Die Geistliche Familie “Das Werk”

Klöster, Klerus, Laienschaft. Besondere Nachfolge.
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Senensis
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Re: Die Geistliche Familie “Das Werk”

Beitrag von Senensis »

Sicher, ja. Aber: seid ihr noch nie schwach geworden?
Wer ohne Schuld ist...

Daß da was nicht in Ordnung war, ist doch sonnenklar! Ob das einen Zeitungsartikel diesen Formats rechtfertigt, glaube ich hingegen nicht! Noch dazu wurden und werden von "Klara" und mindestens einem weiteren Exmitglied eine ganze Reihe von weiteren Vorwürfe erhoben, die von zuständigen kirchlichen Stellen bereits falsifiziert wurden! Es ist so leicht, mit Steinen zu werfen, wenn es klar ist, daß jemand sich vergangen hat. Aber werden wir damit der Sache gerecht? Haben wir uns vielleicht selbst zuwenig geheiligt? Haben wir für die Heiligung der Priester gebetet?
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Senensis
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Re: Die Geistliche Familie “Das Werk”

Beitrag von Senensis »

Für alle, die sich mit Fremdwörtern nicht so gut auskennen: falsifiziert heißt "der Unrichtigkeit überführt". Es werden Vorwürfe verbreitet, die nicht stimmen, und sie werden weiterhin verbreitet, obwohl sie nicht stimmen. Das ist nicht ok!
Für mein Dafürhalten hat sich die Frage, wer "mehr" Schuld auf sich summiert (sofern man eine solche Frage überhaupt stellen darf), längst auf Seiten von "Klara" und ihren "Mitstreitern" verschoben. Man macht Unrecht nicht wieder gut durch neues Unrecht. In Sachen Das WERK werden von den Exmitgliedern Persönlichkeitsrechte verletzt, üble Nachrede verübt, Urheberrechte verletzt usw. Die Gemeinschaft übt sich in großer Geduld, und allmählich frage ich mich, ob das richtig ist, denn es gibt immer noch Leute, die christliche Demut mit Schuldeingeständnis verwechseln!
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phylax
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Re: Die Geistliche Familie “Das Werk”

Beitrag von phylax »

Senensis hat geschrieben:Sicher, ja. Aber: seid ihr noch nie schwach geworden?
Wer ohne Schuld ist...
Das war aber jetzt nicht das Thema: es ging um Kampagnen - als, ja wie soll ich das nennen, Ablenkungsmanöver?
Von Gott kommt mir ein Freudenschein,/ wenn Du mich mit den Augen Dein/ gar freundlich tust anblicken

iustus
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Re: Die Geistliche Familie “Das Werk”

Beitrag von iustus »

Die geistliche Familie "Das Werk" hat auf Vorwürfe reagiert, die eine ehemalige Schwester des Ordens in einer am Samstag erschienenen Biografie geäußert hat:

http://www.kath.net/news/482

Ist das diese Aussteigerin:
gc-148 hat geschrieben:hier ein Artikel über "das Werk"- Bericht einer Aussteigerin:

http://www.zeit.de/gesellschaft/214-4 ... s-werk-fso
Oder handelt es sich um einen anderer Fall?
„Was den Gegenstand des Glaubens betrifft, hat sich das Konzil nichts Neues ausgedacht, noch hat es Altes ersetzen wollen." (Papst Benedikt XVI.)

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Senensis
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Re: Die Geistliche Familie “Das Werk”

Beitrag von Senensis »

Ich denke, ich verrate kein Geheimnis, wenn ich sage: ja, das ist die Frau. Wer alle Daten im Detail vergleicht, kommt sowieso darauf.
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mensch
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Re: Die Geistliche Familie “Das Werk”

Beitrag von mensch »

Der Zeit-Artikel hinterlässt bei mir den Eindruck, der Autor habe sich nicht wirklich mit katholischen Ordensgemeinschaften befasst. Es liest sich außerdem so, als hätte die Frau in sich eine Berufung gespürt, die gar nicht zu ihrer Lebensart, zu ihren Empfindungen und ihrer persönlichen Ausrichtung zu passen scheint. Es ist schade und bedauerlich.

