Fragen zu Priesterbild/-seminar/-nachwuchs

Klöster, Klerus, Laienschaft. Besondere Nachfolge.
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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

:P
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Jojo
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Beitrag von Jojo »

Was Juergen beschreibt, ist wohl die Erfahrung von vielen und wohl auch nicht Paderborn-spezifisch.
Ein aufschlussreiches Buch, wenn auch schlampig geschrieben, aber mit einigen Schilderungen, die mich auch stark ans Klosterleben erinnert haben, ist: Andreas Beck, Im Schatten des Münsterturms (1998).
Das Buch war nur relativ kurze Zeit im Handel erhältlich, es hieß damals, das Bistum habe Druck gemacht. Wer Glück hat, kann es evtl per Fernleihe über eine Bibliothek beziehen. Der Autor war selbst Seminarist und ist heute Chefarzt am Klinikum Konstanz.

Sonderwelten, eine bestimmte Gruppendynamik, gegenseitige und von oben ausgeübte Kontrolle etc., das sind alles an sich noch keine "schlimmen" Zustände. Das ist überall dort normal, wo Menschen in einem bestimmten Bereich zusammen leben und arbeiten. Jede Fabrik ist eine solche Sonderwelt.
Aber, und dieses aber scheint mir ein ziemlich dickes "aber": Es kommt darauf an, damit richtig umzugehen, und das ist einem frisch (oder fast frisch) von der Schule kommenden jungen Menschen so gut wie unmöglich. Es fällt oft schon schwer, diese neue Situation acht Stunden am Tag auszuhalten, etwa als junger Lehrling in der Fabrik. Nur hat letzterer die Möglichkeit, diese Sonderwelt mit ihren eigenen Gesetzen und Strukturen nach Feierabend wieder zu verlassen, während Seminaristen und Novizen viel intensiver in diese Sonderwelt eingebunden sind.

Mich wundert es überhaupt nicht, wenn heute vor allem Spätberufene überhaupt bis zur Priesterweihe durchhalten. Wer schon einen Beruf hatte, wer vorher schon "die Welt" gesehen hat, wer schon Lebenserfahrung gesammelt hat, der sieht das Ganze gelassener, der lässt sich von dem ganzen "Zirkus" nicht mehr so schnell beeindrucken, der kennt sich auch schon besser und lässt sich nicht mehr so schnell verunsichern.

Vielleicht mit diesem Beitrag auch eine kleine Aufmunterungen an alle "Externe", junge Seminaristen auch mit diesem Blickwinkel zu sehen.
Dahinter steckt sehr oft der Versuch, mit der Situation klarzukommen, ein echter Kraftakt, der oft scheitert: Was Jürgen kleingedruckt beschreibt, kenne ich aus meiner Klosterzeit nur allzu gut: wie man's macht, macht man's falsch :/

max72
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Beitrag von max72 »

Jojo hat geschrieben: Mich wundert es überhaupt nicht, wenn heute vor allem Spätberufene überhaupt bis zur Priesterweihe durchhalten. Wer schon einen Beruf hatte, wer vorher schon "die Welt" gesehen hat, wer schon Lebenserfahrung gesammelt hat, der sieht das Ganze gelassener, der lässt sich von dem ganzen "Zirkus" nicht mehr so schnell beeindrucken, der kennt sich auch schon besser und lässt sich nicht mehr so schnell verunsichern.
Hei Jojo,

das ist, denke ich, ein sehr wichtiger Punkt.

Wenn ich so nachdenke, waren die Priester, die ich besonders imponierend fand, alle Spaetberufene. Vielleicht, weil die wirklich mit der Entscheidung gerungen haben und nun so ihrer Sache sicher sind, dass sie bereit sind einen etablierten Lebensweg dafuer aufzugeben?

Ich wuerde ganz gern noch mehr hoeren, was denn Priesterseminare attraktiver machen koennte. Meinungen von Eurer Seite? Warum haben zB die neokatechunemalen mehr Nachwuchs?

Gruesse (und frohe Weihnachten)

max

Gast

Beitrag von Gast »

Jojo hat geschrieben:Ein aufschlussreiches Buch, wenn auch schlampig geschrieben, aber mit einigen Schilderungen, die mich auch stark ans Klosterleben erinnert haben, ist: Andreas Beck, Im Schatten des Münsterturms (1998).
Das Buch war nur relativ kurze Zeit im Handel erhältlich, es hieß damals, das Bistum habe Druck gemacht. Wer Glück hat, kann es evtl per Fernleihe über eine Bibliothek beziehen. Der Autor war selbst Seminarist und ist heute Chefarzt am Klinikum Konstanz.
Vom selben Autor (Dr. theol., Dr. med.): "Unter Kelch und Spinne!" CLIO-Verlag Konstanz, 2. Aufl., 2000, ISBN 3-00-001651-1

Der Titel hebt auf die Symbole des hl. Konrad ab, Andreas Beck war, als Junge "vom Land" ab 1959/60 Zögling im erzbischöflichen Konvikt Conradihaus, von dem aus der das Gymnasium besuchte. Schlampig geschrieben? Eher nicht. Eine kleine Sammlung von manchmal auch erschreckenden Erinnerungen, die er - allerdings aus großer und versöhnlicher Distanz - für seinen Sohn zusammengetragen hat, als der auf das Konstanzer Gymnasium wechselte, das der Vater einst selbst, vom Conradihaus aus, besucht hatte.

