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Exkommunikation - Bedeutung und Rechtsfolgen

Verfasst: Mittwoch 4. Februar 2009, 13:54
von overkott
Abgespalten aus dem Nachrichtenthread. - Der Mod.


Eigentlich wäre eine Information zur Mittwochsaudienz zu erwarten. Doch die Wellen um Williamson sind noch nicht abgeebbt. Lomardi: Alles klar! Bertone: Angelegenheit beigelegt! ist zu lesen. Und doch bleiben Fragen: Welchen Stellenwert hat eigentlich eine Exkommunikation? Was wird mit der Exkommunikation geahndet? Welche Voraussetzungen müssen erbracht werden, damit sie aufgehoben wird? Reicht es, die Hand auszustrecken wie Frère Roger? Ist eine voraussetzungslose Aufhebung der Exkommunikation die Konsequenz des Papstes auf das Christuswort: Wer von euch ohne Sünde ist, werfe den ersten Stein. Und: Geh hin und sündige von jetzt an nicht mehr?

Re: Nachrichten aus der Weltkirche

Verfasst: Mittwoch 4. Februar 2009, 22:23
von Chiara
Da die Exkommunikation zunächst einmal eine Beugestrafe ist - man also einen Anspruch hat, dass sie nachgelassen wird, wenn man das widrige Verhalten aufgibt - ist deren Aufhebung wirklich eine Begnadigung, denn keiner der vier ist von seinem Standpunkt gegenüber dem II. Vaticanum abgerückt. Solange sie aber das Konzil ablehnen, sind sie Schismatiker, also noch lange nicht wieder in der Katholischen Kirche drin.
Bei der vorhin angeführten Madame kann ich den Intelligenzgrad nicht schätzen, aber von unserer Kanzlerin hätte ich mehr Kenntnis unserer eigenen Verfassung erwartet. Art. 137.1 Weimarer Verfassung (Bestandteil des Grundgesetzes): "Es besteht keine Staatskirche." Will AUCH heißen: Der Staat hat sich aus kirchlichen Angelegenheiten herauszuhalten. Frau Merkel verwechselt ihr Amt vielleicht mit dem der englischen Königin - diese ist Oberhaupt der Staatskirche, jene nicht.

Re: Nachrichten aus der Weltkirche

Verfasst: Mittwoch 4. Februar 2009, 22:27
von Kilianus
Chiara hat geschrieben:Da die Exkommunikation zunächst einmal eine Beugestrafe ist - man also einen Anspruch hat, dass sie nachgelassen wird, wenn man das widrige Verhalten aufgibt - ist deren Aufhebung wirklich eine Begnadigung, denn keiner der vier ist von seinem Standpunkt gegenüber dem II. Vaticanum abgerückt. Solange sie aber das Konzil ablehnen, sind sie Schismatiker, also noch lange nicht wieder in der Katholischen Kirche drin.
Im konkreten Fall war die Exkommunikation allerdings Folge der unerlaubten Weihen. Und "aufgeben" im Sinne von rückgängig machen kann man diesen Akt nun mal nicht.

Wobei ich nicht ganz weiß, warum diese Debatte jetzt auch noch in diesem Strang geführt wird. Aber bei Bonaventura wird sich schon ein Grund dafür finden lassen.

Re: Nachrichten aus der Weltkirche

Verfasst: Mittwoch 4. Februar 2009, 23:12
von anneke6

Re: Nachrichten aus der Weltkirche

Verfasst: Mittwoch 4. Februar 2009, 23:28
von Robert Ketelhohn
Chiara hat geschrieben:Da die Exkommunikation zunächst einmal eine Beugestrafe ist - man also einen Anspruch hat, dass sie nachgelassen wird, wenn man das widrige Verhalten aufgibt - ist deren Aufhebung wirklich eine Begnadigung, denn keiner der vier ist von seinem Standpunkt gegenüber dem II. Vaticanum abgerückt.
Nein, hier irrst du, meine ich. Die Exkommunikation als Beugestrafe erfolgte
wegen der unerlaubten Bischofsweihen, nicht wegen irgendwelcher Aussagen
oder Haltungen gegenüber dem Vaticanum II.

Es ist nicht auf den ersten Blick klar, auf welche Weise ein solcherart Bestrafter
sich „beugen“ solle, um Nachlaß der Strafe zu erlangen. Die Weihen können ja
nicht aufgehoben oder rückgängig gemacht werden. Folglich kann das „Beugen“
wohl nur in einer demütigen Erklärung bestehen, sich demütig der Entscheidung
der obersten Autorität zu unterwerfen, wie es mit einem selber weitergehen solle.

Offensichtlich hat Benedikt Fellays im Namen der vier Exkommunizierten aus-
gesprochene Bitte in diesem Sinne interpretiert. Er hätte sicher auch anders ge-
konnt, er hat also gewiß wohlwollend entschieden.

Von einem echten Schisma geht Benedikt dagegen sicher nicht aus, denn der
Schismatiker zieht sich ebenso die Tatstrafe der Exkommunikation zu. Diese
wurde nie festgestellt und auch jetzt nicht angenommen, sonst hätte die fest-
gestellte Exkommunikation wegen der unerlaubten Weihen nicht aufgehoben
werden können.

Nachtrag: Sehe eben, Kilian hat schon dasselbe gesagt. Na ja, doppelt hält besser.

Re: Nachrichten aus der Weltkirche

Verfasst: Mittwoch 4. Februar 2009, 23:47
von Peregrin
Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Es ist nicht auf den ersten Blick klar, auf welche Weise ein solcherart Bestrafter
sich „beugen“ solle, um Nachlaß der Strafe zu erlangen. Die Weihen können ja
nicht aufgehoben oder rückgängig gemacht werden. Folglich kann das „Beugen“
wohl nur in einer demütigen Erklärung bestehen, sich demütig der Entscheidung
der obersten Autorität zu unterwerfen, wie es mit einem selber weitergehen solle.

Offensichtlich hat Benedikt Fellays im Namen der vier Exkommunizierten aus-
gesprochene Bitte in diesem Sinne interpretiert. Er hätte sicher auch anders ge-
konnt, er hat also gewiß wohlwollend entschieden.
Er könnte sich nur "beugen", indem er auf den "andauernden Taterfolg" verzichtet, dh. indem er aufhört, als Bischof zu agieren und sich quasi selbst suspendiert. Das tun sie aber offenbar nicht, also ist es sicher richtig, daß der Papst hier sehr großzügig war.

