz zerstört einen Baum.

Weil Sachen selbst bewirkt sind, können sie nicht ganz am Anfang stehen.

Deshalb denken wir Gott klassisch personal als den unbewegten Beweger.

Den unbewegten Beweger im Bild des Vaters zu denken, folgt nicht nur der Beobachtung des Anfangs des Lebens und der Befruchtung, sondern drückt auch familiäres Urvertrauen aus. Dieses findet in der Verehrung der Gottesmutter seine Ergänzung.

Wenn es auch vernünftig ist, Gott zu denken und ihn personal zu denken, mag zwar die Vernunft den Glauben an Gott bestärken. Doch soweit das "Ur"vertrauen primär ist, also der Vernunft voraus geht, ist es weniger vernünftig als natürlich.
Zuletzt geändert von overkott am Dienstag 21. Oktober 2008, 08:14, insgesamt 3-mal geändert.

Gerhard
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Beitrag von Gerhard »

Warum sollten wir Gott nicht vertrauen? Es gibt ja nur einen.
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overkott
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Beitrag von overkott »

Dass es nur einen Gott gibt als den Absoluten, also "unbewegten" und "unbewirkten", ergibt sich aus der Forschung nach dem Anfang, wird jedoch von anderen durchaus anders empfunden.

Tod, Krankheit und sonstige Schicksalsschläge lassen den Eindruck entstehen, dass die Schöpfung nicht der Paradiesgarten sein kann.

Das vorbewusste und damit vorvernünftige Urvertrauen als paradiesischer Zustand vor dem Naschen vom Baum der Erkenntnis, kann nach der Vertreibung in die Welt der Vernunft durchaus einen Knacks bekommen und wird von Gläubigen als Geschenk erfahren.

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lifestylekatholik
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Re: Da

Beitrag von lifestylekatholik »

overkott hat geschrieben:
sofaklecks hat geschrieben:Da ich nicht weiss, was Vernunft ist, kann ich nicht behaupten, sie zu besitzen.

Da ich nicht weiss, wer Gott ist, kann ich nicht behaupten, an ihn zu glauben.
An dem Punkt war Augustinus auch schon mal.
Nur, weil ich grade drüber gestolpert bin unds so schön passt: Augustinus schreibt in seinen Bekenntnissen (11, 14, 17):

"Was ist 'die Zeit'? Solange mich keiner fragt, weiß ichs. Wenn ichs jemandem erklären will, weiß ichs nicht." :freude:

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overkott
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Re: Da

Beitrag von overkott »

lifestylekatholik hat geschrieben:
overkott hat geschrieben:
sofaklecks hat geschrieben:Da ich nicht weiss, was Vernunft ist, kann ich nicht behaupten, sie zu besitzen.

Da ich nicht weiss, wer Gott ist, kann ich nicht behaupten, an ihn zu glauben.
An dem Punkt war Augustinus auch schon mal.
Nur, weil ich grade drüber gestolpert bin unds so schön passt: Augustinus schreibt in seinen Bekenntnissen (11, 14, 17):

"Was ist 'die Zeit'? Solange mich keiner fragt, weiß ichs. Wenn ichs jemandem erklären will, weiß ichs nicht." :freude:
Das nennt man auch Prüfungsstress.

stine
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Beitrag von stine »

overkott hat geschrieben:Wir Vernünftigen haben noch nicht erkannt, dass wir alle geistig über Wasser gehen (müssen).
Ich glaube, dass es genau andersrum ist: Gerade die Vernünftigen haben erkannt, dass sie im Glauben (geistig) über Wasser gehen müssen.

Ist es nicht so, dass die sonst so Vernünftigen ihre Zweifel bewußt ausblenden, wenn sie sich vertrauensvoll an Gott wenden?

Ist nicht der Glaube jener, der unser sonst so intaktes Urteilsvermögen außer Kraft setzt?
Wer wäre so unvernünftig jemanden, den er nicht kennt, den er nie gesehen hat, der praktisch nicht vorhanden ist, um Hilfe zu bitten?
An jemanden zu glauben, der sich uns nie zeigt, dessen Allgegenwart wir nur annehmen?

Die Eingangsfrage "Ist es vernünftig an Gott zu glauben?" wird zum
credo quia absurdum est.

