totum duplex, duplex und semiduplex für Anfänger

Rund um den traditionellen römischen Ritus und die ihm verbundenen Gemeinschaften.
Paulah
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totum duplex, duplex und semiduplex für Anfänger

Beitrag von Paulah »

Hallo zusammen,
im Rahmen meiner Dissertation über die Deutschordenskommende St. Katharina in Köln beschäftige ich mich gerade mit dem Katharinenpatrozinium. In den Statuten des Deutschen Ordens wird der Festtag zunächst als festum semiduplex und ab 1297 als totum duplex deklariert. Aha! :hmm:

Leider bin ich Historikern und zu allem Überfluss auch noch evangelisch, d. h. mir sagen diese ganzen Termini nicht viel bis nichts. Ich bin jetzt schon etlichen Hinweisen (u. a. Suitbert Bäumer - habe ich hier im Forum gefunden) nachgegangen. Mehrfach habe ich gefunden, welche Festgrade es gibt, aber keine Erklärung, was mir diese Differenzierung sagt. In einer englischsprachigen Enzyklopädie habe ich einen Hinweis gefunden, diese Unterteilung sei erst seit dem 13. Jahrhundert üblich gewesen. Dann wäre der Deutsche Orden ja sehr modern gewesen in seiner Glaubensumsetzung.

Kann mir hier jemand sagen, wo ich solche generellen Sachen nachschlagen kann?

Viele Grüße von Paulah

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Protasius
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Re: totum duplex, duplex und semiduplex für Anfänger

Beitrag von Protasius »

Totum duplex ist der höchste Festgrad; ein semiduplex steht zwischen duplex und simplex, allerdings war das zu der Zeit, die du hier betrachtest, ein Festgrad, den auch manche Apostelfeste innehatten. Das ganze beschreibt letztlich die Rangfolge der Feste untereinander sowie gewisse Eigenheiten der Feier des Stundengebets. Vor einem halben Jahr habe ich das mal hier etwas ausführlicher dargestellt. Hilft das beim Verständnis?
Der so genannte ‚Geist’ des Konzils ist keine autoritative Interpretation. Er ist ein Geist oder Dämon, der exorziert werden muss, wenn wir mit der Arbeit des Herrn weiter machen wollen. – Ralph Walker Nickless, Bischof von Sioux City, Iowa, 2009

Opius Dei
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Re: totum duplex, duplex und semiduplex für Anfänger

Beitrag von Opius Dei »

Paulah hat geschrieben:
Dienstag 3. September 2019, 20:57
Mehrfach habe ich gefunden, welche Festgrade es gibt, aber keine Erklärung, was mir diese Differenzierung sagt.
Jetzt mal ganz platt gesagt: als wie wichtig die Kirche das Gedenken an eine Person/ein Ereignis ansieht und mit welcher Feierlichkeit (Was macht man wenn das Gedenken an 2 Personen kollidiert?) sie es dementsprechend begeht. Das sich das stark verschieben kann sieht man bspw. am Hl. Josef sehr schön. Was die Einstufung der "Festlichkeit" mittels dieser Klassen für das Brevier bedeutet erklärt Kieffer in seiner Rubrizistik sehr schön. Die gibt es für wenig Geld im Internet zu bestellen, aber ich glaube das hilft Dir nur bedingt.

Paulah
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Re: totum duplex, duplex und semiduplex für Anfänger

Beitrag von Paulah »

Vielen Dank für die Antworten!

Genau den Beitrag, den Protasius verlinkt hat, hatte ich schon gelesen (und daraufhin Suitbert Bäumer). Und dann noch eine Diskussion darüber, was der genaue Wortsinn von "semiduplex" ist.

Die Rangfolge bzw. was ja wohl wichtiger ist , die Rangfolgeregelung bei Zusammentreffen mehrerer Feste habe ich jetzt verstanden, aber ich wüsste gerne, worin sich die Feste unterscheiden.
In der englischen Enzyklopädie habe ich dazu jetzt was gefunden:
https://en.wikisource.org/wiki/Page:Cat ... _6.djvu/45

Das wirft aber weitere Fragen auf. Was ist denn eine Ferialmesse bzw. wann wird sie gefeiert? Gefunden habe ich, dass sie an Wochentagen gehalten wird. Aber gilt dieser Begriff nur in der Fastenzeit oder das ganze Jahr über?

Dann steht da, beim semiduplex werden die Antiphone nur "intoniert", also angestimmt. Werden nur ein paar Töne gesungen oder eine Zeile oder so? (Beim festum duplex werden die Antiphone nämlich dann ganz gesungen, wenn ich es recht begriffen habe).