Re: Nachrichten aus der Weltkirche

Verfasst: Donnerstag 5. Februar 2009, 20:23
von Chiara
Sorry, formal ist die Exkommunikation immer eine Beugestrafe (vgl. Einordnung von c.1331). Bei den Sühnestrafen nach c.1336 gibt es keinen Ausschluss aus der Gemeinschaft der Gläubigen. Bei einmaligen Vergehen wie eben unerlaubte Bischofsweihe kann es nicht um ein Rückgängigmachen gehen - einverstanden - dennoch bleibt noch etwas von dem "Beugen" auch bei den einmaligen Delikten übrig: weil man nämlich die Geisteshaltung, die zu ihnen geführt hat, aufgegeben haben muss, um zurückzukehren.
Zweite Ergänzung: Genau gesagt müsste das Zeichen der Reue in irgendeinem Eingeständnis der Unrechtmäßigkeit der empfangenen Bischofsweihe bestehen und damit verbunden der Unterordnung unter den Papst. Der logische, zugegeben missverständliche Kurzschluss war hier: Die Ablehnung des Konzils führte letztlich zu der Eigenmächtigkeit von Lefèvbre, dessen Ordinandi sich seiner Haltung auch durch die Mitwirkung, aber nicht nur, angeschlossen haben.
Und: Selbstverständlich sind das Schismatiker: "Schisma nennt man die Verweigerung der Unterordnung unter den Papst oder der Gemeinschaft mit den diesem untergebenen Gliedern der Kirche" (c.751). Lefevbre und Konsorten sind es spätestens, seitdem sie mit den Bischofsweihen "ihren eigenen Laden aufgemacht" haben - als Tatstrafe (c.1364 §1). Das Schisma WURDE festgestellt mit dem Motu Proprio Ecclesia Dei Adflicta (1988)von Papst Johannes Paul II.http://www.vatican.va/roman_curia/ponti ... ei_ge.html
Der Tatbestand war aber bereits durch seine Grundsatzerklärung von 1974 erfüllt, in denen er das II. Vaticanum mit seinen Inhalten ablehnt und "Rom" die Gefolgschaft versagt.
http://www.fsspx.org/ger/Bruderschaft/M ... aerung.htm

Re: Nachrichten aus der Weltkirche

Verfasst: Donnerstag 5. Februar 2009, 21:06
von Robert Ketelhohn
Chiara hat geschrieben:Sorry, formal ist die Exkommunikation immer eine Beugestrafe
Das ist klar.
Chiara hat geschrieben:Und: Selbstverständlich sind das Schismatiker: "Schisma nennt man die Verweigerung der Unterordnung unter den Papst oder der Gemeinschaft mit den diesem untergebenen Gliedern der Kirche" (c.751). Lefevbre und Konsorten sind es spätestens, seitdem sie mit den Bischofsweihen "ihren eigenen Laden aufgemacht" haben - als Tatstrafe (c.1364 §1). Das Schisma WURDE festgestellt mit dem Motu Proprio Ecclesia Dei Adflicta (1988) von Papst Johannes Paul II.http://www.vatican.va/roman_curia/ponti ... ei_ge.html
Ja, das hat Ecclesia Dei afflicta in der Tat festgestellt. Allerdings unter Berufung auf can. 1382 (nicht 1364) als Sonderfall des in can. 751 definierten Tatbestands.
Chiara hat geschrieben:Der Tatbestand war aber bereits durch seine Grundsatzerklärung von 1974 erfüllt, in denen er das II. Vaticanum mit seinen Inhalten ablehnt und "Rom" die Gefolgschaft versagt.
Dieser Ansicht war bislang offenbar noch kein römischer Bischof und ist auch jetzt Benedikt nicht, sonst hätte er die Exkomminikation ja nicht aufheben lassen.

Re: Nachrichten aus der Weltkirche

Verfasst: Freitag 6. Februar 2009, 14:37
von Chiara
Warum nicht? Wenn er die Strafe erlässt, obwohl sie sich nicht von den Umständen ihrer Weihe distanziert haben, warum sollte er dann nicht hinnehmen, dass dies auch hinsichtlich der eigenwilligen Lehrmeinung der Lefevbristen (noch) nicht geschehen ist? Außerdem ist davon die Rede, dass die grundsätzliche Unterordnung unter den Papst die Voraussetzung des NAchlasses war - und das entspricht exakt der Abkehr von der in c.751 beschriebenen falschen Haltung.

PS. Die Tatstrafe liegt vor, weil der Tatbestand erfüllt ist, und die Grundsatzerklärung lässt an Eindeutigkeit nichts zu wünschen übrig.
Die illegitime Bischofsweihe ist ein weiterer Tatbestand, der aber so gefährlich ist, dass es da keinen Geduldsspielraum mehr gibt. Im MP ist ausdrücklich vom schismatischen Akt die Rede, und es wird exakt das angesprochen, wogegen die Grundsatzerklärung sich stellt. Das ist mehr als nur die Feststellung eines disziplinarischen Problems.

Ich für meinen Teil kann mich nur darauf beziehen, was die Päpste öffentlich äußern (dazu gehört auch der CIC). Das habe ich getan. Welcher Ansicht sie darüber hinaus sind, entzieht sich meiner Kenntnis - oder hast Du da tiefere Erkenntnisse? Darum spekuliere ich nicht darüber.

Re: Nachrichten aus der Weltkirche

Verfasst: Freitag 6. Februar 2009, 21:32
von Robert Ketelhohn
Normalerweise argumentierst du kanonistisch-logisch, nicht weiblich-logisch … :breitgrins:

Schau mal. Exkommunikation wegen eines Schismas tritt in jedem Fall als Tatstrafe
ein, generell wie im Spezialfall der unerlaubten Bischofsweihe. Aber wer stellt das
fest? – Prinzipiell kann das jedermann tun, du ebenso wie ich. Was wir zweie fest-
stellen, bleibt jedoch ohne Rechtswirkung. Es sind nackte Meinungsäußerungen.

Die zuständige Autorität ist in der lateinischen Kirche der Bischof Roms. Derselbe
hat seinerzeit die Exkommunikation der fünf Betroffenen festgestellt. Darum war die
Exkommunikation tatsächlich rechtswirksam.

Nun kann man zu einen Zeitpunkt immer nur einmal exkommuniziert sein. Auch
wenn, sei es in Tateinheit oder Tatmehrheit, mehrere Exkommunikationsgründe zu-
gleich vorlagen.

Folglich bedeutet die Aufhebung einer Exkommunikation – wenn sie durch die zu-
ständige Autorität geschieht und somit rechtswirksam ist –, daß der von der Aufhe-
bung Begünstigte tatsächlich nicht mehr exkommuniziert ist.

Du magst nun einwenden, im aktuellen Fall sei nur ein Exkommunikationsgrund
weggefallen, es gebe aber noch weitere, die fortbestünden.

