Eine kleine Bitte

Ostkirchliche Themen.
Ralf

Eine kleine Bitte

Beitrag von Ralf »

Nur eine kleine Bitte:

wenn hier in einer Diskussion von den verschiedenen theologischen Standpunkten und Traditionen des Ostens und des Westens die Rede ist, würde sicher nur ich mich freuen, wenn nicht von "der Westkirche" oder "im Westen" die Rede wäre (gleiches gilt umgekehrt für denOsten auch).

Persönlich fühle ich mich fast nie wieder, wenn von östlicher Seite die theologische Sicht "des Westens" dargestellt wird und sehe nur Mißverständnis. Gleiches ist mir auch passiert, wenn ich mal bei der dt-sprachigen orthodoxen Gemeinde hier war. Der Priester sieht sich wohl bemüßigt, jedes Mal(!?) die Unterschiede Ost-West aufzuzeigen und zu beurteilen (na, wie wohl?) - ohne daß er es wirklich trifft ...

Es sollten Formulierungen verwendet, die weniger exklusiv sind. Über den Osten fehlt mir die Kompetenz für eine sichere Aussage, aber die westlichen theologischen Traditionen sind sehr divers und keineswegs einheitlich. Der Eindruck fester Meinungen zu bestimten Themen, zumal diffiziler Natur, trügt meistens. Kaum ein westlicher Theologe schafft es, diese Denkschulen zu überblicken - daher traue ich das einem Orthodoxen noch weniger zu.

Dies nur als kleine Bitte bzgl. des Diskussionstiles.

Danke.

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taddeo
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Re: Mal eine kurze Bitte

Beitrag von taddeo »

Was würdest Du denn als Alternative für "Westkirche" u. ä. vorschlagen? :hmm: Letztlich weiß hier doch jeder, was gemeint ist. Und Du selber schreibst gegen Ende Deiner Frage "Kaum ein westlicher Theologe ..." ;D

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Florianklaus
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Re: Mal eine kurze Bitte

Beitrag von Florianklaus »

Wie wäre es denn mit den bewährten Selbstbezeichnungen "Katholisch" und "Orthodox"?

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ad-fontes
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Re: Mal eine kurze Bitte

Beitrag von ad-fontes »

Florianklaus hat geschrieben:Wie wäre es denn mit den bewährten Selbstbezeichnungen "Katholisch" und "Orthodox"?
Sind auch nur Konvention. Katholisch und orthodox gehören zusammen wie Taufe und Myron.
Christi vero ecclesia, sedula et cauta depositorum apud se dogmatum custos, nihil in his umquam permutat, nihil minuit, nihil addit; non amputat necessaria, non adponit superflua; non amittit sua, non usurpat aliena. (Vincentius Lerinensis, Com. 23, 16)

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Nassos
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Re: Mal eine kurze Bitte

Beitrag von Nassos »

Hallo Ralf,

Dein Anliegen ist nachvollziehbar. Ich fühle mich jedoch wohl mit der Ausdrucksweise, weil sie eingespielt ist - auch wenn sie oft Mißverständnisse schafft (zum Beispiel katholisch: einerseits so wie im Credo, andererseits die RKK).
Ich habe auch keine Probleme mit "der Osten" auch wenn ich dabei eher an Fernost denken muss.

Ich frage mich oft, ob - egal welche Bezeichnungen - die Verwendung verschiedenlticher Nomenklaturen das ihrige tun, um sich so richtig schön zu differenzieren.

Aber wenn Du willst, dann mach doch ne Umfrage daraus.
Ich glaube; hilf meinem Unglauben

Mary
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Re: Mal eine kurze Bitte

Beitrag von Mary »

Florianklaus hat geschrieben:Wie wäre es denn mit den bewährten Selbstbezeichnungen "Katholisch" und "Orthodox"?
Hallo,

Wenn orthodoxe Christen vom "Westen" oder "westlicher Theologie" reden, dann meinen sie damit viel mehr als nur die römischen Katholiken. Es sind alle "Abkömmlinge", Abspaltungen Roms mit gemeint.

