Tradition - Was ist das?

Rund um den traditionellen römischen Ritus und die ihm verbundenen Gemeinschaften.
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Marion
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Tradition - Was ist das?

Beitrag von Marion »

viewtopic.php?p=463634#p463634
taddeo hat geschrieben:Etwa nicht die Anhänger der FSSPX, für die nur das "Tradition" ist, was sie selber als solche definiert haben - wie man hier im Forum tagtäglich schwarz auf weiß nachlesen kann?
[...]
Ich laß mir von Leuten, die sich als selbsternannte Gralshüter einer angeblichen "Tradition" gerieren, nicht vorschreiben, was ich unter Tradition verstehen darf.
Der Beitrag hier hat mich nun doch etwas stutzig gemacht. Das ist ja ein ziemlich wichtiger Begriff bei dem man sich eigentlich einig sein sollte wenn man miteinander reden und sich auch verstehen will.

Was wird traditionell (also immerschon) unter Tradition und was wird modernistisch unter dem Wort verstanden und mit welchen Argumenten kann man Modernisten eventuell davon überzeugen, daß wir hier in der Sakramentskapelle den Begriff richtig verstehen und auch benutzen?
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taddeo
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Re: Tradition - Was ist das?

Beitrag von taddeo »

Marion hat geschrieben:Was wird traditionell (also immerschon) unter Tradition und was wird modernistisch unter dem Wort verstanden und mit welchen Argumenten kann man Modernisten eventuell davon überzeugen, daß wir hier in der Sakramentskapelle den Begriff richtig verstehen und auch benutzen?
Ich möchte nur vorsichtshalber darauf hinweisen, daß das Ausgangsposting für diesen Strang nicht aus der Sakramentskapelle stammt, sondern aus dem Refektorium, und daß deshalb unter "Tradition" womöglich nicht nur das gemeint ist, was "traditionalistische" Vereinigungen darunter verstehen.

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Marion
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Re: Tradition - Was ist das?

Beitrag von Marion »

taddeo hat geschrieben:
Marion hat geschrieben:Was wird traditionell (also immerschon) unter Tradition und was wird modernistisch unter dem Wort verstanden und mit welchen Argumenten kann man Modernisten eventuell davon überzeugen, daß wir hier in der Sakramentskapelle den Begriff richtig verstehen und auch benutzen?
Ich möchte nur vorsichtshalber darauf hinweisen, daß das Ausgangsposting für diesen Strang nicht aus der Sakramentskapelle stammt, sondern aus dem Refektorium, und daß deshalb unter "Tradition" womöglich nicht nur das gemeint ist, was "traditionalistische" Vereinigungen darunter verstehen.
Ich habe es extra verlinkt, damit auch jeder sehen kann in welchem Zusammenhang das gesagt wurde.

Kannst du vielleicht auch sagen, was genau (unabhängig davon was andere darunter verstehen) du unter dem Begriff Tradition verstehst?
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Amandus2
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Re: Tradition - Was ist das?

Beitrag von Amandus2 »

Mit Tradition ("das haben wir schon immer so gemacht") kann man ALLES begründen. Daraus wird dann schnell ein Faß ohne Boden. Sollte zum Beispiel ein Flügel der RKK das Dogma "Maria Miterlöserin" durchbringen wollen, so wird er das mit der "Traditon" begründen.

Zu Recht haben deshalb die Reformatoren alles wieder auf die Bibel zurück geschraubt. Die Bibel ist eine überschaubare Grundlage, die jeder jederzeit nachlesen kann.

Germanus
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Re: Tradition - Was ist das?

