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Varusschlacht - Glück oder Unglück?

Verfasst: Montag 6. April 2009, 20:06
von Clemens
Guten Abend miteinander!

Heute möchte ich eine geschichtsphilosophische Frage mit euch erörtern, über die ich immer wieder nachsinne:

Dieses Jahr gedenkt man bekanntlich des 2000. Jahrestags der Schlacht im "Saltus teutoburgensis".
Als Schüler schon stritt ich mich mit meinem Freund darüber, ob deren Ausgang ein Glück oder Unglück war.
Er fühlte sich als Deutscher auf der Siegerseite, ich bedauerte mehr die verlorene Chance der Germanen, römische Zivilisation zu empfangen.

Denkt Ihr auch manchmal über soetwas nach?

Und - wie "Lutheraner" schon einmal andeutete:
ist Protestantismus eine germanische Form der Religiösität?
Oder ist die ursprüngliche Beschränkung (also vor dem Zeitalter des Kolonialismus) auf im wesentlichen germanische Länder späteren Zufällen geschuldet?

Wäre die Weltgeschichte zum Besseren gewendet worden, hätte Varus über den Verräter Arminius gesiegt?

:hmm:

Re: Varusschlacht - Glück oder Unglück?

Verfasst: Montag 6. April 2009, 21:21
von regina 32
unser Hund heisst "Varus"... er ist auch ein kleiner Angsthase :-) obwohl er eigentlich ein Schäferhund sein sollte....

ansonsten ist für Geschichtliche Fragen mein Mann zuständig, ich bin da ein fürchterlicher Versager, an mich nur Fragen zu Chemie oder Biologie .... :pfeif:

Re: Varusschlacht - Glück oder Unglück?

Verfasst: Montag 6. April 2009, 22:14
von Peregrin
regina 32 hat geschrieben:unser Hund heisst "Varus"...
Das kann ich mir so richtig bildlich vorstellen: "Varus, Varus, gib mir meine Schnitzel zurück!" :D

Re: Varusschlacht - Glück oder Unglück?

Verfasst: Montag 6. April 2009, 23:06
von Maurus
Peregrin hat geschrieben:
regina 32 hat geschrieben:unser Hund heisst "Varus"...
Das kann ich mir so richtig bildlich vorstellen: "Varus, Varus, gib mir meine Schnitzel zurück!" :D
:kugel:

Re: Varusschlacht - Glück oder Unglück?

Verfasst: Dienstag 7. April 2009, 00:03
von Cordoba
Hallo Clemens,

die Frage nach einer "Alternate History" ist natürlich ein Fass ohne Boden. Aber um Dein Frage:
Clemens hat geschrieben: Denkt Ihr auch manchmal über soetwas nach?
... zu beantworten: ja. Auch wenn es wenig produktiv ist. Ich bin ein Bewunderer des Alten Roms, wenngleich man natürlich nicht vergessen sollte, wer dann später im Kolloseum ungekommen ist. Aber zu seiner Zeit war das römische Imperium furchtbar effektiv und auch eine Ethik in Richtung Pflichterfüllung (etwas wovon das heutige Europa durchaus lernen kann) war stark ausgeprägt, die Erfolge der römischen Legionen zeigen es ja.

Insofern halte ich es für schade, dass Rom nicht weiter vorgedrungen ist. Aber vielleicht musste es so kommen, damit die vielen "germanische" Stämme ihre Rolle in der Geschichte spielen konnten.

Die Schlacht im Teutoburger Wald würde ich aber für unsere Geschichte nicht überbewerten: die viele unterschiedlichen Stämme, die wohl beteiligt waren, haben kaum etwas mit dem gemeinsam, was später Deutschland wurde; insofern halte ich Versuche mancher Historiker des 19. und 20. Jhd. eine "altehrwürdige" Geschichte unseres Landes zu konstruieren für eher zum schmunzeln. (Gut, Rom hat sich ja in seinen Legenden ja auch auf Troja berufen ;))

Für mich reicht es mithin, beim HRR anzufangen, mit Otto I. als Kaiser :)

Re: Varusschlacht - Glück oder Unglück?

