Libertas Ecclesiae hat geschrieben: Es kann eigentlich nicht sein, dass es in ein und derselben katholischen Kirche Bischöfe gibt, die den Sühnetod Christi leugnen und Bischöfe, die den Sühnetod Christi nicht leugnen. Entweder ist Christus für unsere Sünden gestorben oder nicht. Einheit im Glauben kann nicht bedeuten, dass man beides glauben kann.
Aber ist nicht das die große Entdecken der neuen Theologie? Anything goes - solange es nicht scholastisch daherkommt. Josef Ratzinger wußte schon was er tat, als er gegen den Relativismus predigte.
Die Frage, was der Papst
vorhat, ist möglicherweise falsch gestellt. Was er
vorhat, kann man recht gut erkennen, und daraus hat er auch nie ein Geheimnis gemacht. Die andere Frage ist die was er
realisieren kann - umgeben von einem Apparat, in dem viele etwas ganz anderes als er vorhaben. Er kann einfach nicht alles selbst tun und noch nicht einmal alles selbst überwachen, er muß sich auf Mitarbeiter stützen - auch solche, die seinen Kurs nicht mitfahren.
Daß die alte Führung von Ecclesia Dei die Positionen von Bischof Williamson nicht kannte, erscheint zwar kaum glaublich, aber angesichts des vatikanischen Biotops auch nicht ganz unmöglich. Schließlich bringt dieses Biotop ja auch einen Pressesprecher und einen Chefredakteur des deutschen Radio Vatikan nach dem anderen hervor, der unfähig oder unwillig ist, seine Aufgabe im Sinne des Papstes profesionell zu erfüllen.
Jetzt werden die Rechnungen aufgemacht; die Situation ist günstig. Da sind einmal das wohl synchronisierte Interview Bischof Williamsons und das total unprofessionelle Handling der Affäre durch den Pressesaal. Dazu dann der bestens koordinierte Chor von deutschen Bischöfen, jüdischen Lobbyisten (im Unterschied zu jüdischen Theologen), und einer Weltpresse, die die katholische Kirche als eines der letzten Terrains erkannt hat, das sich ihrem Fortschrittlichkeitsanspruch nicht unterwirft. Das hat natürlich denen im Vatikan in die Hände gespielt, denen die ganze Richtung nicht gepasst hat, und sie haben eine Situation, in der der Papst praktisch keinen Spielraum mehr hatte, weidlich auszunutzen verstanden. Sie haben ihn in die Enge getrieben und m. E. die Gespräche mit der SSPX schon vor dem Beginn zum Scheitern verurteilt - was ihn weiter schwächen wird.
Denn die schismatischen Reflexe sind bei der Piusbruderschaft ja ohnehin recht stark ausgebildet, und sich jetzt quasi auf Gnade oder Ungnade zu ergeben - dazu wird auch Fellay nicht bereit sein. Denn die Kirche - das ist ja beileibe nicht nur der Papst, bei dessen Wahl der hl. Geist so unübersehbar mit abgestimmt hat. Das sind auch die kollegialitätsversessenen Bischöfe, die längst ihr Parallel-Lehramt installiert haben, in dem alle ihnen genehmen Gegensätze perfekt vereinbar sind, die Prototypen werden in den Laboren zu Linz gefertigt: Frauen am Altar - aber gewiss doch, öffentlich zölibatsbrüchige Dechanten ohne Sanktionierung - kein Problem. Nur die alte Messe und die alte Theologie - damit gibt es keine Koexistenz (letztlich gut beobachtet, oder?).
Das schönste (und intellektuell niederschmetterndste) Beispiel für die Fähigkeit, die merkwürdigsten Gegensätze im Kopf auszuhalten liefert jetzt ja Gelu Müller. Auf der einen Seite vertritt er jene "nachkonziliare" Theologie, die einen Satz wie "nulla salus extra ecclesia" nur mit einem 77-seitigen Kommentarapparat verwenden würde, um ja keinem Andersgläubigen, Apostaten oder professoralen Häretiker lieblos zu begegnen. Wenn sie diese Wahrheit denn überhaupt noch ausspricht. Auf der anderen Seite schleudert er genau diesen Satz (dieser Tage im Interview mit KNA) wie einen Bannfluch gegen die Piusbruderschaft, wenn er wie ein Ultimatum formuliert, die Versöhnungsgespräche müßten dieses Jahr "über die Bühne gehen". "Am Ende müssen sich die Piusbrüder entscheiden, ob sie wirklich in die Kirche zurückkehren wollen. Dann wird sich zeigen, ob sie die Brisanz und die theologische Tiefe des Satzes erkennen, wonach es kein Heil außerhalb der Kirche gibt."
Unaufrichtigkeit, Chutzpah, Zynismus - einfach nur noch eklig.