Votivmesse "pro vitanda mortalitate"

Rund um den traditionellen römischen Ritus und die ihm verbundenen Gemeinschaften.
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Lycobates
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Votivmesse "pro vitanda mortalitate"

Beitrag von Lycobates »

Aus gegebenem Anlaß sei darauf hingewiesen, daß unser römisches Meßbuch eine Votivmesse enthält, die in Zeiten von Seuchen u. dgl. gefeiert werden kann und sollte: die sehr schöne Messe Recordare, Domine, von der man hätte denken können, man würde sie nie brauchen, an 12. Stelle unter den Missae votivae ad diversa II, Farbe violett.

Als private Votivmesse (in der Regel ohne Gesang) kann jeder Priester sie feiern an Semiduplex-Tagen und abwärts (in Festis semiduplicibus, diebus infra Octavas communes, Feria VI post Octavam Ascensionis, et in omnibus Officiis ritus simplicis). An Wochentagen, wo kein Duplex-Fest ist, keine Sonntagsmesse antizipiert oder nachgeholt werden muß, oder keine privilegierte Feria, Vigil oder Oktav gefeiert wird, können diese Privatvotivmessen auch gesungen werden. In der jetzigen Fastenzeit darf eine solche private Votivmesse nur als gesungenes Amt gefeiert werden. Sie haben kein Credo.

Eine feierliche (sollemnis) Votivmesse pro re gravi et publica simul causa (für ein wichtiges und zugleich öffentliches Anliegen), was eigentlich jetzt angebracht wäre, kann nur de mandato vel consensu Ordinarii loci (auf Befehl oder mit Zustimmung des Ortsordinarius, also nicht auf Initiative des Zelebranten), pro qualibet vice obtinendo (der Befehl oder die Zustimmung ist in jedem Einzelfall zu geben bzw. einzuholen), gefeiert werden und und zwar in cantu und cum concursu populi (mit Gesang und unter großer Beteiligung der Gläubigen), und mit Credo.

Eine solche wird am 7. März (nächsten Samstag), was an sich lobenswert ist, in der Pariser Kirche Saint Nicolas du Chardonnet (FSSPX) um 10 Uhr stattfinden, wobei allerdings über das notwendige mandatum, bzw. den notwendigen consensus Ordinarii wohl hinweggegangen wird.
Eine solche feierliche Votivmesse kann an allen Tagen gefeiert werden, außer an den Sonntagen der ersten Klasse (darunter fallen alle Sonntage der Fastenzeit), den Vigilien von Weihnachten und Pfingsten, den privilegierten Wochentagen (das sind Aschermittwoch und die Wochentage der Karwoche), den Duplex-Festen erster Klasse und an Allerseelen.
Am nächsten Samstag wäre sie also als votiva sollemnis möglich (mit Gedächtnis des Quatembersamstags und dessen Evangelium als Schlußevangelium, aber ohne Kommemoration des hl. Thomas).
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Lycobates
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Re: Votivmesse "pro vitanda mortalitate"

Beitrag von Lycobates »

Lycobates hat geschrieben:
Donnerstag 5. März 2020, 00:00
Aus gegebenem Anlaß sei darauf hingewiesen, daß unser römisches Meßbuch eine Votivmesse enthält, die in Zeiten von Seuchen u. dgl. gefeiert werden kann und sollte: die sehr schöne Messe Recordare, Domine, von der man hätte denken können, man würde sie nie brauchen, an 12. Stelle unter den Missae votivae ad diversa II, Farbe violett.

Als private Votivmesse (in der Regel ohne Gesang) kann jeder Priester sie feiern an Semiduplex-Tagen und abwärts (in Festis semiduplicibus, diebus infra Octavas communes, Feria VI post Octavam Ascensionis, et in omnibus Officiis ritus simplicis). An Wochentagen, wo kein Duplex-Fest ist, keine Sonntagsmesse antizipiert oder nachgeholt werden muß, oder keine privilegierte Feria, Vigil oder Oktav gefeiert wird, können diese Privatvotivmessen auch gesungen werden. In der jetzigen Fastenzeit darf eine solche private Votivmesse nur als gesungenes Amt gefeiert werden. Sie haben kein Credo.

Eine feierliche (sollemnis) Votivmesse pro re gravi et publica simul causa (für ein wichtiges und zugleich öffentliches Anliegen), was eigentlich jetzt angebracht wäre, kann nur de mandato vel consensu Ordinarii loci (auf Befehl oder mit Zustimmung des Ortsordinarius, also nicht auf Initiative des Zelebranten), pro qualibet vice obtinendo (der Befehl oder die Zustimmung ist in jedem Einzelfall zu geben bzw. einzuholen), gefeiert werden und und zwar in cantu und cum concursu populi (mit Gesang und unter großer Beteiligung der Gläubigen), und mit Credo.

Eine solche wird am 7. März (nächsten Samstag), was an sich lobenswert ist, in der Pariser Kirche Saint Nicolas du Chardonnet (FSSPX) um 10 Uhr stattfinden, wobei allerdings über das notwendige mandatum, bzw. den notwendigen consensus Ordinarii wohl hinweggegangen wird.
Eine solche feierliche Votivmesse kann an allen Tagen gefeiert werden, außer an den Sonntagen der ersten Klasse (darunter fallen alle Sonntage der Fastenzeit), den Vigilien von Weihnachten und Pfingsten, den privilegierten Wochentagen (das sind Aschermittwoch und die Wochentage der Karwoche), den Duplex-Festen erster Klasse und an Allerseelen.
Am nächsten Samstag wäre sie also als votiva sollemnis möglich (mit Gedächtnis des Quatembersamstags und dessen Evangelium als Schlußevangelium, aber ohne Kommemoration des hl. Thomas).
Wer gern das Proprium dieser seltenen Votivmesse hören möchte, kann hier reinhören:
https://m.youtube.com/watch?v=F-hCyG2tQnI

(heute morgen in Paris, wie angekündigt)
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Re: Votivmesse "pro vitanda mortalitate"

Beitrag von Herr v. Liliencron »

Sehr schöner Choral. Wenn zwangsläufig auch eben sehr französisch. ;)

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Sempre
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Re: Votivmesse "pro vitanda mortalitate"

Beitrag von Sempre »

Lycobates hat geschrieben:
Samstag 7. März 2020, 22:28
Wer gern das Proprium dieser seltenen Votivmesse hören möchte, kann hier reinhören:
https://m.youtube.com/watch?v=F-hCyG2tQnI

(heute morgen in Paris, wie angekündigt)
Nützt das denn ohne apostolischen Auftrag?