Ich antworte: Erstens ist das, wie oben angedeutet, nur deine Privatmeinung, die in
der Kirche keine Rechtsfolgen für Dritte hat. Die zuständige Autorität hat nie andre
Exkommunikationsgründe festgestellt.

Doch selbst wenn sie weitere Exkommunikationsgründe festgestellt hätte, wären sie
spätestens in dem Augenblick nicht mehr relevant, in welchem jene Autorität die Ex-
kommunikation aufhöbe. Sie braucht die Gründe für die Aufhebung nicht mitzutei-
len. Sie kann sich sogar hinsichtlich des Wegfalls der Gründe geirrt haben. Von Be-
deutung ist hinsichtlich der Rechtsfolgen allein, daß die zuständige Autorität die Ex-
kommunikation aufhebt.

Du kannst nun wiederum einwenden, die Exkommunikation trete aber als Tatstrafe
ein, liege also tatsächlich vor, wenn die Exkommunikationsgründe fortbestehen und
die zuständige Autorität sich hinsichtlich ihres Wegfalls geirrt hat.

Mag sein, antworte ich, aber das ist erneut nur deine Privatmeinung und bleibt ohne
Rechtsfolgen. ;)

Ich kenne das Problem übrigens selber. Ich kenne einige Leute, die ich für hartnäckige
Häretiker und damit für ipso facto exkommuniziert halte. Allein es hilft mir nichts, so-
lange die zuständige Autorität es nicht ausdrücklich festgestellt hat, sind sie nicht als
von der Kirche rechtswirksam exkommuniziert anzusehen.

Übrigens solltest du bedenken, daß es sich bei den Normen, über die wir reden, um
gesetztes Recht handelt. Auch Tatstrafen treffen den Täter nicht kraft der Natur der
Tat oder wohl gar gleichsam metaphysisch – wie ich, wenn ich eine Totsünde begehe,
aus der Gnade falle –, sondern weil menschliche Satzungen es so vorsehen. Satzungen,
die jederzeit änderbar sind.

Schon deswegen handelt es sich hier übrigens durchaus um ein „disziplinarisches Pro-
blem“. Auch und gerade beim Sonderfall des can. 1382. Diese Norm ist ja weder vom
Glauben noch von der göttlichen Verfassung der Kirche her gefordert, wie der Blick auf
die Ostkirchen ebenso lehrt wie jener in die Vergangenheit der lateinischen Kirche.

Re: Nachrichten aus der Weltkirche

Verfasst: Samstag 7. Februar 2009, 00:29
von ar26
Hallo Chiara,

schön , daß Du wieder da bist. Insbesondere Fachfrauen sind hier geschätzt.

Du hast geschrieben:
Chiara hat geschrieben:Der Tatbestand war aber bereits durch seine Grundsatzerklärung von 1974 erfüllt, in denen er das II. Vaticanum mit seinen Inhalten ablehnt und "Rom" die Gefolgschaft versagt.
Ich finde, Du schneidest da ein interessantes Thema an. Ich habe dieses in abgewandelter Form schon einmal zu Diskussion gestellt.
http://www.kreuzgang.org/viewtopic.php?f=4&t=8226

Mir ist fraglich, inwieweit die Ablehnung der "Inhalte des II. Vaticanum" den Tatbestand des Can 751 CIC erfüllt. Ich meine, daß es unter Umständen den Tatbestand des Can 752 CIC. Dies ist wohl auch in den Kommentaren h.M. Ich meine dies bei Aymans-Mörsdorf so gelesen zu haben. Wenn also jemand privat DAS KONZIL hinterfragt, dürfte es vollkommen egal sein, wenn er es öffentlich tut, so kann er mit Strafe belegt werden, muss es aber nicht.

PS: Ich glaube, da war noch ein Thread bezüglich der Gefolgschaftsverweigerung der in jedem Falle rechtgläubigen DBK bezüglich der Schwangernkonfliktberatung offen. Ich würde mich freuen, von Dir eine Antwort zu erhalten. Hier der Link:
http://www.kreuzgang.org/viewtopic.php? ... &start=368

Re: Nachrichten aus der Weltkirche

Verfasst: Samstag 7. Februar 2009, 00:30
von Niels
ar26 hat geschrieben:Hallo Chiara,

schön , daß Du wieder da bist. Insbesondere Fachfrauen sind hier geschätzt.
:daumen-rauf:

Re: Nachrichten aus der Weltkirche

Verfasst: Samstag 7. Februar 2009, 09:33
von Pelikan
Robert Ketelhohn hat geschrieben:Nun kann man zu einen Zeitpunkt immer nur einmal exkommuniziert sein. Auch wenn, sei es in Tateinheit oder Tatmehrheit, mehrere Exkommunikationsgründe zugleich vorlagen.
Kleine Korrektur: Man kann schon. Man sollte nicht, weil der Richter gemäß can. 1346 (CIC 1983) solche Häufungen bedenken und wenn möglich vermeiden soll. Aber an der Möglichkeit multipler Zensurierung, wie sie der alte CIC im can. 2244 vorsah, hat sich nichts geändert. Erzbischof Burke z.B. hat in seinem musterhaften Exkommunikationsdekret gegen einige "Frauenpriester" vor nicht langer Zeit eine der Täterinnen zweimal exkommuniziert.

Re: Nachrichten aus der Weltkirche

Verfasst: Samstag 7. Februar 2009, 11:19
von Robert Ketelhohn
Der can. 1346 betrifft aber ausdrücklich nur pœnæ ferendæ sententiæ.

Im übrigen stellt das Dekret von Bischof Raimund ja nur fest, daß mehrere Exkommunikationsgründe gegeben sind (und zugleich ein Grund zur Interdizierung). Würde die zuständige Autorität nun den Wegfall eines Exkommunikationsgrundes feststellen, wäre die die Exkommunikation noch nicht aufgehoben. Stellte sie aber die Aufhebung der Exkommunikation schlechthin fest, implizierte dies den Wegfall der Gründe, daß heißt, der Betroffene wäre tatsächlich nicht mehr exkommuniziert.

Wenn die entsprechenden Dekrete der zuständigen Obrigkeiten kanonisch sauber formuliert sind, wird dies im Detail alles sehr klar aufgeführt sein. Ob Dekrete immer so sauber formuliert sind, wird man bezweifeln können. Klar ist aber: Wenn die zuständige und obendrein höchste Autorität ausdrücklich die Exkommunikation eines Delinquenten für aufgehoben erklärt, dann wird sie keinesfalls (stillschweigend) annehmen, daß selber Delinquent wegen eines anderen Delikts latæ sententiæ exkommuniziert sei und bleibe, sondern vielmehr, daß er fortan (ggf. bis zum Eintritt einer neuen Strafe wegen eines neuerlichen Delikts) nicht exkommuniziert sei.