Beitrag von Germanus »

Das scheint mir eine wichtige Frage zu sein: Für die Anhänger Erzb. Lefebvres sind die Weihen von 1988 z.B. aus einer Notlage zum Schutz des traditionellen Glaubens heraus zu interpretieren. Für die griechischen und russ. Gläubigen z.B. war die Exkommunikation des päpstl. Legaten von 1054 eine Notwendigkeit zum Schutz der Tradition und des apostolischen Glaubens aller Zeiten. Ich wiederum finde es ungehörig, aus Anbiederung an neuere lat. Bräuche meine eigene lit. Tradition zu verleugnen und an bestimmten Tagen die Knie zu beugen, nicht zu fasten etc., wo die lat. Traditionalisten mir einen Mangel an Ehrfurcht vorwerfen würden. Vielleicht machen es Standpunkt, Erziehung, Weitblick und wohl auch religiöse Bildung aus, wo ich die Tradition sehe, die enorm vielfältig ist und nicht immer in schwarz und weiß eingeteilt werden kann. Und übrigens: Auch die Bibel kann immer nur in der Zusammenschau mit der Tradition richtig verstanden werden - s. die Zeugen Jehovas, die am Worte kleben, und oft dazu noch an übersetzten Worten.
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Lupus
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Re: Tradition - Was ist das?

Beitrag von Lupus »

Amandus2 hat geschrieben:Mit Tradition ("das haben wir schon immer so gemacht") kann man ALLES begründen. Daraus wird dann schnell ein Faß ohne Boden. Sollte zum Beispiel ein Flügel der RKK das Dogma "Maria Miterlöserin" durchbringen wollen, so wird er das mit der "Traditon" begründen.

Zu Recht haben deshalb die Reformatoren alles wieder auf die Bibel zurück geschraubt. Die Bibel ist eine überschaubare Grundlage, die jeder jederzeit nachlesen kann.
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Ohne die zweite Säule der Kirche zu beachten?
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Marion
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Re: Tradition - Was ist das?

Beitrag von Marion »

Amandus2 hat geschrieben:Mit Tradition ("das haben wir schon immer so gemacht") kann man ALLES begründen.
Alles?
Alles nicht! Doch nur das was immerschon so gemacht wurde.
Amandus2 hat geschrieben:Die Bibel ist eine überschaubare Grundlage, die jeder jederzeit nachlesen kann.
Möchtest du also die Tradition abschaffen, weil es (für jeden) zu viel Arbeit ist nachzuprüfen ob etwas auch wirklich Tradition ist oder ob sich eventuell was falsches eingeschlichen hat?
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Linus
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Re: Tradition - Was ist das?

Beitrag von Linus »

Marion hat geschrieben:
Amandus2 hat geschrieben:Mit Tradition ("das haben wir schon immer so gemacht") kann man ALLES begründen.
Alles?
Alles nicht! Doch nur das was immerschon so gemacht wurde.
Immerschon ist die falsche Kategorie "unvordenkliche Zeiten" ist richtig. MAW alles was schon seit 40 Jahren gang und gäbe ist.
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ad-fontes
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Re: Tradition - Was ist das?

Beitrag von ad-fontes »

@Marion: Tradition ist das, was die heiligen Apostel überliefert haben.
Germanus hat geschrieben:Ich wiederum finde es ungehörig, aus Anbiederung an neuere lat. Bräuche meine eigene lit. Tradition zu verleugnen und an bestimmten Tagen die Knie zu beugen, nicht zu fasten etc., wo die lat. Traditionalisten mir einen Mangel an Ehrfurcht vorwerfen würden.
Wenn es neuere Bräuche sind, muß man schauen, ob sie tradtionswidrig sind oder leigtime Weiterentwicklung der einen Tradition, die in unterschiedlichen Formen in den jeweiligen (Orts-)Kirchen weitergegeben wurden.

So wie es vier Evangelien gibt, die nicht in allem harmonieren (zB Zeitansatz des Pascha des Herrn), so darf es mE eine Vielfalt geben, die die Einheit nicht infrage stellt.

Zum leidigen Thema Verbot des Knieens an Sonntagen habe ich schon vor einiger Zeit etwas geschrieben: Die hl. Väter von Nizäa hatten, so wie ich es sehe, das kniefällige Gebet vor Augen bei ihrem Verbot, als Ausdruck der Buße. Wenn aber der Lateiner [sonntags] kniet, dann ist es idR Ausdruck der Anbetung.

Ich warne hier vor reinem Formalismus; Intention und Objekt sind mit zu berücksichtigen.