"Weltfremd" war und wurde er als Sohn eines Landarztes vom alten Schlag niemals.

Margarete

Jojo
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Beitrag von Jojo »

Ich sehe gerade, der "Münsterturm" ist doch wieder lieferbar.

Petrus
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Beitrag von Petrus »

Juergen hat geschrieben: Leute wie Titan-Flex können wir nicht gebrauchen!
da bin ich mir noch nicht ganz so sicher, Juergen,

daß die uns ("Leute wie Titan-Flex") nicht doch noch mal brauchen können ...

Dir, und allen, ein gesegnetes und gnadenreiches Weihnachtsfest,

und, liebe Grüße, Peter :-)



fröhlich soll mein Herze springen,
dieser Zeit,
da vor Freud,
alle Engel singen.

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cathol01
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Beitrag von cathol01 »

Priesterkandidaten
Stärken und Schwächen

Auf dem internationalen Symposion „Priester für das 21. Jahrhundert“ in Paderborn vom 16. - 18. 12.2002 fragte Prof. Dr. Isidor Baumgartner in einem Grundsatzreferat nach den Stärken und Schwächen der Priesteramtskandidaten (PAK). Baumgartner ist seit 1999 Prof. für Caritaswissenschaft an der Universität Passau, zuvor dort 24 Jahre Prof. für Pastoraltheologie.

Seelische Gesundheit
Als erstes Ergebnis seiner Studien stellte Baumgartner fest: Im Hinblick auf die seelische Gesundheit liegen die PAK im Durchschnitt der Bevölkerung. Konkret: 68% der PAK befinden sich im Normalbereich. Das heißt, angehende Priester bilden keine Problemgruppe mit einer besondern Anfälligkeit für psychotische oder neurotische Störungen.

Stärken und Schwächen
Innerhalb dieser Bandbreite des Gesunden unterscheiden sich die PAK nach Baumgartner vom Durchschnitt der Vergleichsgruppe der gleichaltrigen Männer in folgender Weise.
- Sie sind eher introvertiert, ihnen liegt die Innerlichkeit mehr als die Durchsetzung und die Geselligkeit.
- Sie sind eher emotional sensibel, d.h. sie können nicht so gut mit Belastungen umgehen. In Belastungssituationen zeigen sie sich überwiegend auf sich selbst zurückverwiesen, d.h. sie reagieren eher mit Selbstkritik, mit Schuldgefühlen oder Deprimiertheit. Sie trauen sich weniger eigene Entscheidungen zu und lehnen sich gerne an andere an.
- Im Hinblick auf die Verträglichkeit ziehen sie die Harmonie der Kontroverse und dem Widerspruch vor, sie können auch einmal auf ihr Recht verzichten.
Aus diesen Beobachtungen zieht Baumgartner folgende Schlüsse:
- Die erhöhte Introversion, Innerlichkeit ist eine gute Voraussetzung für einen geistlichen Weg, die Gefahr liegt im Einzelgängertum.
- Die erhöhte Sensibilität und Entscheidungsunsicherheit macht die PAK als Pastoralmanager nicht besonders geeignet. Diesem Aufgabenbereich stehen sie denn auch in realistischer Selbsteinschätzung skeptisch gegenüber.
- Die größere Verträglichkeit ist eine gute Voraussetzung für die Pastoral, aber diese Tugend darf nicht Ausdruck einer Schwäche sein, jemand muss im Inneren auch sagen können: ich könnte auch anderes.

Berufs- und Selbstbild
Deutlicher als an diesen Eigenschaften zeigt sich nach Baumgartner das Profil heutiger PAK allerdings daran, wie die PAK den Priesterberuf sehen, was sie persönlich bewegt, diesen Weg zu gehen, wie sie sich selber sehen. Hier machte er folgende Beobachtungen: - PAK bilden unter den Theologiestudierenden die religiös intensivste Gruppe, es reizt sie die Faszination „Gott“, sie haben offenkundig einen Sinn für das Heilige. Baumgartner wörtlich: „Bei den PAK findet sich die kostbare Gabe einer `Gottesleidenschaft´ (Bischof Bode)“. Den zweiten Satz in diesem Zitat könnte man allerdings auch als kritische Anmerkung dazu verstehen: „Könnte sich durch Begleitung diese Gottesleidenschaft weiter entfalten in eine Leidenschaft für den Menschen, was könnte man sich von einem Priesteramtskandidaten mehr erwarten?“.
- Neun von zehn Kandidaten setzten Aufgaben in der Liturgie und Verkündigung an die erste Stelle, 43 % schließen andere Aufgabenfelder aus. Gemeindebildung und Diakonie sind jeweils bei 30 % im Blick, der Leitungsdienst ist bei einem Großteil der PAK nicht oder nur wenig im Blick. Hier müsse man sich, so Baumgartner, wohl im Hinblick auf die notwendige Leitungskompetenz in großen Seelsorgeeinheiten für die Zukunft auf ein beachtliches Konfliktpotential einstellen.
- PAK schätzen ihre Fähigkeiten im Vergleich mit anderen Theologiestudierenden gering ein. Das betrifft vor allem die Bereiche Führung und Kommunikation. Lediglich in der Empathie, andere zu begleiten, zu unterstützen, personnahe Situationen zu gestalten, haben sie durchschnittliches Zutrauen zu sich selbst.
- Die PAK weisen von allen Theologiestudierenden den höchsten Wert an traditionaler Orientierung auf, d.h. angesichts der gesellschaftlichen Komplexität suchen sie nach Sicherheit.
- 81 % der PAK empfinden, dass Priester zuwenig Zeit für Seelsorge haben. Sie erleben die Tätigkeiten der meisten Priester als massive Überbelastung. Es gebe heute nicht mehr so sehr die Angst des Theologen vor der Kirche als bevormundende Institution wie vor 20 Jahren, stellte Baumgartner fest, heute sei es die Angst vor der Überforderung durch die real existierenden pastoralen Strukturen.