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Sarandanon
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Re: Die Geistliche Familie “Das Werk”

Beitrag von Sarandanon »

War das von der Dame in ihrem Buch geäußerte denn jetzt alles oder zum Teil Lüge, Selbstdarstellung oder einfach nur eine naivie, subjektive Wahrnehmung, oder wie muss man das nun deuten?
Dich, o Herr, kann nur verlieren, wer dich verlässt.
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Senensis
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Re: Die Geistliche Familie “Das Werk”

Beitrag von Senensis »

Das ist sehr komplex.
Die offizielle Stellungnahme der Gemeinschaft deutet bereits darauf hin, daß die Darstellung von Doris Wagner, was den postulierten "Mißbrauch" angeht, lediglich einer nachträglichen Deutung ihrerseits entspricht. Sowohl die deutsche als auch die österreichische Staatsanwaltschaft hat den Vorwurf der Vergewaltigung als nicht zutreffend zurückgewiesen. Wenn man im Buch nachliest, wird das auch plausibel. Selbst wenn man annimmt, daß D.W. überrascht war, als der Priester zum ersten Mal nachts in ihr Zimmer kam - und daß sie womöglich gutgläubig genug war, auf einen zweiten "Besuch" nicht vorbereitet zu sein, worüber sie nichts sagt - niemand kann plausibel erklären, warum sie weiteren geschlechtlichen Begegnungen nicht dadurch vorgebeugt hat, daß sie ihre Tür dicht gemacht hat. Wenn sie es nicht wollte, hätte sie nur absperren brauchen. Selbst falls sie ihren Schlüssel verloren hatte, hätte sie sich einen Holzkeil besorgen können. Der Priester hätte ihr nichts anhaben können, wenn sie ihn ausgesperrt hätte. Das ist einfach Fakt. Zum Zeitpunkt der Tat war es offensichtlich einvernehmlich. Das gibt sie in einem Interview sogar implizit selbst zu. Die Kronenzeitung hat einzelne Clips als Höraufnahme verfügbar gemacht: http://www.krone.at/Oesterreich/Was_ist ... ory-4266 (Clip 2).
Im Buch erfährt man dann auch, daß Doris Wagner bereits kurze Zeit nach dem postulierten "Mißbrauch" innerhalb der Gemeinschaft dezidiert einvernehmliche erotische Kontakte mit einem weiteren Mitbruder hatte. Dieser wird als charmant und gutaussehend beschrieben. Unattraktiv - böse, fesch - gut? Sie hatte offensichtlich Interesse an Männern, heute ist sie verheiratet.

[Einige Mutmaßungen entfernt. -HeGe]
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mensch
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Re: Die Geistliche Familie “Das Werk”

Beitrag von mensch »

Danke für Deine Ausführungen. Das ist, was mir als erstes auffiel: Als Konvertitin oder Erwachene führen einen Gottes Wege häufig zu Gemeinschaften, deren Charisma mit den eigenen Gaben harmoniert. Meistens merkt man im Vorfeld, dass 'es passt'. Ich kenne einige Situationen, in denen Menschen an bestimmte Gemeinschaften heran- und später hineingewachsen sind. Entspricht mir das Charisma so gar nicht, entzweien sich die Wege vor einer näheren Zusammenkunft. Spätestens aber in den ersten Monaten und Jahren nach dem Eintritt, lange vor den ewigen Gelübden, stellt sich heraus, ob die zuvor angedeutete Berufung für die Gemeinschaft sich auch wirklich in ihr findet und verwirklicht. Es ist unglaubwürdig, wenn jemand den Eindruck erwecken will, dass er so einfach hineingerutscht wäre. Zu der Beziehungssituation kann ich nichts sagen, oft ist bei uns Menschen so, dass wir unser eigenes Scheitern jemand anderem zuschieben wollen und dann Gründe suchen, die außerhalb von uns liegen. Sich in der persönlichen Berufung zu täuschen halte ich für in sich traumatisch.

