Hubertus hat geschrieben:taddeo hat geschrieben:Die Gotik hat tatsächlich die Trennung von Klerus und Laien im Westen erst richtig zementiert, und zwar auch theologisch, nicht zuletzt in Trient. Daß es EIN Volk Gottes gibt und nicht die Kleriker von Haus aus die einzig wahren und jedenfalls besseren Katholiken sind, das wurde tatsächlich erst durch das II. Vatikanum auch lehramtlich klargestellt. Schau nur mal in den CIC 1917: Da war das II. Buch den "Personen" gewidmet; die canones 87-486 den Klerikern, cc. 487-681 den Ordensleuten, und dann erst cc. 682-725 den Laien, und denen ausschließlich im Zusammenhang mit ihren frommen Vereinigungen. Als "Person" in der Kirche kam der einzelne Laie praktisch nicht vor, außer als "Kunde" im Sakramenten-, Prozeß- und Strafrecht. Das galt immerhin bis 1983!
Das kann man in dieser Allgemeinheit so nicht stehen lassen, so stimmt das einfach nicht.
Es ist schon richtig, daß es da Akzentverschiebungen gegeben hat. Man kann aber nicht behaupten oder zumindest den Eindruck erwecken, vor DemKonzil™ habe die Kirche nicht gelehrt, daß die Kirche EIN Volk Gottes sei.
In dem Zusammenhang auf den CIC zu verweisen bringt auch nicht viel - in Gesetzbuch ist kein dogmatisches Lehrwerk.
Taddeos Beitrag entspricht wohl dem, was heute in universitären Milieu manchmal noch gelehrt wird, unterbaut von Zitaten und Beispielen aus der Geschichte. Allein, oft sind Zitate nur hilfreich, wenn sie in den realen Kontext eingebettet werden, der leider heute nur noch schwer zu erfassen ist.Gerade das Christentum unterscheidet sich grundlegend in seiner Sicht auf den Menschen durch die Gleichheit der Person im Gottesdienst - alle kommunizieren am Leib und Blut (jeder hingegen an dem Platz, der ihm zukommt). Wer sich an Kleinigkeiten aufhält, kann den CIC 1917 in dieser Hinsicht als viel moderner empfinden, als der Klerikalismus nach der Liturgiereform Roms. Es galt bis in neueste Zeit hinein, dass ein Priester nur mit der Gemeinde (also wenigstens einer weiteren Person...) die Liturgie feiern durfte. Die unterschiedlichen Ausprägungen des Kirchenbaus hatten sich bis in die neueste Zeit aller Verschiedenheit zum Trotz die wesentlichen Punkte der Gottesdienstfeier zu Herzen genommen. Es konnte auch da z.B. der Altar mehr in der Mitte der Kirche stehen (so wohl in Nordafrika?). Wenn man heute allerdings eine röm. neue Messe besucht, findet man alles so eingerichtet, dass es augenscheinlich nicht auf den Altar, sondern vielmehr auf den ankommt, der dahintersteht. Die scheinbar so wichtigen "Laien" sind devote Empfänger einer Belehrung, eher nicht Mitliturgen, welche Aufgaben ihnen auch immer und in Fülle zugeteilt werden mögen. Auf mich wirkt die neue röm. Liturgie leider wie ein missglückter Versuch, möglichst viel Archäologismus mit Modernität zu kombinieren, um zu retten, was noch zu retten ist. In der orthodoxen Liturgie bittet z.B. der Priester mindestens drei Mal die Mitfeiernden um Vergebung, damit er quasi mit ihrer Erlaubnis nunmehr das tun darf, zu was die Gemeinde ihn durch den Bischof beauftragt hat (also ihr Mittler der Sakramentenspendung zu sein). Ich bin davon überzeugt, dass dieses Verständnis im Mittelalter auch im Westen durchaus vorhanden war, denn die früheste Gottesdienstordnung wurde noch lange bewahrt, wenn auch mit Entwicklungen hin zu einer stärkeren Trennung der Hierarchien.
A. Angenendt hat ein Werk zum "mittelalterlichen Meßopfer" verfasst, das diese Fragen teilweise anspricht, wenn auch in trockener und einer für den gemeinen Orthodoxen sehr spröden (und manchmal hinterfragungswürdigen) Form: "Offertorium. Das mittelalterliche Meßopfer."
Gruß G.