Fazit des Referenten
Welche Priester haben wir in den nächsten Jahren zu erwarten? Menschen, die in einer intensiven Religiosität ihre Hauptaufgabe darin sehen, das Evangelium aufzuschließen, so dass es zur freudigen Überraschung wird (Bischof Wanke). Das ist der kostbarste Schatz.
Die schlechte Nachricht zum Schluss: PAK haben voraussichtlich mehrheitlich nicht ihre Stärken als künftige Pastoralmanager, sondern mehr als Priester überschaubarer, personenbezogener, konventioneller Gemeinden. Baumgartner süffisant: „Wenn Sie jetzt nicht Generalvikar sind, ist ihnen vielleicht auch dies eine gute Nachricht“.

P. Konrad Werder SDS

Quelle - Weiteres

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

cathol01 hat geschrieben:»Die erhöhte Sensibilität und Entscheidungsunsicherheit macht die PAK als Pastoralmanager nicht besonders geeignet«
Möglicherweise ist die Pfarrei als geistlicher Gemischtwarenladen ja auch ein fundamentales Mißverständnis.
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Cicero
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Beitrag von Cicero »

Ketelhohn hat geschrieben:
cathol01 hat geschrieben:»Die erhöhte Sensibilität und Entscheidungsunsicherheit macht die PAK als Pastoralmanager nicht besonders geeignet«
Möglicherweise ist die Pfarrei als geistlicher Gemischtwarenladen ja auch ein fundamentales Mißverständnis.
Das hätte Konsequenzen, die zu ziehen, ich bisher bei keiner Bistumsleitung eine Bereitschaft sehe.

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cathol01
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Beitrag von cathol01 »

Ketelhohn hat geschrieben:Möglicherweise ist die Pfarrei als geistlicher Gemischtwarenladen ja auch ein fundamentales Mißverständnis.
Aber die Pfarreistruktur, wie wir sie heute haben, ist doch im heiligen Mittelalter entstanden und gehört unabdingbar zur heiligen Tradition, nein?

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

St. Ironikus haut doch bei allem Witz der Formulierungskunst mitunter daneben. Den Begriff des „Mittelalters“, den ich prinzipiell für unbrauchbar halte, lassen wir mal beiseite. Die Pfarrei als territoriale Gliederung der ebenso territorial bestimmten Diözesen dürfte im übrigen auch um einiges älter sein. Heute scheinen „pastorale“ Erfordernisse eine stärkere Ergänzung der territorialen Gliederung durch eine personale nahezulegen. Auf die damit verbundene, vielschichtige Problematik, die teils den Kern des göttlichen Baus der Kirche berührt – ob auch verletzt, wäre die Frage –, will ich hier nicht näher eingehen.

Denn oben sprach ich von etwas ganz anderem, und zwar Neuartigem: Die Masche, in der Pfarrei auf Teufel komm raus ein möglichst vollständiges Sortiment aller denkbaren geistlichen Waren feilzubieten, um im Bilde des Gemischtwarenladens zu bleiben. Will sagen, mit Unmengen von Angeboten alle Gruppen, Grüppchen und vermeintlichen Bedürfnisse irgendwie befriedigen zu müssen.

Das kommt vielleicht daher, daß man die im 19. Jahrhundert so zahlreich entstandenen Initiativen und Charismen insbesondere der Laien, die längst in ihren Verbandsstrukturen erstarrt und steril geworden sind, irgendwie ersetzen will. Fruchtbarer ist das aber zumeist auch nicht, was man da in den Pfarreien veranstaltet. Im Gegenteil, man kastriert auch noch die Pfarrer, indem man sie mit der Sorge um all dies sterile Zeug belädt.
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cathol01
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Beitrag von cathol01 »

Die Alternative wäre ja, das Prinzip der flächendeckenden Territorialpastoral (mit dem längst nicht mehr aufrecht zu erhaltenden Anspruch "an einem Ort Kirche für alle und für alles") aufzugeben, und dorthin zu gehen, wo heute die Leute sind. D.h. Kategorialseelsorge (Krankenhaus usw.), Cityseelsorge, Seelsorgszentren usw. Oder meinst du, dass eine von einer Gheottmentalität geprägten Abschottung in eine Insider-Kuschelecke mehr Ausstrahlung hat?

Ralf

Beitrag von Ralf »

Man kann das eine tun, ohne das andere zu lassen. Warum sind denn besonders manche Kloester geistl. Zentren mit riesen Zulauf von (Be-)Suchern? Es sind nicht die, die meinen hip sein zu muessen.