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Senensis
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Re: Die Geistliche Familie “Das Werk”

Beitrag von Senensis »

Da stimme ich Dir absolut zu.
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Sarandanon
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Re: Die Geistliche Familie “Das Werk”

Beitrag von Sarandanon »

Danke für die Ausführungen.
Dich, o Herr, kann nur verlieren, wer dich verlässt.
(Augustinus Aurelius)

Fragesteller
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Re: Die Geistliche Familie “Das Werk”

Beitrag von Fragesteller »

Danke für die ausführliche Information!
Senensis hat geschrieben:Ich bin leider ziemlich unter Zeitdruck gerade. Wenn Du mir konkret sagst, was Dir aufstößt, sage ich gern (nach bestem Wissen und Gewissen), was dran sein dürfte.
Einiges aus dem Zeit-Artikel:
alle Briefe werden geöffnet und manche zurückgehalten.
Alle erzählen, wie Verhaeghe sogar das Beichtgeheimnis brach und die Beichte als Instrument der Kontrolle und Repression einsetzte.
(Also natürlich abgesehen davon, dass es sich nicht um eine Beichte im strengen Sinne handelte ... Umus obige Frage danach, ob man den Beichtvater tatsächlich nicht frei wählen dürfe, scheint auf dem selben Missverständnis zu basieren.)
[Durch die Versetzungen] soll verhindert werden, dass Bindungen zwischen einzelnen Mitgliedern entstehen.
Aber es ist ja klar, dass das alles so nicht stimmen kann ... Wenn die Kontrolle so starr wäre, wären ja die ganzen sexuellen Geschichten nicht passiert, und von Beziehungsunfähigkeit zu reden und ein halbes Jahr später verheiratet zu sein, passt auch nciht so ganz gut zusammen.

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mensch
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Re: Die Geistliche Familie “Das Werk”

Beitrag von mensch »

Am Ende ist die vermeintlich strenge Kontrolle oft nicht mehr als die regelmäßge Gewissensprüfung und eine stetige geistliche Begleitung. Eine Versetzung, wenn eine Gefährdung für die Gelübde erkannt wird, ist nicht unvernünftig und sollte auch der Einsicht der Beteiligten zugänglich sein. Vielleicht sind das die Prüfungen, an denen sich entscheidet, ob es um den eigenen Willen oder den Gottes geht.

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Re: Die Geistliche Familie “Das Werk”

Beitrag von gc-148 »

mensch hat geschrieben:Am Ende ist die vermeintlich strenge Kontrolle oft nicht mehr als die regelmäßge Gewissensprüfung und eine stetige geistliche Begleitung. Eine Versetzung, wenn eine Gefährdung für die Gelübde erkannt wird, ist nicht unvernünftig und sollte auch der Einsicht der Beteiligten zugänglich sein. Vielleicht sind das die Prüfungen, an denen sich entscheidet, ob es um den eigenen Willen oder den Gottes geht.
Gewissensprüfung und strenge Kontrollen sind wohl was fundamental Unterschiedenes.

Geistliche Begleitung sieht aber wohl anders aus als in dem Artikel dargestellt.
Was alles als Prüfung Gottes dargestellt werden kann ...