Die Griechen warfen den Lateinern das Samstagsfasten vor als Rückfall in mosaische Gebräuche, wie ebenso die Verwendung des Azymen. Ersteres ist nun aber kein neuerer Brauch, sondern ein schon lange bezeugter, gilt (man muß ja leider sagen: galt) in der römischen Kirche als apostolisch. Aber auch die Griechen fasten samstags, wenn auch nur an einem Tag im Jahr, am Karsamstag. Nun könnte man genau den Vorwurf der Angleichung bzw. des Weitertradierens mosaischer Gebräuche umkehren und sagen: ihr stellt den Samstag neben den Sonntag durch seine Fastenfreiheit. Aber die Kirche ist das wahre Israel; neu und alt gehören zusammen. Machen wir den anderen nicht zum Vorwurf, womit sie Gott zu ehren bestrebt sind, auch wenn wir es genau umgekehrt halten! Schauen wir lieber auf die Motive: ob Gottesfurcht, Glaube und Liebe leitend sind oder nicht; das ist das Entscheidende!
Christi vero ecclesia, sedula et cauta depositorum apud se dogmatum custos, nihil in his umquam permutat, nihil minuit, nihil addit; non amputat necessaria, non adponit superflua; non amittit sua, non usurpat aliena. (Vincentius Lerinensis, Com. 23, 16)

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Marion
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Re: Tradition - Was ist das?

Beitrag von Marion »

Linus hat geschrieben:
Marion hat geschrieben:
Amandus2 hat geschrieben:Mit Tradition ("das haben wir schon immer so gemacht") kann man ALLES begründen.
Alles?
Alles nicht! Doch nur das was immerschon so gemacht wurde.
Immerschon ist die falsche Kategorie "unvordenkliche Zeiten" ist richtig. MAW alles was schon seit 40 Jahren gang und gäbe ist.
Ist das jetzt ironisch gemeint oder ist es wirklich so, daß nur die Zeitspanne den Unterschied vom Verständnis des Begriffs Tradition sein soll?
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taddeo
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Re: Tradition - Was ist das?

Beitrag von taddeo »

Linus hat geschrieben:
Marion hat geschrieben:
Amandus2 hat geschrieben:Mit Tradition ("das haben wir schon immer so gemacht") kann man ALLES begründen.
Alles?
Alles nicht! Doch nur das was immerschon so gemacht wurde.
Immerschon ist die falsche Kategorie "unvordenkliche Zeiten" ist richtig. MAW alles was schon seit 40 Jahren gang und gäbe ist.
"Unvordenklich" bedeutet im kanonischen Gewohnheitsrecht alles, was älter als 100 (nicht: 40) Jahre ist.
Nach 30 Jahren kann sich eine Gewohnheit als "Gewohnheitsrecht" etablieren.

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ad-fontes
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Re: Tradition - Was ist das?

Beitrag von ad-fontes »

Jesus Christus hat nicht gesagt: Ich bin die Gewohnheit, sondern die Wahrheit. (Gregor VII.)
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taddeo
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Re: Tradition - Was ist das?

Beitrag von taddeo »

ad-fontes hat geschrieben:Jesus Christus hat nicht gesagt: Ich bin die Gewohnheit, sondern die Wahrheit. (Gregor VII.)
Jesus war auch kein katholischer Kanonist, soweit ich weiß. ;D

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ad-fontes
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Re: Tradition - Was ist das?

Beitrag von ad-fontes »

taddeo hat geschrieben:
ad-fontes hat geschrieben:Jesus Christus hat nicht gesagt: Ich bin die Gewohnheit, sondern die Wahrheit. (Gregor VII.)
Jesus war auch kein katholischer Kanonist, soweit ich weiß. ;D
War er denn ein Mystiker? :detektiv:
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Marion
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Re: Tradition - Was ist das?

Beitrag von Marion »

ad-fontes hat geschrieben:
taddeo hat geschrieben:
ad-fontes hat geschrieben:Jesus Christus hat nicht gesagt: Ich bin die Gewohnheit, sondern die Wahrheit. (Gregor VII.)
Jesus war auch kein katholischer Kanonist, soweit ich weiß. ;D
War er denn ein Mystiker? :detektiv:
Jesus ist immer noch! Nix mit war.