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Juergen
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Beitrag von Juergen »

Ralf hat geschrieben:...Warum sind denn besonders manche Kloester geistl. Zentren mit riesen Zulauf von (Be-)Suchern? ...
Das frage ich mich auch :roll:
Ok, ich gebe zu, ich bin auch mal eine Zeitlang gerne zu den Franziskanern in die Messe gegangen... aber inzwischen kann ich dieses Piep-Piep-Ringelpietz-wir-stricken-uns-ein-Hochgebet nicht mehr ertragen. (Ist halt die Saxonia - woanders sieht es anders aus)
Gruß Jürgen

Dieser Beitrag kann unter Umständen Spuren von Satire, Ironie und ähnlich schwer Verdaulichem enthalten. Er ist nicht für jedermann geeignet, insbesondere nicht für Humorallergiker. Das Lesen erfolgt auf eigene Gefahr.
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Petrus
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Beitrag von Petrus »

Laura hat geschrieben:Die Häuser waren fromme Sonderwelten
iuxta modum.

bei uns, im Herzoglichen Georgianum, war das vielleicht immer schon ein bißchen anders.

Mag es daran liegen, daß wir - als vor-tridentinisches Seminar - exemt waren und sind?

Mag es daran liegen, daß Du nur über die Straße gehen mußt (Prof. Huber-Platz -> Geschw.-Scholl-Platz), und dann genau an dem Platz bist, wo Sophie Scholl die letzten Flugblätter verteilte, vor Ihrer Verhaftung ?

ich weiß es nicht.

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cathol01
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Beitrag von cathol01 »

Ad Zulauf der Klöster:

Die Gästezimmer sind voll, die Mönchszimmer leer...

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cathol01
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Beitrag von cathol01 »

Aber ist das hier denn eurer Meinung nach wirklich der Weg?
Bischöfliches Seminar Eichstätt - Regentenforum am 13.10.2002

Am 13.10.2002 fand nach der gemeinsamen Komplet im Saal Prinz Max zu Sachsen ein Regentenforum statt, indem Regens Gehr einige Neuerungen für das Wintersemester den Alumnen des Hauses mitteilte.

Verpflichtende Zeiten

Zum einen gibt es weitere verpflichtende Gebetszeiten für alle Alumnen im Haus. Zu den Messen am Dienstag mit Sonntag, der Laudes von Sonntag und der Vesper am Samstag kommen nun in diesem Semester die Laudes von Dienstag, Donnerstag und Freitag und die Vespern von Montag mit Freitag. Auch sind die Abendmessen von Montag mit Samstag verpflichtend. Regens Gehr wies darauf hin, dass keine Univeranstaltungen, außer den Sprachkursen ab 18.00 Uhr mehr besucht werden dürfen.

Kleiderordnung

Ein weiterer Tagespunkt war die neue Kleiderordnung. Es wurde darauf hingewiesen, dass ein Alumne im Priesterseminar Eichstätt außerhalb seines Privatzimmers eine dunkle Stoffhose, ein Hemd mit Knöpfen und einen Pullover in dunkler Farbe zu tragen hat. Das Schuhwerk soll geschlossen sein. Das Tragen von Sandalen oder Turnschuhen ist nicht gestattet. Bayerische Tracht ist selbstverständlich auch weiterhin erlaubt. Jeans und T-Shirts sollen nicht getragen werden.

Sauberkeit

Auf die Ordnung in den öffentlichen Bereichen des Hauses wurde aufmerksam gemacht. Räume sollen so verlassen werden, wie sie aufzufinden gewünscht sind.

Sperrung des Internet

Ab sofort wurden die Internetzugänge auf den Zimmern gesperrt. Eine Benutzung ist somit nicht mehr möglich.
Von 22.00 Uhr bis 7.00 Uhr ist auch der Internetzugang vom öffentlichen Computerraum nicht mehr möglich.
Diese Regeln sind zum Schutz der Alumnen ergriffen worden.

Sperrung der Fernsehkanäle

In den beiden Fernsehräumen wurden die Kanäle RTL, SAT 1, RTL II, Super RTL, Pro 7, VOX und Neun Live gesperrt, da sie ein Programm ausstrahlen, dass für Alumnen ungeeignet sei. Regens Gehr wies darauf hin, dass alle Aktionen vom Bischof begrüßt und unterstützt werden.

Neueinrichtung eines Werkraums

Als Ausgleich für die genommenen Freiheiten wird demnächst ein Werkraum für die Alumnen eingerichtet. Dort wird es möglich sein zu Töpfern, oder das Buchbinden zu lernen. Das Angebot soll noch ausgebaut werden.

Gäste im Haus

Gäste von Alumnen sollen bitte dem Regens vorgestellt werden.

Schlüssel

Entliehene Schlüssel sollen wieder der Pforte zurückgegeben werden und nicht selbst weiterverliehen werden.

Bücherbasar

Der Bücherbasar wurde aufgelöst. Büchergeschenke von Pfarrern oder aus Nachlässen bekommt ab sofort nicht mehr das Seminar, sondern die Universität.

Leistungsnachweise

Noch nicht abgelieferte Leistungsnachweise sollen in Kopie in der Regentie für die Akten abgegeben werden.