Verfasst: Dienstag 7. April 2009, 08:14
von Juergen
Cordoba hat geschrieben:Aber zu seiner Zeit war das römische Imperium furchtbar effektiv und auch eine Ethik in Richtung Pflichterfüllung (etwas wovon das heutige Europa durchaus lernen kann) war stark ausgeprägt, die Erfolge der römischen Legionen zeigen es ja.
Bei den römischen Legionen gilt allerdings eher "Masse statt Klasse".
Man erinnere sich auch etwa an ein kleines Dorf in Gallien....


Bild

;D

Re: Varusschlacht - Glück oder Unglück?

Verfasst: Dienstag 7. April 2009, 14:56
von Clemens
Die Parallelisierung von Arminiussens Cheruskern mit den späteren Deutschen ist natürlich Unsinn.

Aber was wäre, wenn....
...der Limes an der Elbe (oder an der Weichsel?),
die kulturzerschmetternden Barbaren (Alemannen, Wandalen, Franken, Langobarden, Bajuwaren, bzw. ihre frühkaiserzeitlichen Ahnen) zu zivilisierten Menschen weitergebildet und später christianisiert... Ruhe an der Nordfront, deshalb Sieg an der Ostfront, Persien bekehrt und vielleicht sogar den Islam verhindert...

Schon klar - fruchtlose Spekulationen - aber traurig bin ich trotzdem, dass Varus verloren hat...

Re: Varusschlacht - Glück oder Unglück?

Verfasst: Dienstag 7. April 2009, 17:18
von michaelis
Wir würden unsere heutige Welt nicht wiedererkennen! :achselzuck:

1.) Völkerwanderung: hätte so nicht stattgefunden, da disziplinierte römische Truppen an Elbe oder Weser die Hunnen wohl aufgehalten hätten.
2.) Mittelalterliche Feudalgesellschaft: hätte es so nicht gegeben, da diese aus den germanischen Stammesstrukturen erwachsen ist.
3.) Nationalstaaten: Fehlanzeige, da diese ebenfalls aus den "gewanderten" Völkern entstanden sind.
4.) Sprachen wie Deutsch, Französisch oder Englisch: Gäbe es nicht, da z.B. die Angeln und Sachsen nicht von der deutschen Nordseeküste nach England gewandert wären und später keine Wikinger/Normannen aus dem nicht existierenden Frankenreich die Insel erobert hätten.
5.) Die Supermacht Amerika: Der Kontinent wäre wohl auch entdeckt worden, vielleicht sogar früher, aber die Besiedlung aus Europa wäre ganz anders abgelaufen.

und so weiter und so fort...

Re: Varusschlacht - Glück oder Unglück?

Verfasst: Dienstag 7. April 2009, 20:49
von Maurus
michaelis hat geschrieben:Wir würden unsere heutige Welt nicht wiedererkennen! :achselzuck:

1.) Völkerwanderung: hätte so nicht stattgefunden, da disziplinierte römische Truppen an Elbe oder Weser die Hunnen wohl aufgehalten hätten.
Wieso hätte ihnen das da gelingen sollen? In Italien haben sie es ja auch nicht geschafft. Zur Völkerwanderungszeit war das Imperium schon zu schwach.

Re: Varusschlacht - Glück oder Unglück?

Verfasst: Mittwoch 8. April 2009, 00:04
von Cordoba
Jedes Imperium steigt auf und fällt wieder. Irgendwann sind die inneren und äusseren Konflikte wohl zu stark und es zersplittert, fällt etc. Es kommt wohl so, wie es kommen muss (denke ich, gerade in Hinblick auf die Offenbarung und der Vorhersage des Scheiterns aller menschlichen Bemühungen).

Aber interessant wäre es auf jeden Fall gewesen, ich vermute auch, dass es durchaus wissenschaftliche Fortschritte gegeben hätte in Richtung Seefahrt und Schiffbau. Man hätte ja irgendwann neue Gebiete erkunden wollen/müssen.