Re: Nachrichten aus der Weltkirche

Verfasst: Samstag 7. Februar 2009, 11:36
von Pelikan
Robert Ketelhohn hat geschrieben:Der can. 1346 betrifft aber ausdrücklich nur pœnæ ferendæ sententiæ.
Weswegen can. 1346 eben gerade nicht greifen kann, wenn pœnæ ferendæ sententiæ mit pœnæ latæ sententiæ in einer Person zusammentreffen.

Re: Nachrichten aus der Weltkirche

Verfasst: Samstag 7. Februar 2009, 11:39
von Robert Ketelhohn
(Habe oben noch was nachgetragen.)

Re: Nachrichten aus der Weltkirche

Verfasst: Samstag 7. Februar 2009, 13:39
von Juergen
Robert Ketelhohn hat geschrieben:Die zuständige Autorität ist in der lateinischen Kirche der Bischof Roms. Derselbe
hat seinerzeit die Exkommunikation der fünf Betroffenen festgestellt. Darum war die
Exkommunikation tatsächlich rechtswirksam.
Wie jetzt?
Ist eine Exkommunikation als Tatstrafe erst rechtswirksam, wenn sie zusätzlich nochmals formell festgestellt wird und damit auch nach außen sichtbar wird?
:hmm:

Re: Nachrichten aus der Weltkirche

Verfasst: Samstag 7. Februar 2009, 14:03
von ar26
Ob sie rechtswirksam war, ist eine Frage. Auf jeden Fall bestand ein bestimmter Rechtsschein, von dem gewisse Rechtswirkungen ausgingen.

Re: Nachrichten aus der Weltkirche

Verfasst: Sonntag 8. Februar 2009, 16:34
von Maurus
Juergen hat geschrieben:
Robert Ketelhohn hat geschrieben:Die zuständige Autorität ist in der lateinischen Kirche der Bischof Roms. Derselbe
hat seinerzeit die Exkommunikation der fünf Betroffenen festgestellt. Darum war die
Exkommunikation tatsächlich rechtswirksam.
Wie jetzt?
Ist eine Exkommunikation als Tatstrafe erst rechtswirksam, wenn sie zusätzlich nochmals formell festgestellt wird und damit auch nach außen sichtbar wird?
:hmm:
Jein. Der Eintritt der Exkommunikation latae sententiae muss bestätigt werden, um Rechtsfolgen zu entfalten. Kanon 1331 des CIC beschreibt die Rechtsfolgen der Exkommunikation. Unter § 2 heißt es: "Wenn aber die Exkommunikation verhängt oder festgestellt worden ist:"

Dann folgen weitere Folgen der Exkommunikation, unter anderem das Verbot, die evtll. vorhandene Leitungsgewalt auszuüben, das schließt nach § 1 Nr. 3 Ämter ein. Der Exkommunizierte verliert also sein Amt, doch dafür muss die Exkommunikation als Spruchstrafe verhängt oder eben im Fall der Tatstrafe festgestellt worden sein.

Grund dafür dürfte eine notwendige Rechtssicherheit sein. Man könnte ja sonst annehmen, dass der eigene Ortsbischof aufgrund von Taten oder Äußerungen sein Amt gar nicht mehr ausüben dürfte, was für ein Schaf der Herde ein ziemliches Problem darstellen würde.

Re: Nachrichten aus der Weltkirche

Verfasst: Sonntag 8. Februar 2009, 19:00
von Chiara
OK, Robert. Ich will es nochmal ganz langsam und ganz simpel erklären. Und Du kannst mir glauben, dass ich als Kanonistin bisher NUR kanonistisch-logisch argumentiert habe. :roll:

Neben Tatstrafe, Spruchstrafe usw. ist auch der Begriff "feststellen" eine kanonistische Kategorie, so habe ich ihn auch gebraucht - und nicht im Sinne von "wahrnehmen". Ich gebe zu, dass man das einem Nichtkanonisten vielleicht erst erklären muss. In diesem Sinne "feststellen" kann die Tatstrafe nur die zuständige Autorität, und zwar auf dem Prozess- oder Verwaltungsweg.

Eine Tatstrafe tritt ein, wenn der Tatbestand der Straftat erfüllt ist. Die Konsequenzen stehen unter c.1331 §1 sowie erste Satzhälfte von c.1332; sie sind als Verbote an den Straftäter gerichtet, weil die Autorität die Straftat sozusagen noch nicht offiziell wahrgenommen hat. (Aber er bleibt Straftäter und - sofern ihm das noch irgendwas bedeutet - an die Handlungsverbote der eben genannten Canones gebunden.)

Das tut die Autorität erst mit dem Feststellungsurteil bzw. -dekret. Jetzt ist auch nach entsprechender Untersuchung die Rechtssicherheit gegeben, und es greift das volle Maß der Kirchenstrafe (c.1331 §2 und 2. Hälfte von c.1332). Jetzt ist auch die kirchliche Gemeinschaft in die Pflicht genommen, indem sie die gottesdienstliche Mitwirkung des Verurteilten verhindern muss; er ist hinsichtlich faktisch jeder (v. a. amtlichen) Betätigung in der Kirche außer Gefecht gesetzt.

Nun zum Schisma. Nach c.751 ist damit die Verweigerung der Unterordnung unter den Papst und der Gemeinschaft mit den mit diesem verbundenen Gläubigen gemeint. Das Schisma ist also ein schwerer Ungehorsam gegen den Papst, der dem "religiösen Verstandes- und Willensgehorsam" (c.752) zuwiderläuft; eine Verweigerung im Bereich der definitiven Lehre (c.750) würde dagegen nach c.751 den Tatbestand der Häresie erfüllen. Hinsichtlich der Namen und Kategorien der vatikanischen Konzilsdokumente ist es oft sehr schwierig abzuschätzen, was davon als "definitive Lehre" gemeint ist/sein könnte. Da Strafgesetze generell eng auszulegen sind, ist es sicherer, hier zunächst vom Bereich des c.752 auszugehen, es sei denn das Lehramt/der Gesetzgeber sagt ausdrücklich, dass dieser oder jener Passus der definitiven Glaubens-/Sittenlehre zuzurechnen ist.
Auch dann reicht es aber für das Schisma, weil man mit der Ablehnung von Konzilsentscheidungen dem universalen Lehramt den geforderten "religiösen Verstandes- und Willensgehorsam" verweigert. Und dieser bedeutet: Ich bin zwar persönlich anderer Meinung und verstehe auch nicht ganz, warum das richtig sein soll, aber ich will der Kirche ("Was ER euch sagt, das tut" > "Wer euch hört, hört MICH") zumindest vom Wissen und Tun her folgen und mich von Herzen auch um innere Zustimmung bemühen.
Andererseits kann nur das Straftat sein, was sich irgendwie im forum externum äußert. Man wird nicht zum Schismatiker, weil man innerlich gegen "Rom" grollt (das wäre eher Beichtmaterie), aber sehr wohl dann, wenn man sein willentliches "Nein" öffentlich äußert. In diesem Sinne gibt es sicherlich manches nicht festgestellte Schisma unter den Gläubigen. Die ganze "Donum Vitae"-Geschichte geht m. E. in diese Richtung, erst recht die "Donauschifferinnen". Dass der Hl. Vater dabei nicht jedes Mal zur Keule "Feststellungsdekret" greift (bei den Priester(spinner)innen ist dies geschehen), beruht sicherlich auf der Klugheit eines guten Hirten, der weiß, dass mancher umkehrt, wenn er etwas länger darüber nachgedacht hat.