Und ist das una cum Pachapapa?
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Re: Votivmesse "pro vitanda mortalitate"

Beitrag von Lycobates »

Sempre hat geschrieben:
Samstag 7. März 2020, 23:07
Lycobates hat geschrieben:
Samstag 7. März 2020, 22:28
Wer gern das Proprium dieser seltenen Votivmesse hören möchte, kann hier reinhören:
https://m.youtube.com/watch?v=F-hCyG2tQnI

(heute morgen in Paris, wie angekündigt)
Nützt das denn ohne apostolischen Auftrag?

Und ist das una cum Pachapapa?
Ad 1. Nein, außer wo bona fides vorausgesetzt werden kann (was kein Sterblicher abschließend zu beurteilen vermag).

Ad 2. Hängt vom Priester ab, in diesem Falle weiß ich es nicht. Ich wäre jedenfalls nicht hingegangen.
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Re: Votivmesse "pro vitanda mortalitate"

Beitrag von Sempre »

Lycobates hat geschrieben:
Samstag 7. März 2020, 23:17
Sempre hat geschrieben:
Samstag 7. März 2020, 23:07
Lycobates hat geschrieben:
Samstag 7. März 2020, 22:28
Wer gern das Proprium dieser seltenen Votivmesse hören möchte, kann hier reinhören:
https://m.youtube.com/watch?v=F-hCyG2tQnI

(heute morgen in Paris, wie angekündigt)
Nützt das denn ohne apostolischen Auftrag?
Ad 1. Nein, außer wo bona fides vorausgesetzt werden kann (was kein Sterblicher abschließend zu beurteilen vermag).
Verstehe ich nicht. Soll das heißen, der gute Glaube, ein apostolischer Auftrag liege vor, könne einen tatsächlichen apostolischen Auftrag ersetzen?
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Re: Votivmesse "pro vitanda mortalitate"

Beitrag von Lycobates »

Sempre hat geschrieben:
Sonntag 8. März 2020, 19:01
Lycobates hat geschrieben:
Samstag 7. März 2020, 23:17
Sempre hat geschrieben:
Samstag 7. März 2020, 23:07
Lycobates hat geschrieben:
Samstag 7. März 2020, 22:28
Wer gern das Proprium dieser seltenen Votivmesse hören möchte, kann hier reinhören:
https://m.youtube.com/watch?v=F-hCyG2tQnI

(heute morgen in Paris, wie angekündigt)
Nützt das denn ohne apostolischen Auftrag?
Ad 1. Nein, außer wo bona fides vorausgesetzt werden kann (was kein Sterblicher abschließend zu beurteilen vermag).
Verstehe ich nicht. Soll das heißen, der gute Glaube, ein apostolischer Auftrag liege vor, könne einen tatsächlichen apostolischen Auftrag ersetzen?
Nein, aber es nützt dann u.U. (subjektiv) die Gnadenwirkung der Messe und des Sakramentes, die ja zweifelsohne an sich gültig sind.
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Re: Votivmesse "pro vitanda mortalitate"

Beitrag von Sempre »

Lycobates hat geschrieben:
Sonntag 8. März 2020, 20:09
Sempre hat geschrieben:
Sonntag 8. März 2020, 19:01
Lycobates hat geschrieben:
Samstag 7. März 2020, 23:17
Sempre hat geschrieben:
Samstag 7. März 2020, 23:07
Lycobates hat geschrieben:
Samstag 7. März 2020, 22:28
Wer gern das Proprium dieser seltenen Votivmesse hören möchte, kann hier reinhören:
https://m.youtube.com/watch?v=F-hCyG2tQnI

(heute morgen in Paris, wie angekündigt)
Nützt das denn ohne apostolischen Auftrag?
Ad 1. Nein, außer wo bona fides vorausgesetzt werden kann (was kein Sterblicher abschließend zu beurteilen vermag).
Verstehe ich nicht. Soll das heißen, der gute Glaube, ein apostolischer Auftrag liege vor, könne einen tatsächlichen apostolischen Auftrag ersetzen?
Nein, aber es nützt dann u.U. (subjektiv) die Gnadenwirkung der Messe und des Sakramentes, die ja zweifelsohne an sich gültig sind.
Mal Gültigkeit vorausgesetzt (was m.E. keineswegs zweifelsohne der Fall ist). Du setzt voraus, daß allein aus Gültigkeit Gnadenwirkung folgt, was wohl kaum der Fall ist. Man kann sich schließlich auch etwa das Gericht essen. Ohne apostolischen Auftrag findet ein Gottesraub statt, der nicht gottwohlgefällig sondern vielmehr ein Gräuel ist. Wo siehst Du Anhaltspunkte dafür, daß in einem solchen Fall ein ahnungsloser Messbesucher Gnade empfangen kann?
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Re: Votivmesse "pro vitanda mortalitate"

Beitrag von Lycobates »

Sempre hat geschrieben:
Sonntag 8. März 2020, 20:38
Lycobates hat geschrieben:
Sonntag 8. März 2020, 20:09
Sempre hat geschrieben:
Sonntag 8. März 2020, 19:01
Lycobates hat geschrieben:
Samstag 7. März 2020, 23:17
Sempre hat geschrieben:
Samstag 7. März 2020, 23:07
Lycobates hat geschrieben:
Samstag 7. März 2020, 22:28
Wer gern das Proprium dieser seltenen Votivmesse hören möchte, kann hier reinhören:
https://m.youtube.com/watch?v=F-hCyG2tQnI