So genau muss ich es für meine Dissertation sicherlich nicht wissen, aber mich interessieren sozusagen als Vollblutmediävistin die kirchenrechtlichen Hintergründe und Entwicklungen. Ich werde auch mal in Kieffers Rubrizistik schauen - sie steht in 13 verschiedenen Auflagen in unserer Kölner Diözesanbibliothek.

Interessant finde ich die Einstufung des Katharinenkultes als totum duplex insofern, als die "Hauptpatrone" des Deutschen Ordens Maria, Georg und Elisabeth waren.

Opius Dei
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Re: totum duplex, duplex und semiduplex für Anfänger

Beitrag von Opius Dei »

Besondere Messen für die Werktage gab es vor der Liturgiereform durch Paul VI. nur für die Fastenzeit. Tage an denen es keinen Heiligen Gedenktag o.ä. gab nannte man Ferialtage. Außerhalb der Fastenzeit feierte man hier Votivmessen, nahm also besondere Texte oder Texte von anderen Messen aus dem Kirchenjahr.

Paulah
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Re: totum duplex, duplex und semiduplex für Anfänger

Beitrag von Paulah »

Vielen lieben Dank! Das hilft mir wieder ein Stückchen weiter!

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Protasius
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Re: totum duplex, duplex und semiduplex für Anfänger

Beitrag von Protasius »

Das Anstimmen der Antiphonen läuft in der Vesper, Matutin und Laudes ritu duplici dergestalt ab, daß ein Kantor die ersten Worte singt (in neueren Büchern [ab etwa 1600] steht danach ein Asteriskus bzw. bei den Dominikanern ein Doppelstrich) und dann der Chor die Antiphon zu Ende singt. Dann singen die beiden Seiten des Chores im Wechsel den Psalm. Nach dem abschließenden Gloria Patri wiederholen dann alle die Antiphon gemeinsam.

An Sonntagen oder Festen ritu semiduplici oder ritu simplici sowie stets in den kleinen Horen (Prim, Terz, Sext, Non, Komplet) wird vor dem Psalm nur die Antiphon angestimmt ohne sie zu Ende zu singen.

Das Anstimmen hat seinen Ursprung teilweise auch darin, daß man sich ohne Orgel am einfachsten dadurch auf eine gemeinsame Tonhöhe verständigen kann, daß einer anfängt und danach alle anderen einsetzen.
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CIC_Fan

Re: totum duplex, duplex und semiduplex für Anfänger

Beitrag von CIC_Fan »

wurde das nach Codex Rubricarum beibehalten ?

Marcus, der mit dem C
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Re: totum duplex, duplex und semiduplex für Anfänger

Beitrag von Marcus, der mit dem C »

Paulah hat geschrieben:
Dienstag 3. September 2019, 22:17
(...)
Das wirft aber weitere Fragen auf. Was ist denn eine Ferialmesse bzw. wann wird sie gefeiert? Gefunden habe ich, dass sie an Wochentagen gehalten wird. Aber gilt dieser Begriff nur in der Fastenzeit oder das ganze Jahr über?
(...)
Interessant finde ich die Einstufung des Katharinenkultes als totum duplex insofern, als die "Hauptpatrone" des Deutschen Ordens Maria, Georg und Elisabeth waren.
ad 1) wie opius dei schon andeutete ist ein Ferialtag jeder Tag der kein Tag des Herrn (i.e. Sonntag) ist und auf den kein anderes Fest fällt (Heiligengedenken etc) Feria (lat.) ist einfach der Wochentag.

ad 2) In der Kirche gibt es verschiedene Ordnungen der Fest, die ich laienhaft versuche mal darzustellen:
  • Generalkalender des Lateinischen Ritus - Vatican
  • Regionalkalender zB für Deutschland - Bischofskonferenz
  • Diözesankalender - Bischof (Eigenfeste der Diözese)
  • Ortspatrozinien - mit Genehmigung des Bischofs
In einem Orden kann dazu m.W. ab Punkt 2 der Generalkalender des Ordens, der Regionalkalender etc treten.
Jeder rangniedere Kalender kann neue Feste hinzufügen, oder bei bestehenden Festen eine Rangänderung mit sich bringen, um evtl. konkurrierende Feste so zu ordnen, daß gewünschte Feste nicht immer oder gelegentlich von ranghöheren Festen verdrängt bzw. unterdrückt werden. Daher gab es ja auch die Kommemorationen.

In Deinem Fall ist es wohl einfach das Patrozinium der Kommende, das den höchsten Festgrad im Orden an jenem Ort erhielt, damit es immer gefeiert werden konnte.