Nun das Problem Lefevbre. Wenn Monseigneur schreibt:
"Wir hängen mit ganzem Herzen und mit ganzer Seele am katholischen Rom, der Hüterin des katholischen Glaubens und der für die Erhaltung dieses Glaubens notwendigen Traditionen, am Ewigen Rom, der Lehrerin der Weisheit und Wahrheit. Wir lehnen es hingegen ab, und haben es immer abgelehnt, dem Rom der neo-modernistischen und neo-protestantischen Tendenz zu folgen, die klar im Zweiten Vatikanischen Konzil und nach dem Konzil in allen Reformen, die daraus hervorgingen, zum Durchbruch kam.
... Die einzige Haltung der Treue gegenüber der Kirche und der katholischen Lehre besteht um unseres Heiles willen in der kategorischen Weigerung der Annahme der Reform."
- dann will er nicht sehen, dass das Lehramt, dem er sich zu unterwerfen hat, nicht irgendein unpersönliches ist, sondern konkret jenes, das in Person des amtierenden Papstes und dessen Anordnungen - in diesem Fall der von ihm autorisierten Konzilsbeschlüsse vor ihm steht. Durch eine Grundsatzerklärung wie die von 1974 hat er klar, willentlich und öffentlich gesagt, dass er hinsichtlich des II. Vatikanischen Konzils dem Papst die Unterordnung verweigert. Schlimmer noch: Er hat in einem Passus, den ich hier nicht zitiert habe, Gläubige dazu aufgefordert, es ihm gleich zu tun.
Ich will ihm zugute halten, dass er vielleicht wirklich aus tiefster Überzeugung und nach seinem Gewissen - also nicht böswillig - gehandelt hat. Vielleicht trifft ihn innerhalb der Kategorie "Sünde" keine Schuld. Aber im äußeren Bereich hat er sich damit nach c.751 iVm. c.752 des Schisma schuldig gemacht; er war spätestens mit der Grundsatzerklärung also einer "nicht festgestellten Tatstrafe" anheim gefallen. Die Konsequenzen, die ihn offenbar wenig berührt haben, habe ich oben schon dargelegt.
Die oberste kirchliche Autorität hat es offenbar unterlassen, das Schisma und damit die Exkommunikation festzustellen - ich nehme an, weil man gehofft hatte, einen modus vivendi zu finden, der nicht "Altar gegen Altar" stellt. Dennoch ist die schwere Gehorsamverweigerung klar gegeben. Aber 1988 hat Lefevbre mit der illegitimen Bischofsweihe selbst Altar gegen Altar gestellt. Das war die zweite, nicht mehr akzeptable Straftat. Wiederum war Lefevbre mit der vollzogenen Weihe per Tatstrafe exkommuniziert; die volle Wirkung kam durch das Feststellungsdekret, hier das Motu Proprio "Ecclesia Dei", zustande. Die vier Neugeweihten sind ebenfalls von der Strafe betroffen.

Nun zur heutigen Situation, die Lefevbre natürlich nicht mehr betrifft. R.I.P.! Er steht vor einem höheren Richter. - Hier muss ich mich an einer Stelle korrigieren. Wenn Lefevbre noch leben und die Exkommunikation aufgehoben würde, dann wäre damit die Begnadigung hinsichtlich aller Straftaten gemeint, die zum Ausschluss geführt haben. Allerdings wäre er in dem Moment, in dem er wieder öffentlich gegen den amtierenden Papst und das aktuelle Lehramt, das auch vom II. Vatikanischen Konzil ausgeht, in so deutlichen Worten Stimmung macht wie 1974, wieder in der Situation von damals: nicht festgestellte Exkommunikation wegen Schisma nach c.751f.
Die Grundsatzerklärung bezieht sich aber zunächst nur auf den Unterzeichner. Die vier Bischöfe sind dann in derselben Situation wie Monseigneur, wenn sie sich ebenfalls in dieser Tonart und mit diesem Inhalt öffentlich geäußert haben. Das kann ich in der Tat nicht wissen. Die Exkommunikation erreichte sie auf jeden Fall mit der nicht autorisierten Bischofsweihe, mit voller Wucht durch deren Feststellung in "Ecclesia Dei". Du hast insofern Recht, Robert, dass der Nachlass der Exkommunikation sich auch auf frühere Tatstrafen beziehen muss und es eine "halbe Begnadigung" bei uns nicht gibt.
Wenn jedoch, und das wollte ich eigentlich in den vorigen Beiträgen darstellen, einer von ihnen wieder gegen cc.751f handelt, sind sie wieder in der Falle "nicht festgestellte Exkommunikation".
Die Aufhebung der Exkommunikation war, wie gesagt, ein reiner Gnadenakt. Da sie weder hinsichtlich der Bischofsweihe noch hinsichtlich der Lehren Lefevbres, wegen derer sie die katholische Kirche verlassen hatten, irgendeine Art Umkehr signalisiert haben, hatten sie kein Anrecht darauf, wie es einem reumütigen Straftäter bei einer Beugestrafe zugestanden wird.
Ihr jetziger rechtlicher Status - also die kanonisch-(kirchen)verfassungsrechtliche Konsequenz der Begnadigung - ist völlig unklar. Hier wäre es wünschenswert, wenn man zugleich eine entsprechende Einordnung vorgenommen hätte. Sind die vier jetzt die Oberhirten einer schismatischen/nicht unierten Kirche? Oder - anderes Extrem - begnadigte Angehörige des (rechtlichen) Laienstandes mit Bischofsweihe (aber ohne Bischofsamt)?
Ich entschuldige mich von Herzen für den Sermon. Aber ich hoffe, dass zumindest meine fachliche Sicht der Dinge jetzt "ein bißchen" eindeutig klar geworden ist. :doktor: :blinker:

Re: Nachrichten aus der Weltkirche

Verfasst: Sonntag 8. Februar 2009, 19:40
von Chiara
@ar26
Danke für die Ermunterung... :drueck: Das war Balsam für die seelische Wunde, die ein gewisser charmanter Gentleman :dudu: mit dem Begriff "weiblich-logisch" geschlagen hat...
Ich habe Deine Anfrage wegen der Schwangerschaftkonfliktberatung nicht wahrgenommen; sie gehört hier auch nicht hin, aber ich wollte das Posting nicht nach so vielen Monaten wieder nach oben holen, darum hier eine kurze und gewiss nicht unfehlbare Stellungnahme. Ich beziehe mich auf das, was unser verstorbener Kardinal mir im Gespräch und in einem Brief dazu mitgeteilt hat, ist also u. U. nicht repräsentativ für den Sprengel der DBK.
ar26 hat geschrieben:1. Trifft es zu, daß katholische Institutionen, die unter der Jurisdiktion eines Mitgliedes der DBK standen, in allen Bistümern außer Fulda sich grundsätzlich und öffentlich bekannt an der Schwangerenkonfliktberatung gemäß §§ 218 a I, 219 StGB beteiligt haben?
Soweit ich weiß, ja, allerdings sollte das System damit erst für einige Jahre erprobt werden. Dass die Beratung in den katholischen Stellen eindeutig zugunsten des Kindes geht, war dabei klar. Zu diesem Zeitpunkt gab es noch keine anderslautende Weisung aus Rom. Formal konnte man sich also rechtens darauf berufen, nur eine Tatsache (die Beratung) bescheinigt zu haben.
2. Trifft es zu, daß vorgenannte Beratungen auch im Jurisdiktionsbereich von Bischöfen stattfanden, die persönlich eher dagegen waren, aber einer einheitlichen Linie der DBK den Vorzug vor ihren Bedenken gaben?
Vorsicht: Dass die Beratung gut, wichtig und u.U. die einzige Parteinahme für das unschuldige Kind ist, meinten die Bischöfe übereinstimmend und ebenfalls der Heilige Vater. Der Papst hat auch nicht gefordert, dass die Beratung aufgegeben wird, im [Punkt] Das Problem war der Beratungsnachweis, durch dessen Unterzeichnung faktisch "nomine Ecclesiae" der Weg für eine straffreie Abtreibung eröffnet wurde. Hier sollen mehrere Bischöfe von Anfang an Bedenken gehabt haben. Unser verstorbener Erzbischof hat es nach eigener Aussage so gesehen. Er hat sich auch erfolglos dafür eingesetzt, dass eine eidesstattliche Erklärung der Frau als Ersatz für den Beratungsschein akzeptiert wird; dann bräuchten die katholischen Beraterinnen einen solchen nicht mehr auszustellen und die formale Mitwirkung bei einer eventuellen Abtreibung wäre vom Tisch.
3. Trifft es zu, daß Bischöfe vorgenannte Beratung auch nach der ausdrücklichen Aufforderung Papst Johannes Paul II. in ihrer Diözese weiter gestattet haben?

Wiederum Vorsicht: Zur Beratung an sich gilt das oben Gesagte. Außerdem hat der Papst nicht verlangt, dass die Ausstellung der Beratungsnachweise augenblicklich zu unterbleiben hat - er hat ja schon gesehen, dass hier eine Form der Caritas (die Beratung) faktisch durch das staatliche System pervertiert und missbraucht wird. Und auch ihm wird an einer brüderlichen Beratung und einer einheitlichen Regelung gelegen haben. Allerdings meinte er schon eine zeitnahe Erfüllung seines Wunsches. - Unser Erzbischof war meines Wissens der erste, der im September (wahrscheinlich als er gesehen hat, dass weitere DBK-Beratungen wenig bringen *spekulation*) angeordnet hat, ab 1.1.2000 keine Beratungsnachweise mehr auszustellen. Andere folgten nach einem halben Jahr und später. Meines Wissens war Bischof Kamphaus aber der einzige, der sich im Sinne Deiner These geäußert und so gehandelt hat.
4. Trifft es zu, daß Mitarbeiter von kirchlichen Einrichtungen im Bereich der DBK sich ehrenamtlich in Vereinigungen wie Donum Vitae engarieren dürfen, ohne daß sie - Kenntnis der Vorgesetzten vorausgesetzt - arbeitsrechtliche Konsequenzen fürchten müssen?
Ich kann nur für das Erzbistum Paderborn sprechen: Die Mitwirkung bei Donum Vitae in egal welcher Form ist kirchlichen Mitarbeitern verboten.

Pudels Kern

Verfasst: Sonntag 8. Februar 2009, 20:07
von sofaklecks
Ich denke, Chiaras Feststellung

"Ihr jetziger rechtlicher Status - also die kanonisch-(kirchen)verfassungsrechtliche Konsequenz der Begnadigung - ist völlig unklar."

ist der Kernpunkt des Ganzen.

Deshalb waren Medien und Interessenvertreter in der Lage, die abstrusesten Vorstellungen zur Wiederaufnahme in die Kirche ihren unsinnigen Forderungen zugrunde zu legen.

Für einen Juristen ist ein solches Vorgehen das Dümmste, das man tun kann. Indem man sich alle Türen offenhalten will, schlagt man alle zu. Bei weitem sinnvoller ist es, solche Erklärungen abzugeben, die eine tragfähige Grundlage für das eigene weitere Vorgehen bieten.

sofaklecks

Re: Nachrichten aus der Weltkirche

Verfasst: Sonntag 8. Februar 2009, 20:15
von Robert Ketelhohn
Chiara hat geschrieben:OK, Robert. Ich will es nochmal ganz langsam und ganz simpel erklären. Und Du kannst mir glauben, dass ich als Kanonistin bisher NUR kanonistisch-logisch argumentiert habe. :roll:

Neben Tatstrafe, Spruchstrafe usw. ist auch der Begriff "feststellen" eine kanonistische Kategorie, so habe ich ihn auch gebraucht - und nicht im Sinne von "wahrnehmen".
So. Bevor ich weiterlese – und vorher erst noch mal eene roochen jehe und denn die Kinder zum Schlafen segne – eins vorab. Ich habe den Begriff des „Feststellens“ in unserm Zusammenhang bei dir nie anders verstanden denn als juristischen terminus technicus. Ebensowenig habe ich selbst ihn anders verwendet. Irgendwie stehst du offenbar völlig aufm Schlauch. (Aber ansonsten, wie gesagt, muß ich erst mal weiterlesen … bis gleich.)