(heute morgen in Paris, wie angekündigt)
Nützt das denn ohne apostolischen Auftrag?
Ad 1. Nein, außer wo bona fides vorausgesetzt werden kann (was kein Sterblicher abschließend zu beurteilen vermag).
Verstehe ich nicht. Soll das heißen, der gute Glaube, ein apostolischer Auftrag liege vor, könne einen tatsächlichen apostolischen Auftrag ersetzen?
Nein, aber es nützt dann u.U. (subjektiv) die Gnadenwirkung der Messe und des Sakramentes, die ja zweifelsohne an sich gültig sind.
Mal Gültigkeit vorausgesetzt (was m.E. keineswegs zweifelsohne der Fall ist). Du setzt voraus, daß allein aus Gültigkeit Gnadenwirkung folgt, was wohl kaum der Fall ist. Man kann sich schließlich auch etwa das Gericht essen. Ohne apostolischen Auftrag findet ein Gottesraub statt, der nicht gottwohlgefällig sondern vielmehr ein Gräuel ist. Wo siehst Du Anhaltspunkte dafür, daß in einem solchen Fall ein ahnungsloser Messbesucher Gnade empfangen kann?
1. Zur Frage der Gültigkeit: ich kenne den betreffenden Priester nicht, aber ich gehe davon aus, daß er als FSSPX-Priester von EB Lefebvre, oder einem der 4 Bischöfe geweiht wurde. Das ist gültig.
Es stimmt zwar, daß die FSSPX einige konziliare Kleriker (post-1968) aufgegabelt hat, die eine lobenswerte katholische Tendenz aufweisen, diese aber nur dann (diskret) nachgeweiht hat, nachdem sie darum eigens gebeten hatten, und sonst nicht, aber m.W. gibt es davon in Paris keine.

2. Man sündigt nur (subjektiv), wenn man weiß, oder wissen muß, und es nicht will, oder es zu wissen schuldhaft unterläßt, daß das, was man tut, Sünde ist, und diese dann erkannte Sünde auch bewußt will und tut.
Das ist ein Grundprinzip der Moraltheologie.
Konkret bedeutet das, daß der katholisch sein wollende Meßbesucher einer gültig gefeierten una cum Pachapapa-Messe, sofern er richtig disponiert ist, und in der una-cum-Frage guten Glaubens ist, nicht nur nicht sündigt (subjektiv), indem er an der Messe teilnimmt, sondern auch die objektiven Gnaden der Messe und der empfangenen Kommunion erhält.
Für den zelebrierenden Klerus ist eine solche bona fides viel schwieriger anzunehmen, ich glaube gar, wohl sehr selten vorhanden. Aber die subjektive Sünde des Zelebranten beeinträchtigt nicht die Früchte des gültig gefeierten Opfers für die gut disponierten und gutgläubigen Anwesenden und Kommunizierenden.

Ähnlich - und es ist ein guter Vergleichspunkt zur FSSPX - hält es die Kirche (man vergleiche die Dogmatiken) mit den Meßfeiern und Sakramenten der schismatischen Ostkirchen: wenn auch deren Klerus schuldhaft sakrilegisch handelt, sind ihre Messen und Sakramente doch gnadenwirksam für jene ihrer Gläubigen, die gut disponiert sind, und in der Frage namentlich des Schismas gutgläubig sind. Das gilt sogar für die sakramentalen Absolutionen, wofür ja außer dem gültigen Ordo auch Jurisdiktion erforderlich ist, die dem schismatischen Klerus ein für allemal abgeht (vgl. Aertnys-Damen, Theologia moralis II, 251, Billot, de Sacramentis I, 182 adn.; auch Eichmann, Lehrbuch des Kirchenrechts I, 171).
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Re: Votivmesse "pro vitanda mortalitate"

Beitrag von Sempre »

Lycobates hat geschrieben:
Montag 9. März 2020, 01:38
2. Man sündigt nur (subjektiv), wenn man weiß, oder wissen muß, und es nicht will, oder es zu wissen schuldhaft unterläßt, daß das, was man tut, Sünde ist, und diese dann erkannte Sünde auch bewußt will und tut.
Das ist ein Grundprinzip der Moraltheologie.
Konkret bedeutet das, daß der katholisch sein wollende Meßbesucher einer gültig gefeierten una cum Pachapapa-Messe, sofern er richtig disponiert ist, und in der una-cum-Frage guten Glaubens ist, nicht nur nicht sündigt (subjektiv), indem er an der Messe teilnimmt, sondern auch die objektiven Gnaden der Messe und der empfangenen Kommunion erhält.
Auch hier setzt Du voraus bzw. Du sagst halt einfach, daß ggf. Gnaden fließen. Allein Sündhaftigkeit des Meßbesuchers könne das verhindern.

Lycobates hat geschrieben:
Montag 9. März 2020, 01:38
Ähnlich - und es ist ein guter Vergleichspunkt zur FSSPX - hält es die Kirche (man vergleiche die Dogmatiken) mit den Meßfeiern und Sakramenten der schismatischen Ostkirchen: wenn auch deren Klerus schuldhaft sakrilegisch handelt, sind ihre Messen und Sakramente doch gnadenwirksam für jene ihrer Gläubigen, die gut disponiert sind, und in der Frage namentlich des Schismas gutgläubig sind. Das gilt sogar für die sakramentalen Absolutionen, wofür ja außer dem gültigen Ordo auch Jurisdiktion erforderlich ist, die dem schismatischen Klerus ein für allemal abgeht (vgl. Aertnys-Damen, Theologia moralis II, 251, Billot, de Sacramentis I, 182 adn.; auch Eichmann, Lehrbuch des Kirchenrechts I, 171).
Das sind dann Theologenmeinungen bzw. -thesen, die zutreffen mögen, oder auch nicht. Ich kenne dazu nur Aussagen von Theologen im Sinne von wird die Heilsgnade gewißlich nicht verwehrt und dergleichen, die frei von jeder Begründung sind.