Sollte einer unserer Experten einen Fehler in meinen Ausführungen finden, so hat er/sie recht.
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Lycobates
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Re: totum duplex, duplex und semiduplex für Anfänger

Beitrag von Lycobates »

Marcus, der mit dem C hat geschrieben:
Mittwoch 4. September 2019, 09:54
  • Generalkalender des Lateinischen Ritus - Vatican
  • Regionalkalender zB für Deutschland - Bischofskonferenz
  • Diözesankalender - Bischof (Eigenfeste der Diözese)
  • Ortspatrozinien - mit Genehmigung des Bischofs
In einem Orden kann dazu m.W. ab Punkt 2 der Generalkalender des Ordens, der Regionalkalender etc treten.
Jeder rangniedere Kalender kann neue Feste hinzufügen, oder bei bestehenden Festen eine Rangänderung mit sich bringen, um evtl. konkurrierende Feste so zu ordnen, daß gewünschte Feste nicht immer oder gelegentlich von ranghöheren Festen verdrängt bzw. unterdrückt werden. Daher gab es ja auch die Kommemorationen.
Wie es bei Konzilens heute genau zugeht, entzieht sich meiner Kenntnis, aber es ist, jedenfalls seit 1588, striktes Privileg der römischen Ritenkongregation, also des Papstes, der die Dekrete der Kongregation bestätigen muß, damit sie Rechtskraft erhalten, regionale Kalender für Länder, Diözesen oder Orden zu bestimmen, und den Rang der Feste mit ihrer Präzedenz festzulegen. Kein Ortsbischof oder Ordensoberer kann das eigenmächtig, wenn es auch auf dessen Vorschlag geschieht.
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Marcus, der mit dem C
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Re: totum duplex, duplex und semiduplex für Anfänger

Beitrag von Marcus, der mit dem C »

Bezieht sich das auf die Befugnis der Oberen liturgisches "ad experimentum" einzuführen, oder nur auf die endgültige Festschreibung (Bestätigung)? Man darf nicht vergessen, daß nach dem Tridentinum etliche Eigenriten der Diözesen und Orden existier(t)en.

Außerdem gab es ja noch unverschämte Einflußnahmen, wie zB die des französischen Königs, der selbst Glaubensdekrete erst mit den französischen Bischöfen beraten wollte, ob die päpstlichen Dekrete in Frankreich umgesetzt werden dürfen.
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Lycobates
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Re: totum duplex, duplex und semiduplex für Anfänger

Beitrag von Lycobates »

Marcus, der mit dem C hat geschrieben:
Mittwoch 4. September 2019, 12:16
Bezieht sich das auf die Befugnis der Oberen liturgisches "ad experimentum" einzuführen, oder nur auf die endgültige Festschreibung (Bestätigung)? Man darf nicht vergessen, daß nach dem Tridentinum etliche Eigenriten der Diözesen und Orden existier(t)en.
Das Meßbuch von 1570 hat Eigenriten von Orden oder Diözesen, die 1570 200 Jahre oder älter waren, also von vor 1370, im Usus belassen, wobei ein Übergang auf das römische Meßbuch den Betroffenen allerdings immer und überall gestattet war.
Das waren aber keine Experimente, diese Bücher waren ja seit über 200 Jahren in gefestigtem Gebrauch.

Liturgisches "ad experimentum" einführen kann aber kein Bischof oder Oberer, auch die 1951 "ad experimentum" eingeführte Ostervigilfeier am Abend, mußte in jedem Einzelfall, pro Diözese, zunächst von der Ritenkongregation genehmigt werden, bis sie 1955-56 verallgemeinert wurde.
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Marcus, der mit dem C
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Re: totum duplex, duplex und semiduplex für Anfänger

Beitrag von Marcus, der mit dem C »

Lycobates hat geschrieben:
Mittwoch 4. September 2019, 12:33
Marcus, der mit dem C hat geschrieben:
Mittwoch 4. September 2019, 12:16
Bezieht sich das auf die Befugnis der Oberen liturgisches "ad experimentum" einzuführen, oder nur auf die endgültige Festschreibung (Bestätigung)? Man darf nicht vergessen, daß nach dem Tridentinum etliche Eigenriten der Diözesen und Orden existier(t)en.
Das Meßbuch von 1570 hat Eigenriten von Orden oder Diözesen, die 1570 200 Jahre oder älter waren, also von vor 1370, im Usus belassen, wobei ein Übergang auf das römische Meßbuch den Betroffenen allerdings immer und überall gestattet war.
Das waren aber keine Experimente, diese Bücher waren ja seit über 200 Jahren in gefestigtem Gebrauch.