Quelle
Ich den zitierten Text in Quote-Tags gesetzt, da die gewählte Schrift so klein war, daß sie kaum lesbar war. - Jürgen

Cicero
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Beitrag von Cicero »

...
Verpflichtende Zeiten

Zum einen gibt es weitere verpflichtende Gebetszeiten für alle Alumnen im Haus.
Macht Sinn, wenn eine Gemeinschaft, auch eine auf Zeit, zusammenfinden soll.
...
Regens Gehr wies darauf hin, dass keine Univeranstaltungen, außer den Sprachkursen ab 18.00 Uhr mehr besucht werden dürfen.
Was soll so ein Blödsinn???
Kleiderordnung

Ein weiterer Tagespunkt war die neue Kleiderordnung. Es wurde darauf hingewiesen, dass ein Alumne im Priesterseminar Eichstätt außerhalb seines Privatzimmers eine dunkle Stoffhose, ein Hemd mit Knöpfen und einen Pullover in dunkler Farbe zu tragen hat. Das Schuhwerk soll geschlossen sein. Das Tragen von Sandalen oder Turnschuhen ist nicht gestattet. Bayerische Tracht ist selbstverständlich auch weiterhin erlaubt. Jeans und T-Shirts sollen nicht getragen werden.
Darüber kann man diskutieren - und zwar heftig!
Was ist eine dunkle Farbe?
Wieviele Knöpfe muß ein Hemd haben?
...:kratz:
Sauberkeit
...
Muß man denen das sagen?
Sperrung des Internet
...
Diese Regeln sind zum Schutz der Alumnen ergriffen worden.
Und zum Schutz der Vikare wird dann später im Pfarrhaus auch das
Internet gesperrt??? Die Internetcafes im Umkreis von 10 Kilometern
werden gebeten Alumnen den Zutritt zu verweigern.
Die Eltern und Geschwister der Alumnen werden gebeten,
bei Heimatbesuchen den Alumnen den Zugang zum Internet zu verwehren....
Sperrung der Fernsehkanäle
..., da sie ein Programm ausstrahlen, dass für Alumnen ungeeignet sei. Regens Gehr wies darauf hin, dass alle Aktionen vom Bischof begrüßt und unterstützt werden.
Für Vikare sind sie dann wieder geeignet?
Rest s.o.
Neueinrichtung eines Werkraums

Als Ausgleich für die genommenen Freiheiten wird demnächst ein Werkraum für die Alumnen eingerichtet. Dort wird es möglich sein zu Töpfern, oder das Buchbinden zu lernen. Das Angebot soll noch ausgebaut werden.
Ein Töpferkurs für Alumnen, ....na gut, daß wir mal darüber geredet haben.
Gäste im Haus

Gäste von Alumnen sollen bitte dem Regens vorgestellt werden.

Schlüssel

Entliehene Schlüssel sollen wieder der Pforte zurückgegeben werden und nicht selbst weiterverliehen werden.

Bücherbasar

Der Bücherbasar wurde aufgelöst. Büchergeschenke von Pfarrern oder aus Nachlässen bekommt ab sofort nicht mehr das Seminar, sondern die Universität.

Leistungsnachweise

Noch nicht abgelieferte Leistungsnachweise sollen in Kopie in der Regentie für die Akten abgegeben werden.
Ein Glück, daß nicht auch noch eine Benutzungsordnung für die Toiletten
des Hauses dabei ist.

Sorry, aber bei solchen Regelungen wundert es mich nicht, was für
unmündige, lebensuntüchtige Knäblein die Seminare verlassen.
Viel mehr wundert es mich, daß trotzdem so manch ein Charakterkopf
dadurch kommt und sich seine Persönlichkeit bewahrt.

Wir brauchen keine weltfremden Bübchen in den Pfarrhäusern, sondern
gestandene Männer, die mutig und selbstbewußt in unserer Zeit in unserer
Welt den Glauben verkünden - gelegen oder ungelegen - und die
Sakramente spenden.

Zu Roberts Gemischtwarenladen:
Es fehlt der Mut Dinge zusammenbrechen zu lassen.
Die Aktionen, die Du als steril bezeichnest, halte ich für hochgradig
verkeimt! Sie infizieren die Priester bis hin zur völligen Lähmung.

Aber sind Priester, die wie oben beschrieben ausgebildet sind, in der
Lage sich zu wehren?

Jojo
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Beitrag von Jojo »

Cicero hat geschrieben:Und zum Schutz der Vikare wird dann später im Pfarrhaus auch das Internet gesperrt???
:D
Vor allem die Internet-Maßnahme ist schon sehr originell! Damit übertreffen sie sogar die Klöster. Dort ist Internet fast überall selbstverständlich, meines Wissens gibt es natürlich auch keine "Sperrstunden".

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Juergen
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Beitrag von Juergen »

Ich kann Peters Ausführungen nur zustimmen !

Ab 18:00 Uhr nicht mehr zur Uni ? :roll: Für mich waren die Spätveranstaltungen wie: Speialvorlesungen zum Thema ostkirchl. Theologie, Lektürekurs von neuen lat. vatikanischen Doumenten (z.B. neue AEM); Lektürekurs der lat. Rubriken des Messbuchs von 1570 immer besonders interessant.

