Walter hat geschrieben:Mit dem (Un-)Wort Konfession bezeichnet sich die ortho-
doxe Kirche eben so ungern wie die römisch-katholische,
weil es eben nur eine "Braut" Christi gibt und keine bunte
"Vielweiberei". Der Begriff entstand in Deutschland durch
den Augsburger Religionsfrieden und hat nichts mit Glau-
bensfreiheit zu tun, weil ja die Fürsten (nach rein politi-
schem Ermessen) die "confessio" ihrer Untertanen bestim-
men durften und nicht die Christen individuell. Das hat
sich bis heute kaum geändert, denn Konversionen sind
äußerst selten, lieber wird ein "überkonfessioneller" Ein-
heitsbrei gekocht.
Herzlichen Dank, Walter, für diese Klarstellung. (Ich kämpfe selber
seit fünf Jahren im Internet gegen diesen verqueren Konfessionsbe-
griff wie Don Quixote de la Mancha gegen Mühlen, Hammelherden
und alte Schläuche.)
Ewald hat geschrieben:Da ich das in der Konzilskirche nicht finden kann, habe
ich mich (+ Familie) einer Gemeinde der Priesterbrunder-
schaft angeschlossen. Wenn die kippen sollten und auch
modernistisch-häretisch werden , dann werde ich mich
(+ Familie) an die Russisch-Orthodoxe Kirche wenden. Da
bin ich mir sicher, daß die rechtgläubig sind und bleiben
(semper).
Walter hat geschrieben:An Deiner Stelle würde ich mich dann aber sofort dahin
wenden!
Das ist ein schwieriges Thema, Walter, das ich eher in der Sakristei
angesiedelt hätte – aber wieso nicht, hier paßt’s irgendwie auch. –
Zunächst erwidere ich auf deinen Vorschlag, es möchte im Einzel-
fall immer wieder Gründe geben, eine solche Entscheidung zu recht-
fertigen. Wären aber diese Gründe allgemeingültig, dann hätte jeder
die Pflicht, deinem Vorschlag zu folgen. Ich will nicht ausschließen,
daß es einmal dazu komme, sehe die Situation jedoch derzeit nicht
gegeben. Ja mehr, die östlichen orthodoxen Kirchen haben sogar die
Pflicht, einer eventuellen in diese Richtung gehenden Tendenz oder
Gefahr nach Kräften gegenzusteuern.
Laß mich das begründen. Zunächst einmal gehört ein jeder in dieje-
nige Kirche (das ist: Ortskirche der einen, heiligen, katholischen und
apostolischen), in welche hinein er getauft (und normalerweise auch
geboren) ist.
Deutschland ist gewissermaßen kanonisches Territorium des Patriar-
chen von Rom. Auch die protestantischen Territorien, sind doch die
Protestanten eine häretische Abspaltung vom Leib der römischen Kir-
che, gleichwie die Raskolniki eine solche vom Leib der russischen Kir-
che bilden.
Darum gehöre ich als Deutscher und lateinisch-häretisch Getaufter
zur römischen Kirche, dem Patriarchat des Abendlands. Indem ich
die häretische Gemeinschaft meiner Herkunft und Kindheit verließ,
kehrte ich folgerichtig heim in die Gemeinschaft mit dem Bischof
von Rom und der ganzen lateinischen Kirche.
Ich will an dieser Stelle nur andeuten, was ich demnächst noch ein-
mal ausführlicher darlegen zu können hoffe: daß ich trotz aller Ge-
gensätze zwischen Ost- und Westkirche nichts sehe, was die Verwei-
gerung der communicatio in sacris rechtfertigte, und daß ich dies auch
historisch zu begründen vermag, also anhand der Praxis der Kirchen
selbst. Es ist nämlich eine junge Erscheinung, aus dem 18. Jahrhun-
dert herrührend, daß man einander kompromißlos und vollständig
verwarf.
Eine solche vollständige Verwerfung bedeutete, daß man die jeweils
andere Seite nicht mehr als Kirche Jesu Christi anerkennte. Man sähe
sie als Trägerin einer absolut verdammungswürdigen, todbringenden
Häresie, wie etwa des Arianismus.
So klangen viele Stimmen der katholisch-orthodoxen Kakophonie im
18. und 19. Jahrhundert wirklich. Manche halten noch heute daran
fest – und meinen irrig, das sei Erbe der „Tradition“ – , doch überwie-
gend und namentlich auf seiten der kirchlichen Hierarchie ist man
davon – Gott sei Dank! – wieder abgekommen und anerkennt einan-
der wenigstens in der Theorie als in apostolischer Sukzession stehende
Ortskirchen mit gültigen Sakramenten.