Re: Nachrichten aus der Weltkirche

Verfasst: Sonntag 8. Februar 2009, 20:33
von Chiara
Robert Ketelhohn hat geschrieben:Irgendwie stehst du offenbar völlig aufm Schlauch.
Entschuldigung, aber zu Posting mit solchen Kommentaren, die der Höflichkeit leicht abträglich sein dürften, nehme ich keine Stellung mehr. Offensichtlich gibt es für Dich nur zwei Meinungen: Deine ("männlich-logische") und die falsche.
Ich habe das kanonistische Lizentiat mit entsprechendem Prüfungsergebnis und brauche mir gerade auf einem Gebiet, über das ich besonders geprüft wurde, nämlich Strafrecht, solche Sprüche nicht anzuhören/lesen.

Re: Nachrichten aus der Weltkirche

Verfasst: Sonntag 8. Februar 2009, 20:35
von Chiara
Maurus hat geschrieben:Dann folgen weitere Folgen der Exkommunikation, unter anderem das Verbot, die evtll. vorhandene Leitungsgewalt auszuüben, das schließt nach § 1 Nr. 3 Ämter ein. Der Exkommunizierte verliert also sein Amt, doch dafür muss die Exkommunikation als Spruchstrafe verhängt oder eben im Fall der Tatstrafe festgestellt worden sein.
Das stimmt nicht ganz. Er kann bei verhängter oder festgestellter Exkommunikation kein Amt erlangen und er ist gehindert, sein bisheriges Amt auszuüben / Akte der Leitungsgewalt zu setzen/an Sakramenten und Gottesdiensten teilzunehmen. Aber er verliert sein Amt nicht.

@ar26
"Mir ist fraglich, inwieweit die Ablehnung der "Inhalte des II. Vaticanum" den Tatbestand des Can 751 CIC erfüllt. Ich meine, daß es unter Umständen den Tatbestand des Can 752 CIC. Dies ist wohl auch in den Kommentaren h.M. Ich meine dies bei Aymans-Mörsdorf so gelesen zu haben. Wenn also jemand privat DAS KONZIL hinterfragt, dürfte es vollkommen egal sein, wenn er es öffentlich tut, so kann er mit Strafe belegt werden, muss es aber nicht."

Die Ablehnung der Konzilslehre fällt zumindest unter c.752, solange nicht klar ist, dass eine definitive Glaubenslehre vorliegt. Ein Verstoß gegen c.752, wenn öffentlich und zurechenbar, fällt unter c.751/Schisma. Wenn eine definitive Glaubenslehre betroffen ist, greift c.751/Häresie.
Die private Auflehnung gegen das Lehramt (nicht der Zweifel) wäre eher Beichtmaterie. Egal jedenfalls nicht.

Re: Nachrichten aus der Weltkirche

Verfasst: Sonntag 8. Februar 2009, 22:14
von Robert Ketelhohn
Chiara hat geschrieben:Du hast insofern Recht, Robert, dass der Nachlass der Exkommunikation sich auch auf frühere Tatstrafen beziehen muss und es eine "halbe Begnadigung" bei uns nicht gibt.
Darauf wollte ich ja zunächst und vor allem hinaus. :)
Chiara hat geschrieben:Wenn jedoch, und das wollte ich eigentlich in den vorigen Beiträgen darstellen, einer von ihnen wieder gegen cc.751f handelt, sind sie wieder in der Falle "nicht festgestellte Exkommunikation".
Das ist prinzipiell richtig, Chiara. Die „nicht festgestellte Exkommunikation“ zeitigt aber nun einmal in foro externo keine Rechtsfolgen. Du sagst zwar, die »Konsequenzen … sind als Verbote an den Straftäter gerichtet, weil die Autorität die Straftat sozusagen noch nicht offiziell wahrgenommen« habe. Aber er – der Straftäter – bleibe »Straftäter und … an die Handlungsverbote der eben genannten Canones gebunden«.

Wenn du aber annimmst – und weiter unten räumst du es ja ein –, daß die von dir als Straftäter Erachteten den Tatbestand eben nicht als erfüllt ansehen, dann können sie sich auch nicht für exkommuniziert halten und die entsprechenden »Handlungsverbote« beachten.

Weshalb deines Erachtens der Tatbestand erfüllt sei, hast du ja ausführlich dargelegt. Es bleibt aber doch deine Rechtsmeinung. Es gibt andere Meinungen. Ich will das an dieser Stelle gar nicht im einzelnen diskutieren. Die Rechtsfolgen treten jedenfalls erst ein, wenn die zuständige Autorität den Tatbestand und mit ihm die Tatstrafe festgestellt hat.

Du oder ich, wir können allenfalls persönliche Konsequenzen ziehen. Es gibt zum Beispiel Kleriker, sogar Bischöfe, die zwar in foro externo in voller Kirchengemeinschaft stehen, über deren Häresie ich mir aber ohne den Hauch eines Zweifels so gewiß bin, daß ich keine Sakramentengemeinschaft für möglich halte und die Sakramente von ihnen, außer in Todesgefahr, nicht empfangen würde und von ihnen auch keinerlei Akte der Leitungsgewalt akzeptierte. Ich kann aber niemandem vorwerfen, daß er sich auf die formale Einheit verläßt und Sakramentenadministration und Leitungsgewalt solcher Kleriker akzeptiert. Es kann da also nur um meine persönliche Gewissensentscheidung gehen.

Wenn ich dagegen nie die Sakramente bei den Piusbrüdern empfangen habe, dann getreu der offiziellen Feststellung der Exkommunikationen (wenn diese auch nur die Bischöfe betrafen). Nach der Aufhebung der Exkommunikationen habe ich übrigens auch noch keine Sakramente dort empfangen, aber es wäre wohl unter gewissen Voraussetzungen möglich.