Auch aus dem Heilswillen des Herrn folgt nicht, daß er genötigt sei, auch nur einen Auserwählten via Sakrileg mit Gnade zu versorgen. Das wäre genauso gegen den Glauben wie die Idee eines auserwählten Katechumenen, der "unglücklicherweise" auf dem Weg zur Taufe stirbt.

M.E. ist es wohl eher eine Strafe, wenn Gott zuläßt, daß jemand ahnungslos an einem Sakrileg teilhat.

Der Catechismus Romanus lehrt im zweiten Teil unter Altarssakrament in Nr. 50 (je nach Ausgabe auch z.B. Nr. 48) über das Altarssakrament:
[...] es ist das Ziel aller Sakramente, und das Sinnbild der kirchlichen Einigkeit und Verbindung. Außer der Kirche kann niemand die Gnade erlangen.
Sinnbild der kirchlichen Einigkeit und Verbindung. Bei Schismatikern, Häretikern und Vaganten fließt demnach auch bei Gültigkeit keine Gnade.

Wie begründen denn die von Dir genannten Theologen ihre Position?
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Re: Votivmesse "pro vitanda mortalitate"

Beitrag von Sempre »

Lycobates hat geschrieben:
Montag 9. März 2020, 01:38
Ähnlich - und es ist ein guter Vergleichspunkt zur FSSPX - hält es die Kirche (man vergleiche die Dogmatiken) mit den Meßfeiern und Sakramenten der schismatischen Ostkirchen: wenn auch deren Klerus schuldhaft sakrilegisch handelt, sind ihre Messen und Sakramente doch gnadenwirksam für jene ihrer Gläubigen, die gut disponiert sind, und in der Frage namentlich des Schismas gutgläubig sind. Das gilt sogar für die sakramentalen Absolutionen, wofür ja außer dem gültigen Ordo auch Jurisdiktion erforderlich ist, die dem schismatischen Klerus ein für allemal abgeht (vgl. Aertnys-Damen, Theologia moralis II, 251, Billot, de Sacramentis I, 182 adn.; auch Eichmann, Lehrbuch des Kirchenrechts I, 171).
(rot, grün von mir)

Kardinal Billot SJ schreibt unter
Billot, De Ecclesiae Saramentis, Tom. I., 176 hat geschrieben: Thesis XVI
In sola Ecclesia catholica residet ex institutione Christi
suprema dispensationis auctoritas; et ideo, extra commissionem
ab ea acceptam, illicita est et sacrilega sacramentorum
administratio.
PDF, 40MB

auf Seite 182 in der zweiten Fußnote
Quaedam restrictio facienda est quoad sacramentum Poenitentiae,
ad cuius validitatem requiritur iurisdictio quae per ordinationem non
datur, sed per solam communicationem a praelatis Ecclesiae.
Für andere Sakramente begründet er die Idee, daß bei solch einem Sakrileg unter geeigneten Voraussetzungen dennoch Gnaden flössen, mit dem verbreiteten "Argument" Voluit enim Christus ex abundantia suae bonitatis, ut etiam extra Ecclesiae fines remedia salutis possent inveniri .... Als Grundlage für diese Vorstellung führt er St. Augustinus De Baptismo contra Donatistas, Liber 4, Caput 1 an. Augustinus begründet dort die Möglichkeit der Taufe außerhalb der Kirche mit den aus der Quelle im Paradies hervorgehenden Strömen, die auch außerhalb des Paradieses reichlich flossen. Das dehnt Billot ohne jede Begründung auf andere Sakramente aus.
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Re: Votivmesse "pro vitanda mortalitate"

Beitrag von Lycobates »

Sempre hat geschrieben:
Dienstag 10. März 2020, 20:46
Lycobates hat geschrieben:
Montag 9. März 2020, 01:38
Ähnlich - und es ist ein guter Vergleichspunkt zur FSSPX - hält es die Kirche (man vergleiche die Dogmatiken) mit den Meßfeiern und Sakramenten der schismatischen Ostkirchen: wenn auch deren Klerus schuldhaft sakrilegisch handelt, sind ihre Messen und Sakramente doch gnadenwirksam für jene ihrer Gläubigen, die gut disponiert sind, und in der Frage namentlich des Schismas gutgläubig sind. Das gilt sogar für die sakramentalen Absolutionen, wofür ja außer dem gültigen Ordo auch Jurisdiktion erforderlich ist, die dem schismatischen Klerus ein für allemal abgeht (vgl. Aertnys-Damen, Theologia moralis II, 251, Billot, de Sacramentis I, 182 adn.; auch Eichmann, Lehrbuch des Kirchenrechts I, 171).
(rot, grün von mir)

Kardinal Billot SJ schreibt unter
Billot, De Ecclesiae Saramentis, Tom. I., 176 hat geschrieben: Thesis XVI
In sola Ecclesia catholica residet ex institutione Christi
suprema dispensationis auctoritas; et ideo, extra commissionem
ab ea acceptam, illicita est et sacrilega sacramentorum
administratio.
PDF, 40MB

auf Seite 182 in der zweiten Fußnote
Quaedam restrictio facienda est quoad sacramentum Poenitentiae,
ad cuius validitatem requiritur iurisdictio quae per ordinationem non
datur, sed per solam communicationem a praelatis Ecclesiae.
Für andere Sakramente begründet er die Idee, daß bei solch einem Sakrileg unter geeigneten Voraussetzungen dennoch Gnaden flössen, mit dem verbreiteten "Argument" Voluit enim Christus ex abundantia suae bonitatis, ut etiam extra Ecclesiae fines remedia salutis possent inveniri .... Als Grundlage für diese Vorstellung führt er St. Augustinus De Baptismo contra Donatistas, Liber 4, Caput 1 an. Augustinus begründet dort die Möglichkeit der Taufe außerhalb der Kirche mit den aus der Quelle im Paradies hervorgehenden Strömen, die auch außerhalb des Paradieses reichlich flossen. Das dehnt Billot ohne jede Begründung auf andere Sakramente aus.
Billots Satz ist aber nicht zu Ende: Voluit enim Christus ex abundantia suae bonitatis, ut etiam extra Ecclesiae fines remedia salutis possent inveniri, non quidem iis profutura qui ex certa scientia illegitimo ministro adhaererent, sed certe iis qui a peccato communicationis cum falsa secta, vel per poenitentiam absolverentur [wodurch die in einer Sekte gültig empfangenen sakramentalen Gnaden aufleben würden], vel praesertim ratione bonae fidei aut carentiae usus rationis, totaliter excusarentur.