Ich kenne aber das Problem mit den Bezeichnungen Ost und West schon auch. Gerade als "westliche" Christin, die aus Überzeugung zum orthodoxen Glauben gekommen ist, bin ich der Ansicht, dass Orthodoxie nicht etwas ist, das sich auf "den Osten" beschränken sollte. Und ganz arg wird es dann, wenn mir gesagt wird, dass beispielsweise "die Orthodoxen" kein Abstraktionsvermögen haben (huhu Raphael :huhu: ) und ähnliche Nettigkeiten. Oder wenn ich was gepredigt bekomme von wegen "Mentalität des östlichen Menschen"....

Ich weiss aber auch nicht, welche Nomenklatur geeigneter wäre...
Lg Maria
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Lutheraner
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Re: Mal eine kurze Bitte

Beitrag von Lutheraner »

Ralf hat geschrieben:Persönlich fühle ich mich fast nie wieder, wenn von östlicher Seite die theologische Sicht "des Westens" dargestellt wird und sehe nur Mißverständnis.
Das mit den Missverständnissen würde sich aber auch nicht ändern, wenn sie Euch als "Katholische Kirche" bezeichnen würden...

Von Ost- und Westkirche kann man eigentlich nur bis zur Reformation sprechen. Ich persönlich bevorzuge die Bezeichnungen "römische Gemeinschaft" bzw. "griechische Gemeinschaft". Aus Höflichkeit verwende ich auch gerne die Eigenbezeichnungen Katholische bzw. Orthodoxe Kirche (in Großbuchstaben). Die Katholische Kirche könnte man auch als katholisches Kirchentum bezeichnen, da sie als einzige Gemeinschaft wirklich katholisch ist.
"Ta nwi takashi a huga bakashi. Ta nwi takashi maluka batuka"

Mary
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Re: Mal eine kurze Bitte

Beitrag von Mary »

Lutheraner hat geschrieben: Die Katholische Kirche könnte man auch als katholisches Kirchentum bezeichnen, da sie als einzige Gemeinschaft wirklich katholisch ist.
Was meinst Du denn mit "wirklich katholisch"?
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taddeo
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Re: Mal eine kurze Bitte

Beitrag von taddeo »

Mary hat geschrieben:
Lutheraner hat geschrieben: Die Katholische Kirche könnte man auch als katholisches Kirchentum bezeichnen, da sie als einzige Gemeinschaft wirklich katholisch ist.
Was meinst Du denn mit "wirklich katholisch"?
Wahrscheinlich dies, daß sie nicht nur in urbe, sondern in toto orbe existiert - und in dieser Ausdehnung tatsächlich einzig dasteht.

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anneke6
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Re: Mal eine kurze Bitte

Beitrag von anneke6 »

Inklusive Antarktis?
???

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taddeo
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Re: Mal eine kurze Bitte

Beitrag von taddeo »

anneke6 hat geschrieben:Inklusive Antarktis?
Hast Du denn schon mal gehört, daß die Antarktis protestantisch oder orthodox geprägt sei? ;D :pfeif:

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Re: Mal eine kurze Bitte

Beitrag von Miserere Nobis Domine »


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holzi
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Re: Mal eine kurze Bitte

Beitrag von holzi »

taddeo hat geschrieben:
anneke6 hat geschrieben:Inklusive Antarktis?
Hast Du denn schon mal gehört, daß die Antarktis protestantisch oder orthodox geprägt sei? ;D :pfeif:
http://en.wikipedia.org/wiki/Religion_in_Antarctica ;D

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taddeo
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Re: Mal eine kurze Bitte

Beitrag von taddeo »

holzi hat geschrieben:
taddeo hat geschrieben:
anneke6 hat geschrieben:Inklusive Antarktis?
Hast Du denn schon mal gehört, daß die Antarktis protestantisch oder orthodox geprägt sei? ;D :pfeif:
http://en.wikipedia.org/wiki/Religion_in_Antarctica ;D
Danke, holzi, für diese Horizonterweiterung!

Daß in Kanada orthodoxe Büffel hausen, wußte ich mittlerweile,
aber daß es sogar orthodoxe antarktische Pinguine gibt, war mir neu.