Ich frage mich zudem, was die Leistungsnachweise den Regens angehen.
Gruß Jürgen

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Stefan

Beitrag von Stefan »

Ich frage mich, was dazu geführt hat, solche Regelungen zu erlassen. Das macht ein Regens doch nicht grundlos und willkürlich. :roll:

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Juergen
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Beitrag von Juergen »

Stefan hat geschrieben:Ich frage mich, was dazu geführt hat, solche Regelungen zu erlassen. Das macht ein Regens doch nicht grundlos und willkürlich. :roll:
Die Gründe kenne ich nicht.
Aber mich wundern die Aussagen zu den "Verpflichtenden Zeiten". Als ich studiert habe, gab es einen Paderborner PAK, der in Eichstätt studierte und auch dort im Seminar lebte. Der erzählte mir seinerzeit, daß sie täglich eine verplichtende Messe hätten. - Es scheint so, als sei dieser Punkte mal gelockert worden und nun wieder verschärft worden.
Gruß Jürgen

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Bischöfliches Seminar Eichstätt - Regentenforum am 13.10.2002
Am 13.10.2002 fand nach der gemeinsamen Komplet im Saal Prinz Max zu Sachsen ein Regentenforum statt, indem Regens Gehr einige Neuerungen für das Wintersemester den Alumnen des Hauses mitteilte …
Das ist ja mal eine gute Nachricht. Wenn ich das mit der seit langem geltenden Berliner Ordnung vergleiche, stelle ich weitgehende Übereinstimmung fest. Eigentlich sollte so etwas auch selbstverständlich sein. So etwa feste liturgische Zeiten, aber überhaupt auch vorgeschriebene Zeiten im Tageslauf: für gemeinsame Mahlzeiten zum Beispiel, oder für die Schließung des Hauses am Abend und die Bettruhe. Daß keine Abendveranstaltungen außerhalb des Hauses besucht werden dürfen, sofern nicht unabweisbar nötig, ist wichtig für den Schutz der Seminaristen. In Eichstätt vermisse ich allerdings eine sehr kluge Schutzregel, die wir hier haben, daß nämlich die Seminaristen stets nur zu zweit (oder zu mehreren) außerhalb des Seminars unterwegs sein dürfen.

Als Kleiderordnung kenne ich bei uns bloß, daß ab der Erteilung der Admissio durch den Bischof Klerikerkleidung getragen wird, also schwarzer Anzug mit Kollar. Was für die jüngeren gilt, weiß ich nicht, aber dem tatsächlichen Erscheinungsbild unserer Seminaristen vermute ich, daß es ähnliche Regeln gibt wie in Eichstätt.

Die Sauberkeit wird bei uns ebensfalls durch die Seminaristen selbst aufrecht erhalten, die in wechselnden Diensten putzen, die Gartenanlagen pflegen oder bei Tisch aufwarten. Anderes, wie Kochen und Waschen, erledigen allerdings mehrere ältere Schwestern und Witwen aus Bayern, Italien und Spanien.

Das Internet ist grundsätzlich gesperrt, außer für den Regens und den Viceregens. Wenn einer unbedingt eine dringende E-Mail senden muß, dann darf er das vom Rechner des Viceregens aus, sofern er gut begründen kann, weshalb der normale Postweg nicht ausreicht.

Daß die Seminaristen nicht „autonom“ Gäste empfangen können, ist eigentlich auch recht selbstverständlich. Jeglicher Zugang für Besucher ist hier nur mit Erlaubnis des Regens oder des Viceregens möglich.

Ein weiterer Punkt wurde in obigem Bericht über die Eichstätter Regeln nicht erwähnt: das Geld. Eine wichtige Sache. Die Seminaristen sollen nicht über Geld verfügen. Was sie haben oder bekommen, sollen sie dem Regens abgeben. Wenn sie etwas brauchen – Kleidung, Süßigkeiten, Zigaretten, Friseurbesuch o. ä. –, dann gehen sie zum Regens und bekommen soviel wie benötigt.

Unsere Berliner Erfahrung zeigt, wie segensreich solch klare Seminarordnung ist. Nur am Rande sei angemerkt, daß auch Eltern größerer Kinder ähnliche Regeln aufstellen sollten. Was den Seminaristen frommt, ist für Jugendliche im Elternhaus nicht minder segensreich.
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Cicero hat geschrieben:»Zu Roberts Gemischtwarenladen:
Es fehlt der Mut Dinge zusammenbrechen zu lassen.
Die Aktionen, die Du als steril bezeichnest, halte ich für hochgradig
verkeimt! Sie infizieren die Priester bis hin zur völligen Lähmung.«
„Steril“ meinte ich im Sinne von „unfruchtbar“, Peter, nicht von „keimfrei“.
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Stefan

Beitrag von Stefan »

Ketelhohn hat geschrieben:Nur am Rande sei angemerkt, daß auch Eltern größerer Kinder ähnliche Regeln aufstellen sollten. Was den Seminaristen frommt, ist für Jugendliche im Elternhaus nicht minder segensreich.
Eine solche Regelung für größere Kinder garantiert zumindest, daß sie mit 30 nicht immer noch zu Hause rumhocken :roll:

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Erich_D
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Beitrag von Erich_D »