Man muß zwischen Objekt und Subjekt streng unterscheiden.
Ein objektives Sakrileg (Sakramentenspendung ohne Missio) ist eine Sache, eine andere ist die subjektive Sünde des Sakrilegs im jeweiligen Subjekt (des Spenders oder Empfängers). Nur diese bildet den Obex (das Hemmnis) für die Gnadenwirkung.
Das folgt zwangsläufig aus der absoluten Objektivität der Sakramente, deren eigentlicher Spender Christus selbst ist, überall da, wo sie gültig gespendet werden, d.h. überall da, wo das sakramentale Zeichen richtig gesetzt wird, ja auch dann, wenn es ein Sakrileg sein sollte, und deren objektive Kraft in actu primo folglich ganz unabhängig vom spendenden oder empfangenden Subjekt unfehlbar eintritt.
Die sakramentalen Gnaden fließen darum, bei gültiger Spendung, ex opere operato, immer, ohne Fehl, non ponentibus obicem. Wer disponiert ist und kein Hindernis setzt, erhält sie. Ein Hindernis setzt aber nur, wer ein Hindernis setzen will. Und um das zu wollen, muß man es kennen.
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Re: Votivmesse "pro vitanda mortalitate"

Beitrag von Marion »

Sempre hat geschrieben:
Lycobates hat geschrieben:
Dienstag 10. März 2020, 23:42
Man muß zwischen Objekt und Subjekt streng unterscheiden.
Ein objektives Sakrileg (Sakramentenspendung ohne Missio) ist eine Sache, eine andere ist die subjektive Sünde des Sakrilegs im jeweiligen Subjekt (des Spenders oder Empfängers). Nur diese bildet den Obex (das Hemmnis) für die Gnadenwirkung.
Das folgt zwangsläufig aus der absoluten Objektivität der Sakramente, deren eigentlicher Spender Christus selbst ist, überall da, wo sie gültig gespendet werden, d.h. überall da, wo das sakramentale Zeichen richtig gesetzt wird, ja auch dann, wenn es ein Sakrileg sein sollte, und deren objektive Kraft in actu primo folglich ganz unabhängig vom spendenden oder empfangenden Subjekt unfehlbar eintritt.
Die sakramentalen Gnaden fließen darum, bei gültiger Spendung, ex opere operato, immer, ohne Fehl, non ponentibus obicem. Wer disponiert ist und kein Hindernis setzt, erhält sie. Ein Hindernis setzt aber nur, wer ein Hindernis setzen will. Und um das zu wollen, muß man es kennen.
Du referierst jüngere theologische Spekulationen. Was sich im Rahmen solcher zwangsläufig ergeben mag, muss nicht wirklich zutreffen. Die Sache wurde traditionell anders gesehen:

Corpus iuris canonici hat geschrieben:
C. LXX. Sacramenta extra ecclesiam ministrari possunt, salutem vero conferre non possunt.
Corpus iuris canonici hat geschrieben:
C.XCII. Non adest Spiritus sanctus sacramentis, que per criminosos ministrantur.
Thomas v. A., S. Th., IIIª q. 64 a. 9 ad 2 hat geschrieben: Et per hunc modum dicit Leo Papa in sede Alexandrina sacramentorum lumen esse extinctum, scilicet, quantum ad rem sacramenti, non autem quantum ad ipsum sacramentum.
Thomas v. A., S. Th., IIIª q. 82 a. 7 ad 1 hat geschrieben: Ad primum ergo dicendum quod auctoritas illa et similes intelligendae sunt quantum ad hoc quod non recte extra Ecclesiam sacrificium offertur. Unde extra Ecclesiam non potest esse spirituale sacrificium, quod est verum veritate fructus, licet sit verum veritate sacramenti, sicut etiam supra dictum est quod peccator sumit corpus Christi sacramentaliter, sed non spiritualiter.
Demnach kann außerhalb der Kirche unter keinerlei Umständen jemand heiligmachende Gnade erlangen, wie auch der Catechimus Romanus sagt.
Christus vincit - Christus regnat - Christus imperat

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Re: Votivmesse "pro vitanda mortalitate"

Beitrag von Lycobates »

Marion hat geschrieben:
Donnerstag 12. März 2020, 15:02
Sempre hat geschrieben:
Lycobates hat geschrieben:
Dienstag 10. März 2020, 23:42
Man muß zwischen Objekt und Subjekt streng unterscheiden.
Ein objektives Sakrileg (Sakramentenspendung ohne Missio) ist eine Sache, eine andere ist die subjektive Sünde des Sakrilegs im jeweiligen Subjekt (des Spenders oder Empfängers). Nur diese bildet den Obex (das Hemmnis) für die Gnadenwirkung.
Das folgt zwangsläufig aus der absoluten Objektivität der Sakramente, deren eigentlicher Spender Christus selbst ist, überall da, wo sie gültig gespendet werden, d.h. überall da, wo das sakramentale Zeichen richtig gesetzt wird, ja auch dann, wenn es ein Sakrileg sein sollte, und deren objektive Kraft in actu primo folglich ganz unabhängig vom spendenden oder empfangenden Subjekt unfehlbar eintritt.
Die sakramentalen Gnaden fließen darum, bei gültiger Spendung, ex opere operato, immer, ohne Fehl, non ponentibus obicem. Wer disponiert ist und kein Hindernis setzt, erhält sie. Ein Hindernis setzt aber nur, wer ein Hindernis setzen will. Und um das zu wollen, muß man es kennen.
Du referierst jüngere theologische Spekulationen. Was sich im Rahmen solcher zwangsläufig ergeben mag, muss nicht wirklich zutreffen. Die Sache wurde traditionell anders gesehen:

Corpus iuris canonici hat geschrieben:
C. LXX. Sacramenta extra ecclesiam ministrari possunt, salutem vero conferre non possunt.
Corpus iuris canonici hat geschrieben:
C.XCII. Non adest Spiritus sanctus sacramentis, que per criminosos ministrantur.
Thomas v. A., S. Th., IIIª q. 64 a. 9 ad 2 hat geschrieben: Et per hunc modum dicit Leo Papa in sede Alexandrina sacramentorum lumen esse extinctum, scilicet, quantum ad rem sacramenti, non autem quantum ad ipsum sacramentum.
Thomas v. A., S. Th., IIIª q. 82 a. 7 ad 1 hat geschrieben: Ad primum ergo dicendum quod auctoritas illa et similes intelligendae sunt quantum ad hoc quod non recte extra Ecclesiam sacrificium offertur. Unde extra Ecclesiam non potest esse spirituale sacrificium, quod est verum veritate fructus, licet sit verum veritate sacramenti, sicut etiam supra dictum est quod peccator sumit corpus Christi sacramentaliter, sed non spiritualiter.
Demnach kann außerhalb der Kirche unter keinerlei Umständen jemand heiligmachende Gnade erlangen, wie auch der Catechimus Romanus sagt.
Danke, Marion, für die Post.
(Beim Vogelhändler heißt sie die Christel).

Ich führe die Diskussion hier nicht weiter, weil die Absicht dieses Strangs zunächst eine andere ist, und der Link zur Pariser Messe einzig zum Ziel hatte, das gesungene Proprium zu illustrieren. Ich hätte zu dieser Messe auch ein gregorianisches Konzert eines profanen Chors angeben können, wenn es sowas gäbe.
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Lycobates
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Re: Votivmesse "pro vitanda mortalitate"

Beitrag von Lycobates »

Einige Ratschläge fürs geistige Überleben (in italienischer Sprache) von Don Francesco Ricossa (vom Institut Mater Boni Consilii, bei Turin).

In Italien dürfen z.Z. keine öffentlichen Messen stattfinden und ist die Sakramentenspendung in Krankenhäusern u.ä. unmöglich.

https://www.youtube.com/watch?time_cont ... e=emb_logo
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Robert Ketelhohn
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Re: Votivmesse "pro vitanda mortalitate"

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Lycobates hat geschrieben:
Donnerstag 5. März 2020, 00:00
Votivmesse "pro vitanda mortalitate"
:irritiert: :hae?: Was ist denn das für Latein? und was für Sinn?
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Lycobates
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Re: Votivmesse "pro vitanda mortalitate"

Beitrag von Lycobates »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Freitag 8. Mai 2020, 22:42
Lycobates hat geschrieben:
Donnerstag 5. März 2020, 00:00
Votivmesse "pro vitanda mortalitate"
:irritiert: :hae?: Was ist denn das für Latein? und was für Sinn?
Das ist der Titel der Votivmesse zur Abwehr von Seuchen im überlieferten römischen Meßbuch.

Die abzuwehrende mortalitas ist also hier die Sterblichkeit (von Mensch und Tier*) aufgrund einer Seuche.
Mortalitas ist, obwohl ein Abstraktum, wenn auch eher selten, durchaus klassisch. Cicero schreibt in De natura deorum sinngemäß (1,26): omne quod ortum est mortalitas consequitur.

Falls nun die Prima Sedes huius fori quae iudicari nequit lateinmäßig einen besseren Vorschlag haben sollte, das ist mir durchaus vorstellbar (etwa mit ad statt pro :blinker: ), kann dieser ja der heiligen Ritenkongregation, wenn sie aus ihrem derzeitigen Dornröschenschlaf erwacht (der kußfertige schöne Prinz ist noch nicht aufgetaucht), für eine anstehende editio typica humillime unterbreitet werden.
Ich wäre der letzte, mich dagegen zu sperren, da ich ja, hier oder dort, nichts zu sagen habe. :breitgrins:


*obwohl es unter den Orationes diversae unter Nr. 19 (pro peste animalium) noch ein eigenes Gebet für das Vieh gibt (hat mit Demokratie nichts zu tun, dies nur nebenbei), das an Tagen, wo eine oratio ad libitum erlaubt ist, genommen werden kann.
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Re: Votivmesse "pro vitanda mortalitate"

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Lycobates hat geschrieben:
Freitag 8. Mai 2020, 23:22
Das ist der Titel der Votivmesse zur Abwehr von Seuchen im überlieferten römischen Meßbuch.
Ja ja, das ist klar. Hm hm, Sinn ergibt dieser Titel nur, wenn man ihn im Sinne von „hoher Sterberate“ oder „zahlreicher Todesfälle“ versteht. Möglich, sicher, müßte aber eigentlich durch ein entsprechendes Attribut verdeutlicht sein. So bin ich gestolpert. Die Sterblichkeit an sich können wir ja schlecht meiden. Das konnte nicht mal der Herr selber. Der Kelch will getrunken sein.

Daneben hatte mich auch das „pro“ noch irritiert. Klar, das kommt aus dem Schema der Votivmessen. Aber bei Einschaltung des Verstandes hätte der vor Zeiten verantwortliche Prälat auch merken können, daß man hier besser sagte: „ad vitandam … (e. g. magnam mortalitatem)“.

