Platon / Platonismus / Neuplatonismus

Gespräche über ausgewählte litterarische Texte.
Bruder Donald

Platon / Platonismus / Neuplatonismus

Beitrag von Bruder Donald »

Platon: Das Wesentliche seiner Philosophie steckt in dem, was er nicht aufgeschrieben hat
Seit dem Jahr 1976, als er an der Universität Zürich seine Antrittsvorlesung gehalten hat, tritt der klassische Philologe Thomas A. Szlezák für eine ganz bestimmte Auslegung der platonischen Dialoge und insbesondere des «Phaidros» ein: Das, was dort nicht näher ausgeführt, aber als das bezeichnet wird, was «wertvoller» als das Geschriebene sei, sind seiner Auffassung nach «die so genannten ungeschriebenen Lehren» Platons.
Thomas Alexander Szlezák, Platon: Meisterdenker der Antike (C. H. Beck 2021)

Raphael

Re: Platon / Platonismus / Neuplatonismus

Beitrag von Raphael »

Aha! :roll:

Und aus dem, was Platon nicht aufgeschrieben hat, kann man jetzt (erst) eine neue Philosophie erstellen? :hmm:

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Robert Ketelhohn
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Re: Platon / Platonismus / Neuplatonismus

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Thomas Alexander Szlezák, Das Bild des Dialektikers in Platons späten Dialogen. Platon und die Schriftlichkeit der Philosophie. Teil II, Berlin & Neu York 2004, p. VII [Vorwort] hat geschrieben:Die Interpretation der frühen und mittleren Dialoge in „Platon und die Schriftlichkeit der Philosophie“, 1985 (= PSP I) führte auf das Ergebnis, daß der platonische Dialektiker dem jeweiligen Gespräch argumentativ weit voraus ist und immer wieder durchblicken läßt, daß er zu weiterer Begründung seines Standpunktes fähig wäre. Zu deuten war dieser Befund aus der Analogie zur Schriftkritik, nach der den Namen philosophos nur der verdient, der in der Lage ist, seiner anfangs entfalteten Darlegung bei Bedarf in mündlicher Stellungnahme zu ‚helfen‘ und sie hierbei inhaltlich durch Besseres zu überbieten (Phdr. 278 c d). Ähnlich ist in den Dialogen das, was zunächst geboten wird, auf Ergänzung durch spätere ‚Hilfe‘ angelegt, mithin bewußt unvollständig gehalten. Den Sinn solchen Zurückhaltens von vorhandenen und prinzipiell auch mitteilbaren Antworten erklärt die platonische Wortprägung aprorrheta: es gibt Dinge, die nicht vorzeitig mitteilbar sind, weil sie, vor der Zeit mitgeteilt, nichts vom Gemeinten klarmachen würden.

Der Befund der frühen und mittleren Dialoge wird durch die Analyse der Art der philosophischen Kommunikation in den späten Dialogen eindrucksvoll bestätigt. Dies im einzelnen nachzuweisen, war aus mehreren Gründen angezeigt, nicht zuletzt auch um dem Irrtum entgegenzutreten, die späten Dialoge brächten die Lösung für alles, was in den früheren offen geblieben war. Es wird sich zeigen, daß sie in Wirklichkeit ihrerseits immer wieder Wesentliches gezielt offen lassen und ständig über sich hinausweisen.
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

Raphael

Re: Platon / Platonismus / Neuplatonismus

Beitrag von Raphael »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Montag 12. Juli 2021, 16:16
Thomas Alexander Szlezák, Das Bild des Dialektikers in Platons späten Dialogen. Platon und die Schriftlichkeit der Philosophie. Teil II, Berlin & Neu York 2004, p. VII [Vorwort] hat geschrieben:Die Interpretation der frühen und mittleren Dialoge in „Platon und die Schriftlichkeit der Philosophie“, 1985 (= PSP I) führte auf das Ergebnis, daß der platonische Dialektiker dem jeweiligen Gespräch argumentativ weit voraus ist und immer wieder durchblicken läßt, daß er zu weiterer Begründung seines Standpunktes fähig wäre. Zu deuten war dieser Befund aus der Analogie zur Schriftkritik, nach der den Namen philosophos nur der verdient, der in der Lage ist, seiner anfangs entfalteten Darlegung bei Bedarf in mündlicher Stellungnahme zu ‚helfen‘ und sie hierbei inhaltlich durch Besseres zu überbieten (Phdr. 278 c d). Ähnlich ist in den Dialogen das, was zunächst geboten wird, auf Ergänzung durch spätere ‚Hilfe‘ angelegt, mithin bewußt unvollständig gehalten. Den Sinn solchen Zurückhaltens von vorhandenen und prinzipiell auch mitteilbaren Antworten erklärt die platonische Wortprägung aprorrheta: es gibt Dinge, die nicht vorzeitig mitteilbar sind, weil sie, vor der Zeit mitgeteilt, nichts vom Gemeinten klarmachen würden.

Der Befund der frühen und mittleren Dialoge wird durch die Analyse der Art der philosophischen Kommunikation in den späten Dialogen eindrucksvoll bestätigt. Dies im einzelnen nachzuweisen, war aus mehreren Gründen angezeigt, nicht zuletzt auch um dem Irrtum entgegenzutreten, die späten Dialoge brächten die Lösung für alles, was in den früheren offen geblieben war. Es wird sich zeigen, daß sie in Wirklichkeit ihrerseits immer wieder Wesentliches gezielt offen lassen und ständig über sich hinausweisen.
Platon's Mäeutik ist ja nun nix wirklich Neues! :doktor:

Schulevonathen
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Re: Platon / Platonismus / Neuplatonismus

Beitrag von Schulevonathen »

Wenn's dich interessiert, dann lies es und rezensier es für uns, wenn nicht, könntest Du Dir überlegen, lieber zu schweigen. Das Heben oder Senken von Daumen über ungelesene Texte ist üblicherweise kein adäquater Umgang mit wissenschaftlichen Werken.

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