Re: Varusschlacht - Glück oder Unglück?

Verfasst: Mittwoch 8. April 2009, 00:57
von Robert Ketelhohn
Maurus hat geschrieben:
michaelis hat geschrieben:Wir würden unsere heutige Welt nicht wiedererkennen! :achselzuck:

1.) Völkerwanderung: hätte so nicht stattgefunden, da disziplinierte römische Truppen an Elbe oder Weser die Hunnen wohl aufgehalten hätten.
Wieso hätte ihnen das da gelingen sollen? In Italien haben sie es ja auch nicht geschafft. Zur Völkerwanderungszeit war das Imperium schon zu schwach.
Verdammte Kacke, eben hat mir ein Blue Screen eine längere Antwort weggehauen.
Und nebenbei auch noch die Rechnung, die ich ebenfalls gerade schrieb. :sauer:

Ich hatte einwenden wollen, daß das ganze ohnehin Quatsch sei. Ebenso könnte ich
behaupten, wenn sich damals im Frühjahr 951 zu Canossa nicht jener Schmetterling
auf Adelheids Arm niedergelassen hätte, wäre Gerbert von Aurillac niemals Silvester
II. geworden. Vielleicht stimmt’s ja … Aber solche Spökenkiekereien sind irreal und
darum nutzlos.

Im übrigen sind dem Michaeli seine Voraussetzungen teilweise verfehlt. So ist die
„Völkerwanderung“ nicht von den Wesergermanen ausgegangen. Die waren in dem
Spiel allenfalls eine Marginalie.

Die „mittelalterliche“ „Feudalgesellschaft“ hat es »so« gar nicht gegeben, und was es
gab, das ist nicht einfachhin »aus den germanischen Stammesstrukturen erwachsen«.
Vielmehr bauten die germanischen Völker auf den vorgefundenen „spätantiken“ Ge-
gebenheiten auf. Das verband sich vielfach und mannigfältig, in Monreale natürlich
anders als in Tours, wieder anders in Salzburg und auf noch ganz andere Weise, spä-
ter und anders motiviert rund um die Irminsul. Etc. pp.

Re: Varusschlacht - Glück oder Unglück?

Verfasst: Montag 15. November 2010, 14:59
von Niels
Fand die Varusschlacht in Thüringen statt?
http://www.welt.de/kultur/history/artic ... Leben.html

Re: Varusschlacht - Glück oder Unglück?

Verfasst: Montag 15. November 2010, 15:37
von Clemens
Interessant...

Dass allerdings der Name des Tautenburger Waldes damit etwas zu tun hat, vermag ich mir nicht vorzustellen. Schließlich stammt er doch eher von einem hochmittelalterlichen Adeligen (Tuto), nach dem auch die Burg benannt ist.

Re: Varusschlacht - Glück oder Unglück?

Verfasst: Montag 15. November 2010, 16:13
von Amandus2
Glück oder Unglück?

Eher ein Unglück: Hätten die Römer gewonnen, sprächen wir jetzt alle so etwas wie ein feines Französisch, Haltern in Westfalen wäre die Hauptstadt von Germanien und eine quicklebendige Weltstadt, die Küche wäre raffiniert und fein, es gäb eine Badekultur mit Thermen, die Leute hätten kultiviertere Umgangsformen und wirkten nicht so grobschlächtig.

Nachteil: Die Leute wären eher klein und schwarzhaarig und nicht so groß und blond wie die heutigen Westfalen....

Re: Varusschlacht - Glück oder Unglück?

Verfasst: Montag 15. November 2010, 16:23
von taddeo
Amandus2 hat geschrieben:Glück oder Unglück?

Eher ein Unglück: Hätten die Römer gewonnen, sprächen wir jetzt alle so etwas wie ein feines Französisch, Haltern in Westfalen wäre die Hauptstadt von Germanien und eine quicklebendige Weltstadt, die Küche wäre raffiniert und fein, es gäb eine Badekultur mit Thermen, die Leute hätten kultiviertere Umgangsformen und wirkten nicht so grobschlächtig.

