Alles zu den Bischofsweihen und der Exkommunikation von 1988

Rund um den traditionellen römischen Ritus und die ihm verbundenen Gemeinschaften.
Benutzeravatar
Florianklaus
Beiträge: 3493
Registriert: Donnerstag 20. November 2008, 12:28
Wohnort: Bistum Münster

Re: Kleinere Fragen zu den Bischofsweihen von 1988

Beitrag von Florianklaus »

Wenn man dem Papst aus Gewissensgründen nicht folgen will, sollte man aber wenigstens so ehrlich sein, dies auch zuzugeben. Es ist aber eine Dreistheit, trotz der Exkommunikationsdrohung wahrheitswidrig zu behaupten, man handle im päpstlichen Auftrag.

Raphael

Re: Kleinere Fragen zu den Bischofsweihen von 1988

Beitrag von Raphael »

Gamaliel hat geschrieben:Tut mir leid, aber da muß ein Hörfehler vorliegen. ;)
Was noch herauszufinden ist ................
Gamaliel hat geschrieben:Es geht hier nicht um Rabulistik, sondern um eine differenzierte Sprechweise, (wie sie übrigens der scholastischen Methode grundsätzlich zu eigen ist und erst durch die "Segnungen" des Modernismus wieder außer Mode kam).
Differenzierungen in der Sprechweise können sicherlich dazu führen, daß man zwischen juristischen und moralischen Überlegungen unterscheidet.
Wobei der in einem juristischen Formalakt ausgedrückte Wille des Rechtsetzenden durchaus beim Betroffenen auch zur moralischen Richtschnur genutzt werden sollte.
Gamaliel hat geschrieben:Die juristische Ebene ("autoritativ urteilen") ist von der moralischen Ebene ("als schädlich feststellen") zu unterscheiden. Oberflächlich bzw. sprachlich betrachtet sind natürlich beides Urteile, in ihrer theologischen und sittlichen Qualifizierung unterscheiden sie sich aber deutlich.
Ein Urteil kann von dem Verurteilten durchaus als Unrecht angesehen werden!
Es wird in der Praxis sogar häufig der Fall sein.

Um dieses vorgebliche Unrecht jedoch festzustellen, bedarf es mehr als eine etwaige Überlegenheit der Moral über das Gesetz zu postulieren.
Aus den Zitaten des Aquinaten, Cajetan und Bellarmin ist auch nicht konkret genug abzulesen, ob man diese moralischen Vorgaben im vorliegenden Falle eines päpstlichen Verbotes auch wirklich anwenden kann.

Man fühlt sich an die Legimitäts-/Legalitätsdebatte der 68-er-Generation mit all ihren zersetzenden Folgen erinnert ................
Gamaliel hat geschrieben:Als Katholik ist man nicht verpflichtet sein Gehirn bzw. Gewissen auszuschalten, sobald der Papst etwas anordnet oder auch streng und formell befiehlt. Die oben angeführten Beispiele illustrieren das deutlich. Für den Fall, daß man im Einzelfall mit einer päpstlichen Entscheidung "Probleme" zu haben glaubt, sind die anerkannten Grundsätze der Moraltheologie zu befolgen, um zu entscheiden, ob ein Widerstand gegen eine Entscheidung tatsächlich erlaubt oder gar geboten ist. Es geht hier also nicht um das "liberum arbitrium" oder die "Küchentheologie" von Lieschen Müller, die sich zum Richter über den Papst aufschwingen.
Die "Probleme" sind jedoch schon etwas genauer zu spezifizieren als dies bislang von der FSSPX getan worden ist.

Insbesondere ist bislang nicht dargetan worden, inwieweit der Gehorsam gegenüber dem päpstlichen Verbot moralisch niedriger einzustufen ist als der faktisch vollzogene Ungehorsam.

Benutzeravatar
Gamaliel
Beiträge: 8609
Registriert: Donnerstag 22. Januar 2009, 07:32

Re: Kleinere Fragen zu den Bischofsweihen von 1988

Beitrag von Gamaliel »

Florianklaus hat geschrieben:Wenn man dem Papst aus Gewissensgründen nicht folgen will, sollte man aber wenigstens so ehrlich sein, dies auch zuzugeben. Es ist aber eine Dreistheit, trotz der Exkommunikationsdrohung wahrheitswidrig zu behaupten, man handle im päpstlichen Auftrag.
Ich werde hier nicht jedesmal das bereits Gesagte erneut wiederholen. Zu beiden Einwürfen ist in den vorhergenden Postings die Argumentationslinie dargelegt. Auf Kritik zum Vorgebrachten werde ich versuchen einzugehen, allerdings ohne immer wieder bei "Adam und Eva" zu beginnen.

Benutzeravatar
Bernado
Beiträge: 3961
Registriert: Sonntag 28. Juni 2009, 17:02
Wohnort: Berlin

Re: Kleinere Fragen zu den Bischofsweihen von 1988

Beitrag von Bernado »

Maurus hat geschrieben:Anders bei der Piusbruderschaft: Keiner der Verantwortlichen entbehrte eines Oberhirten. Es bestand auch nicht die Gefahr, dass dies alsbald so sein werde. Zudem war die Weihe ausdrücklich verboten worden. Die angebliche Notlage bestand also lediglich darin, dass die FSSPX keinen Bischof ihrer Facon mehr zu haben befürchtete.
Ich stimme Dir in vielem zu, aber nicht in allem. Den Grund meines Widerspruchs kann ich an Deinem Ausdruck "Bischof ihrer Facon" festmachen.

Es geht schon um mehr als um eine "Facon". Es war in den 80er Jahren zu befürchten, daß es bald keinen Bischof mehr geben würde, der bereit wäre, Priester zu weihen (dabei lasse ich die Frage des Ritus dieser Weihe außen vor), die ihrerseits bereit wären, nach dem alten Ritus zu zelebrieren. Die Absicht des Papstes, diese Situation mit Entschiedenheit herbeizuführen, war nach den drakonischen Maßnahmen Pauls VI. zwar nicht gesetzlich festgeschrieben, aber angesichts der faktischen Entwicklung (trotz Agatha-Christie-Indult und Quattuor abhinc annos) doch mit guten Gründen zu befürchten.

Diese Situation hätte einen Umsturz in der Kirche bedeutet, dessen Folgen man mit guten Gründen als schwerer wiegend ansehen konnte, als die rechtswidrige Weihe von Bischöfen, deren ausrückliche Bezeichnung als "Weihbischöfe" ja deutlich zeigte, daß man keine Gegenhierarchie aufbauen wollte.

Die Tatsache, daß Rom immer nur von "schismatischer Situation" aber nicht von einem vollendeten Schisma gesprochen hat, und ebenso die Tatsache, daß die Exkommunikation aufgehoben wurde, ohne den Verzicht auf die Amtsausübung der Weihbischöfe explizit zu verlangen (das blieb den schismatisch gesinnten Bischöfen z.B. in D vorbehalten), deutet darauf hin, daß zumindest "Großinquisitor" Ratzinger die Dinge nicht auf die Spitze treiben wollte. Und mit "Ecclesia Dei", woran er ja wesentlich beteiligt war, hat er gleich Schritte eingeleitet, die Wege zur Heilung der Situation eröffnen konnten.

Es ist eine gute katholische Tradition, manche Dinge nicht ins kalte Scheinwerferlicht einer abschließenden rechtlichen Würdigung zu stellen, sondern in einer Grauzone zu belassen. Das muß freilich in einem Konfliktfall von beiden Seiten aufgegriffen und beherzigt werden, und daran hat es die Bruderschaft oft fehlen lassen. Zumindest bei Bischof Fellay und ganz deutlich jetzt auch bei P. Schmidberger ist aber unübersehbar, daß sie bemüht sind, die Regeln des Spiels wieder einzuhalten.
„DIE SORGE DER PÄPSTE ist es bis zur heutigen Zeit stets gewesen, dass die Kirche Christi der Göttlichen Majestät einen würdigen Kult darbringt.“ Summorum Pontificum 2007 (http://www.summorum-pontificum.de/)

Benutzeravatar
Gamaliel
Beiträge: 8609
Registriert: Donnerstag 22. Januar 2009, 07:32

Re: Kleinere Fragen zu den Bischofsweihen von 1988

Beitrag von Gamaliel »

Raphael hat geschrieben:
Gamaliel hat geschrieben:Es geht hier nicht um Rabulistik, sondern um eine differenzierte Sprechweise, (wie sie übrigens der scholastischen Methode grundsätzlich zu eigen ist und erst durch die "Segnungen" des Modernismus wieder außer Mode kam).
Differenzierungen in der Sprechweise können sicherlich dazu führen, daß man zwischen juristischen und moralischen Überlegungen unterscheidet.
Wobei der in einem juristischen Formalakt ausgedrückte Wille des Rechtsetzenden durchaus beim Betroffenen auch [Hervorhebung von Gamaliel] zur moralischen Richtschnur genutzt werden sollte.
Volle Zustimmung!
Raphael hat geschrieben:
Gamaliel hat geschrieben:Die juristische Ebene ("autoritativ urteilen") ist von der moralischen Ebene ("als schädlich feststellen") zu unterscheiden. Oberflächlich bzw. sprachlich betrachtet sind natürlich beides Urteile, in ihrer theologischen und sittlichen Qualifizierung unterscheiden sie sich aber deutlich.
Ein Urteil kann von dem Verurteilten durchaus als Unrecht angesehen werden!
Es wird in der Praxis sogar häufig der Fall sein.

