Oratorianer und das Oratorium des Hl. Philipp Neri

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taddeo
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Re: Oratorianer und das Oratorium des Hl. Philipp Neri

Beitrag von taddeo »

philipp hat geschrieben:
Freitag 9. April 2021, 10:12
und zwar? für mich ist ein Ordensmann jemand der sein ganzes Leben Gott übergibt. Also auch seinen Besitz und alles was er erhält.
Die Kongregation vom Oratorium des heiligen Philipp Neri ist aber nun mal kein "Orden" im herkömmlichen Sinn. War es nie und wollte es ausdrücklich nie sein. Es hilft also wenig, daran Kriterien eines "richtigen" Ordens anlegen zu wollen. Oratorianer sind eben keine Ordensleute, sondern Oratorianer.

Kirchenrechtlich sind die einzelnen Oratorien "Gesellschaften des apostolischen Lebens". Die unterscheiden sich von den "Instituten des geweihten Lebens" eben gerade dadurch, dass sie keine Ordensgelübde haben, aber trotzdem eine kanonische Lebensgemeinschaft pflegen.

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Senensis
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Re: Oratorianer und das Oratorium des Hl. Philipp Neri

Beitrag von Senensis »

Meines Wissens geht die Regelung auf den hl. Philipp Neri zurück, mindestens das mit den Gelübden (und das mit den Bankkonten folgt quasi zwingend daraus).
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philipp

Re: Oratorianer und das Oratorium des Hl. Philipp Neri

Beitrag von philipp »

Dürfen Oratorianer trotzdem arm leben?

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Siard
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Re: Oratorianer und das Oratorium des Hl. Philipp Neri

Beitrag von Siard »

philipp hat geschrieben:
Freitag 9. April 2021, 12:05
Dürfen Oratorianer trotzdem arm leben?
Jeder darf arm leben. Manche müssen es. Außerdem ist die Armut (besonders in Österreich) in vielen Klöstern eher relativ – und das ist auch vernünftig.

philipp

Re: Oratorianer und das Oratorium des Hl. Philipp Neri

Beitrag von philipp »

was meinst du ist konkret vernünftig.

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Siard
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Re: Oratorianer und das Oratorium des Hl. Philipp Neri

Beitrag von Siard »

philipp hat geschrieben:
Freitag 9. April 2021, 15:09
was meinst du ist konkret vernünftig.
Nun ja. Vermutlich sollten wir klären, was unter "arm" zu verstehen ist. :ja:

philipp

Re: Oratorianer und das Oratorium des Hl. Philipp Neri

Beitrag von philipp »

Wenig Kleidung. Normale Körperpflegesachen. Aber keine Bücher (die nicht beruflich benötigt werden), keine sonstigen unnötigen Sachen.

Dass das eh nicht arm ist, ist mir klar.

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Siard
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Re: Oratorianer und das Oratorium des Hl. Philipp Neri

Beitrag von Siard »

philipp hat geschrieben:
Freitag 9. April 2021, 19:37
Wenig Kleidung.
Wenig ist relativ.
philipp hat geschrieben:
Freitag 9. April 2021, 19:37
Normale Körperpflegesachen.
Jein. Manche brauchen spezielle Sachen, aber insgesamt ja.
philipp hat geschrieben:
Freitag 9. April 2021, 19:37
Aber keine Bücher (die nicht beruflich benötigt werden),
Warum nicht?
philipp hat geschrieben:
Freitag 9. April 2021, 19:37
keine sonstigen unnötigen Sachen.
Was ist unnötig? Wer entscheidet, was unnötig ist?
philipp hat geschrieben:
Freitag 9. April 2021, 19:37
Dass das eh nicht arm ist, ist mir klar.
Deinem anscheinenden Verständnis von Armut möchte ich mich nicht anschließen.

philipp

Re: Oratorianer und das Oratorium des Hl. Philipp Neri

Beitrag von philipp »