:pfeif:

Mary
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Re: Mal eine kurze Bitte

Beitrag von Mary »

taddeo hat geschrieben:
Mary hat geschrieben:
Lutheraner hat geschrieben: Die Katholische Kirche könnte man auch als katholisches Kirchentum bezeichnen, da sie als einzige Gemeinschaft wirklich katholisch ist.
Was meinst Du denn mit "wirklich katholisch"?
Wahrscheinlich dies, daß sie nicht nur in urbe, sondern in toto orbe existiert - und in dieser Ausdehnung tatsächlich einzig dasteht.
Cool, Leute, dass ihr diese Links über die "kirchliche Situation" in der Antarktis reingestellt habt. Ähnliches liesse sich wohl über praktisch jede Ecke des Erdkreises sagen. :D

Aber, eigentlich, meint doch katholisch gar nicht "weltumspanndend"!
Katholisch meint ein höchstes Mass an Ganzheitlichkeit, Allumfassenheit und Fülle. Wie der Apostel in Eph 1,23 gesagt hat": die Kirche, Christi Leib ist "die Fülle dessen, der alles in allem erfüllt."
Erzpriester Michail Pomazanskij beschreibt Katholizität so: " nicht an einen Ort, noch Zeit, noch Volk gebunden, sondern die wahrhaft Gläubigen aller Orte, Zeiten und Völker". Am Pfingsttag umfasste die Kirche nur jenes Obergeschoss... und war doch im vollen Sinne katholisch.
Erzpriester Sergius Heitz schreibt in seinem Orthodoxen Glaubensbuch: "Katholisch heisst gemäss dem Ganzen für das Ganze. Es geht dabei um eine Gemeinschaft (russisch sobornost), die die Vielfalt nicht auslöscht oder unterdrückt, sondern in Dienst nimmt, wie dies das Sprachenwunder an Pfingsten vor Augen führt.
Das bedeutet: Innerhalb der Kirche (er meint die orthodoxe K.) hat durchaus auch das in einer Lokalkirche historisch gewachsene Einzigartige, Besondere und Individuelle seinen Platz und sein Recht, aber immer so, dass es nicht isoliert genommen und absolut gesetzt wird, sondern verstanden wird als Teil des Ganzen im Zusammenhang mit dem ganzen Leib Christi. Die Katholizität der Kirche ist also die übergreifende Gemeinsamkeit, in der jeder Gläubige, woher er auch kommen mag, seine Heimat finden kann."

Von Geographie lese ich bei beiden nichts!

Lg Maria
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taddeo
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Re: Mal eine kurze Bitte

Beitrag von taddeo »

Mary hat geschrieben:Von Geographie lese ich bei beiden nichts!

Lg Maria
Das ist schon klar, man muß halt nur bei den "Richtigen" nachlesen, dann findet man auch nur das "Gewünschte".

Ich denke, Lutheraner bezog sich eher auf das Verständnis von "katholisch", das zum Beispiel der Fremdwörterduden angibt:
katholisch [gr.-mlat.; "das Ganze, alle betreffend; allgemein"]: ... 2. allgemein, [die ganze Erde] umfassend (von der Kirche Christi); ...

Ralf

Re: Mal eine kurze Bitte

Beitrag von Ralf »

Ich hatte nicht erwartet, daß mein Anliegen so schwer zu verstehen ist.

Mir geht es nicht um katholisch, orthodox oder protestantisch, sondern ich möchte klarstellen, daß es bspw. innerhalb der Katholischen Kirche einen sehr breiten Strom divergierender Meinungen zu theologischen Themen gibt, ohne daß da die eine oder andere Meinung zwingend nicht katholisch wäre. Der theologische Disput wird ja nicht abgewürgt, solange es sich um offene Fragen handelt - die können auch schon mal sehr alt sein.

Mein Empfinden hier ist, daß manch eine katholische Meinung als "die" katholische Meinung dargestellt wird, obwohl sie es gar nicht ist. Sie ist eine von mehreren legitimen. Wenn man sie dann verkürzend als "die" katholische darstellt (so habe ich es auch bei der besagten Gemeinde erlebt), läßt sich leichter drauf hauen.

Kann man machen, ist bloß falsch (wie mein Mathe-Lehrer zu sagen pflegte).

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Joseph
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Re: Mal eine kurze Bitte

Beitrag von Joseph »

Mary hat geschrieben:Aber, eigentlich, meint doch katholisch gar nicht "weltumspanndend"!...
Liebe Maria, lass sie in ihrem Glück die Welt umspannen. Wir bekehren die Bewohner, in solcher Weise "umspannt," in der Zwischenzeit zum rechten Glauben und taufen und firmen sie in die Orthodoxe Kirche (wie man besonders, aber nicht allein, im "umspannten" Kontinent von SAmerika dieser Tage sehen kann).