Um dieses vorgebliche Unrecht jedoch festzustellen, bedarf es mehr als eine etwaige Überlegenheit der Moral über das Gesetz zu postulieren.
Nämlich?
Raphael hat geschrieben:Aus den Zitaten des Aquinaten, Cajetan und Bellarmin ist auch nicht konkret genug abzulesen, ob man diese moralischen Vorgaben im vorliegenden Falle eines päpstlichen Verbotes auch wirklich anwenden kann.
Dafür, daß der hl. Thomas,... in seinem Opus keine eigene Quaestio für das konkrete Problem der künftigen Bischofsweihen im Jahre 1988 n. Chr. vorgesehen hat, kann ich nichts.
Die Aussagen sind jedenfalls so weit gefaßt, daß sie auf den vorliegenden Fall ungekünstelt angewendet werden können. Ob diese Anwendung zu Recht geschehen ist, kann man diskutieren. Wer hier anderer Ansicht als die FSSPX ist, kann ja seine Argumente vorbringen.
Raphael hat geschrieben:
Gamaliel hat geschrieben:Als Katholik ist man nicht verpflichtet sein Gehirn bzw. Gewissen auszuschalten, sobald der Papst etwas anordnet oder auch streng und formell befiehlt. Die oben angeführten Beispiele illustrieren das deutlich. Für den Fall, daß man im Einzelfall mit einer päpstlichen Entscheidung "Probleme" zu haben glaubt, sind die anerkannten Grundsätze der Moraltheologie zu befolgen, um zu entscheiden, ob ein Widerstand gegen eine Entscheidung tatsächlich erlaubt oder gar geboten ist. Es geht hier also nicht um das "liberum arbitrium" oder die "Küchentheologie" von Lieschen Müller, die sich zum Richter über den Papst aufschwingen.
Die "Probleme" sind jedoch schon etwas genauer zu spezifizieren als dies bislang von der FSSPX getan worden ist.

Insbesondere ist bislang nicht dargetan worden, inwieweit der Gehorsam gegenüber dem päpstlichen Verbot moralisch niedriger einzustufen ist als der faktisch vollzogene Ungehorsam.
Der Einwand ist nur insoweit berechtigt, als in diesem Thread die Argumente nicht ausreichend vorgebracht wurden. In den Publikationen der FSSPX, insbesondere in der veröffentlichten Studie von P. Mura, wird darauf umfassend eingegangen. Ich werde hier nicht sämtliche Veröffentlichungen und Internetseiten abtippen, nur um jedes Argument mundgerecht servieren zu können. Ich bin der Auffassung, daß jemand, der in solch spezifischen Fragen nutzbringend mitdiskutieren möchte, sich vorher selber - soweit möglich - sachkundig machen muß. (Damit behaupte ich nicht, daß dies bei Raphael nicht der Fall sei!)

Trotzdem soviel: Damit ein päpstliches Verbot wie das, Bischöfe zu weihen, übertreten werden darf, und zwar trotz der Gefahr des öffentlichen Ärgernisses, muß das zu meidende Übel sehr groß sein. Man muß dazu beispielsweise voraussetzen, daß die Religion sich in ganzen Ländern in Gefahr befindet.
Diese Gefahr ist (z.B. durch die FSSPX) oft und hinreichend dokumentiert worden, außerdem wurde aufgezeigt, daß dieser Gefahr seitens der kirchlichen Hierarchie kaum wirksame und notwendige Mittel entgegengestellt wurden.

Benutzeravatar
Florianklaus
Beiträge: 3493
Registriert: Donnerstag 20. November 2008, 12:28
Wohnort: Bistum Münster

Re: Kleinere Fragen zu den Bischofsweihen von 1988

Beitrag von Florianklaus »

Auch auf die Gefahr hin, mich zu wiederholen: Wenn man zur Annahme einer Notlage gelangt ist, warum hat man dann nicht den Passus mit dem päpstlichen Auftrag einfach weggelassen?

Benutzeravatar
Gamaliel
Beiträge: 8609
Registriert: Donnerstag 22. Januar 2009, 07:32

Re: Kleinere Fragen zu den Bischofsweihen von 1988

Beitrag von Gamaliel »

Florianklaus hat geschrieben:Auch auf die Gefahr hin, mich zu wiederholen: Wenn man zur Annahme einer Notlage gelangt ist, warum hat man dann nicht den Passus mit dem päpstlichen Auftrag einfach weggelassen?
Weil die FSSPX der begründeten Auffassung ist, daß ein solcher päpstlicher Auftrag vorlag!

Ich versuche es nocheinmal zusammenzufassen (ohne dabei auf eine ganz präzise Wortwahl und die nötigen theologischen Differenzierungen Rücksicht zu nehmen):

Der päpstliche Auftrag lag nicht explizit vor (im Gegenteil, explizit lag ein Verbot vor, daß aber die FSSPX aus den bereits genannten Gründen als als schädliches Gesetz und damit als nicht zu berücksichtigen betrachtet hat) sondern implizit, d.h. er war in den kirchlichen Gesetzen und Prinzipien, die ein ganz konkreter Ausfluß des päpstlichen Willens sind, enthalten.

Warum (d.h. aufgrund welcher dogmatischen, moralischen, kanonistischen, kirchengeschichtlichen... Grundlagen) die FSSPX ein explizites Verbot und eine implizite Zustimmung scheinbar gegeneinander "ausspielen" durfte, wurde im bisherigen Diskussionsverlauf bereits angedeutet und kann in den Publikationen der FSSPX (z.B. Internet) weiter vertieft werden.

Benutzeravatar
Florianklaus
Beiträge: 3493
Registriert: Donnerstag 20. November 2008, 12:28
Wohnort: Bistum Münster

Re: Kleinere Fragen zu den Bischofsweihen von 1988

Beitrag von Florianklaus »

Und welcher Papst hat dann den konkreten Weiheauftrag erteilt? Petrus?

Benutzeravatar
Gamaliel
Beiträge: 8609
Registriert: Donnerstag 22. Januar 2009, 07:32

Re: Kleinere Fragen zu den Bischofsweihen von 1988

Beitrag von Gamaliel »

Florianklaus hat geschrieben:Und welcher Papst hat dann den konkreten Weiheauftrag erteilt? Petrus?
Johannes Paul II., der damals amtierende Pontifex und oberste Gesetzgeber.
Letzteres gilt im vorliegenden Fall übrigens in besonderem Ausmaß, da der CIC 1983 (und somit auch die von der FSSPX herangezogenen Rechtsprinzipien) von Papst Johannes Paul II. promulgiert wurde.

Benutzeravatar
Bernado
Beiträge: 3961
Registriert: Sonntag 28. Juni 2009, 17:02
Wohnort: Berlin

Re: Kleinere Fragen zu den Bischofsweihen von 1988

Beitrag von Bernado »

Gamaliel hat geschrieben:
Florianklaus hat geschrieben:Auch auf die Gefahr hin, mich zu wiederholen: Wenn man zur Annahme einer Notlage gelangt ist, warum hat man dann nicht den Passus mit dem päpstlichen Auftrag einfach weggelassen?
Weil die FSSPX der begründeten Auffassung ist, daß ein solcher päpstlicher Auftrag vorlag!
Und genau gegen diese Auffassung und ihre hier dargelegte Begründung muß man Einwendungen erheben. Es ist nicht nachvollziehbar, ein explizites päpstliches Verbot in einen impliziten päpstlichen Auftrag umzuinterpretieren. Man kann sagen "wir haben uns im Gewissen verpflichtet gesehen, gegen das päpstliche Verbot zu handeln", aber man sollte nicht versuchen, mit dem Buchstaben des Gesetzes zu rechtfertigen, was dem Buchstaben des Gesetzes eklatant widerspricht. Wenn man sich - wie oben dargelegt - in die "Grauzone" begibt, sollte man sich dazu auch bekennen.

Bei der Weihe selbst wurde das durch die unzutreffende Behauptung des päpstlichen Auftrags versäumt, aber man könnte das heute noch in einer gewissen Weise nachholen, daß man auf diese abenteuerliche Ableitung einfach stillschweigend verzichtet - so wie der Papst bei seiner Aufhebung der Exkommunikationen eben auch auf manches verzichtet hat. Dazu ist es auch heute noch nicht zu spät
„DIE SORGE DER PÄPSTE ist es bis zur heutigen Zeit stets gewesen, dass die Kirche Christi der Göttlichen Majestät einen würdigen Kult darbringt.“ Summorum Pontificum 2007 (http://www.summorum-pontificum.de/)

Benutzeravatar
Florianklaus
Beiträge: 3493
Registriert: Donnerstag 20. November 2008, 12:28
Wohnort: Bistum Münster

Re: Kleinere Fragen zu den Bischofsweihen von 1988

Beitrag von Florianklaus »

Gamaliel hat geschrieben:
Florianklaus hat geschrieben:Und welcher Papst hat dann den konkreten Weiheauftrag erteilt? Petrus?
Johannes Paul II., der damals amtierende Pontifex und oberste Gesetzgeber.
Letzteres gilt im vorliegenden Fall übrigens in besonderem Ausmaß, da der CIC 1983 (und somit auch die von der FSSPX herangezogenen Rechtsprinzipien) von Papst Johannes Paul II. promulgiert wurde.