Es gibt christliche Gemeinschaften, die sektenhaft sind......

iustus
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Re: Die Geistliche Familie “Das Werk”

Beitrag von iustus »

gc-148 hat geschrieben: Es gibt christliche Gemeinschaften, die sektenhaft sind......
Aber es gibt keinerlei Belege dafür, dass die Geistliche Gemeinschaft Das Werk dazugehört.
„Was den Gegenstand des Glaubens betrifft, hat sich das Konzil nichts Neues ausgedacht, noch hat es Altes ersetzen wollen." (Papst Benedikt XVI.)

gc-148
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Re: Die Geistliche Familie “Das Werk”

Beitrag von gc-148 »

iustus hat geschrieben:
gc-148 hat geschrieben: Es gibt christliche Gemeinschaften, die sektenhaft sind......
Aber es gibt keinerlei Belege dafür, dass die Geistliche Gemeinschaft Das Werk dazugehört.
aber auch keine Gegengründe ........

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Protasius
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Re: Die Geistliche Familie “Das Werk”

Beitrag von Protasius »

gc-148 hat geschrieben:
iustus hat geschrieben:
gc-148 hat geschrieben: Es gibt christliche Gemeinschaften, die sektenhaft sind......
Aber es gibt keinerlei Belege dafür, dass die Geistliche Gemeinschaft Das Werk dazugehört.
aber auch keine Gegengründe ........
"Das Mindestmaß an Wohlwollen, ohne das es kein Verstehen gibt ..." (nach Benedikt XVI.)
Der so genannte ‚Geist’ des Konzils ist keine autoritative Interpretation. Er ist ein Geist oder Dämon, der exorziert werden muss, wenn wir mit der Arbeit des Herrn weiter machen wollen. – Ralph Walker Nickless, Bischof von Sioux City, Iowa, 2009

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Maurus
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Re: Die Geistliche Familie “Das Werk”

Beitrag von Maurus »

gc-148 hat geschrieben:
iustus hat geschrieben:
gc-148 hat geschrieben: Es gibt christliche Gemeinschaften, die sektenhaft sind......
Aber es gibt keinerlei Belege dafür, dass die Geistliche Gemeinschaft Das Werk dazugehört.
aber auch keine Gegengründe ........
In einem Rechtsstaat muss man nicht beweisen, kein Verbrecher zu sein.

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Maurus
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Re: Die Geistliche Familie “Das Werk”

Beitrag von Maurus »

Die Limburger Niederlassung bekommt übrigens Verstärkung: https://www.bistumlimburg.de/meldungen/ ... f15a2.html

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mensch
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Re: Die Geistliche Familie “Das Werk”

Beitrag von mensch »

Lieber gc-148, Du hast Recht. Das können wir unterscheiden. Wie sieht es mit Außenstehenden aus? Nicht selten treffe ich Menschen, die in regelmäßiger Beichte und Gewissensforschung ein Kontrollsystem der Kirche sehen. Bei regelmäßiger geistlicher Leitung steigert sich diese Einschätzung. Der Autor des Artikels macht auf mich keinen kompetenten Eindruck. Daher kann ich nicht ausschließen, dass seine Schilderungen genauso verzerrt sind. Die Diskussion hat aber eine sehr problematische Seite. Unabhängig von den beiden Urteilen, die eine Vergewaltigung ausgeschlossen haben, neigt man in dieser Gesellschaft dazu, die Schuld zu sehr beim Opfer zu suchen (zB. "sie hätte ja die Tür abschließen können...") und die Täter zu entschuldigen. Wir sollten aufpassen, dass wir uns immer bewusst sein sollten, dass wir auch dieser Gefahr unterliegen.

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Senensis
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Re: Die Geistliche Familie “Das Werk”

Beitrag von Senensis »