@ Taddeo: Orthodoxe Büffel in Kanada? Ja natürlich, Kanada ist Gottes Land..... wir haben auch Orthodoxe Biber, aber grenzen leider nicht an die Antarktis und ihren Pinguinen. Orthodoxe Eisbären? Kein Problem...
Was wir nicht haben in Kanada sind Hornochsen! Moschusochsen und Urochsen ja, aber keine Hornochsen...

Gruß
Joseph
Zuletzt geändert von Joseph am Mittwoch 28. April 2010, 01:45, insgesamt 1-mal geändert.
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Nassos
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Re: Mal eine kurze Bitte

Beitrag von Nassos »

Lutheraners Aussage ist ein Paradebeispiel für die Mißverständlichkeit der Begriffe.
Er könnte das "katholisch" auch als das aus dem Credo verwendet haben.

Lieber Ralf,

wenn es innerhalb des Katholizismus Variantenbögen gibt, wird das bei uns unter "westliche Denke" zusammengefasst. Ich gehe davon aus, dass das Grundgerüst - die Art des Denkens - die selbe sein wird. Und aus dieser Erde sprießt die Pflanze, deren Blätter unterschiedlich sind. Aber es ist eine Pflanze.
Dazu gehört auch - als eine Sonderart - der Protestantismus. Und ja, auch aufgrund der geographischen Begebenheiten. Das ist traditionell so, auch wenn es nicht mehr so einfach ist, dies zu behaupten (die OCA wäre auch eine Ostkirche, obwohl sie für den europäischen Katholizismus wiederum eine geographische Westkirche wäre :panisch: ).

Und nochmal kurz zum "katholisch" und "orthodox". Eine gemeinsame Grundlage ist schwer aufgrund der Denominationen an sich. Man merkt das, wenn von Katholiken die Orthodoxie in Anführungszeichen geschrieben wird (das kann aber auch nur daran liegen, dass man schlichtweg keine Ahnung ihrer richtiger Setzung hat - aber ich habe zufriedend brummend festgestellt, dass der weitaus größte Teil der werten Schreib- und Leserschaft eine sehr hohes Niveau in deutscher Grammatik hat). Der Katholik bezeichnet uns als Orthodoxe nur, weil wir uns selber so nennen, wird aber wegen unseres "Defekts" (siehste, ich kann das nicht ohne Anführungszeichen schreiben!), also solange wir dem Papst nicht folgen, nie als wahrlich orthodox bezeichen. (Gut, andere geben uns den Begriff auch ohne Anführungszeichen, weil sie - trotz richtiger grammatikalischer Anwendung Letzterer - nicht wissen, was "orthodox" bedeutet [da ich es in Anführungszeichen schrieb, bezieht sich das auf die Wortdefinition, nicht auf die Denomination selber]).
Bei uns ist es genau anders rum. Frag mal einen Otto-Normal-Orthodoxen ob er sich als katholisch bezeichnet im Sinne des Glaubensbekenntnisses. Ich wäre mal gespannt, wieviel Prozent mit "Nein" antworten würden.

Aber letztendlich gilt es auch, leichtere Probleme zu lösen. Wenn ich gefragt werde, ob ich als Grieche oder Orthodoxer Christ bin, dann schlucke ich schon schwer.
(Vielleicht sollte ich nach des Anderen Denomination fragen und nach Erhalt der Antwort fragen, ob er selber auch Christ sei. Und ihn dann in ein Gespräch über westliche und östliche Denke verwickeln, har, har.).

Ich persönlich sehe inzwischen bei der Diskussion der Kirchen nicht die Streitfragen als das grundlegenste Problem, sondern die gemeinsame Sprache - im Sinne der gleichen Denke. Und es ist noch komplizierter: sehr oft habe ich den Eindruck, dass die Ostkirche die westliche Denke (bzw. die "westliche Denke") durchaus nachvollziehen kann, sie aber nicht akzeptiert. Und dass der Westen deswegen denkt, der Osten kapiere die Denkweise nicht.

Mag sein, dass es andersrum auch so ist. Aber ich kann das nicht beurteilen.