Und das meinen Sie wirklich ernst?

Benutzeravatar
Gamaliel
Beiträge: 8609
Registriert: Donnerstag 22. Januar 2009, 07:32

Re: Kleinere Fragen zu den Bischofsweihen von 1988

Beitrag von Gamaliel »

Bernado hat geschrieben:
Gamaliel hat geschrieben:
Florianklaus hat geschrieben:Auch auf die Gefahr hin, mich zu wiederholen: Wenn man zur Annahme einer Notlage gelangt ist, warum hat man dann nicht den Passus mit dem päpstlichen Auftrag einfach weggelassen?
Weil die FSSPX der begründeten Auffassung ist, daß ein solcher päpstlicher Auftrag vorlag!
Und genau gegen diese Auffassung und ihre hier dargelegte Begründung muß man Einwendungen erheben. Es ist nicht nachvollziehbar, ein explizites päpstliches Verbot in einen impliziten päpstlichen Auftrag umzuinterpretieren. Man kann sagen "wir haben uns im Gewissen verpflichtet gesehen, gegen das päpstliche Verbot zu handeln", aber man sollte nicht versuchen, mit dem Buchstaben des Gesetzes zu rechtfertigen, was dem Buchstaben des Gesetzes eklatant widerspricht. Wenn man sich - wie oben dargelegt - in die "Grauzone" begibt, sollte man sich dazu auch bekennen.

Bei der Weihe selbst wurde das durch die unzutreffende Behauptung des päpstlichen Auftrags versäumt, aber man könnte das heute noch in einer gewissen Weise nachholen, daß man auf diese abenteuerliche Ableitung einfach stillschweigend verzichtet - so wie der Papst bei seiner Aufhebung der Exkommunikationen eben auch auf manches verzichtet hat. Dazu ist es auch heute noch nicht zu spät
Die FSSPX versucht nicht ein Verbot in eine Erlaubnis umzuinterpretieren.
Sie nimmt vielmehr das Verbot zur Kenntnis und weist nach sorgsamer Prüfung seine Schädlichkeit nach. Ist diese Schädlichkeit in hinreichendem Ausmaß einmal nachgewiesen, dann entbehrt es der Verpflichtungskraft, seine bindende Kraft existiert nicht mehr bzw. hat nie existiert.
In einem zweiten Schritt leitet die FSSPX dann aus den allgemeinen Rechtsprinzipien einen positiven Weiheauftrag her.
Gegen beide Schritte kann man selbstverständlich Argumente vorbringen. Die FSSPX ist aber davon überzeugt, daß ihre Argumentation stichhaltig ist.

Benutzeravatar
Gamaliel
Beiträge: 8609
Registriert: Donnerstag 22. Januar 2009, 07:32

Re: Kleinere Fragen zu den Bischofsweihen von 1988

Beitrag von Gamaliel »

Florianklaus hat geschrieben:
Gamaliel hat geschrieben:
Florianklaus hat geschrieben:Und welcher Papst hat dann den konkreten Weiheauftrag erteilt? Petrus?
Johannes Paul II., der damals amtierende Pontifex und oberste Gesetzgeber.
Letzteres gilt im vorliegenden Fall übrigens in besonderem Ausmaß, da der CIC 1983 (und somit auch die von der FSSPX herangezogenen Rechtsprinzipien) von Papst Johannes Paul II. promulgiert wurde.

Und das meinen Sie wirklich ernst?
Selbstverständlich!

Raphael

Re: Kleinere Fragen zu den Bischofsweihen von 1988

Beitrag von Raphael »

Gamaliel hat geschrieben:Die FSSPX versucht nicht ein Verbot in eine Erlaubnis umzuinterpretieren.
Das ist eine contrafaktische Behauptung!
Gamaliel hat geschrieben:Sie nimmt vielmehr das Verbot zur Kenntnis und weist nach sorgsamer Prüfung seine Schädlichkeit nach. Ist diese Schädlichkeit in hinreichendem Ausmaß einmal nachgewiesen, dann entbehrt es der Verpflichtungskraft, seine bindende Kraft existiert nicht mehr bzw. hat nie existiert.
Wer befindet darüber, daß die "Schädlichkeit in hinreichendem Ausmaß nachgewiesen" ist?

Wahrscheinlich doch die FSSPX selber resp. die in ihr Verantwortung tragenden Personen, oder?

Mithin schwingt sie sich zum Richter in eigener Sache auf, da beißt die Maus keinen Faden ab.
Gamaliel hat geschrieben:In einem zweiten Schritt leitet die FSSPX dann aus den allgemeinen Rechtsprinzipien einen positiven Weiheauftrag her.
Damit verläßt die FSSPX jedoch die personengebundene Struktur der Kirche, denn ein solcher Weiheauftrag kann nicht aus "allgemeinen Rechtsprinzipien" hergeleitet werden, sondern muß von einer dafür verantwortlichen Person explizit erteilt werden.
(Ausnahme: Die schon von Maurus geschilderte funktionierende Kommunikationssperre eines autoritären Herrschers.)

Man stelle sich nur 'mal vor, bei der apostolischen Sukzession würde die gleiche oder eine annähernd ähnliche Argumentationslinie genutzt werden ...........
Gamaliel hat geschrieben:Gegen beide Schritte kann man selbstverständlich Argumente vorbringen. Die FSSPX ist aber davon überzeugt, daß ihre Argumentation stichhaltig ist.
Die Argumentation mutet bislang utilitaristisch an, weil sie explizites gegen ein vermeintlich implizites stellt, um voluntaristisch zu dem Ergebnis zu kommen, welches von der FSSPX erwünscht worden war.

Benutzeravatar
Gamaliel
Beiträge: 8609
Registriert: Donnerstag 22. Januar 2009, 07:32

Re: Kleinere Fragen zu den Bischofsweihen von 1988

Beitrag von Gamaliel »

Raphael hat geschrieben:
Gamaliel hat geschrieben:Die FSSPX versucht nicht ein Verbot in eine Erlaubnis umzuinterpretieren.
Das ist eine contrafaktische Behauptung!
Gibt es (unabhängig vom vorliegenden Diskussionsgegenstand) Ihrer Meinung nach einen Unterschied zwischen der Nichtbeachtung eines gültigen Verbots und der Nichtbeachtung eines ungültigen Verbots?

- Wenn ja, welche Unterschiede in moralischer und kanonischer Hinsicht können Sie erkennen?
- Wenn nein, warum nicht und wie belegen Sie dies aus der kirchlichen Lehre?
Raphael hat geschrieben:
Gamaliel hat geschrieben:Sie nimmt vielmehr das Verbot zur Kenntnis und weist nach sorgsamer Prüfung seine Schädlichkeit nach. Ist diese Schädlichkeit in hinreichendem Ausmaß einmal nachgewiesen, dann entbehrt es der Verpflichtungskraft, seine bindende Kraft existiert nicht mehr bzw. hat nie existiert.
Wer befindet darüber, daß die "Schädlichkeit in hinreichendem Ausmaß nachgewiesen" ist?

Wahrscheinlich doch die FSSPX selber resp. die in ihr Verantwortung tragenden Personen, oder?

Mithin schwingt sie sich zum Richter in eigener Sache auf, da beißt die Maus keinen Faden ab.
- Können Sie bitte irgendwelche theologischen Quellen bzw. Autoren nennen, die es der FSSPX (und auch sonst jedermann) untersagen würden, ein (päpstliches) Gesetz als schädlich zu qualifizieren!?
- Und können Sie dann auch noch erklären, wie die weiter oben angeführten Zitate von Thomas, Cajetan und Bellarmin, "richtig" zu verstehen sind!?
Raphael hat geschrieben:
Gamaliel hat geschrieben:In einem zweiten Schritt leitet die FSSPX dann aus den allgemeinen Rechtsprinzipien einen positiven Weiheauftrag her.
Damit verläßt die FSSPX jedoch die personengebundene Struktur der Kirche, denn ein solcher Weiheauftrag kann nicht aus "allgemeinen Rechtsprinzipien" hergeleitet werden, sondern muß von einer dafür verantwortlichen Person explizit erteilt werden.
(Ausnahme: Die schon von Maurus geschilderte funktionierende Kommunikationssperre eines autoritären Herrschers.)
Gibt es dafür irgendwelche Belege bzw. Lehramtsaussagen, oder ist das nur Ihre Privatmeinung?