Was ist dein Armutsverständnis

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taddeo
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Re: Oratorianer und das Oratorium des Hl. Philipp Neri

Beitrag von taddeo »

philipp hat geschrieben:
Freitag 9. April 2021, 22:01
Was ist dein Armutsverständnis
Um beim Beispiel der Oratorianer zu bleiben:

Wenn der Verzicht auf weltliches Eigentum dazu führt, dass die Aufgaben dieser "Gesellschaft apostolischen Lebens" nicht angemessen erfüllt werden können, dann wäre diese "Armut" kein Segen, sondern eher das Gegenteil. Es kann heute durchaus zur apostolischen Grundausstattung gehören, dass man ein eigenes Bankkonto mit entsprechender Einlage hat, ein eigenes Auto, eigene Büroausstattung. Und sicher auch ein gewisses Maß an Privateigentum, das in erster Linie für das "Privatleben" gedacht ist, wie Bücher.

Jesus hat nicht die selig gepriesen, die arm sind wie Kirchenmäuse, sondern die arm sind im Geiste. Die also Besitz so nützen, als besäßen sie nichts.

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Jakobgutbewohner
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Re: Oratorianer und das Oratorium des Hl. Philipp Neri

Beitrag von Jakobgutbewohner »

taddeo hat geschrieben:
Freitag 9. April 2021, 23:34
Jesus hat nicht die selig gepriesen, die arm sind wie Kirchenmäuse, sondern die arm sind im Geiste. Die also Besitz so nützen, als besäßen sie nichts.
Dieses Verständnis finde ich sinnvoll. Denn was hält davon ab nach dem sein Dasein zu gestalten, was Gottes ist? Zehn Kisten Bücher, die man aus dem Altpapiercontainer fischen konnte? Ein kostenloses privates Bankkonto (das in der Tat eine Art Geldbeutel wäre)? Überhaupt Geld zu haben? Oder geht es auch sehr darum, sich selbst wenig an irdischem Reichtum in einer Art zu hängen, daß man "Gott stehenläßt" um "erstmal" diesen "nötigen" Reichtum zu erreichen?
"Selig sind ... die durch die Tore eingehen in die Stadt. Draußen aber sind die Hunde und die "Pharmazeuten" und die Buhler und die Mörder und die Götzendiener und jeder, der die Lüge liebt und tut." Off 22,14+15

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Senensis
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Re: Oratorianer und das Oratorium des Hl. Philipp Neri

Beitrag von Senensis »

Wie Armut (als evangelischer Rat) zu verstehen ist, ist auch in 2000 Jahren Kirchengeschichte vielfach diskutiert und verschieden verstanden worden. Ich meine mich vor allem an folgende Aspekte zu erinnern (falls sachlich unscharf, möge man mich korrigieren):

- Im 1. Jahrtausend herrscht das Armutsverständnis vor, das wir in den benediktinischen Klöstern sehen: Arm ist der einzelne Mönch, aber nicht das Kloster insgesamt. Die Armut zielt damit auf den Gehorsam. Der Mönch ist arm, indem er nicht selbst verfügen darf über das, was vorhanden ist. Es geht vorrangig um geistige Armut.

- Mit den Bettelorden kam ein "konkreteres" Verständnis von Armut auf, das auch für die Ordensgemeinschaft als solche materielle Armut vorsah. Je nach Ordensgemeinschaft wurde das verschieden radikal gelebt. Franziskus stellte sich für den jungen Franziskanerorden eine so radikale Armut vor, daß er nicht einmal steinerne Gebäude akzeptierte. Dominikus hingegen sah für seine Fratres sogar eigene Zellen vor, da diese für das Studium bessere Bedingungen boten; sein gemäßigtes Armutsverständnis diente dem Apostolat des Predigerordens. Päpstlicherseits räumte man den Franziskanerorden nach dem Tod des hl. Franziskus ein bißchen auf und verpaßte ihm Konstitutionen, die sich an den praktikableren Dominikanerkonstitutionen orientierten.
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