Aber was hat das mit Tradition zu tun?
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ad-fontes
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Re: Tradition - Was ist das?

Beitrag von ad-fontes »

:klatsch: Bravo! Jesus Christus: derselbe, gestern, heute und in Ewigkeit!
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Robert Ketelhohn
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Re: Tradition - Was ist das?

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Amandus2 hat geschrieben:Mit Tradition ("das haben wir schon immer so gemacht") kann man ALLES begründen. Daraus wird dann schnell ein Faß ohne Boden. Sollte zum Beispiel ein Flügel der RKK das Dogma "Maria Miterlöserin" durchbringen wollen, so wird er das mit der "Traditon" begründen.
Das läßt sich aber schnell und leicht widerlegen, wie du hier im Kreuzgang nachlesen kannst.
Amandus2 hat geschrieben:Zu Recht haben deshalb die Reformatoren alles wieder auf die Bibel zurück geschraubt. Die Bibel ist eine überschaubare Grundlage, die jeder jederzeit nachlesen kann.
Um Gottes willen, nein. Das ist ganz falsch. „Die Bibel“, also die kanonische Sammlung der heiligen Schriften des Alten und des Neuen Bundes, ist ja selbst bloß ein Teil der Tradition.

Aber dazu gibt es hier auch bereits genügend Diskussion. Wie überhaupt das Traditionsthema nicht neu ist. Vielleicht sucht mal eben jemand den berühmten Abschnitt vom heiligen Basilio dem Großen heraus, den ich hier schon mehrfach eingestellt habe?
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overkott
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Re: Tradition - Was ist das?

Beitrag von overkott »

Dein gerechter Diener Abel gehört zur Tradition. Jesus gehört zur Tradition. Die geistliche Lesung gehört zur Tradition.

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ad-fontes
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Re: Tradition - Was ist das?

Beitrag von ad-fontes »

Heiliges Schweigen gehört auch zur Tradition.
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Germanus
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Re: Tradition - Was ist das?

Beitrag von Germanus »

Abgesehen von den vergeistigten Worten Overkotts würden mich Meinungen dazu interessieren, wie ein vergleichbares Vorgehen zur Rettung der Tradition seitens der östlichen Kirchen im Mittelalter und seitens der Priesterbruderschaft PPius X. seit etwa 30 Jahren zu einem so entgegengesetzten Verständnis der Kirche Christi führen kann. Das hat doch etwas mit dem Verständnis von Tradition zu tun, das hier oder dort abgedriftet zu sein scheint.
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Re: Tradition - Was ist das?

Beitrag von Amandus2 »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Amandus2 hat geschrieben:Mit Tradition ("das haben wir schon immer so gemacht") kann man ALLES begründen. Daraus wird dann schnell ein Faß ohne Boden. Sollte zum Beispiel ein Flügel der RKK das Dogma "Maria Miterlöserin" durchbringen wollen, so wird er das mit der "Traditon" begründen.
Das läßt sich aber schnell und leicht widerlegen, wie du hier im Kreuzgang nachlesen kannst.
Amandus2 hat geschrieben:Zu Recht haben deshalb die Reformatoren alles wieder auf die Bibel zurück geschraubt. Die Bibel ist eine überschaubare Grundlage, die jeder jederzeit nachlesen kann.
Um Gottes willen, nein. Das ist ganz falsch. „Die Bibel“, also die kanonische Sammlung der heiligen Schriften des Alten und des Neuen Bundes, ist ja selbst bloß ein Teil der Tradition.

Aber dazu gibt es hier auch bereits genügend Diskussion. Wie überhaupt das Traditionsthema nicht neu ist. Vielleicht sucht mal eben jemand den berühmten Abschnitt vom heiligen Basilio dem Großen heraus, den ich hier schon mehrfach eingestellt habe?





Die Bibel als alleinige Glaubensgrundlage zu nehmen, ist natürlich genau so willkürlich wie die "Tradition". Mit der "Tradition" kann man alles und jedes begründen, mit der "Bibel" ist die Grundlage schon etwas eingeschränkter. Es wird alles etwas überschaubarer (im positiven Sinne).