Raphael hat geschrieben:
Gamaliel hat geschrieben:Gegen beide Schritte kann man selbstverständlich Argumente vorbringen. Die FSSPX ist aber davon überzeugt, daß ihre Argumentation stichhaltig ist.
Die Argumentation mutet bislang utilitaristisch an, weil sie explizites gegen ein vermeintlich implizites stellt, um voluntaristisch zu dem Ergebnis zu kommen, welches von der FSSPX erwünscht worden war.
Ich werde Ihnen Ihre Meinung nicht ausreden können (und ich will es auch nicht), aber vielleicht können Sie noch erklären, wo Sie hier den Voluntarismus sehen?
Erzbischof Lefebvre hat sich die Entscheidung von 1988 nicht leicht gemacht (was natürlich per se nichts über deren Richtigkeit aussagt). Schon Anfang der 80er Jahre hat er an die Vornahme von Bischofsweihen gedacht. Die Jahre dazwischen hat er seine Entscheidung reiflich überlegt, untersucht und theologisch zu durchleuchten versucht. Anhand von nüchternen Argumenten ist er in aller Ruhe zu seiner Entscheidung gekommen. Diese Argumente wurden von der FSSPX im Zusammenhang mit der Bischofsweihe dargelegt. Wo da ein Voluntarismus sein soll, ist mir bislang rätselhaft.

Benutzeravatar
holzi
Beiträge: 7886
Registriert: Montag 28. November 2005, 15:00
Wohnort: Regensburg

Re: Kleinere Fragen zu den Bischofsweihen von 1988

Beitrag von holzi »

Ich werde mir den Hergang der Diskussion samt der ergossenen Argumente notieren, für den Fall, daß ich einmal wegen eines Verkehrsverstoßes angehalten werden sollte. Ich habe dann vor, zu versuchen, den Herrn Gendarm mit Hilfe der FSSPX-Argumentation davon zu überzeugen, daß das Tempolimit/die rote Ampel eigentlich ziemlich das Gegenteil dessen darstellt, was eigentlich gemeint wäre und ich in Folge dessen diese Verkehrsregel einfach ignorieren durfte. Schau'mer mal, ob's hilft. :achselzuck:

Raphael

Re: Kleinere Fragen zu den Bischofsweihen von 1988

Beitrag von Raphael »

Gamaliel hat geschrieben:
Raphael hat geschrieben:
Gamaliel hat geschrieben:Die FSSPX versucht nicht ein Verbot in eine Erlaubnis umzuinterpretieren.
Das ist eine contrafaktische Behauptung!
Gibt es (unabhängig vom vorliegenden Diskussionsgegenstand) Ihrer Meinung nach einen Unterschied zwischen der Nichtbeachtung eines gültigen Verbots und der Nichtbeachtung eines ungültigen Verbots?

- Wenn ja, welche Unterschiede in moralischer und kanonischer Hinsicht können Sie erkennen?
- Wenn nein, warum nicht und wie belegen Sie dies aus der kirchlichen Lehre?
Nun, das ist ja ein netter Versuch von der speziellen Diskussion um die verbotenen Bischofsweihen auf einen allgemeinen Disput umzuschwenken, aber ich fürchte bei dem Versuch wird's auch bleiben ........

Schon beim Lesen der Eingangsfrage fasst sich der Unbefangene an den Kopf, kratzt sich dreimal, grübelt und sagt sich dann mit dem gesunden Menschenverstand: Ja, natürlich ist dies ein Unterschied, denn ein gültiges Verbot und ein ungültiges Verbot sind niemals identisch; und dies gilt für alle Fälle, egal um welches Verbot es sich handelte!

Im vorliegenden Falle geht es zwar auch darum, ob es sich um ein gültiges oder ein ungültiges Verbot handelt. Entscheidend ist jedoch die folgende Frage: Wer stellt fest, ob es sich um ein gültiges oder ein ungültiges Verbot handelt? :hmm:

Die FSSPX ist nun offenbar der Meinung, sie sei nicht gehorsamspflichtig und sie dürfe auch feststellen, daß sie dieser Gehorsamspflicht nicht unterliege. Implizit nimmt sie damit für sich eine moralische Autonomie in Anspruch, wie sie philosophisch seit Kant diskutiert wird. Kant ist jedoch kein verbindlicher Kirchenlehrer und die moralische Autonomie des Gläubigen kann ich aus keinem Text irgendeines Kirchenlehrers herauslesen.

Auch der Aquinat geht bei seinem Diktum zur Gewissensfreiheit des Gläubigen von einem sittlich gut gebildeten Gewissen aus, zu dem die Einsicht in die Autorität der Kirche zwangsläufig gehört. Und das JPII von dieser Autorität Gebrauch gemacht hat, ist allen Dokumenten zu entnehmen, die sich mit dieser Angelegenheit befassen.

Raphael

Re: Kleinere Fragen zu den Bischofsweihen von 1988

Beitrag von Raphael »

Gamaliel hat geschrieben:
Raphael hat geschrieben:Wer befindet darüber, daß die "Schädlichkeit in hinreichendem Ausmaß nachgewiesen" ist?

Wahrscheinlich doch die FSSPX selber resp. die in ihr Verantwortung tragenden Personen, oder?

Mithin schwingt sie sich zum Richter in eigener Sache auf, da beißt die Maus keinen Faden ab.
- Können Sie bitte irgendwelche theologischen Quellen bzw. Autoren nennen, die es der FSSPX (und auch sonst jedermann) untersagen würden, ein (päpstliches) Gesetz als schädlich zu qualifizieren!?

Ich kann auch keine Quellen dafür benennen, aus denen ein Verbot zu entnehmen wäre, den Mond für eckig zu halten. Jedermann ist auch so frei, Mathematik unter Zugrundelegung des Axioms "2+2=5" zu betreiben ..........

Mithin kann die FSSPX auch das damalige päpstliche Verbot der Bischofsweihen für schädlich halten.
Diese subjektivistische Einschätzung von FSSPX-Mitgliedern zeitigt jedoch keine kanonische Folgen und somit bleiben die dann im offenen Ungehorsam vorgenommenen Bischofsweihen ein schismatischer Akt.
Gamaliel hat geschrieben:- Und können Sie dann auch noch erklären, wie die weiter oben angeführten Zitate von Thomas, Cajetan und Bellarmin, "richtig" zu verstehen sind!?
Einem papa haereticus darf man natürlich widersprechen, JPII war aber kein solcher!

iustus
Beiträge: 7160
Registriert: Samstag 8. Juli 2006, 14:59

Re: Kleinere Fragen zu den Bischofsweihen von 1988

Beitrag von iustus »

Gamaliel hat geschrieben:
Florianklaus hat geschrieben:
Gamaliel hat geschrieben:
Florianklaus hat geschrieben:Und welcher Papst hat dann den konkreten Weiheauftrag erteilt? Petrus?
Johannes Paul II., der damals amtierende Pontifex und oberste Gesetzgeber.
Letzteres gilt im vorliegenden Fall übrigens in besonderem Ausmaß, da der CIC 1983 (und somit auch die von der FSSPX herangezogenen Rechtsprinzipien) von Papst Johannes Paul II. promulgiert wurde.

Und das meinen Sie wirklich ernst?
Selbstverständlich!
Natürlich meint Gamaliel das nicht ernst. Da er nach der richtigen Beurteilung der Vorgänge strebt und er niemals eine falsche Überzeugung teilen würde, beinhaltet seine Aussage, dies meine er selbstverständlich ernst, implizit die Mitteilung, dass er es nicht ernst meint.

Benutzeravatar
Gamaliel
Beiträge: 8609
Registriert: Donnerstag 22. Januar 2009, 07:32

Re: Kleinere Fragen zu den Bischofsweihen von 1988

Beitrag von Gamaliel »