Fragesteller hat geschrieben:
alle Briefe werden geöffnet und manche zurückgehalten.
[Durch die Versetzungen] soll verhindert werden, dass Bindungen zwischen einzelnen Mitgliedern entstehen.
Aber es ist ja klar, dass das alles so nicht stimmen kann ... Wenn die Kontrolle so starr wäre, wären ja die ganzen sexuellen Geschichten nicht passiert, und von Beziehungsunfähigkeit zu reden und ein halbes Jahr später verheiratet zu sein, passt auch nciht so ganz gut zusammen.
Zu der Brieffrage hat sich der Sprecher der Gemeinschaft, P. Georg Gantioler FSO, dem ORF gegenüber wie folgt geäußert, daß Briefe früher von der Leitung gelesen worden seien, aber das gebe es heute nicht mehr. "Da sind die Grenzen manchmal fließend gewesen..daß man uns das jetzt zum Vorwurf macht - ja, das kann man, ja. (...) Man kann es Fehler nennen; ich würde sagen, es waren Entwicklungsschritte, die aus einer "pubertären" Gemeinschaft eine reifere Gemeinschaft gemacht hat, auch durch schmerzliche Erfahrungen hindurch."
Ich persönlich möchte hinzufügen, daß das vor noch nicht allzulanger Zeit in Orden weitaus üblicher war, als wir uns das heute vorstellen können. In strengen Orden kann es das m. W. nach wie vor geben. Man muß auch verstehen, daß das Werk sich aus der Karmelspiritualität entwickelt hat, die eine äußerst strenge Askese vorsieht. Man versteht sich als kontemplative Gemeinschaft, die die Grenzen einer Klausur überschreitet, um in die Welt hinauszuwirken. Die "Klausur" existiert nur noch im Gewissen des Einzelnen, in einer Art "inneren Zelle" (vgl. Katharina von Siena). So gibt es auch innerhalb der Gemeinschaft weitaus weniger Kontrolle und äußerliche Grenzen oder Forderungen, als Doris Wagner glauben macht. Die Härte der Askese oder z. B. die Verantwortung im Umgang mit den Mitbrüdern/Mitschwestern liegt vorrangig in der Verantwortung des Einzelnen. Das sieht man, wie Du richtig bemerkst, schon daran, daß im Buch mehrfach erotische Kontakte beschrieben werden. Doris Wagner wechselt auch vertrauliche Briefe, die man Liebesbriefe nennen könnte, mit "P. Alwin", und er schickt ihr ein Parfum - das offenbar nicht von der Postkontrolle erfaßt wurde...

Es liegt auch bei Berufungsfragen generell in der Verantwortung des Einzelnen, zu erkennen und zu entscheiden, ob es einem in der jeweiligen Gemeinschaft gut geht oder nicht. Wenn alles so schrecklich ist, tritt man entweder nicht ein oder man tritt wenigstens wieder aus. Alles andere weist möglicherweise auf Unreife, religiöse Fehlprägungen oder psychische Schwäche hin.
Speziell im Werk ist es besonders einfach, die persönliche Eignung zu prüfen, weil es eben keine Klausur gibt und man als Besucher ohne Probleme und ohne Verbindlichkeit (auch wenn man nicht eintreten will) voll mitleben kann. Das ist in den meisten Orden komplizierter. Man wird auch weder zum Eintritt gedrängt noch am Austritt gehindert.

Ich hoffe, ich habe mich jetzt weniger mißverständlich ausgedrückt.

Zu den Vorwürfen, die Julia Verhaeghe direkt betreffen, bin ich nicht informiert. Sie beziehen sich allerdings auf einen bereits lang zurückliegenden Zeitraum. Man sollte daher damit vorsichtig sein. Generell erwecken Doris Wagner, "ein Expriester" und Darren Canning, die derzeit in den Medien in Erscheinung treten, den Eindruck, daß es sich um eine große Anzahl von "Aussteigern" handelt, die negative Erfahrungen gemacht haben und jetzt auspacken. Das stimmt so nicht. Es ist zwar richtig, daß über die Jahre von denen, die eingetreten sind, einige auch wieder gegangen sind, aber das ist normal. Das ist in jeder Gemeinschaft so. Und es ist durchaus nicht so, daß alle aufgrund von negativen Erfahrungen gegangen sind. In den meisten Fällen hat es sich einfach herausgestellt, daß es nicht der richtige Weg war (habe ich mir auf Nachfrage sagen lassen). Diejenigen hingegen, die jetzt mit ihren negativen Erfahrungen Furore machen, haben auch viele positive und schöne Erlebnisse gehabt. Auch und gerade Doris Wagner.

