Grammi hat geschrieben:Also, jetzt mal eine ganz dämliche Frage von einem, der zwar schon in recht vielen unterschiedlichen Formen der Alten Messe ministriert hat (u.a. bei einem levitiertem Hochamt), aber nicht wirklich viel Ahnung hat:
Welche Rubriken verwendet dann ein Bischof, der eine Pontifikalmesse lesen will? Wenn ich dass jetzt richtig verstanden habe, dann betreffen die Rubriken, die neu 1961 in Kraft getreten sind nur die Basis (sprich, Stille Messe. Wobei ich ja mal die Theorie gehört habe, die Basis der Alten Messe sei die Papstmesse, alles andere eine Verkürzung dieser^^). Nimmt dann ein Bischof die entsprechenden älteren Rubirken? Und wo findet er die? Und was macht man, wenn der Bischof einem Orden angehört, dann müsste der doch rein theoretisch nach den alten Büchern seines Ordens zelebrieren?
Soweit meine Erfahrungen reichen - und das ist doch eher begrenzt - nimmt ein Zeremoniar überhaupt nicht die Original-Rubriken, die von der Ritenkommission und den Päpsten des 20. Jh.praktisch unbrauchbar gemacht worden sind, sondern er nimmt ein "Standardwerk" wie den Fortescue und Hartmanns Repetitorium, die jeder auf seine Weise ein paar Schneisen durch den Rubrikendschungel geschlagen haben. Der Fortescue in der neuesten von U.M. Lang betreuten Ausgabe (die ich noch nie in der Hand hatte) sogar angeblich auf dem aktuellen Stand.
Wenn ein Bischof ins Spiel kommt, werden die Dinge kompliziert, denn der bringt seine eigenen consuetudines mit - und wenn es sich bei dem Bischof, der eine Priesterweihe durchführt, zufällig um den amtierenden Präsidenten von Ecclesia Dei handelt, möchte ich den Zeremoniar sehen, der am Abend vorher eine lange Diskussion anhand von Rubriken führt, um irgendwelche Zweifelsfragen zu klären, die schon seit 80 Jahen ungeklärt sind.
Leider gibt es nun einmal viele Dinge, die einfach nicht klar sind. Die Gültigkeit der in päpstlichen Dokumenten immer wieder angeordneten Zurücknahme von Indulten und Gewohnheitsrechten "auch aus unvordenklichen Zeiten" ist durchaus umstritten: Können Päpste das? Papst Benedikt neigt eher dazu, diese Frage mit "Nein" zu beantworten. Oder ein anderer Streitpunkt: Das Missale von 1962 hat das Datum vom 23. Juni. Die Verfügungh, den Hl. Josef in den Kanon aufzunehmen, ist vom 13. November. Was ist jetzt der Stand der "Bücher von 1962" ?
Der modern-römische Versuch, auch in der Liturgie auf super-legalistische Weise alles bis aufs Kleinste und auf zentralistische Weise zu regeln, ist grandios gescheitert. Und die teutonische Sucht, von Rom immer noch mehr zusätzliche Klarheit und Deteilregelung zu erbetteln - reden wir nicht länger davon.
Das heißt aber nicht, dem Chaos das Wort zu reden. Solange man mit Priestern oder Bischöfen zu tun hat, die fest im Glauben verwurzelt sind, kann man zwar über gewisse Dinge hinwegsehen, die z.B. auf praktischen Erfordernissen oder auch langeingeführten Gerwohnheiten beruhen. Man soll auch nicht die Augen davor verschließen, das Verhaltensweisen sich einfach im Lauf der Zeit ändern können - sonst hätten wir heute noch die Liturgie des Hippolytus. Unter diesem Aspekt halte ich es für unsinnig, Dinge, die sich in der Praxis der überlieferten Liturgie eingebürgert haben, unter Hinweis auf einen Erlass der Ritenkongregation von 1880 zu kritisieren und ein lautes Geschrei zu veranstalten. Handküsse bei der Überreichung des Weihrauchfasses, die möglicherweise irgendwann einmal "abgeschafft" oder (was der wahrscheinlichere Fall ist, in einer Neuregelung einfach nicht mehr erwähnt wurden), können nicht ernstlich Streitgegenstand sein. Egal, ob sie gemacht werden oder fehlen. Pectorale, die immer öfter über der Kasel getragen werden, markieren wohl noch nicht den Apostaten.
Auf der anderen Seite halte ich es aber auch für unzulässig, wenn Regeln, die in neuester Zeit getroffen worden sind und sich ausdrücklich auf bestimmte Praktiken der Gegenwart beziehen, leichthändig missachtet werden. Bei der Feier der Osternacht, für die 1955 ein umfängliches neues Regelwerk vorgeschrieben wurde, sehe ich dabei also keinerlei Spielraum, denn da gibt es eigentlich keine Unklarheiten. Und wer von 1955 abweichen will, muß eben sehen, ob er ein Indult bekommt.
Ähnlich ist es bei einer Detailregelung wie der Vorschrift, in Ämtern die Lesungen immer auch auf Latein vorzutragen. Das ist eine klare Ansage aus allerneuester Zeit - davon abzuweichen ist nicht erlaubt. Wo es aber dennoch geschieht, muß man nicht gleich den Sieg des Modernismus an die Wand malen.