Raphael hat geschrieben:Nun, das ist ja ein netter Versuch von der speziellen Diskussion um die verbotenen Bischofsweihen auf einen allgemeinen Disput umzuschwenken, aber ich fürchte bei dem Versuch wird's auch bleiben ........
Keine Sorge, ich versuche mich nicht aus der Diskussion zu stehlen. Aber um in der Hauptfrage weiterzukommen, müssen eben auch Nebenfragen geklärt werden.
Raphael hat geschrieben:Schon beim Lesen der Eingangsfrage fasst sich der Unbefangene an den Kopf, kratzt sich dreimal, grübelt und sagt sich dann mit dem gesunden Menschenverstand: Ja, natürlich ist dies ein Unterschied, denn ein gültiges Verbot und ein ungültiges Verbot sind niemals identisch; und dies gilt für alle Fälle, egal um welches Verbot es sich handelte!
Schön! Können Sie dann auch versuchen die gestellten Fragen zu beantworten?
Raphael hat geschrieben:Im vorliegenden Falle geht es zwar auch darum, ob es sich um ein gültiges oder ein ungültiges Verbot handelt. Entscheidend ist jedoch die folgende Frage: Wer stellt fest, ob es sich um ein gültiges oder ein ungültiges Verbot handelt? :hmm:
Auch zu diesem Thema werde ich mich noch genauer äußern -versprochen! Doch vorher bitte die oben erwähnten Fragen beantworten.
Raphael hat geschrieben:Die FSSPX ist nun offenbar der Meinung, sie sei nicht gehorsamspflichtig und sie dürfe auch feststellen, daß sie dieser Gehorsamspflicht nicht unterliege. Implizit nimmt sie damit für sich eine moralische Autonomie in Anspruch, wie sie philosophisch seit Kant diskutiert wird. Kant ist jedoch kein verbindlicher Kirchenlehrer und die moralische Autonomie des Gläubigen kann ich aus keinem Text irgendeines Kirchenlehrers herauslesen.
Was Sie hier vorbringen ist nicht redlich! :/
An keiner Stelle habe ich (und soweit mir bekannt auch nicht die FSSPX) behauptet, daß die FSSPX ganz allgemein nicht gehorsamspflichtig sei (oder können Sie dafür eines meiner Postings angeben?). Ich habe vielmehr behauptet, daß die FSSPX nur in der Frage des päpstlichen Weiheverbots nicht gehorsamspflichtig war. In diesem konkreten Fall durfte (und mußte, da ihr die Beweislast oblag) sie auch feststellen, daß das Verbot schädlich war, folglich keine bindende Kraft hatte und es in weiterer Folge auch zu keiner Gehorsamsverletzung kam.
Ebenso habe ich an keiner Stelle der moralischen Autonomie das Wort geredet (oder können Sie dafür eines meiner Postings angeben?). Ganz im Gegenteil, ich habe öfters darauf verwiesen, daß die entsprechenden Entscheidungen auf den Grundsätzen der katholischen Theologie und Moral fußen mußten.
Raphael hat geschrieben:Auch der Aquinat geht bei seinem Diktum zur Gewissensfreiheit des Gläubigen von einem sittlich gut gebildeten Gewissen aus, zu dem die Einsicht in die Autorität der Kirche zwangsläufig gehört. Und das JPII von dieser Autorität Gebrauch gemacht hat, ist allen Dokumenten zu entnehmen, die sich mit dieser Angelegenheit befassen.
Sehr richtig! Diese Autorität und mithin ihr Verpflichtungscharakter im Gewissen hat aber ihre Grenzen. Auch darüber doziert der hl. Thomas meisterlich. Wenn Sie genügend Muße haben, empfehle ich Ihnen dazu die Lektüre von I-II, q.96, a.4, das wird uns in unserer Diskussion vielleicht entscheidend weiterhelfen.

Benutzeravatar
Gamaliel
Beiträge: 8609
Registriert: Donnerstag 22. Januar 2009, 07:32

Re: Kleinere Fragen zu den Bischofsweihen von 1988

Beitrag von Gamaliel »

Raphael hat geschrieben:
Gamaliel hat geschrieben:
Raphael hat geschrieben:Wer befindet darüber, daß die "Schädlichkeit in hinreichendem Ausmaß nachgewiesen" ist?

Wahrscheinlich doch die FSSPX selber resp. die in ihr Verantwortung tragenden Personen, oder?

Mithin schwingt sie sich zum Richter in eigener Sache auf, da beißt die Maus keinen Faden ab.
- Können Sie bitte irgendwelche theologischen Quellen bzw. Autoren nennen, die es der FSSPX (und auch sonst jedermann) untersagen würden, ein (päpstliches) Gesetz als schädlich zu qualifizieren!?

Ich kann auch keine Quellen dafür benennen, aus denen ein Verbot zu entnehmen wäre, den Mond für eckig zu halten. Jedermann ist auch so frei, Mathematik unter Zugrundelegung des Axioms "2+2=5" zu betreiben ..........

Mithin kann die FSSPX auch das damalige päpstliche Verbot der Bischofsweihen für schädlich halten.
Diese subjektivistische Einschätzung von FSSPX-Mitgliedern zeitigt jedoch keine kanonische Folgen und somit bleiben die dann im offenen Ungehorsam vorgenommenen Bischofsweihen ein schismatischer Akt.
Von kanonischen Folgen war in Ihrem Einwand keine Rede. Sie haben einerseits ohne weitere Differenzierungen beanstandet, daß sich die FSSPX zum Richter in eigener Sache aufschwingt, indem sie das päpstliche Verbot als schädlich qualifiziert und jetzt gestehen Sie es der FSSPX doch zu eine "subjektivistische Einschätzung" vorzunehmen!?
Also was jetzt? Darf die FSSPX nun eine (moralische ) Qualifizierung des päpstlichen Verbots vornehmen oder nicht?
(Über die Bedeutsamkeit dieser Qualifizierung und ihrer kanonischen Relevanz, können wir uns später unterhalten.)
Raphael hat geschrieben:
Gamaliel hat geschrieben:- Und können Sie dann auch noch erklären, wie die weiter oben angeführten Zitate von Thomas, Cajetan und Bellarmin, "richtig" zu verstehen sind!?
Einem papa haereticus darf man natürlich widersprechen, JPII war aber kein solcher!
Bezüglich Papst Johannes Paul II - Zustimmung
Bezüglich den Zitaten: Woraus entnehmen Sie die Einschränkung der Zitate auf den Fall des "papa haereticus"? Es geht in diesen Stellen ganz allgemein um einen Papst, der der Kirche schweren Schaden zufügt.

Benutzeravatar
Gamaliel
Beiträge: 8609
Registriert: Donnerstag 22. Januar 2009, 07:32

Re: Kleinere Fragen zu den Bischofsweihen von 1988

Beitrag von Gamaliel »

holzi hat geschrieben:Ich werde mir den Hergang der Diskussion samt der ergossenen Argumente notieren, für den Fall, daß ich einmal wegen eines Verkehrsverstoßes angehalten werden sollte. Ich habe dann vor, zu versuchen, den Herrn Gendarm mit Hilfe der FSSPX-Argumentation davon zu überzeugen, daß das Tempolimit/die rote Ampel eigentlich ziemlich das Gegenteil dessen darstellt, was eigentlich gemeint wäre und ich in Folge dessen diese Verkehrsregel einfach ignorieren durfte. Schau'mer mal, ob's hilft. :achselzuck:
Ich hoffe Sie berichten dann hier im Forum :blinker:

Aber nicht vergessen, Sie müßten für die Verkehrsübertretung unter anderem:
- eine allgemeine Notlage nachweisen
- die Unerreichbarkeit des Gesetzgebers zur Abstellung der Notlage nachweisen
- die objektive Schädlichkeit der übertretenen Verkehrsregel nachweisen
- einen allgemeinen Grundsatz des Gesetzgebers anführen können, der ihnen positiv (wenn auch implizit) die Verkehrsübertretung gestattet

Viel Erfolg :breitgrins:

Benutzeravatar
Gamaliel
Beiträge: 8609
Registriert: Donnerstag 22. Januar 2009, 07:32

Re: Kleinere Fragen zu den Bischofsweihen von 1988

Beitrag von Gamaliel »

iustus hat geschrieben:
Gamaliel hat geschrieben:
Florianklaus hat geschrieben:
Gamaliel hat geschrieben:
Florianklaus hat geschrieben:Und welcher Papst hat dann den konkreten Weiheauftrag erteilt? Petrus?
Johannes Paul II., der damals amtierende Pontifex und oberste Gesetzgeber.
Letzteres gilt im vorliegenden Fall übrigens in besonderem Ausmaß, da der CIC 1983 (und somit auch die von der FSSPX herangezogenen Rechtsprinzipien) von Papst Johannes Paul II. promulgiert wurde.

Und das meinen Sie wirklich ernst?
Selbstverständlich!
Natürlich meint Gamaliel das nicht ernst. Da er nach der richtigen Beurteilung der Vorgänge strebt und er niemals eine falsche Überzeugung teilen würde, beinhaltet seine Aussage, dies meine er selbstverständlich ernst, implizit die Mitteilung, dass er es nicht ernst meint.
Ist das jetzt explizit Ihre Einschätzung des Argumentationsgangs? :D

iustus
Beiträge: 7160
Registriert: Samstag 8. Juli 2006, 14:59

Re: Kleinere Fragen zu den Bischofsweihen von 1988

Beitrag von iustus »

:prost:

Benutzeravatar
Sempre
Beiträge: 8891
Registriert: Sonntag 19. Juli 2009, 19:07

Re: Kleinere Fragen zu den Bischofsweihen von 1988

Beitrag von Sempre »

@iustus

Lies mal das hier und das hier.
Niemals sei gesagt es werde je zugelassen, daß ein zum Leben prädestinierter Mensch sein Leben ohne das Sakrament des Mittlers beendet. (St. Augustin, Gegen Julian, V-4)

Benutzeravatar
Maurus
Beiträge: 6813
Registriert: Donnerstag 2. März 2006, 12:56
Wohnort: Kurmainz

Re: Kleinere Fragen zu den Bischofsweihen von 1988

Beitrag von Maurus »

Gamaliel hat geschrieben:
Maurus hat geschrieben:Anders bei der Piusbruderschaft: Keiner der Verantwortlichen entbehrte eines Oberhirten. Es bestand auch nicht die Gefahr, dass dies alsbald so sein werde. Zudem war die Weihe ausdrücklich verboten worden. Die angebliche Notlage bestand also lediglich darin, dass die FSSPX keinen Bischof ihrer Facon mehr zu haben befürchtete. Und das ist genau die subjektive Notlage, die für die Rechtfertigung eines solchen Rechtsverstoßes nicht ausreicht. Es gibt nirgendwo ein Recht darauf, einen Bischof nach persönlichem Gefallen zu haben. Ich habe das nicht, WsK hat es nicht, die FSSPX hat es auch nicht.
Niemand verlangte einen Bischof "nach persönlichem Gefallen". Aber jeder Katholik hat ein Recht auf einen katholischen Oberhirten und zwar einen, der dies nicht nur dem Namen nach, oder den Formalitäten nach ist, sondern auch "qualitativ".
Wo steht das denn? Darf jetzt jeder seinen Ortsbischof auf Glaubenstreue untersuchen und im Falle eines negativen Urteils irgendwo "Ersatz" besorgen? Dann ist sich ja bald jeder sein eigener Papst. Protestantisierung ick hör dir trapsen.