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Joseph
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Re: Mal eine kurze Bitte

Beitrag von Joseph »

Nassos hat geschrieben:....sehr oft habe ich den Eindruck, dass die Ostkirche die westliche Denke (bzw. die "westliche Denke") durchaus nachvollziehen kann, sie aber nicht akzeptiert. Und dass der Westen deswegen denkt, der Osten kapiere die Denkweise nicht.
Genau...!
Siehe in jede x-beliebige West-Ost Diskussion hier und QED.... sie enden meistens mit beiden Seiten sich heimwärtsbewegend und über die anderen denkend, "Dumpfbacken"....

Ein großer Fortschritt könnte hier gemacht werden wenn die Westlichen hier ehrlich zugeben würden daß sie die östliche Denkweise entweder nicht verstehen, verstehen wollen oder sich nicht damit befaßt haben. Dann hätte man vielleicht Lust, von unserer Seite aus, diese in Länge und Breite erklären zu wollen.

Im umgekehrten Falle liegt es etwas anders, da die meisten Östlichen, die hier posten, im Westen aufgewachsen sind, das westliche Denkschema kulturell verarbeitet haben und in beiden Welten zu Hause sind... Daher können sie, so sie sich entsprechend ausgebildet haben, ohne weiteres den westlichen und den östlichen Denkschemen folgen und sie vergleichen und kritisieren...

Aber was träume ich da....
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Nassos
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Re: Mal eine kurze Bitte

Beitrag von Nassos »

Moment.

Ich weiß nicht, wie es in der Westkirche aussieht, da kann ich mir keine Meinung anmaßen. Dies sollte erst hinterfragt werden.

Und dann wurde hier einiges vorgeschlagen, dass zumindest diskussionswürdig ist. Der Hybrid (der Ostkirche zugehörig, im Westen geboren und aufgewachsen) kann auch eine sehr hohe Bürde sein.
Diese Erfahrung habe ich in der Nationalität: ganz grob gesagt "hier kein Deutscher und dort kein Grieche". Aber es stimmt. Im allgemeinen kennen wir dann wirlich beide Kulturen.

Aber in der Kirche bedarf es mehr. Ich denke, dass man sich viel mehr theologisch bilden muss, man unendlich viel Geduld und Gebet aufbringt, auf den Heiligen Geist vertraut. Und vor allem nicht gleich duch die Decke geht.
Und die Gefahr der Entstehung einer ökumenistischen Veranlagung ist auch nicht gering (und damit niemandem gedient). Aber vielleicht denke ich zu negativ.

Und es ist spät...
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Joseph
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Re: Mal eine kurze Bitte

Beitrag von Joseph »

Nassos hat geschrieben:Moment. Ich weiß nicht, wie es in der Westkirche aussieht, da kann ich mir keine Meinung anmaßen.
Nassos es geht nicht um "wie es in der Westkirche aussieht" sondern um Denkschemen. Der "Westen" hat die Scholastik entwickelt welche das Denken und die Denkschemen (Denkmuster) entscheidend im Westen prägt. Das Wort "Hinterfragen" ist prototypical für diese Denkweise. Es ist vollkommen unmöglich dieses "Hinterfragen" in das Orthodoxe Denken aufzunehmen um danach noch Orthodox zu bleiben.

Die Idee Gottes Mysterien in überschaubare Kathegorien (genau sieben Sakramente, warum nicht 12 oder 5) zu zerlegen um sie dem menschlichen Verstand erfaßbar zu machen ist dem östlichen Christen unbekannt, unbegreiflich und unverständlich. Dem westlichen Menschen erscheinen wir als Dumpfbacken wenn wir sagen, daß das Geheimnis der göttlichen Mysterien im Brot und Wein, der Taufe, der Krankenölung, etc. weder erklärbar noch numerisch erfassbar und wir betrachten sie als Glaubenswahrheiten ohne den Drang zu haben sie "Hinterfragen" zu müssen. Eine Diskussion "wie sie funktionieren" ist daher für uns eine müßige Spekulation....

Another dream of mine, not working out...

Joseph
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Re: Mal eine kurze Bitte

Beitrag von Nassos »

Römer, Hand aufs Herz: trifft das aus Eurer eigenen Sicht so zu?
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Raphael

Re: Mal eine kurze Bitte

Beitrag von Raphael »

Der Punkt, der in dieser Disputation noch nicht ausreichend geklärt wurde, ist der Zusammenhang zwischen Denken und Sprechen.
Nicht alles was gedacht wird, wird ausgesprochen; aber alles, was ausgesprochen wurde, wurde vorher gedacht. Dies gilt selbst dann, wann in manchen Fällen die Aussagen Einzelner unbedacht gewesen sein mögen.