Leider kommt die Praxis noch nicht hinterher, obgleich man damals
nicht getan hatte, was man angesichts des rhetorischen Wortgeklin-
gels eigentlich konsequenterweise hätte tun müssen: nämlich Parallel-
oder Gegenhierarchien zu errichten. Solche Parallelhierarchien be-
schränken sich auf den Bereich der Unionskirchen – ein gesondert zu
betrachtendes Thema – und die Auslands- und Minderheitenseelsorge.
Käme der Punkt, an welchem ich erkennte, daß die römische Kirche
insgesamt einer tödlichen Häresie verfallen sei – wenn etwa ein Papst
Walter Honorius I. verbindlich lehrte, die Auferstehung Jesu sei nur
ein symbolisch zu verstehendes „Glaubens“zeugnis, von der Urge-
meinde ausgekaspert, das man keinesfalls wörtlich nehmen dürfe,
denn anders wären diese Berichte unerträglich drastische Aussagen,
die hart an die Grenze des theologisch Möglichen gingen und in Ge-
fahr stünden, einen massiven Osterglauben zu begründen; in Wahr-
heit bedeute Auferstehung nichts anderes als Angenommensein im
Tod infolge der Hingabe an Gott – wenn also Gualterus Honorius pp. I
solches lehrte und die lateinische Kirche ihm darin folgte, dann wäre
in der Tat die Stunde gekommen, zu rufen: Dies ist nicht mehr die
Kirche Jesu Christi.
Würde ich dann aber „zu den Orthodoxen konvertieren“? – Das sei
ferne! Ein großes Mißverständnis, so zu denken. Die orthodox sind,
weshalb sollten sie „konvertieren“? Sich konvertieren wird, wer be-
schließt, in den geistlichen Stand zu treten. In einem andern Sinne
konvertiert sich, wer von einer häretischen Gemeinschaft heimkehrt
in den Schooß der Mutter Kirche. Im oben beschriebenen Fall aber
wäre die Hierarchie abgefallen: Was sollte da das verbliebene ortho-
doxe Volk tun?
Zunächst würde es sich um die verbliebenen rechtgläubigen Priester
sammeln. Man bedürfte sodann einer erneuerten Hierarchie. Man
müßte also hilfeflehend nach Constantinopel, Alexandrien, Antio-
chien, Jerusalem und – mindestens des faktischen Einflusses wegen –
nach Moskau ziehen: »Ehrwürdige Väter, der Stuhl von Rom ist ver-
waist durch Abfall zur Häresie, und keiner ist mehr da, der die Hier-
archie wiederherstellen könnte. Gewährt uns darum die kanonische
Gemeinschaft, erlaubt uns, einen neuen, legitimen Bischof von Rom
zu erwählen, gewährt ihm Gemeinschaft und spendet die heiligen
Weihen!«
Mit andern Worten, müßten wir irgendwann konstatieren, daß der
schlimmst denkbare Fall tatsächlich eingetreten ist, dürfte es nicht
um „Konversionen“ zu einer anderen Ortskirche gehen – als allge-
meine Forderung ein Unding, unbenommen individuell rechtferti-
gender oder anzuerkennender Gründe –, sondern um die kanoni-
sche Wiedererrichtung einer lateinischen Hierarchie mit brüderliche
Hilfe der andern, orthodox gebliebenen Kirchen.
Wie gesagt halte ich diese Situation heute für durchaus nicht gegeben.
Wohl aber gibt es innerhalb des patriarchalen Sprengels von Rom
zahlreiche Irrlehren und riesiges Durcheinander gesunden Glaubens
und kranker Irrlehren, von rechts und links, von Wahr und Falsch.
Die brüderliche Hilfe »der andern, orthodox gebliebenen Kirchen«
benötigen wir Lateiner bereits jetzt. Nicht durch „Proselytismus“ –
wenn ich augenzwinkernd den Begriff verwenden darf –, sondern
durch ihre Gegenwart, ihre Berührbarkeit, und das heißt auch: durch
die theologisch ohne weiteres mögliche Gewährung der communica-
tio in sacris. Selbstverständlich unter Wahrung der rechten sakramen-
talen Ordnung: Wo in der lateinischen Kirche Schindluder getrieben
wird, da sollen alle orthodoxen Kirche die Gemeinschaft verweigern.
Und wenn dem Römer die Kraft zu diesem Schritt fehlt, sollen sie die
Kraft aufbringen.