Monastische Fastendisziplin nach der Regula Benedicti

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Germanus
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Monastische Fastendisziplin nach der Regula Benedicti

Beitrag von Germanus »

Wie lässt sich der folgende Abschnitt aus einem Brief, geschrieben vor 800 (des Abtes Theodomar an einen gewissen Theodoricus) übersetzen? Gibt es womöglich Übersetzungsvarianten, die sich zu widersprechen scheinen?
"Ieiunium Quadragesimae a Quinquagesima inchoamus: celebrantes iuxta morem missam, ad vesperum [!] reficimur; sed ab ovis, piscibus et caseo minime abstinemus. Per totam autem Quadragesimam, exceptis diebus dominicis [...] neque coctum comedimus, et praeter infirmitatem neque vinum potamus."
Es geht nicht um die simple Übersetzung - das ist kein Problem. Es geht um die Praxis der Fastenbräuche im Kontext der Regula Benedicti und die Schwierigkeit, den vorliegenden Text einordnen zu können vor allem in Bezug auf Eier, Fisch und Käse. Vielleicht gibt es Feinheiten der lateinische Sprache, die den Text je nach grammatikalischer Auflösung - vor allem des "minime" - so oder so interpretierbar machen? Beachtenswert ist dabei, dass generell noch kein Fleisch gegessen wurde - mit Ausnahme von Geflügel an Ostern und Weihnachten. (Der Gebrauch von Fisch in der Fastenzeit, zumindest außerhalb des monastischen Kontextes, ist hier auch nicht das Problem.)
"Her, denke an mui, wenn diu met duinem Ruike kümmes." (Lk 23,42)

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Lycobates
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Re: Monastische Fastendisziplin nach der Regula Benedicti

Beitrag von Lycobates »

Germanus hat geschrieben:
Montag 26. Juli 2021, 10:23
Wie lässt sich der folgende Abschnitt aus einem Brief, geschrieben vor 800 (des Abtes Theodomar an einen gewissen Theodoricus) übersetzen? Gibt es womöglich Übersetzungsvarianten, die sich zu widersprechen scheinen?
"Ieiunium Quadragesimae a Quinquagesima inchoamus: celebrantes iuxta morem missam, ad vesperum [!] reficimur; sed ab ovis, piscibus et caseo minime abstinemus. Per totam autem Quadragesimam, exceptis diebus dominicis [...] neque coctum comedimus, et praeter infirmitatem neque vinum potamus."
Es geht nicht um die simple Übersetzung - das ist kein Problem. Es geht um die Praxis der Fastenbräuche im Kontext der Regula Benedicti und die Schwierigkeit, den vorliegenden Text einordnen zu können vor allem in Bezug auf Eier, Fisch und Käse. Vielleicht gibt es Feinheiten der lateinische Sprache, die den Text je nach grammatikalischer Auflösung - vor allem des "minime" - so oder so interpretierbar machen? Beachtenswert ist dabei, dass generell noch kein Fleisch gegessen wurde - mit Ausnahme von Geflügel an Ostern und Weihnachten. (Der Gebrauch von Fisch in der Fastenzeit, zumindest außerhalb des monastischen Kontextes, ist hier auch nicht das Problem.)
minime abstinemus kann nur bedeuten "wir enthalten uns keineswegs" (von Eiern, Fisch und Käse); aber, so wie es hier steht, gilt das nur für die Zeit zwischen Quinquagesima und Quadragesima. Erst was danach folgt (Per totam autem Quadragesimam ...) gilt für die eigentliche Fastenzeit. Da dürften jedenfalls Laktizinien und Eier verboten sein, wie es noch bis in unser Jahrhundert üblich war.
Die einzige sättigende Mahlzeit findet erst gegen Abend (ad vesperum) statt, wie in der Regel noch heute.
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Germanus
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Re: Monastische Fastendisziplin nach der Regula Benedicti

Beitrag von Germanus »

Herzlichen Dank für die Antwort! Erst beim Abschreiben fiel mir übrigens die Einschränkung durch die Quniquagesima auf. Die gab dem Text natürlich in Zusammenhang mit dem nachfolgenden Satz den Sinn zurück, den er mir beim groben (und doch wiederholten) Lesen nicht wirklich zu haben schien. Mir war nicht klar, ob sich die beiden Sätze wirklich so gezielt aufeinander beziehen lassen, dass der traditionelle Fastenbrauch auch in Bezug auf die Qualität der Speisen seine Bestätigung findet. Zudem hatte ich irgendwo eine Übersetzungsvariante gefunden, die das "minime" in Zusammenhang mit "abstinere" als Bekräftigung des Verzichts übersetzt, was sich aber dann durch die kompetente Antwort als nicht statthaft und auch nicht sinnvoll erweist.
Die Antwort ist wirklich sehr hilfreich - was den Dank womöglich auch mit einem gewissen Lohn ausstatten mag.
Gruß G.
"Her, denke an mui, wenn diu met duinem Ruike kümmes." (Lk 23,42)

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