1.500 Jahre hatte sich ein unüberschaubarer Wust von Traditionen, Vorschriften, Sitten und Gebräuchen in die Kirche eingeschlichen.

Deshalb kam die Reformation:

- Die Anglikaner schafften den Papst wieder ab, behielten aber die Bischöfe.

- Die Reformierten schafften auch die Bischöfe wieder ab, behielten aber die Pfarrer.

- Einige Freikirchen schafften auch die Pfarrer wieder ab, behielten aber die Sakramente.

- Die Quäker wiederum schafften ALLES wieder ab -Papst, Bischöfe, Priester, Sakramente- und fanden sich da wieder, wo Jesus und seine Jünger waren.


Es wäre gut, sich wieder an dem wunderbar einfachen Evangelium Jesu zu orientieren. Denn, wie dieses Forum überdeutlich zeigt, Theologie kann Selbstzweck werden.....

Thomas_de_Austria
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Re: Tradition - Was ist das?

Beitrag von Thomas_de_Austria »

Einige Häretiker schafften dies ab und jenes und meinten, sie hätten deswegen etwas mit dem Evangelium (in ihrer Einfärbung) zu schaffen ... - Na ganz toll ...

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cantus planus
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MODERATION

Beitrag von cantus planus »

Ich weise zum letzten Male im Guten auf die Unterforenregeln der Sakramentskapelle hin: hier ist eine Diskussion der Themen unter Berücksichtigung der katholischen Tradition vorgesehen. Wer seine freigeistigen, freimaurerischen, freikirchlichen oder freihirnigen Ansichten unters Volk bringen will, ohne irgendeinen Bezug zum Traditionalismus römisch-katholischer Prägung zu haben, nutze bitte andere Foren oder gleich den Senfthread!

cantus planus, Mod.
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‎Tradition ist das Leben des Heiligen Geistes in der Kirche. — Vladimir Lossky

Thomas_de_Austria
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Re: Tradition - Was ist das?

Beitrag von Thomas_de_Austria »

(Ich würde das auch noch um "östl.-schismatische Ansichten" ergänzen; dbzgl. gibt es hier auch schon einige, wenn auch wesentlich niveauvollere "Tendenzen".)

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overkott
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Re: Tradition - Was ist das?

Beitrag von overkott »

Die eigentliche Frage stellt sich nach Tradition oder Traditiönchen. Geht es um die Tradition Gottes Wortes von Anbeginn der Schöpfung und die kritische Auseinandersetzung mit der Tradition durch Jesus Christus sowie die kritische Auseinandersetzung mit den Vätern etwa durch die Kirchenlehrer? Oder geht es um das theologische Heimatmuseum des Tridentinischen Konzils?

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ad-fontes
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Re: Tradition - Was ist das?

Beitrag von ad-fontes »

Amandus2 hat geschrieben:
Die Bibel als alleinige Glaubensgrundlage zu nehmen, ist natürlich genau so willkürlich wie die "Tradition". Mit der "Tradition" kann man alles und jedes begründen, mit der "Bibel" ist die man Grundlage schon etwas eingebeschränkter.
Fixed it for you. ;D
Amandus2 hat geschrieben: - Die Anglikaner schafften den Papst wieder ab, behielten aber die Bischöfe.
Nö; nur dem Namen, nicht der Sache nach.
Amandus2 hat geschrieben: - Die Reformierten schafften auch die Bischöfe wieder ab, behielten aber die Pfarrer.
Nö. Deren Pfarrer sind keine Priester.
Amandus2 hat geschrieben: - Einige Freikirchen schafften auch die Pfarrer wieder ab, behielten aber die Sakramente.
Haste Glück, daß die römische Kirche die Ketzertaufe anerkennt.
Amandus2 hat geschrieben: - Die Quäker wiederum schafften ALLES wieder ab -Papst, Bischöfe, Priester, Sakramente- und fanden sich da wieder, wo Jesus und seine Jünger waren.
"Sich da wieder finden"; - was soll das heißen? Dieser Satz ist einer gläubigen Seele völlig unverständlich: weil die Gegenwart des Herrn nicht wie in einem kirchlichen Heimatmuseum erfahren wird, sondern durch den Papst, die Bischöfe, Priester und die Sakramente.
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Sempre
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Re: Tradition - Was ist das?

