Sempre hat geschrieben:Maurus hat geschrieben:Sempre hat geschrieben:Die Ordnung in der Kirche ist praktisch so gut wie zusammengebrochen.
So? Wer behauptet das? Die Kirche war, zumindest in Europa, noch nie so straff durchorganisiert wie heute. Der Papst kann von einem auf den anderen Tag einen Bischof in Australien feuern. Von einem "Zusammenbruch der Ordnung" zu reden ist völlig absurd.
Die Ordnung ist nicht dann bereits gewährleistet, wenn nur Verfahren zur Sicherung derselben vorgesehen sind. Der Vorsitzende der deutschen Bischofskonferenz leugnet dreist den Sühnecharakter des Leidens und des Todes unseres Herrn und Retters an einem Karsamstag im Fernsehn - ohne Konsequenzen. Was zeigt das? Es zeigt erstens, dass man nicht nur Zollitsch möglichst meiden muss, sondern auch allen Bischöfen, die dazu schweigen, nur mit Misstrauen begegnen sollte.
Was war denn bei den ganzen Illuminaten- und Freimaurerbischöfen im 18. Jh.? Kirchennotstand seit 250 Jahren?
Maurus hat geschrieben:Sempre hat geschrieben:Man kann weder sorglos irgendwo zur hl. Messe gehen, noch seine Kinder zum Kommunionunterricht schicken. Es herrscht abgesehen von kleinen Inseln flächendeckend Chaos.
Selbst wenn: Das hat es immer gegeben.
Nein, stimmt ja gar nicht. Es hat nicht immer flächendeckendes Chaos gegeben.
Ich meinte, dass es immer chaotische Perioden gegeben habe. Die wurden für gewöhnlich nicht so beigelegt, dass man jedem Gläubigen gestattete, nach Gutdünken Kirchengesetze zu umgehen.
Das Chaos wurde in den vergangenen Jahrzehnten systematisch von den Verantwortlichen produziert.
Sagst du.
Etwa vor 100 Jahren sah es in der Kirche und beim Klerus keineswegs so düster aus wie heute. Da wurde noch zur Beichte aufgerufen und Beichtstühle beim Schreiner bestellt. Da war die Katechese der Kinder und Jugendlichen noch nicht weithin in den Händen von Pastoraltanten, die allen möglichen Ringelpiez veranstalten, anstatt die Kinder und Jugendlichen im Glauben der Kirche zu unterweisen. Ich nehme Dir nicht ab, dass Du das nicht weißt.
Joa, und vor 500 Jahren machte man Stallburschen zum Kardinal. Das Konzil von Trient fand einen völlig verlotterten Klerus vor, der gründlich reformiert werden musste, was über hundert Jahre dauerte. In was für einem Zustand dieser Klerus war, davon geben Visitationsprotokolle Aufschluss: Im Konkubinat, Kinder im Halbdutzend, die Absolutionsformel nicht könnend, kein Wissen über die Eucharistie, Spinnen im Tabernakel. Zu meinen, die Kirche sei immer so gewesen wie zu Zeiten Pius' IX. ist ein Grundfehler im System des Traditionalismus.
Maurus hat geschrieben:Sempre hat geschrieben:Man kann sich über Missstände beschweren - es passiert nichts.
Früher konnte man sich nichtmal beschweren.
Wie kommst Du auf diese Idee?
Bei wem hat sich wohl ein Mainzer über seinen Erzbischof beschwert, der während seiner Amtszeit ganze zwei Mal im Bistum war? In welchem Archiv befinden sich die Beschwerden derer, die im Ort 40 Jahre auf eine Firmung warten mussten?
Maurus hat geschrieben:Sempre hat geschrieben:Offen häretische Kleriker werden zu Bischöfen ernannt. Religionslehrer und -professoren betreiben Zerstörungswerk.
Auch das ist in früheren Zeiten nicht gerade selten vorgekommen.
Was soll schon `nicht gerade selten' heißen? Zeige mir einen Religionslehrer oder -professor, der den Glauben unverkürzt und unverbogen bekennt und lehrt. Ich halte 10 dagegen.
Das mag ja sein, aber allzu viele Dorfpfarrer hätten im 15. Jh. auch kein Glaubensexamen bestanden. Von früheren Jahrhunderten mal ganz abgesehen. Krisen gibt es in der Kirche und hat es immer gegeben. Nur hat man noch nie versucht, sie durch die weitere Auflösung der Ordnung zu bekämpfen, wie die Notstandstheoretiker das heutzutage tun.
Sempre hat geschrieben:Maurus hat geschrieben:Von einem Kirchennotstand ist dennoch nichts bekannt geworden. Das sind Wunschträume, ersonnen um einen irregulären Zustand zu rechtfertigen. Solche Entschuldigungsmuster hat es immer gegeben, es verwundert nicht. Mit der Realität hat es genauso wenig zu tun wie bei Luther, der - was den Zustand der Kurie und des Kardinalskollegiums anging - wesentlich bessere Gründe für seine Kritik hatte als die FSSPX.
Was meinst Du mit `Zustand der Kurie und des Kardinalskollegiums'? Die Kirche hat (nicht nur) mit dem Konzil von Trient reagiert.
Wenn deine Lehre sich durchsetzt, wird die Kirche auf nichts mehr reagieren können. Jede Norm kann mit Verweis auf einen angeblichen Notstand sogleich zerpflückt werden.
Sempre hat geschrieben:Zur Zeit Luthers herrschte sicher auch vielerorten Notstand. Nur wurde der nicht von Papst und Konzil selbst angeleiert bzw. gefördert, sondern bekämpft.
Ja, aber nicht so, wie du dir das vorstellst. Das dauerte Jahrzehnte. In meiner Mainzer Heimt holte man dazu erstmal den Jesuitenorden, der rund ein Jahrhundert damit zubrachte, den Klerus zu reformieren. Der Mainzer Erzbischof Albrecht meldete im 16. Jh. nach Rom, die Konzilsbeschlüsse könne er nur umsetzen, wenn er den Konkubinat seiner Kleriker dulde. Andernfalls gäbe es einen Aufstand. Ein Kirchenfürst hat eben nur geistliche Macht, er kann nicht wie ein Diktator agieren.
Die Frage, ob heute ein Notstand in der Kirche herrscht, hat nichts damit zu tun, welcherlei Zustände in anderen Zeiten geherrscht haben.
Doch, natürlich. Notstand kann nur etwas Extraordinäres sein. Ein Zustand, der häufig oder dauernd besteht, ist kein Notstand. Das wird nur bisweilen behauptet, um gewisse Gesetze durchbringen zu können.
Ich bestreite, dass es je schlimmere Zeiten als heute gegeben hat. Noch nie war die Kirche von einem derartigen Unglauben durchseucht.
Das halte ich für historisch unhaltbar. Schon die Zeit des fränkischen Eigenkirchenwesens dürfte für den Glauben wesentlich schlimmer gewesen sein, eine großflächige Erosion, von der man sich Jahrzehnte nicht erholte.