Liturgisches "ad experimentum" einführen kann aber kein Bischof oder Oberer, auch die 1951 "ad experimentum" eingeführte Ostervigilfeier am Abend, mußte in jedem Einzelfall, pro Diözese, zunächst von der Ritenkongregation genehmigt werden, bis sie 1955-56 verallgemeinert wurde.
Die Frage ist aber, wie sich die Eigenriten weiter entwickelt haben! ZB bei Einführung von neuen Heiligenfesten. Hat man da einen Entwurf geschrieben und nach Rom geschickt und möglicherweise Jahrzehnte auf eine Antwort gewartet, oder hat man die vorläufig eingeführt auf Verantwortung des Oberen und hat die Bestätigung oder Änderungswünsche aus Rom erhalten?

Mir ist bekannt, daß im Prämonstratenserorden es mehrere Angleichungen an das Römische Meßbuch gegeben hat, diese ist aber meiner Kenntnis nach vom Generalkapitel beschlossen worden, und die Frage ist, ob man die alten Bücher weiterhin benutzt hat, bis aus Rom eine Antwort da war, oder man das neue Missale verwenden konnte, bis ein Placet da war.

@Moderation: Diese Diskussion kann gerne in einen eigenen Strang abgetrennt werden, aber die Frage erscheint mir stellenswert.
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Protasius
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Re: totum duplex, duplex und semiduplex für Anfänger

Beitrag von Protasius »

CIC_Fan hat geschrieben:
Mittwoch 4. September 2019, 09:28
wurde das nach Codex Rubricarum beibehalten ?
Nein, seitdem wird immer und überall die Antiphon vollständig vor und nach dem Psalm gesungen. Das ist aber für diese Diskussion unwichtig, weil die Festgrade, auf die sich das bezieht, bei der Gelegenheit ebenfalls abgeschafft wurden.
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Lycobates
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Re: totum duplex, duplex und semiduplex für Anfänger

Beitrag von Lycobates »

Marcus, der mit dem C hat geschrieben:
Mittwoch 4. September 2019, 12:16
Außerdem gab es ja noch unverschämte Einflußnahmen, wie zB die des französischen Königs, der selbst Glaubensdekrete erst mit den französischen Bischöfen beraten wollte, ob die päpstlichen Dekrete in Frankreich umgesetzt werden dürfen.
Ja, das ist Gallikanismus, bzw. Absolutismus.
Konzilsakten und sonstige lehramtliche Dohumente mußten, um in Frankreich auch zivile Gesetzeskraft zu haben, erst beim Parlament eingetragen und von ihm als Gesetz verabschiedet werden. Das gelang nicht immer.
So wurde das Tridentinum nie vom Parlement in Paris rezipiert.
Erst 1615 entschied die Assemblée du clergé, daß die tridentinischen Dekrete in Frankreich sämtlich zur Ausführung gelangen würden.
Einzelne Akte, wie die Dekrete zur Eheschließung und der kirchlichen Reform wurden schon 1579 (Ordonnance von Blois) in die königliche Gesetzgebung übernommen.

Ähnliches gab es aber auch in Spanien (unter Philipp II.) und im Reich (1566 Annahme durch Maximilian II.).
Zuletzt geändert von Lycobates am Mittwoch 4. September 2019, 13:24, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: totum duplex, duplex und semiduplex für Anfänger

Beitrag von Lycobates »

Marcus, der mit dem C hat geschrieben:
Mittwoch 4. September 2019, 12:43
Lycobates hat geschrieben:
Mittwoch 4. September 2019, 12:33
Marcus, der mit dem C hat geschrieben:
Mittwoch 4. September 2019, 12:16
Bezieht sich das auf die Befugnis der Oberen liturgisches "ad experimentum" einzuführen, oder nur auf die endgültige Festschreibung (Bestätigung)? Man darf nicht vergessen, daß nach dem Tridentinum etliche Eigenriten der Diözesen und Orden existier(t)en.
Das Meßbuch von 1570 hat Eigenriten von Orden oder Diözesen, die 1570 200 Jahre oder älter waren, also von vor 1370, im Usus belassen, wobei ein Übergang auf das römische Meßbuch den Betroffenen allerdings immer und überall gestattet war.
Das waren aber keine Experimente, diese Bücher waren ja seit über 200 Jahren in gefestigtem Gebrauch.