Es ist beispielsweise eine Eigenschaft des menschlichen Gehirns, die Vergangenheit so zu sehen, wie es der gegenwärtigen Gefühlslage entspricht, und die Erinnerungen entsprechend zu klittern. Es sind natürlich auch andere Motive denkbar.
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mensch
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Re: Die Geistliche Familie “Das Werk”

Beitrag von mensch »

Senensis hat geschrieben:Die Härte der Askese oder z. B. die Verantwortung im Umgang mit den Mitbrüdern/Mitschwestern liegt vorrangig in der Verantwortung des Einzelnen. Das sieht man, wie Du richtig bemerkst, schon daran, daß im Buch mehrfach erotische Kontakte beschrieben werden.
Das klingt merkwürdig. Sind die evangelischen Räte nicht eine verpflichtende Anforderung an Ordensgemeinschaften ?

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Senensis
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Re: Die Geistliche Familie “Das Werk”

Beitrag von Senensis »

:D Doch, natürlich. Intendiert ist absolute Keuschheit. Aber man wird eben nicht durch doppelte Türen und dreifache Gitter gehindert, sondern vor allem durch das eigene Gewissen vor Gott.
Es gibt natürlich eine kluge und realistische Trennung der Wohn- und Lebensbereiche. Man teilt einige Mahlzeiten, und man betet gemeinsam. Der Umgang soll durch Freundlichkeit und Distanz charakterisiert sein. Damit wird eine Familiarität angestrebt, die jedem einzelnen genug Seelenruhe beläßt, daß das geistliche Leben und die Brautschaft mit Christus Entfaltung finden kann. Zugleich strebt man danach, die gottgewollte gegenseitige Ergänzung von Mann und Frau auch im geweihten Leben geistlich fruchtbar zu machen. Hm.. ist das klarer?
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mensch
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Re: Die Geistliche Familie “Das Werk”

Beitrag von mensch »

So kenne ich das auch. Deswegen war ich über den Ansatz, den die zitierten Sätze andeuten, etwas verwirrt. :kugel:
Tatsächlich glaube ich auch, dass diese familiären Strukturen für eine Gemeinschaft ein Gewinn sind, denn das zueinander Hingeordnetsein der Geschlechter, das biblisch beschrieben wird, erschöpft sich nicht in der sexuellen Natur, sondern durchzieht uns ganz als Person. Ich könnte mir, trotz Ehelosigkeit, gar kein Christsein ohne das andere Geschlecht und seine Dynamik vorstellen.

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Senensis
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Re: Die Geistliche Familie “Das Werk”

Beitrag von Senensis »

Mir ging es in den fraglichen Sätzen lediglich darum, zu zeigen, daß man im Werk eben nicht ständig kontrolliert wird. Die Jungfräulichkeit ist ihnen sehr wichtig. Das geht auch gar nicht anders, sonst könnte man die gegenseitige Ergänzung gar nicht in der Form leben. Übrigens - auch wenn jetzt durch Doris Wagner ein anderer Eindruck entstanden ist - normalerweise klappt das sehr gut, dank der Gnade Gottes und des nüchternen Realismus in der Gemeinschaft. Ich habe die Patres immer als äußerst respektvoll und zuverlässig im Umgang mit Frauen erlebt. Und ich kenne leider auch anderes, sowohl in anderen Orden als auch von Weltpriestern.