Beitrag von Sempre »

overkott hat geschrieben:Die eigentliche Frage stellt sich nach Tradition oder Traditiönchen. Geht es um die Tradition Gottes Wortes von Anbeginn der Schöpfung und die kritische Auseinandersetzung mit der Tradition durch Jesus Christus sowie die kritische Auseinandersetzung mit den Vätern etwa durch die Kirchenlehrer? Oder geht es um das theologische Heimatmuseum des Tridentinischen Konzils?
Ach overkott. Das tridentinische Konzil hat - wie der Apostel Thomas - den Finger in die Wunde gelegt. Nur Du hast halt Probleme damit, den Zeugen und ihrer Berichterstattung zu glauben. Selig wärest Du, könntest Du nur glauben, obwohl Du nicht siehst, nicht den Finger in die Wunde legen kannst.

So müssen wir leider einstweilen vorlieb nehmen mit Deiner absurden Lesart der Heiligen Schrift. Welch ein Horror. Stell Dir das doch mal richtig vor: Nicht nur Du selbst, nein auch die Zeitgenossen des auf der Erde wandelnden Herrn hätten alles immer nur `geistlich' verstanden. Die Apostel, die Jünger, die Freunde wie auch die Feinde des Herrn, die ihn ans Kreuz brachten. Dann die Väter und die ganze Kirche, das tridentinische Konzil und der heutige Heilige Vater. Was hieltest Du von einem Holocaust-Modernismus? Der zweischwänzige Tempel der Hochfinanz in New York ist eingestürzt, das ist eine historische Wahrheit - aber nur im Geiste williger und phantasiebegabter Jünger. Die AIDS-Seuche hat Millionen dahingerafft, das ist eine historische Wahrheit - aber nur im Geiste williger und phantasiebegabter Jünger. Pfarrer P. plagt Gemeindeglieder in Friesdorf, das ist eine historische Wahrheit - aber nur im Geiste williger und phantasiebegabter Jünger.

Stell Dir einfach vor, man begegnete Dir genau so, wie Du der Kirche begegnest. In purer Ignoranz. Morgen kommt ein Dahergelaufener, haut Dir links und rechts eine um die Ohren, und die ganz Welt sagt: Der overkott ist verprügelt worden, das ist eine historische Wahrheit - aber nur im Geiste williger und phantasiebegabter Jünger.

Du bist nur Schwätzern aufgesessen, overkott, Schwätzern wie Friedrich Wilhelm Nietzsche und David Friedrich Strauß und allerlei noch weniger interessanten Leuten, die demselben Geschwätz folgen. Hätten diese recht, dann wäre sowohl Dein ganzes `geistliches' Geschwätz wie auch jede Spende für Haiti komplett sinnlos.

Gruß
Sempre
Niemals sei gesagt es werde je zugelassen, daß ein zum Leben prädestinierter Mensch sein Leben ohne das Sakrament des Mittlers beendet. (St. Augustin, Gegen Julian, V-4)

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Linus
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Re: Tradition - Was ist das?

Beitrag von Linus »

taddeo hat geschrieben:
Linus hat geschrieben:
Marion hat geschrieben:
Amandus2 hat geschrieben:Mit Tradition ("das haben wir schon immer so gemacht") kann man ALLES begründen.
Alles?
Alles nicht! Doch nur das was immerschon so gemacht wurde.
Immerschon ist die falsche Kategorie "unvordenkliche Zeiten" ist richtig. MAW alles was schon seit 40 Jahren gang und gäbe ist.
"Unvordenklich" bedeutet im kanonischen Gewohnheitsrecht alles, was älter als 100 (nicht: 40) Jahre ist.
Nach 30 Jahren kann sich eine Gewohnheit als "Gewohnheitsrecht" etablieren.
Danke für die Korrektur, ich hatte das anders in Erinnerung
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Gamaliel
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Re: Tradition - Was ist das?

