Ich muss nun sagen, dass ich persönlich zu St.-Johannes-Gemeinschaft keinen Kontakt habe. Ich habe sie von Wien aus mal kennengelernt, aber das war es. Ich verfolge ihren Weg aber aufmerksam, wie den vieler anderer neuer Gemeinschaften auch, und habe in den letzten Tagen etwas recherchiert.
Zur Sache hat Nutzer "thomas"
hier ja vor einiger Zeit schon etwas gesagt. Fakt ist, dass der Vorwurf der Sektiererei jeder (!) neuen Gemeinschaft in der Kirche gemacht wird, und zwar besonders jenen, die sorgfältigen Wert auf die Beachtung der Ordensregeln, würdige Feier der Liturgie, gründliche philosophische und theologische Ausbildung und Treue zum Papst, zur Kirche und ihrer Lehre legen.
Der Vorwurf der Eltern muss nicht in jedem Fall zutreffen. Als ich vor Jahren in einen Orden eintreten wollte, habe ich auch einiges zu hören bekommen, und es sind über Orden im Affekt Dinge gesagt worden, die 1.) bedingt durch Unkenntnis falsch sind, 2.) verkehrt aufgefasst werden durch die "Unzeitgemäßheit" dieser Lebensform und 3.) durch die tiefe Enttäuschung über den Weg, den das eigene Kind geht. Hier schwingt bei Eltern auch immer eine gewisse Portion Egoismus mit.
Dass die Aufnahme in den Orden mit einem Kontaktabbruch mit der leiblichen Familie einhergeht, ist biblisch klar fundiert. Während des Noviziates ist es in vielen Orden üblich, weder Besuch zu empfangen, noch die Angehörigen zu besuchen - es sei denn, es läge ein konkreter Notfall vor. Diese Übung scheint mir äußerst sinnvoll zu sein, ist aber für Außenstehende natürlich schwer nachzuvollziehen.
Alle anderen Vorwürfe sind m. E. durch die gleiche Brille zu lesen: dass der Kontakt innerhalb der Gemeinschaft sehr gefördert wird, und man sich nach außen etwas stärker abgrenzt, ist bei der Struktur der Gemeinschaft und beim zisterziensischen Vorbild normal, und für monastische oder neuere Orden in monastischer Tradition selbstverständlich.
Insgesamt liest man über die Gemeinschaft viel Gutes. Dass dort hoher Wert auf die intellektuelle Ausbildung gelegt wird, kann ich aus eigener Anschauung bestätigen, und man findet viele Quellen dazu. Kritisiert wird eine gewisse "Vergeistigung" oder "Abgehobenheit", die in der Tat hie und da zutreffen mag, aber wohl menschlich ist und mit Sicherheit kein Charakteristikum dieser speziellen Gemeinschaft.
Tatsache ist, dass jede neue Gemeinschaft zunächst eine gewisse Radikalität aufweist, die nicht unproblematisch ist, und durch die sich mancher unter Druck gesetzt fühlen mag. Es liegt hier in der Verantwortung der Oberen und des Ortsbischofs, für ein rechter Maß zu sorgen, eingedenk der besonderen Verantwortung vor Gott. Das gilt auch für die Tatsache, dass Rom vor einigen Jahren die Gemeinschaft ermahnt hat, die Kandidaten sorgfältiger auszuwählen. Nach meinen Informationen ist das passiert. Mißgriffe gibt es überall, auch in den etablierten Orden und den diözesanen Seminaren.
Wer sich für diese Gemeinschaft interessiert - und das gilt allgemein - tut gut daran, dort Besuche zu absolvieren oder einige Zeit auf Probe dort mitzuleben, was gemeinhin problemlos möglich ist. Dort wird man sich selbst am besten ein Bild machen können, und entscheiden, ob es Dinge gibt, die einem das Leben in oder mit dieser Gemeinschaft unmöglich machen könnten. Insbesondere ist zu fragen, ob die Oberen im bestimmten Rahmen Kritik anhören oder nicht. Letzteres wäre ein bedenkliches Zeichen, aber derlei ist allgemein nicht zu hören.
Was die Kritik jener Gruppierung angeht, so habe ich oben bereits ausgeführt, dass es die übliche Kritik an gut katholischen Gemeinschaften ist, die beinahe einem pawlow'schen Reflex gleich immer wieder und erwartungsgemäß aus einer bestimmten Richtung vorgetragen wird, so dass man sie schon fast als Empfehlung werten könnte. Nach meiner Beobachtung und meinen Recherchen handelt es sich um eine gut katholische, lebendige und junge Gemeinschaft, die man nur empfehlen kann. Die Augen aufzuhalten ist in der Kirche allgemein immer angebracht und der Gebrauch des eigenen gesunden Menschenverstandes immer zu empfehlen.
Wer diese Gemeinschaft besser kennt als ich, ist gerne eingeladen, meine Einschätzung zu ergänzen oder zu verwerfen!