Nachteil: Die Leute wären eher klein und schwarzhaarig und nicht so groß und blond wie die heutigen Westfalen....
Das hatten wir in den ehemaligen Provinzen Raetia und Noricum alles, also in den Gebieten südlich der Donau, die "von den Römern besetzt" waren, bis im 5. Jh. die Vorfahren der Boiarii eingewandert sind und die Römer zurück über die Alpen geprügelt haben. Die Vita des Heiligen Severin gibt davon sehr beredt Zeugnis. Weltstadt war halt nicht Haltern (wo liegt dieses Kaff eigentlich?), sondern Reginum bzw. das Legionslager Castra Regina, das später den keltischen Namen seiner Zivilsiedlung "Radaspona" übernommen hat.
:ja:

Re: Varusschlacht - Glück oder Unglück?

Verfasst: Montag 15. November 2010, 18:36
von Christiane
Amandus2 hat geschrieben: Nachteil: Die Leute wären eher klein und schwarzhaarig und nicht so groß und blond wie die heutigen Westfalen....
Och, ich habe eigentlich schon seit meiner Jugend (also ab ca. 12/13) mehr Gefallen an dem dunkleren Typen. Blond fand ich irgendwie immer langweilig, warum auch immer. Also einen Nachteil sähe ich nicht darin. ;D

Re: Varusschlacht - Glück oder Unglück?

Verfasst: Montag 15. November 2010, 18:45
von Amandus2
Christiane hat geschrieben:
Amandus2 hat geschrieben: Nachteil: Die Leute wären eher klein und schwarzhaarig und nicht so groß und blond wie die heutigen Westfalen....
Och, ich habe eigentlich schon seit meiner Jugend (also ab ca. 12/13) mehr Gefallen an dem dunkleren Typen. Blond fand ich irgendwie immer langweilig, warum auch immer. Also einen Nachteil sähe ich nicht darin. ;D


Die Geschmäcker sind nunmal verschieden.

Tatsache ist aber, dass weltweit die meisten Menschen auf "blond" stehen :unbeteiligttu:

http://de.wikipedia.org/wiki/Blond

Re: Varusschlacht - Glück oder Unglück?

Verfasst: Montag 15. November 2010, 18:46
von Christiane
Ich bin halt nicht gewöhnlich. :unbeteiligttu:

Re: Varusschlacht - Glück oder Unglück?

Verfasst: Montag 15. November 2010, 18:48
von Thomas_de_Austria
Christiane hat geschrieben:Ich bin halt nicht gewöhnlich. :unbeteiligttu:
San ma froh d'rüber ...

Re: Varusschlacht - Glück oder Unglück?

Verfasst: Dienstag 10. November 2020, 12:17
von Caviteño
«Barbaren» auf Netflix: Hier sprechen die Römer Latein. Und die Germanen wie eine Berliner Strassengang
Auffällig ist der Einsatz der Sprache in «Barbaren»: Während die Römer mit italienischem Zungenschlag durchzogenes Latein sprechen (die althumanistisch Geschulten unter den Zuschauern werden ihre Freude beim Enträtseln ohne Untertitel haben), sprechen die Barbaren wie eine Berliner Strassengang beim Raubüberfall.(...)
Die Geschichte selbst ist gradlinig wie rasant erzählt, so dass innere Logiklöcher nicht allzu sehr stören, schnelle und bisweilen unerklärte charakterliche Umschwünge im Tempo untergehen. Die Konflikte sind zugespitzt, aber überschaubar: Auf der einen Seite stehen die zerstrittenen, aber menschlich nahbaren Barbaren, auf der anderen die kühle, effiziente Kriegsmaschinerie Roms. History wird Story, das bietet kurzweilige Unterhaltung im Stil von «Rome» oder «Vikings», wobei durch die ständigen Intrigen der Vergleich eher auf ein kleines «Games of Thrones» made in Germany zielen würde.
Die erste Staffel umfaßt sechs Folgen zu je 50 min.

Barbaren | Offizieller Trailer | Netflix