Ketelhohn hat geschrieben:
Bischöfliches Seminar Eichstätt - Regentenforum am 13.10.2002
Am 13.10.2002 fand nach der gemeinsamen Komplet im Saal Prinz Max zu Sachsen ein Regentenforum statt, indem Regens Gehr einige Neuerungen für das Wintersemester den Alumnen des Hauses mitteilte …
Das ist ja mal eine gute Nachricht. Wenn ich das mit der seit langem geltenden Berliner Ordnung vergleiche, stelle ich weitgehende Übereinstimmung fest. Eigentlich sollte so etwas auch selbstverständlich sein. So etwa feste liturgische Zeiten, aber überhaupt auch vorgeschriebene Zeiten im Tageslauf: für gemeinsame Mahlzeiten zum Beispiel, oder für die Schließung des Hauses am Abend und die Bettruhe. Daß keine Abendveranstaltungen außerhalb des Hauses besucht werden dürfen, sofern nicht unabweisbar nötig, ist wichtig für den Schutz der Seminaristen. In Eichstätt vermisse ich allerdings eine sehr kluge Schutzregel, die wir hier haben, daß nämlich die Seminaristen stets nur zu zweit (oder zu mehreren) außerhalb des Seminars unterwegs sein dürfen.

Als Kleiderordnung kenne ich bei uns bloß, daß ab der Erteilung der Admissio durch den Bischof Klerikerkleidung getragen wird, also schwarzer Anzug mit Kollar. Was für die jüngeren gilt, weiß ich nicht, aber dem tatsächlichen Erscheinungsbild unserer Seminaristen vermute ich, daß es ähnliche Regeln gibt wie in Eichstätt.

Die Sauberkeit wird bei uns ebensfalls durch die Seminaristen selbst aufrecht erhalten, die in wechselnden Diensten putzen, die Gartenanlagen pflegen oder bei Tisch aufwarten. Anderes, wie Kochen und Waschen, erledigen allerdings mehrere ältere Schwestern und Witwen aus Bayern, Italien und Spanien.

Das Internet ist grundsätzlich gesperrt, außer für den Regens und den Viceregens. Wenn einer unbedingt eine dringende E-Mail senden muß, dann darf er das vom Rechner des Viceregens aus, sofern er gut begründen kann, weshalb der normale Postweg nicht ausreicht.

Daß die Seminaristen nicht „autonom“ Gäste empfangen können, ist eigentlich auch recht selbstverständlich. Jeglicher Zugang für Besucher ist hier nur mit Erlaubnis des Regens oder des Viceregens möglich.

Ein weiterer Punkt wurde in obigem Bericht über die Eichstätter Regeln nicht erwähnt: das Geld. Eine wichtige Sache. Die Seminaristen sollen nicht über Geld verfügen. Was sie haben oder bekommen, sollen sie dem Regens abgeben. Wenn sie etwas brauchen – Kleidung, Süßigkeiten, Zigaretten, Friseurbesuch o. ä. –, dann gehen sie zum Regens und bekommen soviel wie benötigt.

Unsere Berliner Erfahrung zeigt, wie segensreich solch klare Seminarordnung ist. Nur am Rande sei angemerkt, daß auch Eltern größerer Kinder ähnliche Regeln aufstellen sollten. Was den Seminaristen frommt, ist für Jugendliche im Elternhaus nicht minder segensreich.
Ist dieser Beitrag ironisch gemeint?
"Spiel nicht mit den Schmuddelkindern sing nicht ihre Lieder. Geh doch in die Oberstadt mach´s wie deine Brüder", so sprach die Mutter, sprach der Vater, lehrte der Pastor."

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Juergen
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Beitrag von Juergen »

Erich Dumfarth hat geschrieben:Ist dieser Beitrag ironisch gemeint?
Ich befürchte, Robert meint das ernst. :roll:
Gruß Jürgen

Dieser Beitrag kann unter Umständen Spuren von Satire, Ironie und ähnlich schwer Verdaulichem enthalten. Er ist nicht für jedermann geeignet, insbesondere nicht für Humorallergiker. Das Lesen erfolgt auf eigene Gefahr.
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Geronimo

Beitrag von Geronimo »

Grüß Gott,

was ist an diesen Vorschriften so schlimm? Erstmal wirft es ein bezeichnendes Licht auf die Alumnen, denn dass man sie auf solche Regeln so explizit hinweisen muss,das heißt ja wohl schon einiges. Könnte es nicht sein, dass hier mal etwas vom Gehorsam eingeübt werden soll, den viele offenbar nicht einfach mitbringen? Wozu soll RT, Vox etc. gut sein – damit man sich über die Welt informiert? Das ist doch Kokolores. Und auf das Internet abends zu verzichten, ist sicher keine schlechte Übung.

Für mich hat alles mit weltfremd nichts zu tun; ich erkenne da eher eine bockige Haltung dahinter, die sich verzweifelt an alles Weltliche klammert mit der Entschuldigung, man müsse als Priester sich ja auskennen in der Welt. Nun, ich als Laie sehe das etwas anders.
Für mich ist es logisch und nachvollziehbar, dass man sowohl in Bezug auf Kleidung als auch auf gesellschaftliche Umtriebe an Priesteramtkandidaten andere Maßstäbe anlegt als an Kreti und Pleti. Schlimm genug, in welcher Kleidung manche Priester in der Gemeinde rumrennen. Eben noch in Shorts und Jeans – nun schon im Priestergewand auf der Showbühne –Tusch!