Na, Schwamm drüber.

Contra vim mortis
non est medicamen in hortis
at contra moriæ miracula
non fit in sæcula.
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Herr v. Liliencron
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Re: Votivmesse "pro vitanda mortalitate"

Beitrag von Herr v. Liliencron »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Samstag 9. Mai 2020, 01:01
Lycobates hat geschrieben:
Freitag 8. Mai 2020, 23:22
Das ist der Titel der Votivmesse zur Abwehr von Seuchen im überlieferten römischen Meßbuch.
Ja ja, das ist klar. Hm hm, Sinn ergibt dieser Titel nur, wenn man ihn im Sinne von „hoher Sterberate“ oder „zahlreicher Todesfälle“ versteht. Möglich, sicher, müßte aber eigentlich durch ein entsprechendes Attribut verdeutlicht sein. So bin ich gestolpert. Die Sterblichkeit an sich können wir ja schlecht meiden. Das konnte nicht mal der Herr selber. Der Kelch will getrunken sein.

Daneben hatte mich auch das „pro“ noch irritiert. Klar, das kommt aus dem Schema der Votivmessen. Aber bei Einschaltung des Verstandes hätte der vor Zeiten verantwortliche Prälat auch merken können, daß man hier besser sagte: „ad vitandam … (e. g. magnam mortalitatem)“.

Na, Schwamm drüber.

Contra vim mortis
non est medicamen in hortis
at contra moriæ miracula
non fit in sæcula.

Ich stimme zu, obwohl selbst Franz (X.) Brehm das nicht beanstandet hat oder es ihm nicht aufgefallen ist. Ein Punkt, den man sich vormerken kann für eine mögliche künftige, neue Editio typica des tridentinischen Missale Romanum.

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Lycobates
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Re: Votivmesse "pro vitanda mortalitate"

Beitrag von Lycobates »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Samstag 9. Mai 2020, 01:01
Lycobates hat geschrieben:
Freitag 8. Mai 2020, 23:22
Das ist der Titel der Votivmesse zur Abwehr von Seuchen im überlieferten römischen Meßbuch.
Ja ja, das ist klar. Hm hm, Sinn ergibt dieser Titel nur, wenn man ihn im Sinne von „hoher Sterberate“ oder „zahlreicher Todesfälle“ versteht. Möglich, sicher, müßte aber eigentlich durch ein entsprechendes Attribut verdeutlicht sein. So bin ich gestolpert. Die Sterblichkeit an sich können wir ja schlecht meiden. Das konnte nicht mal der Herr selber. Der Kelch will getrunken sein.

Daneben hatte mich auch das „pro“ noch irritiert. Klar, das kommt aus dem Schema der Votivmessen. Aber bei Einschaltung des Verstandes hätte der vor Zeiten verantwortliche Prälat auch merken können, daß man hier besser sagte: „ad vitandam … (e. g. magnam mortalitatem)“.

Na, Schwamm drüber.

Contra vim mortis
non est medicamen in hortis
at contra moriæ miracula
non fit in sæcula.
Ich stimme grundsätzlich zu.
Ad vitandam (magnam vel sim.) mortalitatem wäre besser und deutlicher.
Das Meßbuch hat ja auch eine Votivmesse ad tollendum schisma, sowie eine ad postulandam gratiam bene moriendi, bzw. eine ad postulandam gratiam Spiritus Sancti.
Die Konstruktion mit ad ist also durchaus geläufig.

Ein Blick auf das Roncalli'sche Meßbuch von 1962 aus unseren Remota ist instruktiv.
Dort heißt unsere Messe "Missa tempore mortalitatis". Eine Verbesserung. Möglicherweise hat hier ein Prälat den Verstand halbwegs eingeschaltet?

Es wird aber noch schöner.
Die Missa ad tollendum schisma wurde 1962 zur Missa pro Ecclesiae unitate. Das paßt natürlich zum Neuen Pfingsten.
Wir wissen doch, wir beten es im Credo, daß die unitas eine der vier unabdingbaren notae unserer Kirche ist, ohne die die Kirche Kirche nicht wäre, daß also die unitas in der Kirche voll verwirklicht ist. Nur gibt es leider etliche, die diese unitas zu ihrem Schaden, nicht zum Schaden der Kirche, und nicht zum Schaden der unitas, verlassen haben. Wenn so, dann müßte man beten pro unitate fidelium. Wenn man aber betet "für die Einheit der Kirche" (nicht: der Gläubigen) bedeutet das u.U., diese Einheit müsse es erst noch geben. Das ist schlimmstenfalls häresieverdächtig.
Ebenso abwegig wäre es pro sanctitate Ecclesiae (und nicht: fidelium) zu beten, da auch die sanctitas eine der vier notae ist, und in der Kirche verwirklicht ist, da sie alle Gnadenmittel, Mittel zur Heiligkeit, in sich schließt und austeilt. Ob alle davon Gebrauch machen, steht auf einem anderen Blatt.

Die Missa contra paganos wurde 1962 zur Missa pro Ecclesiae defensione. Das ginge noch an.
Aber die Missa ad postulandam gratiam Spiritus Sancti wurde gestrichen.
Wenn man ein Neues Pfingsten veranstaltet, braucht man den Heiligen Geist nicht mehr.
Hier hat wohl ein Prälat den Verstand voll eingeschaltet, nur war es kein katholischer mehr.

