iustus hat geschrieben:Gamaliel hat geschrieben:Bernado hat geschrieben:Und dann, ich kann es nicht oft genug sagen, die Qualifizierung der Haltung des Papstes im Sinne einer Rechtsfiktion
... halte ich für falsch!
1. Es gibt realiter einen Bruch
Dem würde aber der Papst doch gar nicht widersprechen. Daher spricht Bernado von einer RechtsFIKTION (gerade eben nicht von einer Realität).
1. Der Begriff "Rechtsfiktion" ist inhaltlich genau definiert. Er bedeutet eine rechtsverbindliche Wertung eines Tatbestands, die der Wirklichkeit widerspricht.
2. Was hier zur Diskussion steht ist aber die Erfassung der Wirklichkeit selbst und nicht welche rechtsverbindlichen Schlüsse daraus gezogen werden bzw. auf welche Weise dieselben kanonisch zu begründen wären. Die Einführung des Begriffs "Rechtsfiktion" hilft uns also (im Moment) nicht weiter.
3. In der Analyse des status quo sieht Papst Benedikt durchaus manche Abirrungen,... er verneint allerdings, daß dieselben die Folge eines Bruches (sc. zwischen vorkonziliarem Lehramt, Missale,... und nachkonziliarem Lehramt, Missale) sind.
Wenn man nur den Wortaut des letzten Konzils gut befolgen würde, dann gäbe es eine ganz organische Entwicklung der Kirche.
Die Kritik des Papstes setzt daher nicht bei der Feststellung eines Bruches mit der Tradition ein, sondern bei den Eigenmächtigkeiten, die man sich vielerorts nach dem Konzil gestattet hat. Diese modernistischen Verirrungen, die es auf einen Bruch mit der vorkonziliaren Kirche anlegen, gelte es abzustellen und hierauf müsse man wieder zu den Vorgaben des Konzils zurückkehren.
4. Die Priesterbruderschaft St. Pius X. (u.a.) ist hingegen der Auffassung, daß die Wurzel der gegenwärtigen Kirchenkrise nicht nur in falschen Auslegungen und Anwendungen des II. Vatikanums zu suchen ist, sondern im Konzil selber, insofern dieses (in einigen Punkten) mit der Tradition der Kirche gebrochen habe.
[[Darüber kann man natürlich streiten und unterschiedlicher Meinung sein (die Petrusbruderschaft etwa, die das II. Vatikanum verteidigt, widerspricht hier der Priesterbruderschaft St. Pius X.). Das ist hier aber nicht das Thema!]]
5. Die These "Es gibt realiter einen Bruch" kann somit auf zwei Weisen verstanden werden:
a) als Bruch zwischen dem vor- und nachkonziliaren Lehramt => so faßt dies die FSSPX auf, aber
nicht der Papst. (Zwecks theologischer Klärung diese Auffassung wird gegenwärtig - auf Einladung des Hl. Vaters - in anscheinend sehr sachlicher Weise zwischen dem Apostolischen Stuhl und der FSSPX disputiert.)
b) als Bruch zwischen den Vorgaben des Konzils und den modernistischen Abirrungen der Gegenwart => so sieht dies der Papst (und auch die FSSPX) und diesen Mißstand möcht er beseitigen, indem er (die Modernisten) zu einer "Hermeneutik der Kontinuität" aufruft.