[quotq]Der FSSPX wollte man einen solch (allseits) katholischen Bischof nicht geben und im Rest der Welt starben die verbliebenen aus oder assimilierten sich dem Modernismus. Das war die objektive Notlage und in dieser durfte und mußte Erzbischof Lefebvre handeln.[/quote]

Die FSSPX hat als aufgelöste Vereinigung auch gar kein Recht auf einen Bischof.
Jemand, der die Kirchenkrise, die theologischen Verwüstungen des Modernismus, die Irrtümer des II. Vatikanums,... nicht sehen will, wird der Haltung der FSSPX natürlich nichts abgewinnen können.
Doch das kann man sehr wohl sehen, ohne es als Entschuldigung für einen dauernden Alleingang und die Etablierung einer Privathierachie herzunehmen. Die anderen Gemeinschaften sind dafür ein treffender Beweis.
Gamaliel hat geschrieben:
Maurus hat geschrieben:
Im Übrigen liefert die Benützung der Suchfunktion in diesem Forum bereits ein Vielzahl von Argumenten für eine ganz veritable Kirchenkrise und Notlage. Desweiteren hilft nach der Umschau in der virtuellen Welt auch noch ein Blick in die reale Welt, um den weltweiten Niedergang des Glaubens festzustellen. Selbst die letzten Päpste (inkl. Papst Benedikt) haben dies zugegeben, obgleich sie eine mangelhafte Ursachenanalyse betrieben haben/betreiben.
Das rechtfertigt nicht den Umsturz der kirchlichen Ordnung. Vielmehr ist offensichtlich, dass - würde sich die Argumentation der FSSPX als allgemeingültiges Prinzip herausbilden - die Krise noch wesentlich schlimmer werden würde.
Nirgendwo gibt es einen Umsturz der Ordnung. Im Gegenteil, Erzbischof Lefebvre hat sich zeitlebens um einen betont kirchlichen Geist in all seinem Tun bemüht, gerade auch bei den Bischofsweihen von 1988!
Wie ich bereits sagte: Die Argumentation der FSSPX gibt - in Rechtsnormen übersetzt - jedermann ein Recht, die römische Autorität abzulehnen und aufgrund eines persönlichen Urteils zu tun und zu lassen, was immer man will.
Die Argumentation der FSSPX ist allgemeingültiges Prinzip, da sie sich auf die Lehre anerkannter Theologen und Kanonisten, sowie das Lehramt der Kirche stützt bzw. sich aus ihnen ergibt.
Welche Kanonisten rechtfertigen denn eine Bischofsweihe gegen päpstliches Gebot? Und wo lässt die kirchliche Lehre verlauten, dass dies zulässig sein könnte?
Gamaliel hat geschrieben:Das auf katholische Prinzipien gestützte Handeln trägt zur Gesundung der Kirche bei.
Zuerst hat es mal eine Spaltung herbeigeführt.
Gamaliel hat geschrieben:
Maurus hat geschrieben:Die Ungültigerklärung päpstlicher Rechtsakte ist - egal wie man es nennt - ein richterliches Urteil über den Papst. Schon der juristische Terminus "ungültig" weist darauf hin.
Die FSSPX erklärt keine päpstlichen Rechtsakte für ungültig, aber sie stellt im vorliegenden Fall deren Schädlichkeit fest. Es ist die anerkannte Lehre bedeutender Theologen (z.B. hl. Thomas v. Aquin, hl. Bellarmin, Suarez,...), daß man schädlichen Gesetzen des Papstes widerstehn darf/muß.
Ja wie bequem. Ich erkläre erst einen unliebsamen Rechtsakt für schädlich, anschließend handele ich dann gegen diesen Rechtsakt, weil dies durch Kirchenlehrer so geboten ist. Wie ich schon sagte: Mit dieser Philosophie ist jede kirchliche Ordnung alsbald erledigt.

Darüberhinaus zweifle ich an, dass Thomas und die anderen unerlaubte Bischofsweihen rechtfertigen würden. Es ist das Recht des Papstes, Bischöfe zu ernennen und er ist in diesem Recht frei. Übt er es aus, so kann dies nicht schädlich sein, insbesondere wenn es sich nicht um eine Diözese handelt, die zwingend eines Oberhirten bedarf, sondern eine aufgelöste Gemeinschaft, die aus einem unerfindlichen Grund gleich vier Bischöfe haben wollte.
Gamaliel hat geschrieben:
Maurus hat geschrieben:Es muss doch klar sein, dass gegen ein formell ausgesprochenes Verbot eine solche Herleitung nicht mehr möglich ist. Wenn der Papst erklärt, ein bestimmtes Mandat werden nicht erteilt, dann kann man nicht mit irgendwelchen Winkelzügen eine Deutung vornehmen, wonach dieses Mandat dennoch erteilt worden sei. Gegen den Wortlaut ist nunmal keine Interpretation zulässig.
Tut mir leid, aber diese Meinung ist weder klar, noch begründet. Ein kleiner Blick in Handbücher der Moral und des Kirchenrechts, könnte Sie eines Besseren belehren.
Ich weiß nicht, was daran unklar ist. Man kann einen Wortlaut nicht so auslegen, dass er genau das Gegenteil von dem ergibt, was der Äußernde eigentlich sagen wollte. Dieses Prinzip dürfte sich allgemeiner Anerkennung erfreuen. Die fortwährende Berufung auf kirchliche Lehren, Grundsätze und Kirchenlehrer ist auf Dauer auch nur hilfreich, wenn man sie mal mit dem konkreten Sachverhalt in Verbindung setzt.

Benutzeravatar
Maurus
Beiträge: 6813
Registriert: Donnerstag 2. März 2006, 12:56
Wohnort: Kurmainz

Re: Kleinere Fragen zu den Bischofsweihen von 1988

Beitrag von Maurus »

Gamaliel hat geschrieben:
Raphael hat geschrieben:
Gamaliel hat geschrieben:Es ist die anerkannte Lehre bedeutender Theologen (z.B. hl. Thomas v. Aquin, hl. Bellarmin, Suarez,...), daß man schädlichen Gesetzen des Papstes widerstehn darf/muß.
Welche schädlichen Gesetze wurden den von den Genannten als schädlich erachtet?
Oder blieb man im Abstrakten?
Zur Erleichterung der Diskussion führe ich drei Beispiele (aus einer ganzen Reihe) an. (In welchem Zusammenhang diese stehen, ob sie so gemeint sind, wie hier behauptet, ob sie eine andere Auslegung zulassen,... mag jeder Interessierte selbst nachprüfen; die Fundstellen habe ich dafür angegeben):

1. hl. Thomas (II-II, q.33, a.4, ad2):
"Wo der Glaube bedroht wäre, müßten die Würdenträger von ihren Untergebenen sogar in der Öffentlichkeit angeklagt werden. So stellte der hl. Paulus, der dem hl. Petrus untergeben war, diesen wegen der drohenden Gefahr des Ärgernisses in einer den Glauben betreffenden Angelegenheit öffentlich zur Rede, und wie die Glosse des hl. Augustinus sagt, gab der hl. Petrus selbst den Höherstehenden ein Beispiel, daß sie, falls sie jemals vom geraden Weg abirrten, es nicht verschmähen sollten, sich auch von Niedrigeren zurechtweisen zu lassen."

2. Thomas de Vio Caietanus (Scripta theologica, Bd.1, Nr.411f)
Dem Papst, der die Kirche öffentlich zerfleischt, ist also auch ins Angesicht zu widerstehen. [...] Gegen Mißbrauch der Autorität wird man die passenden Heilmittel anwenden, indem man im Übel nicht gehorcht, indem man nicht schmeichelt, nicht schweigt, indem man widerlegt, berühmte Männer zum Tadel auffordert nach dem Beispiel Pauli und nach seinem Gebot: Sagt dem Archippus: Sieh zu, daß du das Amt erfüllst, das du im Herrn empfangen hast."