Das mit dem zueinander Hingeordnetsein der Geschlechter hast Du schön gesagt.
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Re: Die Geistliche Familie “Das Werk”

Beitrag von mensch »

Ja, ich verstehe was Du beschreiben wolltest. Da es keine physische Abgrenzung zum anderen Geschlecht gibt, ist eine starke, persönliche Verantwortung für sein Leben notwendig. Darin sehe ich aber wie Du auch kein Problem: Wenn man Ehelosigkeit als Geschenk empfindet, mit einem persönlichen Gewinn in der Weise, wie man anderen Menschen gegenübertreten und sie sehen kann, dann gibt es auch keine Probleme im Umgang mit dem anderen Geschlecht. Schwierig wird es ja erst, wo es mit Zwang verbunden ist, wo man gegen sich selbst kämpfen muss, weil einem die Ehelosigkeit nicht geschenkt wurde. Unter solcher Bedingung ist eine familiäre Struktur mit beiden Geschlechtern kaum machbar. Unter Zwang lässt sich mit der eigenen sexuellen Struktur kaum umgehen. Dann führt sie einen auch nicht zur Freiheit (von sich selbst), sondern geißelt einen (in sich selbst). Kleine Ergänzung: Ich glaube als Christ kann man nur in Ehe oder in einer (ehelosen - sic!) Gemeinschaft wirklich christlich leben.

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Senensis
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Re: Die Geistliche Familie “Das Werk”

Beitrag von Senensis »

Ja, so sehe ich das auch. Wenn man in erster Linie darauf aus ist, eine bräutliche Beziehung mit Christus zu pflegen, ist das mit dem Miteinander auch gar nicht so die komplizierte Frage. Man geht freundlich miteinander um und sucht gar keine Nähe, die nicht statthaft wäre.
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Re: Die Geistliche Familie “Das Werk”

Beitrag von mensch »

ich glaube es ist eine Liebe auf sehr tiefer Ebene, die körperliche Zwänge und Dominanzen überwunden und einen weiter Blick auf das Himmelreich hat.

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taddeo
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Re: Die Geistliche Familie “Das Werk”

Beitrag von taddeo »

mensch hat geschrieben:Kleine Ergänzung: Ich glaube als Christ kann man nur in Ehe oder in einer (ehelosen - sic!) Gemeinschaft wirklich christlich leben.
Das Eremitentum spricht gegen diese Annahme. Natürlich ist es in Gemeinschaft eventuell leichter - es muß ja seinen Grund haben, daß sich die Eremiten von Anfang an auch zu losen Gemeinschaften zusammengeschlossen haben, aus denen dann die Klöster entstanden sind. Aber es gab und gibt immer Menschen, denen die Gnade geschenkt ist, auch völlig ohne solche Gemeinschaften, wie Du sie im Blick hast, wahrhaft christlich zu leben.

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Re: Die Geistliche Familie “Das Werk”

Beitrag von Fragesteller »

Vielen Dank, Senensis, für die ausführliche Antwort!

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mensch
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Re: Die Geistliche Familie “Das Werk”

Beitrag von mensch »

Stimmt, an die Eremiten hatte ich gar nicht gedacht. Ich stelle es mir aber sehr schwer vor, allein zu leben. Einsamkeit erlebe ich auch immer wieder bei Priestern als großes Problem und habe den Eindruck, dass es den Ordensleuten hier deutlich besser geht, weil sie den Verzicht durch ein lebendiges Gemeindeleben auffangen können.

iustus
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Re: Die Geistliche Familie “Das Werk”

Beitrag von iustus »

Maurus hat geschrieben:Die Limburger Niederlassung bekommt übrigens Verstärkung: https://www.bistumlimburg.de/meldungen/ ... f15a2.html
Daraus:
Von 24 bis 26 absolvierte er einen Lehrgang zur Ausbildung von Katecheten an der Philosophisch-Theologischen Hochschule Heiligenkreuz bei Wien.
:klatsch:
„Was den Gegenstand des Glaubens betrifft, hat sich das Konzil nichts Neues ausgedacht, noch hat es Altes ersetzen wollen." (Papst Benedikt XVI.)

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