Viele Fragen.
LG stine

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overkott
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Beitrag von overkott »

Ich glaube, Augustinus und die Zeit ist ein ganz tolles Kapitel: wie er die Zeit im Bild der Woche vom Sonntag bis zum Sonnabend erklärt.

Außerdem ist Zeit ein primäres Thema, zumal die Bibel sowie das Johannes-Evangelium mit "Im Anfang" beginnen und sich dann erst dem Raum zuwenden. Johannes verkündet Gott vernünftig zunächst als Geist, Logos, Wort und Namen, der in Jesus Christus Gestalt angenommen und sich geäußert hat.

Soweit sich die Personalität Gottes in seinem Willen äußert, kommt seinem Gebot besondere Bedeutung zu. Eine umfassende Liebesbeziehung zu leben, die sich im öffentlichen Raum als Frieden erweist, scheint ebenfalls vernünftig zu sein. Dies gilt vor allem für die Trinität und Relation von Gottes-, Nächsten- und Eigenliebe.

Ja, es gibt berechtigte Eigenliebe, die sich in Lebenswillen und Freiheitsdrang äußert. Soweit wir unserm Nächsten dasselbe zugestehen und ihm ebenfalls helfen, wenn er in Not gerät, ist das völlig in Ordnung. Ich würde sagen, dann ist das nicht nur vernünftiges Denken, sondern auch heiliger Geist, also eine Äußerung des Heiligen Geistes.

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lifestylekatholik
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Beitrag von lifestylekatholik »

"Ist es vernünftig, an Gott zu glauben?" - Die Frage ist ja auch etwas seltsam. Wenn Glaube ein Geschenk ist, dann entspräche das so etwa der Frage: "Ist es vernünftig, 300 Euro zu bekommen?" - Irgendwie ist die Frage schief. :hmm:

Und andererseits: Hätte die Frage vielleicht lauten sollen: "Ist der Glaube vernünftig?" Das wäre ja nochmal eine andere Sache, die man nicht unbedingt vermischen sollte.

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overkott
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Beitrag von overkott »

Die Ausgangsfrage lautet: "Ist es vernünftig, Gott Kredit einzuräumen?" Oder: "Was bringt mir Gott ein?"

Das ist menschlich verständlich, wirkt aber auch ein bisschen hochnäsig.

Der Fromme fragt sich: Was schulde ich Gott an Dank für mein Leben, für die Ernte, für die Konjunktur, für die 300 Euro?

Die Theologie Jesu lautet: Du schuldest Gott nichts, wenn du deinem Nächsten ebenfalls die Schuld erlässt.

stine
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Beitrag von stine »

overkott hat geschrieben:Die Ausgangsfrage lautet: "Ist es vernünftig, Gott Kredit einzuräumen?" Oder: "Was bringt mir Gott ein?" Das ist menschlich verständlich, wirkt aber auch ein bisschen hochnäsig.
Das ist zwar jetzt von dir frei übersetzt, aber selbst diese Übersetzung finde ich nicht hochnäsig.
Ich denke, der Lehrer, der diese Frage stellte hat sich daran orientiert, dass unsere Gesellschaft heute der Wissenschaft mehr Raum gibt, als dem Glauben.
Ist es vernünftig etwas zu glauben, was ständig in Frage gestellt wird?

LG stine

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overkott
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Beitrag von overkott »

stine hat geschrieben:
overkott hat geschrieben:Die Ausgangsfrage lautet: "Ist es vernünftig, Gott Kredit einzuräumen?" Oder: "Was bringt mir Gott ein?" Das ist menschlich verständlich, wirkt aber auch ein bisschen hochnäsig.
Das ist zwar jetzt von dir frei übersetzt, aber selbst diese Übersetzung finde ich nicht hochnäsig.
Ich denke, der Lehrer, der diese Frage stellte hat sich daran orientiert, dass unsere Gesellschaft heute der Wissenschaft mehr Raum gibt, als dem Glauben.
Ist es vernünftig etwas zu glauben, was ständig in Frage gestellt wird?

LG stine
Wäre unsere Zeit christlicher, sie wäre mehr aufgeklärt.

Glaube als Reduktion von Komplexität ist heute geradezu Forderung der Wissenschaft.

Heute kommt Wissenschaft nicht mehr als Weltanschauung daher, sondern begnügt sich mit bescheidenen Erklärungen vordergründiger Zusammenhänge.

