Robert Ketelhohn hat geschrieben:Klar ist, das viele Involvierte durch jene Texte den Bruch herbeiführen wollten. Daran kann aus Sicht des historischen Beobachters gar kein Zweifel bestehen. Ebenso hat sich der Bruch hernach tatsächlich vollzogen. (Bereits zuvor bestehende Risse und Untergrabungen des Fundaments lasse ich hier der Einfachheit halber außen vor.)
Das ändert aber nichts daran, daß man juridisch, wenn man denn will, den Bruch hermeneutisch weginterpretieren kann. Natürlich nur durch neue Maßregeln, die alten – diejenigen des Bruchs – im Sinn einer Rückkehr zu den noch früheren zurechtbiegen, notfalls auch Sinn und Wortlaut einigermaßen vergewaltigend, soweit es eben nötig ist.
Solches Verfahren braucht man nicht für unehrenhaft oder gar unstatthaft zu halten. Vielmehr ist das gängige Rechtspraxis. Recht wird „fortentwickelt“, bis man, was einmal gemeint war, kaum noch wieder erkennt, wenn man als Nicht-Revolutiomär die Kontinuität der Institutionen wahren möchte. Das könnte theoretisch auch in umgekehrter Richtung erfolgen. (Bloß daß es in praxi funktioniere, bezweifle ich.) Jedenfalls ist dies wohl der Weg, welchen der Heilige Vater, wenn auch vorsichtig tastend, einzuschlagen versucht.
Ja, irgendwie etwas in dieser Art stellt sich der Hl. Vater wohl vor. Noch lieber aber wäre ihm offenbar eine schnelle Einigung mit den Piusbrüdern. Dann wäre eine hermeneutische weg-Interpretation des Bruchs nicht mehr akut und könnte einstweilen auf morgen oder den St. Nimmerleinstag verschoben werden, da es dann so gut wie niemanden mehr gäbe, der laut den Bruch beklagt. Die weit überwiegende Mehrheit der Piusbrüder will jetzt keine Einigung, wie einer der beim Treffen in Albano anwesenden Oberen mündlich berichtet hat, um weiterhin tatsachengemäß den Bruch beklagen zu können und dem Hl. Vater nicht die Möglichkeit zu geben, weiterhin tatsachenwidrig Kontinuität behaupten zu können.
Robert Ketelhohn hat geschrieben:Theologisch wird dieser Weg allerdings schwierig, wenn man eine Ebene berührt, die dogmatisch festgegossen ist, wenn man die letzten Konzilien als unfehlbare Synoden von unantastbarem Rang ansieht.
Der Papst kann zwar unfehlbar lehren, nicht aber gegen definierte Glaubenslehre. Gegen diesen Sachverhalt gibt es keine juridischen Mittel. Rein praktisch kann das höchste Lehramt zwar einiges tun, um den Glauben weithin zu zerstören, aber ein Papst, der in feierlichem Akt unantastbare Glaubenslehre änderte, wäre leicht erkennbar kein Papst sondern ein U-Boot von einem anderen Verein.
Rom hat die Piusbruderschaft immer nur mit Politik und Juristerei bekämpft und sich nie auch nur ein Fürzelchen getraut, die Piusbruderschaft wegen des Glaubens anzugreifen, den fast nur noch sie bewahrt. Das gilt auch für den regierenden Papst, der vor zwei Jahren noch in der FAZ erklärte, dass es allein um dogmatische Differenzen gehe. Heute drückt er sich davor, öffentlich die Tatsache auszusprechen, dass die Positionen der Piusbruderschaft seinen eigenen unvereinbar entgegenstehen, und er drückt sich vor seiner Amtspflicht, zu entscheiden, was nun Irrtum und was Wahrheit ist. Lieber bekämpft er die Piusbruderschaft, indem er versucht, sie nach mehrfach bewährter Methode kaltzustellen.
Robert Ketelhohn hat geschrieben:Doch auch dies Problem ist lösbar, wenn die Zeit kommt. Den Weg habe ich andernorts schon angedeutet.
Ja, das hast Du, mehr als nur angedeutet. Ich sehe auch, dass Du in einigem in dieselbe Richtung wie Papst Benedikt denkst. Völlig unklar ist mir jedoch, warum Du eine Einigung Roms mit den Piusbrüdern als realistisch ansiehst (schien mir jedenfalls so).