Beitrag von Gamaliel »

Linus hat geschrieben:
taddeo hat geschrieben:
Linus hat geschrieben:
Marion hat geschrieben:
Amandus2 hat geschrieben:Mit Tradition ("das haben wir schon immer so gemacht") kann man ALLES begründen.
Alles?
Alles nicht! Doch nur das was immerschon so gemacht wurde.
Immerschon ist die falsche Kategorie "unvordenkliche Zeiten" ist richtig. MAW alles was schon seit 40 Jahren gang und gäbe ist.
"Unvordenklich" bedeutet im kanonischen Gewohnheitsrecht alles, was älter als 100 (nicht: 40) Jahre ist.
Nach 30 Jahren kann sich eine Gewohnheit als "Gewohnheitsrecht" etablieren.
Danke für die Korrektur, ich hatte das anders in Erinnerung
Da würde ich mich nicht zu schnell bedanken, denn die Korrektur ist nicht (ganz) richtig.


"Unvordenklich" heißt nur, daß niemand mehr genau sagen kann, wann die Gewohnheit begonnen hat.
Aymans-Mörsdorf: Kanonisches Recht hat geschrieben:Es geht also um solche Rechtsgewohnheiten, die möglicherweise noch nicht 100-jährig sind, bei denen aber gerade dies nicht beweisbar ist und deshalb nicht gegen sie geltend gemacht werden kann.

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Marion
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Re: Tradition - Was ist das?

Beitrag von Marion »

Gamaliel hat geschrieben:
Linus hat geschrieben:
taddeo hat geschrieben:
Linus hat geschrieben:
Marion hat geschrieben: Alles?
Alles nicht! Doch nur das was immerschon so gemacht wurde.
Immerschon ist die falsche Kategorie "unvordenkliche Zeiten" ist richtig. MAW alles was schon seit 40 Jahren gang und gäbe ist.
"Unvordenklich" bedeutet im kanonischen Gewohnheitsrecht alles, was älter als 100 (nicht: 40) Jahre ist.
Nach 30 Jahren kann sich eine Gewohnheit als "Gewohnheitsrecht" etablieren.
Danke für die Korrektur, ich hatte das anders in Erinnerung
Da würde ich mich nicht zu schnell bedanken, denn die Korrektur ist nicht (ganz) richtig.


"Unvordenklich" heißt nur, daß niemand mehr genau sagen kann, wann die Gewohnheit begonnen hat.
Aymans-Mörsdorf: Kanonisches Recht hat geschrieben:Es geht also um solche Rechtsgewohnheiten, die möglicherweise noch nicht 100-jährig sind, bei denen aber gerade dies nicht beweisbar ist und deshalb nicht gegen sie geltend gemacht werden kann.
Heißt das alles, daß auch schlechte und der Kirche und des Glaubens schädliche Gewohnheiten, wenn sie nur lange genug getrieben werden, ohne daß sie von oben öffentlich verurteilt werden in der Kirche wirklich in der Säule der Tradition einen Platz bekommen?

Glauben wir das der Heilige Geist solcherlei verhindert?
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Berolinensis
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Re: Tradition - Was ist das?

Beitrag von Berolinensis »

Marion: Du mußt Tradition im Sinne der Apostolischen Überlieferung (das betrifft den Glauben) und Gewohnheitsrecht (darauf bezieht sich die Unvordenklichkeit) unterscheiden. Aber auch Gewohnheitsrecht kann nur das werden, das nicht gegen göttliches Recht oder gar den Glauben verstößt. Zudem muß es eine Gewohnheit sein, die in der Absicht, Recht einzuführen (animus juris), geübt wird.

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Gamaliel
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Re: Tradition - Was ist das?

Beitrag von Gamaliel »

Marion hat geschrieben:Heißt das alles, daß auch schlechte und der Kirche und des Glaubens schädliche Gewohnheiten, wenn sie nur lange genug getrieben werden, ohne daß sie von oben öffentlich verurteilt werden in der Kirche wirklich in der Säule der Tradition einen Platz bekommen?
Nein, das wird damit nicht ausgesagt. (Ich kann das hier nicht näher erklären, da das viel zu aufwendig wäre und einer Einführung ins Kirchenrecht und die Dogmatik gleichkäme.)

Rechtsgewohnheit und kirchliche Lehre sind außerdem nicht dasselbe.

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