In Jesus Christus hat sich Gottes Weisheit in einer Klarheit offenbart, dass Bonaventura diesen wirklich als Gottes Sohn verstand.

ad_hoc
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Beitrag von ad_hoc »

Ich bin erstaunt.
Eine ganze Reihe sehr schöner Beiträge in diesem Thread.

Mit der Vernunft allein läßt sich der Glaube nicht fassen. Aber: Zwischen Vernunft und Glauben gibt es auch keine Diskrepanz. Sollte es eine solche geben, liegt dies am nicht ausgeprägten Glauben oder an der falschen Einstellung zur Vernunft.

Das Problem von sofaklecks kann ich sehr gut erkennen und verstehen. Aber darauf zu antworten, fällt mir schwer. Da kann ich nur raten, zum besseren Verständnis einige Heiligenbiographien zu lesen und/oder um den immerwährenden Beistand des Hl. Geistes zu bitten.

Gruß, ad_hoc
quidquid cognoscitur, ad modum cognoscentis cognoscitur (n. Thomas v. Aquin)

sofaklecks
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Johann Sebastian Bach

Beitrag von sofaklecks »

Ich habe eine sehr starke Stütze.

Ich muss nur die Stelle in der Matthäuspassion hören, in der der Satz des Hauptmanns erklingt, den ich zitiert habe, dann weicht jeder Zweifel. Wahrlich, dieser ist Gottes Sohn gewesen.

Das ist so wie in der Geschichte aus Russland, in der ein Politkommissar an Ostern das Dorf zusammenruft und ausfühlich darlegt, warum es Gott nicht gebe und dass die Passion und Auferstehung Christi Lügenmärchen der Pfaffen seien. Dann wird der Pope aufgefordert, dazu Stellung zu nehmen. Er tritt vor und ruft nur den Ostergruss: Christos anesti, Christus ist auferstanden und mit Begeisterung und Freude antwortet das ganze Dorf "Er ist wahrhaft auferstanden!".

sofaklecks

PS: Die Dame meines Herzens, befragt, was sie unter Vernunft verstehe, meinte, listig lächelnd, vernünftig handle sie fast immer dann, wenn sie genau das lasse, was sie am meisten tun wolle.

Raphaela
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Beitrag von Raphaela »

In den "Kurzgeschichten 6", die Willi Hoffsümmer herausgegeben hat, fand ich eine bemerkenswerte Begebenheit aufgeschrieben, die meines Erachtens in diesem Tread passt.
Hoffsümmer selber gibt als Quellenangabe "Christ in der Gegenwart" Nr. 51/92 , S 423 an.
Der bekannte Liedermacher Wolf Biermann glaubt nicht an Gott. "Ich glaube, dass der Mensch Gott geschaffen hat und nicht Gott den Menschen", bekennt er... Auf die Frage, welcher biblische Stoff ihm am meisten am Herzen liegt, antwortet der Liedermacher:"Das Beste an der Bibel finde ich die Auferstehung Jesu... Der Teil der Leidensgeschichte also, der offensichtlich gelogen ist. Der enthält für mich die tiefste Wahrheit."
Biermann erzählt vom Besuch einiger Pfarrer, als er noch in Ostberlin wohnte. "Da war - ich erinnere mich - ein Pfarrer, ich glaube aus dem Westen. Der wollte sich sympatisch machen, indem er mir etwas sagte, von dem er glaubte, dass es mir gefällt. Es war nämlich die Rede auf die Auferstehung gekommen, und er sagte: 'Na Herr Biermann, das ist ja alles dummes Zeug mit der Auferstehung. Da sind wir längst darüber hinweg. Das ist doch alles Quatsch.' So redete dieser praktische Pfarrer... Ich geriet in einen gedämpften Wutanfall über diesen Menschen. Ich geriet ins Predigen. Vielleicht war die Anwesenheit so vieler Personen schuld daran. Ich hielt ihm eine Predigt darüber, warum nach meiner unchristlichen Meinung die Auferstehung Jesu der wichtigste Teil der Leidensgeschichte ist. Wer die Auferstehung preisgibt, der ist von Gott und allen guten Geistern verlassen."
Da hat also ausgerechnet jemand, der sich als ungläubig bezeichnet einen Grund genannt, warum es sich lohnt, an Gott zu glauben.