Finde ich ein bißchen traurig, das Gejammer, was einem da eventuell alles versagt und entgeht. Vielleicht sollten solche Männer lieber nicht Priester werden. Hört sich für mich eher nach Jammerlappen an, die dem nachgreinen, was ihnen entgeht.

Vielleicht ist es einfach aus dem Gedächtnis der heutigen Menschen verschwunden, dass Weltfremdheit ein kostbares Gut sein kann, um das man kämpfen muss.
Also ehrlich gesagt - auf Priester, die sich schon in der Aussbildung so schwer tun mit allem, was von ihnen verlangt wird oder was man ihnen entsagt, kann ich verzichten. Wie so ein „gestandener Mann“ dann in der Gemeinde rumfachiert, kann ich mir vorstellen. Na, Hauptsache, er hat genug TV in seiner Ausbildung genossen, dann kann er wenigstens mitredne, wenn seine Schäfchen über Stefan Raab etc. palavern. Was für eine Anbiederei!

Ich als Laie habe kein Problem mit weltfremden Priestern, sondern eher mit denen, die keine reine Ausstrahlung haben (falls jemand versteht, was ich damit meine).

Gruß
Geronimo

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Cicero hat geschrieben:»Sorry, aber bei solchen Regelungen wundert es mich nicht, was für
unmündige, lebensuntüchtige Knäblein die Seminare verlassen.
Viel mehr wundert es mich, daß trotzdem so manch ein Charakterkopf
dadurch kommt und sich seine Persönlichkeit bewahrt.

Wir brauchen keine weltfremden Bübchen in den Pfarrhäusern, sondern
gestandene Männer, die mutig und selbstbewußt in unserer Zeit in unserer
Welt den Glauben verkünden - gelegen oder ungelegen - und die
Sakramente spenden«
Peter, die gestandenen Männer erwachsen gerade aus einer strengen Erziehung. Und das Seminar muß erziehen. Ein Seminar, daß alles erlaubt, bringt ungezogene Jungen hervor, die nie erwachsen werden. (Ich habe leider selber keine allzu strenge Erziehung genossen. Bloß mal am Rande.)

Was die Vikare oder Kapläne betrifft, Peter, deretwegen du fragst, was man denen auch alles noch verbieten soll, so geht es eben darum, die Kandidaten im Seminar zu reifen Persönlichkeiten zu erziehen, die den Anfechtungen der Welt gegenüber gewachsen sind. Dennoch ist es auch für die „fertigen“ Priester besser, wenn sie wenigstens nicht alleine sind. Sondern zum Beispiel in Gemeinschaften leben.

Oder kennst du nicht zahlreichen Fälle vereinsamter und frustierter Priester, die sich mit Alkohol, Fernsehen, Freundinnen oder was auch immer zu betäuben suchen?
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Dr. Dirk
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Beitrag von Dr. Dirk »

Ich finde diese Regeln gut. Ein Seminarist entscheidet sich für ein geistliches Leben und für die Heiligkeit, d.h. er soll Selbstüberwindung und Selbstbeherrschung lernen - Eigenschaften, die für einen Priester sehr wichtig sind. Ausserdem sollte er sich innerlich freihalten von den Einflüssen der Welt, damit er sich während der Ausbildung ganz dem Geistlichen widmen kann. Ideal wäre es, wenn sich die Seminaristen diese Regeln selbst auferlegen würden, aber so ist es auch gut. Wir brauchen heilige Priester und die Gnade setzt eben die Natur voraus.

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Erich D. hat geschrieben:»Ist dieser Beitrag ironisch gemeint?«
Jürgen N. hat geschrieben:»Ich befürchte, Robert meint das ernst.«
Ernst meine ich das selbstverständlich. Mensch Jungs, wie wenig kennt ihr euch selber! Erich, Peter, Jürgen! Scheißt auf die beschissene Freiheit, die diese Welt euch vorgaukelt. Und, bitte – ganz im Ernst –, lest euch jeder selber dreimal laut ! vor, was Geronimo eben geschrieben hat.
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Erich_D
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Beitrag von Erich_D »

Was den Internet-Bereich betrifft, das scheint der "Fallout" von St. Pölten zu sein. Der EDV-Beauftragte des Seminars entdeckte bei einem Viren-Check, dass von einem Computer regelmäßig Internet-Seiten mit Kinderpornos aufgerufen wurden. Er informierte den Regens; nachdem man im November nochmals entsprechendes entdeckte,wurde Bischof Kurt Krenn informiert. Der hat die Sache an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet (wegen allfälliger Straftatbestände).

Unangenehm war die Reaktion des Regens, der nämlich sofort öffentlich erklärte, dass die Seminaristen damit nichts zu tun hätte, und andeutete, dass das Ganze eine von aussen gesteuerte Verschwörung sei.
Vor wenigen Tagen allerdings trat der Spiritual des Seminars zurück (oder wurde zurückgetreten?). Dazu gab's auch noch vor einigen Monaten einen mysteriösen Todesfall eines Seminaristen. Das St. Pöltener Seminar - das ja ebenfalls als besonders streng gilt - wurde vom Vatikan überpüft, das Ergebnis ist z.Zt. noch nicht bekannt.

Kurz: imo ist eine allzu starke Abschottung nicht minder schädlich wie ein "alle Türen auf".
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