Liturgisches "ad experimentum" einführen kann aber kein Bischof oder Oberer, auch die 1951 "ad experimentum" eingeführte Ostervigilfeier am Abend, mußte in jedem Einzelfall, pro Diözese, zunächst von der Ritenkongregation genehmigt werden, bis sie 1955-56 verallgemeinert wurde.
Die Frage ist aber, wie sich die Eigenriten weiter entwickelt haben! ZB bei Einführung von neuen Heiligenfesten. Hat man da einen Entwurf geschrieben und nach Rom geschickt und möglicherweise Jahrzehnte auf eine Antwort gewartet, oder hat man die vorläufig eingeführt auf Verantwortung des Oberen und hat die Bestätigung oder Änderungswünsche aus Rom erhalten?
Seit 1588 (nachdem sich der Papst die Kanonisierung von Seligen vorbehielt und der Ritenkongregation die Prozedur von Selig- und Heiligsprechungen exklusive übertrug) gehen neue Meßformulare (für neue Selige und Heilige) ausschließlich von Rom aus. Möglicherweise wurde einem Vorschlag aus einer Diözese oder einem Orden Rechnung getragen, aber ohne editio typica der SRC geht nichts.
(Übrigens sind komplette Eigenmessen eher die Ausnahme, üblicherweise nimmt man für neue Selige oder Heilige die Messe des Commune, oft nur mit Eigenoration; diese Texte werden zeitgleich mit dem Dekret der Selig-, bzw. Heiligsprechung von der SRC veröffentlicht.)
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Marcus, der mit dem C
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Re: totum duplex, duplex und semiduplex für Anfänger

Beitrag von Marcus, der mit dem C »

Lycobates hat geschrieben:
Mittwoch 4. September 2019, 13:16
Marcus, der mit dem C hat geschrieben:
Mittwoch 4. September 2019, 12:43
Lycobates hat geschrieben:
Mittwoch 4. September 2019, 12:33
Marcus, der mit dem C hat geschrieben:
Mittwoch 4. September 2019, 12:16
Bezieht sich das auf die Befugnis der Oberen liturgisches "ad experimentum" einzuführen, oder nur auf die endgültige Festschreibung (Bestätigung)? Man darf nicht vergessen, daß nach dem Tridentinum etliche Eigenriten der Diözesen und Orden existier(t)en.
Das Meßbuch von 1570 hat Eigenriten von Orden oder Diözesen, die 1570 200 Jahre oder älter waren, also von vor 1370, im Usus belassen, wobei ein Übergang auf das römische Meßbuch den Betroffenen allerdings immer und überall gestattet war.
Das waren aber keine Experimente, diese Bücher waren ja seit über 200 Jahren in gefestigtem Gebrauch.

Liturgisches "ad experimentum" einführen kann aber kein Bischof oder Oberer, auch die 1951 "ad experimentum" eingeführte Ostervigilfeier am Abend, mußte in jedem Einzelfall, pro Diözese, zunächst von der Ritenkongregation genehmigt werden, bis sie 1955-56 verallgemeinert wurde.
Die Frage ist aber, wie sich die Eigenriten weiter entwickelt haben! ZB bei Einführung von neuen Heiligenfesten. Hat man da einen Entwurf geschrieben und nach Rom geschickt und möglicherweise Jahrzehnte auf eine Antwort gewartet, oder hat man die vorläufig eingeführt auf Verantwortung des Oberen und hat die Bestätigung oder Änderungswünsche aus Rom erhalten?
Seit 1588 (nachdem sich der Papst die Kanonisierung von Seligen vorbehielt und der Ritenkongregation die Prozedur von Selig- und Heiligsprechungen exklusive übertrug) gehen neue Meßformulare (für neue Selige und Heilige) ausschließlich von Rom aus. Möglicherweise wurde einem Vorschlag aus einer Diözese oder einem Orden Rechnung getragen, aber ohne editio typica der SRC geht nichts.
(Übrigens sind komplette Eigenmessen eher die Ausnahme, üblicherweise nimmt man für neue Selige oder Heilige die Messe des Commune, oft nur mit Eigenoration; diese Texte werden zeitgleich mit dem Dekret der Selig-, bzw. Heiligsprechung von der SRC veröffentlicht.)
Danke! Wieder was dazugelernt.
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Paulah
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Re: totum duplex, duplex und semiduplex für Anfänger

Beitrag von Paulah »

Uiih! Was ist denn hier los? Vielen lieben Dank für die Antworten, insbesondere an Protasius und Marcus!

Ich habe jetzt auch den Kieffer hier liegen. Das ist wirklich ein tolles Buch für Ahnungslose. Ansonsten klappt eher mein Kiefer ob der spannenden Diskussionen hier runter. Ich habe schon in etliche Beiträge reingelesen und echt viel gelernt!

Schön, dass es euch alle gibt!

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