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Wenn Biermann jetzt auch noch ahnte, daß das doch wahr und ganz real ist mit der Auferstehung!
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
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overkott
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Beitrag von overkott »

Die eigentliche Frage ist: Auferstehung wohin und wofür? Die Botschaft lautet ja nicht: Macht, was ihr wollt, und lebt so für immer. Das Bild vom Jüngsten Gericht und damit die Instanz des Gewissens wurde jedoch mit Gnade für alle und Freiheit für den Stärkeren abgeschafft.

stine
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Beitrag von stine »

overkott hat geschrieben:Die eigentliche Frage ist: Auferstehung wohin und wofür? Die Botschaft lautet ja nicht: Macht, was ihr wollt, und lebt so für immer. Das Bild vom Jüngsten Gericht und damit die Instanz des Gewissens wurde jedoch mit Gnade für alle und Freiheit für den Stärkeren abgeschafft.
das finde ich auch interessant. Warum ist es möglich, auch heute noch die Gesetze der Religion zu verändern?
Ist der christliche Glaube gar vom Sinn her evolutionär?
Ist er vernünftig, weil er den Menschen, egal in welcher Zeit sie leben, Halt und Zuversicht geben kann?

Ist die Bibel vom Sinn her ein Buch der Interpretationen, oder ist sie wörtlich zu nehmen?

Ich für meine Person habe mir angewöhnt "zwischen" den Zeilen zu lesen. Aber vielleicht ist das ganz falsch?
Wären die Gleichnisse nicht Gleichnisse sondern ganz konkrete Geschichten, dann würden sie wohl heute gar nicht mehr passen.

Ist ein Vernunftglaube, also einer, der sich mit den Menschen vorwärts bewegt? Ein Glaube der sich nicht auf wörtliche Übernahme des Geschriebenen beruft?
Und dürfen wir die Bibel überhaupt interpretieren?
Dazu gibt es wohl ganz unterschiedliche Meinungen.

LG stine

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overkott
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Beitrag von overkott »

stine hat geschrieben:Ist die Bibel vom Sinn her ein Buch der Interpretationen, oder ist sie wörtlich zu nehmen?
Die Bibel kann gar nicht wörtlich genommen werden, weil sie überliefert und übersetzt ist.

Auch die gewöhnliche Vulgata war bereits eine theologische Interpretation des heiligen Hieronymus.

Die Abweichungen der Einheitsübersetzung sind natürlich von den jeweiligen Übersetzern, der Zeit ihrer Ausbildung und ihren Neigungen her zu verstehen.
Die Einheitsübersetzung auf dem evangelischen Bibelserver wiederum ist nach evangelischen Bedürfnissen verändert und stellt nicht einmal die Original-Einheitsübersetzung dar.

Die Kirche als Schülerkreis Jesu verehrt bis heute seinen Namen für seine Lehre von Gottes Liebe und für sein zeichenhaftes Handeln als Hoffnung für viele.

stine
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Beitrag von stine »

overkott hat geschrieben:Die Bibel kann gar nicht wörtlich genommen werden, weil sie überliefert und übersetzt ist.
Genau das meine ich.
So ist die Auferstehung für mich, die Auferstehung von Gottes Wort.
Es lebt in jedem von uns, sofern wir es weitergeben.

Der Vernunftglaube ist in meinen Augen also ein Glaube, der das Wunderbare aus der Bibel, auch in einer Zeit, wie der heutigen, nicht in Frage zu stellen braucht, weil es erklärbar geworden ist.

LG stine

Gerhard
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Beitrag von Gerhard »

stine hat geschrieben:Es lebt in jedem von uns, sofern wir es weitergeben.
Wie meinst Du das genau? Was müssen wir weitergeben?
"Ad Deum, qui laetificat juventutem meam."

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overkott
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Beitrag von overkott »

stine hat geschrieben:
overkott hat geschrieben:Die Bibel kann gar nicht wörtlich genommen werden, weil sie überliefert und übersetzt ist.
Genau das meine ich.
So ist die Auferstehung für mich, die Auferstehung von Gottes Wort.
Es lebt in jedem von uns, sofern wir es weitergeben.

Der Vernunftglaube ist in meinen Augen also ein Glaube, der das Wunderbare aus der Bibel, auch in einer Zeit, wie der heutigen, nicht in Frage zu stellen braucht, weil es erklärbar geworden ist.

LG stine
Jesus, Johannes, Paulus, Hieronymus, Augustinus, Bonaventura, Benedikt und viele Frauen wie Theresa von Avila haben das bereits erkannt.