Es lohnte sich, die vielen Detailänderungen, die alle in die gleiche Richtung gehen, des Roncalli'schen Machwerks aufzuzeigen. Aber hier gilt wohl das Wort ut videntes non videant, et audientes non intellegant. Leider!
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Re: Votivmesse "pro vitanda mortalitate"

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Pflichte dir bei.
Lycobates hat geschrieben:
Sonntag 10. Mai 2020, 09:10
Die Missa contra paganos wurde 1962 zur Missa pro Ecclesiae defensione. Das ginge noch an.
Hier erkennt man (um noch einmal aufs Sprachliche zu kommen) am bureaucratischen Nominalstil schon den nicht mehr lateinisch denkenden und formulierenden Autor.
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Re: Votivmesse "pro vitanda mortalitate"

Beitrag von Lycobates »

Lycobates hat geschrieben:
Sonntag 10. Mai 2020, 09:10
[...]
Aber die Missa ad postulandam gratiam Spiritus Sancti wurde gestrichen.
Wenn man ein Neues Pfingsten veranstaltet, braucht man den Heiligen Geist nicht mehr.
[...]
Das stimmt so nicht ganz. Ich muß hier einen Teilrückzieher machen.

Zwar wurde die Votivmesse als solche in den Missae ad diversa sehr wohl ersatzlos gestrichen, es wurde aber, wie ich jetzt sehe, die Eigenoration dieser Messe ad postulandam gratiam Spiritus Sancti bei der Votivmesse zum Heiligen Geist (in den Votivmessen für die Wochentage, hier für den Donnerstag), etwas versteckt immerhin, als optionale Variante eingeschoben.
Eine "Rationalisierung" also, in gut jansenisierender Liturgietradition des Scipione de'Ricci.


Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Sonntag 10. Mai 2020, 09:49
Pflichte dir bei.
Lycobates hat geschrieben:
Sonntag 10. Mai 2020, 09:10
Die Missa contra paganos wurde 1962 zur Missa pro Ecclesiae defensione. Das ginge noch an.
Hier erkennt man (um noch einmal aufs Sprachliche zu kommen) am bureaucratischen Nominalstil schon den nicht mehr lateinisch denkenden und formulierenden Autor.
Jawohl. Sehr richtig bemerkt.

Unsereiner hat noch gelernt, man schreibe nicht
Divisio administrativa totius areae Gallicae nititur in tripertitione. In una regione habitant Belgiceloquentes, in altera Septentrioaquitani, in tertia illi, qui sua nomenclatura Celtarum, nostra Gallorum nomen habent. Inter hos omnes exstant differentiae linguisticae, morales, legislativae.
sondern:
Gallia est omnis divisa in partes tres, quarum unam incolunt Belgae, aliam Aquitani, tertiam, qui ipsorum lingua Celtae, nostra Galli appellantur. Hi omnes lingua, institutis, legibus inter se differunt.
(Das schlagende Beispiel verdanke ich Konrad Kokoszkiewicz)
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Re: Votivmesse "pro vitanda mortalitate"

Beitrag von Juergen »

Lycobates hat geschrieben:
Sonntag 10. Mai 2020, 11:57
Unsereiner hat noch gelernt, man schreibe nicht
Divisio administrativa totius areae Gallicae nititur in tripertitione. In una regione habitant Belgiceloquentes, in altera Septentrioaquitani, in tertia illi, qui sua nomenclatura Celtarum, nostra Gallorum nomen habent. Inter hos omnes exstant differentiae linguisticae, morales, legislativae.
sondern:
Gallia est omnis divisa in partes tres, quarum unam incolunt Belgae, aliam Aquitani, tertiam, qui ipsorum lingua Celtae, nostra Galli appellantur. Hi omnes lingua, institutis, legibus inter se differunt.
Die erste Version ist aber für Leute wie mich, die nur rudimentäre Lateinkenntnissen haben, einfacher zu verstehen.
Gruß Jürgen

Dieser Beitrag kann unter Umständen Spuren von Satire, Ironie und ähnlich schwer Verdaulichem enthalten. Er ist nicht für jedermann geeignet, insbesondere nicht für Humorallergiker. Das Lesen erfolgt auf eigene Gefahr.
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Re: Votivmesse "pro vitanda mortalitate"

Beitrag von Lycobates »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Sonntag 10. Mai 2020, 09:49
Pflichte dir bei.
Lycobates hat geschrieben:
Sonntag 10. Mai 2020, 09:10
Die Missa contra paganos wurde 1962 zur Missa pro Ecclesiae defensione. Das ginge noch an.
Hier erkennt man (um noch einmal aufs Sprachliche zu kommen) am bureaucratischen Nominalstil schon den nicht mehr lateinisch denkenden und formulierenden Autor.
Ergänzend noch:
Dazu schreibt der Jesuit Emilio Springhetti in seinen Institutiones stili Latini, Rom 1954, S. 161f. (zitiert aus Henri Goelzer):
Omnibus, qui linguae latinae aetatis aureae student, perspecta est scriptorum eiusdem aetatis cura usurpandi verba "concreta" seu definita prae "abstractis". Cum enim populus romanus fuerit imprimis industrius et parum ad contemplationem proclivis, contendebat, quae cogitabat, veluti oculis manibusque attingere. Hinc latinae linguae raritas verborum "abstractorum", et, contra, mira constructionum verbalium copia; substantivorum numerus, ut patet, exiguus est, cum reapse et ipsa cum abstractionibus natura non differant.
Ein großer Unterschied zum Griechischen!
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Re: Votivmesse "pro vitanda mortalitate"

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Lycobates hat geschrieben:
Sonntag 10. Mai 2020, 13:19
Ein großer Unterschied zum Griechischen!
Ein interessanter Gesichtspunkt. Darüber habe ich mir tatsächlich noch keine Gedanken gemacht. Muß ich mal im Hinterkopf behalten und gelegentlich meditieren.
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Re: Votivmesse "pro vitanda mortalitate"

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Lycobates hat geschrieben:
Sonntag 10. Mai 2020, 11:57
Unsereiner hat noch gelernt, man schreibe nicht
Divisio administrativa totius areae Gallicae nititur in tripertitione. In una regione habitant Belgiceloquentes, in altera Septentrioaquitani, in tertia illi, qui sua nomenclatura Celtarum, nostra Gallorum nomen habent. Inter hos omnes exstant differentiae linguisticae, morales, legislativae.
:D :kugel: :freude: :kugel: :D :kugel: :freude: :kugel: :D

Klasse!
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