3. hl. Bellarmin (Über den Papst, 2. Buch, Abschnitt 29)
"So wie es demnach erlaubt ist, einem Papste zu widerstehen, welcher den Körper anfällt, so ist es auch erlaubt, dem zu widerstehen, welcher die Seelen beängstigt, oder den Staat verwirrt und umsomehr, falls er die Kirche zu zerstören trachtet. Es ist erlaubt, sage ich, ihm Widerstand zu leisten, indem man seine Befehle nicht erfüllt und verhindert, daß sein Wille realisiert werde."
Alles wunderbare Beispiele dafür, dass die Kirchenlehrer hier nicht als Kronzeugen fungieren können.

Benutzeravatar
Maurus
Beiträge: 6813
Registriert: Donnerstag 2. März 2006, 12:56
Wohnort: Kurmainz

Re: Kleinere Fragen zu den Bischofsweihen von 1988

Beitrag von Maurus »

Bernado hat geschrieben:
Maurus hat geschrieben:Anders bei der Piusbruderschaft: Keiner der Verantwortlichen entbehrte eines Oberhirten. Es bestand auch nicht die Gefahr, dass dies alsbald so sein werde. Zudem war die Weihe ausdrücklich verboten worden. Die angebliche Notlage bestand also lediglich darin, dass die FSSPX keinen Bischof ihrer Facon mehr zu haben befürchtete.
Ich stimme Dir in vielem zu, aber nicht in allem. Den Grund meines Widerspruchs kann ich an Deinem Ausdruck "Bischof ihrer Facon" festmachen.

Es geht schon um mehr als um eine "Facon". Es war in den 80er Jahren zu befürchten, daß es bald keinen Bischof mehr geben würde, der bereit wäre, Priester zu weihen (dabei lasse ich die Frage des Ritus dieser Weihe außen vor), die ihrerseits bereit wären, nach dem alten Ritus zu zelebrieren. Die Absicht des Papstes, diese Situation mit Entschiedenheit herbeizuführen, war nach den drakonischen Maßnahmen Pauls VI. zwar nicht gesetzlich festgeschrieben, aber angesichts der faktischen Entwicklung (trotz Agatha-Christie-Indult und Quattuor abhinc annos) doch mit guten Gründen zu befürchten.
Darin würde ich erstmal das Motiv, aber noch nicht die Rechtfertigung für die Handlung sehen.

Bernado hat geschrieben:Es ist eine gute katholische Tradition, manche Dinge nicht ins kalte Scheinwerferlicht einer abschließenden rechtlichen Würdigung zu stellen, sondern in einer Grauzone zu belassen. Das muß freilich in einem Konfliktfall von beiden Seiten aufgegriffen und beherzigt werden, und daran hat es die Bruderschaft oft fehlen lassen.
Eben, eben. Wie ich schon im ersten Beitrag sagte, halte ich es für richtig, dass man die Causa um die falsche Antwort im Weiheritus nicht groß und breit diskutiert hat. Widerspruch muss sich aber mE erheben, wo offensichtlich an einer Umdeutung der Fakten gearbeitet wird.

Benutzeravatar
Gamaliel
Beiträge: 8609
Registriert: Donnerstag 22. Januar 2009, 07:32

Re: Kleinere Fragen zu den Bischofsweihen von 1988

Beitrag von Gamaliel »

Maurus hat geschrieben:
Gamaliel hat geschrieben:
Raphael hat geschrieben:
Gamaliel hat geschrieben:Es ist die anerkannte Lehre bedeutender Theologen (z.B. hl. Thomas v. Aquin, hl. Bellarmin, Suarez,...), daß man schädlichen Gesetzen des Papstes widerstehn darf/muß.
Welche schädlichen Gesetze wurden den von den Genannten als schädlich erachtet?
Oder blieb man im Abstrakten?
Zur Erleichterung der Diskussion führe ich drei Beispiele (aus einer ganzen Reihe) an. (In welchem Zusammenhang diese stehen, ob sie so gemeint sind, wie hier behauptet, ob sie eine andere Auslegung zulassen,... mag jeder Interessierte selbst nachprüfen; die Fundstellen habe ich dafür angegeben):

1. hl. Thomas (II-II, q.33, a.4, ad2):
"Wo der Glaube bedroht wäre, müßten die Würdenträger von ihren Untergebenen sogar in der Öffentlichkeit angeklagt werden. So stellte der hl. Paulus, der dem hl. Petrus untergeben war, diesen wegen der drohenden Gefahr des Ärgernisses in einer den Glauben betreffenden Angelegenheit öffentlich zur Rede, und wie die Glosse des hl. Augustinus sagt, gab der hl. Petrus selbst den Höherstehenden ein Beispiel, daß sie, falls sie jemals vom geraden Weg abirrten, es nicht verschmähen sollten, sich auch von Niedrigeren zurechtweisen zu lassen."

2. Thomas de Vio Caietanus (Scripta theologica, Bd.1, Nr.411f)
Dem Papst, der die Kirche öffentlich zerfleischt, ist also auch ins Angesicht zu widerstehen. [...] Gegen Mißbrauch der Autorität wird man die passenden Heilmittel anwenden, indem man im Übel nicht gehorcht, indem man nicht schmeichelt, nicht schweigt, indem man widerlegt, berühmte Männer zum Tadel auffordert nach dem Beispiel Pauli und nach seinem Gebot: Sagt dem Archippus: Sieh zu, daß du das Amt erfüllst, das du im Herrn empfangen hast."

3. hl. Bellarmin (Über den Papst, 2. Buch, Abschnitt 29)
"So wie es demnach erlaubt ist, einem Papste zu widerstehen, welcher den Körper anfällt, so ist es auch erlaubt, dem zu widerstehen, welcher die Seelen beängstigt, oder den Staat verwirrt und umsomehr, falls er die Kirche zu zerstören trachtet. Es ist erlaubt, sage ich, ihm Widerstand zu leisten, indem man seine Befehle nicht erfüllt und verhindert, daß sein Wille realisiert werde."
Alles wunderbare Beispiele dafür, dass die Kirchenlehrer hier nicht als Kronzeugen fungieren können.
1. Wenn Du noch ein paar Sätze und Begründungen hinzufügst, dann verstehe ich vielleicht auch Deinen Einwand, im Rätselraten bin ich jedenfalls nicht so gut.

2. Könntest Du ein paar traditionelle Gemeinschaften nennen, die es vermutungsweise und nach menschlichem Ermessen (noch) gäbe, wenn Erzbischof Lefebvre 1975 die Aufhebung der FSSPX akzeptiert hätte.

3. Wenn Du den Thread bisher durchgelesen hast, dann fandest Du dort auch die meisten Antworten auf Deine Einwürfe im vorigen Posting.

4. Von Alleingang, Ablehnung der Autorität, Subjektivismen,... kann bei der FSSPX gar keine Rede sein. Es gibt vermutlich wenige kirchliche Gemeinschaften, die sich so an das objektive Recht, Lehramt,... halten wie die FSSPX. Die von Dir geschilderten Zustände finden sich in den Diözesen rings um uns, aber sicher nicht in der FSSPX.

Benutzeravatar
Maurus
Beiträge: 6813
Registriert: Donnerstag 2. März 2006, 12:56
Wohnort: Kurmainz

Re: Kleinere Fragen zu den Bischofsweihen von 1988

Beitrag von Maurus »

Gamaliel hat geschrieben:
Maurus hat geschrieben: Alles wunderbare Beispiele dafür, dass die Kirchenlehrer hier nicht als Kronzeugen fungieren können.
1. Wenn Du noch ein paar Sätze und Begründungen hinzufügst, dann verstehe ich vielleicht auch Deinen Einwand, im Rätselraten bin ich jedenfalls nicht so gut.
Alle drei stellen mehr oder weniger auf einen Papst ab, der "die Kirche anfällt", "zerfleischt" etc. Davon kann bei Johannes Paul II. keine Rede sein. Es sei denn natürlich, die Kirche existiere nur noch in der FSSPX weiter...
2. Könntest Du ein paar traditionelle Gemeinschaften nennen, die es vermutungsweise und nach menschlichem Ermessen (noch) gäbe, wenn Erzbischof Lefebvre 1975 die Aufhebung der FSSPX akzeptiert hätte.
Nein.
3. Wenn Du den Thread bisher durchgelesen hast, dann fandest Du dort auch die meisten Antworten auf Deine Einwürfe im vorigen Posting.
Teilweise, aber sie überzeugen nicht.
4. Von Alleingang, Ablehnung der Autorität, Subjektivismen,... kann bei der FSSPX gar keine Rede sein. Es gibt vermutlich wenige kirchliche Gemeinschaften, die sich so an das objektive Recht, Lehramt,... halten wie die FSSPX. Die von Dir geschilderten Zustände finden sich in den Diözesen rings um uns, aber sicher nicht in der FSSPX.
Diese Behauptungen halten schlichtweg den Fakten nicht stand. Schon allein die Existenz der FSSPX widerlegt sie, die Ausgliederung aus der kirchlichen Hierarchie, der fortwährende Ungehorsam gegenüber dem Papst etc etc. Dass es andere Bischöfe noch doller treiben, vermag das nicht entschuldigen.

Die FSSPX sollte die Souveränität besitzen, dies einzuräumen und sich auf das Gewissen berufen, das ließe sich mE auch wesentlich einfacher und schlüssiger begründen. Die Versuche, dem ganzen einen Anstrich von Legalität zu geben sind jedenfalls von vorneherein zum Scheitern verurteilt.