Vernunftglaube nennt man auch Theologie.

Manche sind enttäuscht, wenn ihnen das Geheimnis des Glaubens theologisch erklärt wird.

Das Wachsen der Franziskaner in der Zeit Bonaventuras zeigt, dass er zwischen der rationalen und emotionalen Seite des Glaubens, also der Theologie und Frömmigkeit für seine Zeit wohl die richtige Verbindung gefunden hat.

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lifestylekatholik
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Beitrag von lifestylekatholik »

'tschuldigung, Stine, das richtet sich nicht speziell gegen dich, aber deine Sätze haben einen Nerv bei mir getroffen...
stine hat geschrieben:
overkott hat geschrieben:Die Bibel kann gar nicht wörtlich genommen werden, weil sie überliefert und übersetzt ist.
Genau das meine ich.
So ist die Auferstehung für mich, die Auferstehung von Gottes Wort.
Es lebt in jedem von uns, sofern wir es weitergeben.

Der Vernunftglaube ist in meinen Augen also ein Glaube, der das Wunderbare aus der Bibel, auch in einer Zeit, wie der heutigen, nicht in Frage zu stellen braucht, weil es erklärbar geworden ist.
Na, ma langsam mit die jungen Pferde!

Die verschiedenen Bibeltexte sind ganz verschiedenen Ursprungs und gehören ganz verschiedenen Gattungen an. Es ist klar, dass Lieder über die Entstehung der Welt Realität in einem anderen Sinne beschreiben als Berichte über zeitgenössische Geschehnisse. Insbesondere die Berichte der vier Evangelien und der Apostelgeschichte sind Tatsachenberichte. Natürlich sind sie keine stenografischen Wortprotokolle, und natürlich wählen sie einzelne Begebenheiten aus, und natürlich spannen sie einen Handlungsbogen und sind insofern "Interpretation". Es wäre aber völlig überzogen, nun anzunehmen, die geschilderten Geschehnisse seien gar nicht geschehen und müssten alle in den blauen Dunst von "Gleichnissen" aufgelöst und weginterpretiert werden. Ganz im Gegenteil.

Dieses wolkige Gerede vom Auferstandenen, der in jedem von uns lebe, sofern wir das Wort weitergeben, ist dann falsch, wenn damit gemeint wird, dass die leibliche Auferstehung Christi gar nicht das Entscheidende sei, vielleicht gar nicht einmal wichtig sei oder sogar überhaupt nicht stattgefunden habe.

Überdies -- ich bin gewiss ein blöder Bauernschädel -- verstehe ich überhaupt nicht, was das heißt: "Die Auferstehung ist für mich die Auferstehung von Gottes Wort." -- Meinst du damit, dass die Jünger einfach die guten sozialen Leitideen ihres Anführers weiterbefolgt und auf kommunistische Urkommune gemacht haben? Nu ma Butter bei die Fische und Klartext!

"Es lebt in jedem von uns, sofern wir es weitergeben." -- Was lebt in uns? Wie weitergeben? -- Mir ist das alles zu abstrakt, nebulös und vor allem zu reduziert und beliebig.

Nein, Christus ist im Fleische auferstanden. Die Jünger konnten ihn antatschen, das war genau der Körper, der vorher am Kreuz gehangen hatte, dem man die Lanze in die Seite gestoßen hatte, den sie abgenommen und ins Grab gelegt hatten, der dann aber plötzlich weg war. (Jetz ma die fisselige Diskussion um den pneumatischen Auferstehungsleib etc. beiseite gelassen, hier gehts ums Grundsätzliche.)

Ich finde es viel vernünftiger, die Evangelien in ihrer Aussageabsicht Ernst zu nehmen und so zu verstehen, wie die Kirche sie seit Anbeginn verstanden hat und wie auch ihre Gegner sie verstanden haben, als irgendwelche nicht vorhandenen abstrakten Sachen hineinzugeheimnissen. Die Jünger waren doch keine studierten Theologen, das waren einfache Leute. Kuck dir heute mal unsere Fischer auf den Krabbenkuttern an. Und hör sie dir mal an. Und hör, wie sie reden! Solche Leute waren das.

