Gipsy_ hat geschrieben:Es war auf jeden Fall merkwürdig. Im positiven Sinne!
Ich fand die Liturgie sehr schön, v.a. sehr würdig. Die ganze Messe hatte etwas sehr familiäres, obwohl die Kirche komplett voll war.
Was mir natürlich sofort ins Auge gesprungen ist, war das Ikonen küssen und das ständige Bekreuzigen und verbeugen, das hatte schon was Besonderes.
Ich fand es jedoch sehr befremdlich, dass während (!) der Messe weiterhin in der Kirche Kerzen verkauft wurden, ich musste sofort an die Tempelreinigung denken, die Leute haben teilweise laut geredet und sind "herumspaziert", das war schon komisch.
Positiv hervorheben muss ich noch den Chor, die Musik war wunderschön. Obwohl ich ja nicht Russisch spreche und deswegen praktisch nichts verstanden habe, konnte mir die Musik wirklich so eine Art Zugehörigkeitsgefühl vermitteln! Wirklich sehr schön!
Die Messe hat ungefähr zweieinhalb Stunden gedauert, die bequemen Schuhe haben sich bewährt, da es keine Bänke zum Sitzen gab.
Mit den Kleidervorschriften habe ich mich sofort angefreundet, praktisch alle Frauen und auch die kleinen Mädchen haben ein Kopftuch getragen. Obwohl, das muss ich sagen, viele von den Mädls haben sich meiner Meinung nach doch ein bisschen zu freizügig gekleidet, das war schon ein bisschen irritierend: Kopftuch, aber ein Minirock und tief ausgeschnittene Tops.
Ehrlich gesagt, mit dem Kopftuch habe ich mich sehr schnell angefreundet, hätte auch nichts dagegen, das in katholischen Kirchen zu tragen.
Insgesamt eine schöne Messe, allerdings war ich heute Abend sehr glücklich, als ich in der "normalen" katholischen Messe war
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Hallo Gipsy,
wie schön, dass Du den Besuch der Göttlichen Liturgie so positiv erlebt hast.. und dass die Tipps aus dem Forum Dir geholfen haben!
Besonders hat mich berührt, dass Du das "Familiäre" spüren konntest. Das ist für mich ein ebenfalls ein ganz wichtiger Punkt. Wir kommen in der Liturgie zusammen als Familie Gottes... als Geschwister, die sich freuen, einander zu sehen, gemeinsam vor Gott zu sein, und die sich auch gegenseitig Fehler nachsehen oder - sagen wir mal - geduldig den Provokationsversuchen mancher Jugendlicher gegenüberstehen.
Zu dieser grossen Familie gehören auch die schon verstorbenen Glieder und das bringen wir ganz praktisch zum Ausdruck, indem wie auch sie (oder ihre Ikonen) durch unseren Kuss ehren und begrüssen.
Was das Bekreuzigen und Verbeugen angeht: Das ist eine Besonderheit der russischen orthodoxen Kirche, dass man sich wirklich bei JEDER Nennung der Dreifaltigkeit bekreuzigt und verbeugt. Was dann auch gleich die fehlenden Bänke erklärt... man würde sich ja ständig die Birne anhauen.
![lach :D](./images/smilies/lach.gif)
Nein, im Ernst: Das Stehen in der Liturgie geschieht in Ehrfurcht vor Gott (wenn der König da ist, werden seine Leute nicht einfach sitzen) und es ist die der Auferstehung angemessene Haltung. Deshalb ist es auch nicht üblich, an einem Sonntag zu knien oder sich zu Boden zu werfen. Ein paar Stühle sind meistens doch da... für ältere Leute und für Besucher, die das lange Stehen noch nicht durchhalten.
Nun noch zu den Punkten, die dir negativ aufgefallen sind:
Sei versichert, dass allzu freizügig gekleidete Mädels eine entsprechende Ermahnung erhalten werden, sei es vom Priester, sei es von einer der älteren Frauen. Dennoch ist es natürlich wichtiger, dass die Mädels überhaupt da sind, statt aus Protest sich zu verweigern, oder? Und letztlich muss jede selbst wissen, wieviel sie bei den Verbeugungen offenbaren will.....
Das laute Reden und Herumspatzieren: Bist Du dir da absolut sicher, dass es schon während der Liturgie war? Es werden nämlich meist davor noch die Stunden gelesen. Viele Gläubige beten diese Stundengebete mit... andere kommen erst an. Es würde als absolut unhöflich angesehen, Leute, die man kennt, nicht wenigstens mit einer kleinen Verneigung und einem Lächeln zu begrüssen. Viele sehen sich auch nur in der Kirche und wechseln dann gern ein paar Worte. Es soll aber schon nicht so sein, dass der Gottesdienst dadurch gestört wird... und auch hier wird dann schon mal mahnend eingegriffen. Dass man nicht fix an seinem Platz steht, ist aber sehr üblich und auch gut für den Kreislauf
![unbeteiligttu :unbeteiligttu:](./images/smilies/ikb_closedeyes.gif)
. Da wird eine Oma mal schnell eine Kerze, die tropft, richten... eine Mutter nach ihrem Kind sehen, die Gemeinde dem Priester Platz machen für den Einzug, oder jemand vor dem Kreuz oder einer Ikone beten gehen... das hat alles Platz.
Kerzenverkauf während der Liturgie. Das findet, wo immer möglich, im Vorraum statt. Manche Gemeinden haben jedoch so enge Platzverhältnisse, dass der Kerzentisch halt im Kirchenraum steht. Die Kerzen werden nach dem Kauf bei den Ikonen aufgesteckt und sind Ausdruck unseres Betens. Wenn Leute später kommen - grade Leute mit Kindern oder solche, die mehr als zwei Stunden Weg auf sich genommen haben - dann möchten sie auch noch Kerzen kaufen. Das stört niemanden. Wenn sich jemand gestört fühlt, wird er sich halt weiter weg vom Kerzentisch hinstellen... und vor allem wird er sich selbst ermahnen, sich nicht stören zu lassen.
(Für viele Gemeinden ist der Kerzenverkauf auch wichtig, da wir keine Kirchensteuern haben)
Lg Maria