Wenn du nun allerdings meintest, durch neue Äußerungen ziehe sich einer der „Pius-Bischöfe“ erneut die Exkommunikation latæ sententiæ zu, dann fielen eventuelle Konsequenzen, die du zögst, in den Bereich deiner Gewissensentscheidung. Persönlich ist dir das unbenommen, in kirchlichem Amt dürftest du solche Konsequenzen aber nicht formal ziehen, solange die offizielle Feststellung nicht vorliegt. Ein (zugegeben sehr theoretisches) Beispiel: Als Kommunionhelferin dürftest du der betreffenden Person nicht die Kommunion verweigern; du könntest nur, wenn du die Situation kommen sähst, die Ausübung dieses Amts in der konkreten Messe generell ablehnen.
Chiara hat geschrieben:Die Aufhebung der Exkommunikation war, wie gesagt, ein reiner Gnadenakt. Da sie weder hinsichtlich der Bischofsweihe noch hinsichtlich der Lehren Lefevbres, wegen derer sie die katholische Kirche verlassen hatten, irgendeine Art Umkehr signalisiert haben, hatten sie kein Anrecht darauf, wie es einem reumütigen Straftäter bei einer Beugestrafe zugestanden wird.
Na ja, »irgendeine Art Umkehr« hatten sie offensichtlich doch signalisiert. Das ist ja im Aufhebungsdekret selbst festgestellt worden. Daß das Signal seitens des Heiligen Vaters großzügig interpretiert wurde, bestreite ich nicht. Das ist offensichtlich.
Chiara hat geschrieben:Ihr jetziger rechtlicher Status - also die kanonisch-(kirchen)verfassungsrechtliche Konsequenz der Begnadigung - ist völlig unklar. Hier wäre es wünschenswert, wenn man zugleich eine entsprechende Einordnung vorgenommen hätte. Sind die vier jetzt die Oberhirten einer schismatischen/nicht unierten Kirche? Oder - anderes Extrem - begnadigte Angehörige des (rechtlichen) Laienstandes mit Bischofsweihe (aber ohne Bischofsamt)?
Beide Vorschläge sind offensichtlich unmöglich. Schismatisch sind sie nach aktuellem „Feststellungsstatus“ nicht mehr, Laien können sie als Geweihte auch nicht sein. Der Status ist irregulär, und das ist natürlich irritierend.

Allerdings ist auch zu bedenken, daß es möglicherweise bereits weitere Abreden – oder auch einseitige Überlegungen – zumindest über die nächsten Schritte gab, ohne daß diese bereits mitgeteilt worden wären. Der aktuelle Kladderadatsch mag solche Pläne nun auch aufgeschoben oder geändert haben – wir wissen es nicht. Ich stimme dir aber zu, daß baldigstmöglich eine Klärung erfolgen sollte.

Zum Schluß: Was deine Eingangsbemerkung, auf die ich oben spontan reagierte, mir eigentlich sagen wollte und mit dem Rest deines Beitrags zu tun hatte, ist mir bis jetzt nicht klargeworden. Na, Schwamm drüber.

Re: Nachrichten aus der Weltkirche

Verfasst: Sonntag 8. Februar 2009, 22:19
von Robert Ketelhohn
Chiara hat geschrieben:
Robert Ketelhohn hat geschrieben:Irgendwie stehst du offenbar völlig aufm Schlauch.
Entschuldigung, aber zu Posting mit solchen Kommentaren, die der Höflichkeit leicht abträglich sein dürften, nehme ich keine Stellung mehr. Offensichtlich gibt es für Dich nur zwei Meinungen: Deine ("männlich-logische") und die falsche.
Ich habe das kanonistische Lizentiat mit entsprechendem Prüfungsergebnis und brauche mir gerade auf einem Gebiet, über das ich besonders geprüft wurde, nämlich Strafrecht, solche Sprüche nicht anzuhören/lesen.
Ächz. Komm, ich hab’ doch ausdrücklich geschrieben, daß ich erst mal weiterlesen müsse. Dann wart eben so lang ab. Und nimm nicht gleich alles persönlich. Bist ja fast wie meine Frau … :pfeif:

Re: Nachrichten aus der Weltkirche

Verfasst: Sonntag 8. Februar 2009, 22:24
von Robert Ketelhohn
Chiara hat geschrieben:Ein Verstoß gegen c.752, wenn öffentlich und zurechenbar, fällt unter c.751/Schisma.
Gibt es diesbezüglich eine authentische Interpretation? – Aus dem Wortlaut folgt das nämlich nicht.

Re: Nachrichten aus der Weltkirche

Verfasst: Sonntag 8. Februar 2009, 22:48
von Maurus
Chiara hat geschrieben:
Maurus hat geschrieben:Dann folgen weitere Folgen der Exkommunikation, unter anderem das Verbot, die evtll. vorhandene Leitungsgewalt auszuüben, das schließt nach § 1 Nr. 3 Ämter ein. Der Exkommunizierte verliert also sein Amt, doch dafür muss die Exkommunikation als Spruchstrafe verhängt oder eben im Fall der Tatstrafe festgestellt worden sein.
Das stimmt nicht ganz. Er kann bei verhängter oder festgestellter Exkommunikation kein Amt erlangen und er ist gehindert, sein bisheriges Amt auszuüben / Akte der Leitungsgewalt zu setzen/an Sakramenten und Gottesdiensten teilzunehmen. Aber er verliert sein Amt nicht.
Ah jetzt seh ich...dann tritt c. 415 CIC ein, OK. Ich sollte mir doch mal den ganzen Wälzer durchlesen :ja:.

Re: Nachrichten aus der Weltkirche

Verfasst: Montag 16. Februar 2009, 21:25
von Robert Ketelhohn
Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Chiara hat geschrieben:Ein Verstoß gegen c.752, wenn öffentlich und zurechenbar, fällt unter c.751/Schisma.
Gibt es diesbezüglich eine authentische Interpretation? – Aus dem Wortlaut folgt das nämlich nicht.

Re: Nachrichten aus der Weltkirche

Verfasst: Dienstag 17. Februar 2009, 19:47
von Maurus
Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Chiara hat geschrieben:Ein Verstoß gegen c.752, wenn öffentlich und zurechenbar, fällt unter c.751/Schisma.
Gibt es diesbezüglich eine authentische Interpretation? – Aus dem Wortlaut folgt das nämlich nicht.
Das ist in der Tat eine interessante Frage. Der Münsteraner Kommentar zum CIC sieht das auch anders. Er erklärt, dass der c. 751 zunächst der c. 755 hätte sein sollen. Er sei aber durch päpstlichen Eingriff auf 751 gesetzt worden "vermutlich", damit er nur für 749 und 750 gelte. Zu c. 752 erklärt der Kommentar darüberhinaus, dass dieser kein Vergehen gegen die Einheit der Kirche darstelle (also kein Schisma).

Allerdings weiß ich jetzt nicht, wie das in der Kanonistik mit den verschiedenen Rechtsauffassungen ist und wie vollständig die Darstellung des Münsteraner Kommentars sind. Schließlich bin ich kein Kanonist :). Im weltlichen Recht würden derartige Aussagen in einem Kommentar mit Aufsätzen und Urteilen versehen, außerdem würden andere Meinungen genannt werden. Diese Methodik wird in der Kanonistik offenbar(?) nicht in dieser Weise angewendet.