Weil Jesus im Fleisch, körperlich, physisch auferstanden ist, kann ich voll Glück und Überzeugung sagen, er hat den Tod überwunden, er ist der Christus, der Retter und Erlöser. Wenn Jesus nicht körperlich auferstanden wäre, sondern nur seine Anhänger gesagt hätten, ja, er ist zwar tot, lebt aber in unseren Herzen weiter, solange wir tun, was er gesagt hat... -- Entschuldigung, aber das wäre doch belanglos. Nein, die ganze Sache wird nur logisch, wenn man die Evangelien eben tatsächlich als nüchterne Tatsachenberichte nimmt.

Wenn ich an einen Gott glaube, der diese ganze Welt geschaffen hat, all die Materie, die belebte und unbelebte, in der ich mich befinde, aus der die Maus gemacht ist, mit der du deinen Computer bedienst, dann kann ich diesem Gott doch wohl zutrauen, auch ein paar Wunder in dieser Welt zu wirken, die diesen Namen auch verdienen! So kleingläubig, dass ich mit so was Probleme hätte, kann ich doch nicht sein! ;)

ad_hoc
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Beitrag von ad_hoc »

Hallo lifestylekatholik

Ich bin beeindruckt!

:jump:

Gruß, ad_hoc
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incarnata
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Beitrag von incarnata »

Im Prolog im Himmel in Goethes Faust 1 beklagt sich der Teufel beim Herrn über die Zustände auf der Erde und nimmt die Pose des die Menschen bedauernden Anklägers ein.Er sagt vom Menschen: "ein wenig besser tät´er leben,hätt´st Du ihm nicht den Schein des Himmelslichts gegeben: er nennts Vernunft-und braucht´s allein-nur tierischer als jedes Tier zu sein".
Der Herr stellt dann am Beispiel Faust die Gegenwette auf,daß "ein guter Mensch" die Gabe der Vernunft durchaus nutzen kann,um den"rechten Weg" zu erkennen.
Goethe trifft hier Wesentliches auch der Erbsündelehre:ein Tier,das nicht vernünftig im Sinne wirklicher Wahlfreiheit handeln kann ist nicht tierisch im Sinne von sündig.Der Mensch kann durch seine Vernunft zu Gott hin,aber auch von ihm weg gebracht werden.Bei Goethe sieht das der Herr ganz gelassen:"Es irrt der Mensch solang er strebt".
Christen glauben,dass Vernunft,die Fähigkeit seinen Verstand zu gebrauchen uns gegeben wurde um die Wahrheit zu erkennen,die in Jesus Christus Person geworden ist..Eben dies aber geht über die Vernunft hinaus-ist sozusagen übervernünftig und daher oft den Klugen (der Welt) verborgen,den demütigen und Einfältigen aber offenbar.Das konkrete Leben aus einem solchen Glauben heraus aber kann die Lebenswelt des Menschen konkret angenehmer gestalten-wenn man ihn nur lässt.
Durch die barmherzige Liebe unseres Gottes wird uns besuchen das aufstrahlende
Licht aus der Höhe.......(Lk1,76)

Gerhard
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Beitrag von Gerhard »

lifestylekatholik hat geschrieben:Wenn ich an einen Gott glaube, der diese ganze Welt geschaffen hat, all die Materie, die belebte und unbelebte, in der ich mich befinde, aus der die Maus gemacht ist, mit der du deinen Computer bedienst, dann kann ich diesem Gott doch wohl zutrauen, auch ein paar Wunder in dieser Welt zu wirken, die diesen Namen auch verdienen!
Sei mir nicht böse, aber ich muss hier eine Frage stellen: Warum sollte er das tun?
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Beitrag von lifestylekatholik »

Gerhard hat geschrieben:
lifestylekatholik hat geschrieben:Wenn ich an einen Gott glaube, der diese ganze Welt geschaffen hat, all die Materie, die belebte und unbelebte, in der ich mich befinde, aus der die Maus gemacht ist, mit der du deinen Computer bedienst, dann kann ich diesem Gott doch wohl zutrauen, auch ein paar Wunder in dieser Welt zu wirken, die diesen Namen auch verdienen!
Sei mir nicht böse, aber ich muss hier eine Frage stellen: Warum sollte er das tun?
Was weiß ich? Frag Ihn selber. :)

Aber das war ja gar nicht mein Thema. Mein Thema war: Selbst wenn ich nicht weiß, warum die Sonne scheint, wäre es unvernünftig, daran zu zweifeln, dass sie scheint. :ja:

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