So könnte man zusammenfassen. Nehmen wir dieses moralische Prinzip also als gemeinsame Grundlage und kommen wir zum – von Dir schon formulierten – gedanklich nächsten Schritt, nämlich seiner Anwendung auf die Praxis:Raphael hat geschrieben:Aus den Zitaten von Bellarmin, Cajetan und des Aquinaten läßt sich folgendes moralisches Prinzip ableiten: Gesetze (gemeint sind juristische Gesetze) entfalten keine Bindungswirkung, insofern sie schädliche Auswirkungen auf die Moral nach sich ziehen!Gamaliel hat geschrieben:Ich habe als ersten Schritt bereits diesen Beweis auf der theoretischen Ebene geführt, d.h. ich habe aufgezeigt, warum es grundsätzlich möglich ist, daß ein päpstliches Verbot schädlich und damit inexistent sein kann (hast Du die Quaestio beim hl. Thomas dazu schon gelesen?).
Auch mit dieser Formulierung bin ich im Prinzip einverstanden.Raphael hat geschrieben:Nun wäre noch zu klären, ob dieser überpositive Rechtsgrundsatz bei den in Rede stehenden Bischofsweihen von 1988 Anwendung finden kann. Um Anwendung finden zu können, müßte das Verbot unmittelbar einen Schaden verursachen. Dieser Schaden müßte auch auf keine andere Weise verhindert werden können, als durch die Umgehung des Verbotes.
Etwas unsicher bin ich nur bzgl. der Bedeutung von „Dieser Schaden müßte auch auf keine andere Weise verhindert werden können“. (Aber vielleicht sehe ich da ein Haar in der Suppe, wo keines ist!?)
- Wenn sich diese Formulierung einfach auf die konkrete praktische Situation von 1988 bezieht, bin ich völlig einverstanden. Der Sinn wäre dann z.B. „Die FSSPX muß nachweisen, daß ihr in der damaligen Situation keine anderes Mittel mehr blieb um den Schaden abzuwenden, als das ausgesprochene Verbot zu übertreten. Alle anderen möglichen Wege wurden von ihr nämlich - wie sie behauptet - bereits erfolglos probiert…“
- Wenn sich diese Formulierung allerdings als allgemeingültiges Prinzip versteht, dann müßten wir das vorher noch klären, denn ein solches Verständnis würde ich ablehnen. Der Sinn wäre dann etwa: „Außer der Übertretung des Verbotes ist überhaupt keine andere Lösung denkbar, um den Schaden abzuwenden. (Also, weder eine Willensänderung des Papstes (z.B. Rücknahme des Weiheverbots, Ernennung eines traditionellen Diözesanbischofs,…), noch ein wunderbares Eingreifen Gottes, noch irgendeine andere Maßnahme könnte den Schaden abwenden, sondern nur die Übertretung des erlassenen Verbots ist der einzig theoretisch mögliche Lösungsansatz zur Abwendung des Schadens).“
Das wäre nur ein Aspekt des Schadens (und außerdem ist er etwas mißverständlich formuliert, denn man könnte glauben, daß die FSSPX einen Bischof nur um seiner selbst willen haben wollte. Gäbe es genügend traditionelle Bischöfe, dann bräuchte es weder einen Bischof der FSSPX, noch überhaupt eine FSSPX.)Raphael hat geschrieben:Der Schaden liegt - der Position der FSSPX zufolge - in der Bischofslosigkeit der Bruderschaft, wenn Erzbischof Lefebvre versterben sollte.
Nein, der Schaden des päpstlichen Verbotes liegt – laut FSSPX – darin, daß dieses Verbot dem Allgemeinwohl der Kirche/Heil der Seelen abträglich war. Aus dieser Abträglichkeit folgte, daß es keine „Bindungswirkung“ entfalten konnte und mithin nicht beobachtet werden mußte.
Diese These bedarf natürlich der Erklärung und des Beweises. Wenn Du bis hierher einverstanden bist, werde ich versuchen diesen Beweis zu führen und dort auch Deinen Einwand („Nun hatte aber der Vatikan, wie aus der bereits zitierten Quelle hervorgeht, der FSSPX angeboten, innerhalb der nächsten sechs Wochen einen Bischof zu ernennen.“) berücksichtigen.