Die Kritik an andere Diözesen freilich muss sich die FSSPX verkneifen: Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen. Auch der Herr Pfarrer R. B. aus S. hat sicher ein ganzes Füllhorn von wohlfeilen Begründungen für seine Obstruktion und unterscheidet sich insofern nicht von der FSSPX.

Benutzeravatar
Gamaliel
Beiträge: 8609
Registriert: Donnerstag 22. Januar 2009, 07:32

Re: Kleinere Fragen zu den Bischofsweihen von 1988

Beitrag von Gamaliel »

Maurus hat geschrieben:
Gamaliel hat geschrieben:
Maurus hat geschrieben: Alles wunderbare Beispiele dafür, dass die Kirchenlehrer hier nicht als Kronzeugen fungieren können.
1. Wenn Du noch ein paar Sätze und Begründungen hinzufügst, dann verstehe ich vielleicht auch Deinen Einwand, im Rätselraten bin ich jedenfalls nicht so gut.
Alle drei stellen mehr oder weniger auf einen Papst ab, der "die Kirche anfällt", "zerfleischt" etc. Davon kann bei Johannes Paul II. keine Rede sein. Es sei denn natürlich, die Kirche existiere nur noch in der FSSPX weiter...
Nicht ganz. Alle drei Beispiele zeigen, daß auch ein Papst der Kirche schweren Schaden zufügen kann. Folglich kann man nicht a priori behaupten, daß man einem Papst immer und überall gehorchen muß.
Gerade Papst Johannes Paul II. hat entschieden am Niedergang des Glaubens mitgearbeitet. Deswegen hörte er weder auf Papst zu sein, noch waren alle seine Taten schlecht, noch existierte deswegen die Kirche einzig in der FSSPX weiter.
Die Wirklichkeit halte ich für etwas komplizierter als die Gegenüberstellung: Rom/der Papst/das Konzil ist toll und die FSSPX/Lefebvre sind böse. Die Kirchenkrise ist nunmal da und die Beurteilung dieser Situation erfordert ein sehr differenziertes und begründetes Vorgehen. Die FSSPX bemüht sich darum.
Maurus hat geschrieben:
Gamaliel hat geschrieben:4. Von Alleingang, Ablehnung der Autorität, Subjektivismen,... kann bei der FSSPX gar keine Rede sein. Es gibt vermutlich wenige kirchliche Gemeinschaften, die sich so an das objektive Recht, Lehramt,... halten wie die FSSPX. Die von Dir geschilderten Zustände finden sich in den Diözesen rings um uns, aber sicher nicht in der FSSPX.
Diese Behauptungen halten schlichtweg den Fakten nicht stand. Schon allein die Existenz der FSSPX widerlegt sie, die Ausgliederung aus der kirchlichen Hierarchie, der fortwährende Ungehorsam gegenüber dem Papst etc etc. Dass es andere Bischöfe noch doller treiben, vermag das nicht entschuldigen.

Die FSSPX sollte die Souveränität besitzen, dies einzuräumen und sich auf das Gewissen berufen, das ließe sich mE auch wesentlich einfacher und schlüssiger begründen. Die Versuche, dem ganzen einen Anstrich von Legalität zu geben sind jedenfalls von vorneherein zum Scheitern verurteilt.

Die Kritik an andere Diözesen freilich muss sich die FSSPX verkneifen: Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen. Auch der Herr Pfarrer R. B. aus S. hat sicher ein ganzes Füllhorn von wohlfeilen Begründungen für seine Obstruktion und unterscheidet sich insofern nicht von der FSSPX.
Gemäß Deiner Argumentation hätte ein hl. Athanasius nie tätig werden dürfen, denn auch er war fortwährend ungehorsam (Bischofsweihen ohne päpstliches Mandat), handelte außerhalb der Hierarchie,...

Und nochmals, der Papst hat nicht automatisch immer Recht! Zwar spricht die Präsumption deutlich zu seinen Gunsten, aber es gibt Ausnahmen. Bernardo hat weiter oben gut zusammengefaßt wie sehr "die Tradition" in den 80er Jahren bedroht war. Du selbst kennst kein Beispiel für eine nennenswerte traditionelle Gemeinschaft, die es ohne Erzbischof Lefebvre noch gäbe. DIE Tradition der Kirche war bedroht! Es geht nicht um die kleine FSSPX. Diese ist weder für den lieben Gott, noch für die Kirche notwendig. Aber der integrale Glaube, gültige und würdige Sakramente, eine katholische Katechese,... das ist für die Kirche notwendig. Die FSSPX hat dazu ihren Beitrag geleistet (und wird ihn hoffentlich weiter leisten) und alle Maßnahmen von der Aufhebung, über die Suspendierung bis zur Exkommunikation hatten letztlich nur ein Ziel, nämlich diesen Beitrag zur Fortsetzung der Tradition zu verhindern.
Jetzt, wo unter Papst Benedikt wieder ein traditionsfreundlicheres Klima in Rom herrscht, wird daher vollkommen stringent die überlieferte hl. Messe wieder freigegeben (die es ohne Msgr. Lefebvre zwischen 1975 und 1988 in einem nennenswerten Ausmaß überhaupt nicht mehr gegeben hätte) und logischerweise auch die (angebliche) Exkommunikation aufgehoben.
Was zeigt uns das alles: Erzbischof Lefebvre hatte mit seinem Eintreten für die Tradition Recht!

Und nein, die FSSPX wird nicht irgendetwas Wahrheitswidriges daherplaudern nur weil sich dies einfacher und schlüssiger begründen läßt.
Wahr ist, daß aus den genannten Gründen und auf die genannte Weise, ein päpstliches Mandat für die Bischofsweihen vorlag und damit basta.

Benutzeravatar
Sempre
Beiträge: 8891
Registriert: Sonntag 19. Juli 2009, 19:07

Re: Kleinere Fragen zu den Bischofsweihen von 1988

Beitrag von Sempre »

Maurus hat geschrieben:Wie ich bereits sagte: Die Argumentation der FSSPX gibt - in Rechtsnormen übersetzt - jedermann ein Recht, die römische Autorität abzulehnen und aufgrund eines persönlichen Urteils zu tun und zu lassen, was immer man will.
Wozu das in Rechtsnormen übersetzen? Immanuel Kant steht auf dem Index. Dein Gedankengang ist in sich falsch. Er konterkariert den gesunden Menschenverstand. Wir müssen unser Gewissen bilden und ihm dann folgen. Alles andere wäre tumber, blinder Gehorsam. Die Kirche lehrt keinen solchen.

Und wir bilden unser Gewissen nicht anhand einer einzelnen päpstlichen Entscheidung.

Päpstliches Gesetz ist nicht absolut. Es muss sich an Allerlei messen lassen. Dazu zählen der Auftrag der Kirche und anderes päpstliches Gesetz. Man muss dem Papst nicht folgen, als sei er Christus. Er ist Stellvertreter Christi und i.a. wie wir alle fehlbar.

Maurus hat geschrieben:Die Notlage existiert lediglich in der subjektiven Sicht der FSSPX.
Woher weißt Du das? Weil in Deiner subjektiven Sicht keine bestand? Natürlicherweise wird eine Notlage zunächst immer nur subjektiv als solche eingeschätzt. Eine Untersuchung mit abschließendem päpstlichen Urteil hat es zu dieser Frage nicht gegeben. (Und selbst dann wäre auch diese wiederum zu prüfen.)

Maurus hat geschrieben:Es dürfte einsichtig sein, dass das nicht ausreicht. Andernfalls könnte jeder unter Verweis auf angebliche Notstände tun und lassen was er wollte.
Ja. Das kann auch jeder. Und jeder, der vernünftig denkt, wird auch so vorgehen. Er wird sorgsam prüfen, und dann seinem Gewissen folgen. Wenn er Glück hat, wird der Obere, die zuständige Autorität, ihn später bestätigen. Wenn er Pech hat, wird sie ihn bestrafen. Am Ende wird er so oder so für seine Taten vor dem Herrn geradestehen müssen.

So funktioniert die Welt nun einmal. Was passt Dir daran nicht?

Ganz allgemein müssen wir der zuständigen Autorität folgen. Ein jedes Glied der Familie muss dem Haupt der Familie folgen. Gebraucht die Autorität jedoch ihre Macht entgegen dem Auftrag des Herrn, dann muss man ihr ungehorsam sein. Die persönlichen Entscheidungen, die dabei zu treffen sind, nimmt einem niemand ab. Und das gilt sowohl dann, wenn man der Autorität folgt, als auch dann, wenn man es nicht tut.


Fazit: Es nutzt nichts, wenn Du versuchst, mit irgendwelchen vermeintlich prinzipiellen Argumenten zu kommen. Der spezielle Fall ist zu betrachten.

Gruß
Sempre
Niemals sei gesagt es werde je zugelassen, daß ein zum Leben prädestinierter Mensch sein Leben ohne das Sakrament des Mittlers beendet. (St. Augustin, Gegen Julian, V-4)

Antworten Vorheriges ThemaNächstes Thema