Aus meiner Sicht stellt sich die "Fraktion der Orthodoxen" hier im Forum überwiegend als Hardliner dar, die - falls es diskursiv eng wird - die Apophatik-Karte ausspielt: Gott (incl. seiner Geheimnisse) ist unendlich, unfaßbar, unsagbar etc.

Dies ist einem im westlichen Denken geschulten Gläubigen deutlich zu wenig, denn man gewinnt den Eindruck, daß da etwas verheimlicht werden soll (im Sinne von als geheimnisvoll dargestellt), was durchaus noch mit der zugebenermaßen beschränkten menschlichen Denkleistung durchdrungen werden könnte, wenn man nur wollte.

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Re: Mal eine kurze Bitte

Beitrag von Joseph »

Nassos hat geschrieben:Römer, Hand aufs Herz: trifft das aus Eurer eigenen Sicht so zu?
Was stachelste denn die nun wieder an....? Tsk. Ich hab ja schon gesagt, da wir in deren Augen Dumpfbacken sind.... ;D :pfeif: Das wird nun in so vielen Worten wiedergekaut werden ohne aber auf das eigentliche Argument einzugehen... oder es verstehen zu versuchen...

Nun ich geh jetzt ins Bett und überlasse Dir den Spaß....
Gute Nacht mein lieber Bruder Dumpfbacke

Joseph
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Florianklaus
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Re: Mal eine kurze Bitte

Beitrag von Florianklaus »

Nassos hat geschrieben:Römer, Hand aufs Herz: trifft das aus Eurer eigenen Sicht so zu?

Ich bin zwar kein Römer, sondern Westfale, aber ich antworte trotzdem:

Nein, das trifft m.E. nicht zu. Der normale katholische Gläubige hat von Scholastik überhaupt keine Ahnung. IMHO muß eine unterschiedliche Betrachtungsweise der Glaubenswahrheiten kein Grund für ein Schisma sein, wenn man nur das Dogma als verbindlich anerkennt. Ich persönlich bedaure es, wenn einige Orthodoxe aus den unterschiedlichen theologischen Akzentuierungen tiefgreifende Unterschiede ableiten wollen.

Mary
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Re: Mal eine kurze Bitte

Beitrag von Mary »

taddeo hat geschrieben:
Mary hat geschrieben:Von Geographie lese ich bei beiden nichts!

Lg Maria
Das ist schon klar, man muß halt nur bei den "Richtigen" nachlesen, dann findet man auch nur das "Gewünschte".
Das, lieber Taddeo,
ist ja ein Eigentor bester Güte :klatsch:
taddeo hat geschrieben:Ich denke, Lutheraner bezog sich eher
Denk ich auch, aber wer weiss.... deshalb wollte ich es ja lieber vom Lutheraner direkt beantwortet haben.
taddeo hat geschrieben:auf das Verständnis von "katholisch", das zum Beispiel der Fremdwörterduden angibt:
Ob nun der Fremdwörterduden eine geeignete Quelle für linguistische Herkunftsstudien und ursprüngliche Bedeutungen von Wörtern ist, bezweifle ich. Der Duden tut das, was er muss: Er erklärt den heutigen Gebrauch von Fremdwörtern.
taddeo hat geschrieben:katholisch [gr.-mlat.; "das Ganze, alle betreffend; allgemein"]: ...
richtig, und ja auch vom griechischen hergeleitet.
taddeo hat geschrieben:2. allgemein, [die ganze Erde] umfassend (von der Kirche Christi); ...
ebenfalls richtig in dem Sinn, als das Wort HEUTE von der RÖMISCH-KATHOLISCHEN Kirche so verwendet wird.
Ist dir übrigens bewusst, woher das kommt?
Hehe, ich bin schon so alt, dass ich dabei war, in jenen Jahren vor langer Zeit, als die grosse Aufbruchstimmung war nach dem 2. Vatikanum, als die Vereinigung mit den Protestanten greifbar war. Als man sich gescheut hat, im Glaubensbekenntnis so offensichtlich von "Katholischer Kirche" zu reden und die Bedeutung ein wenig wegdiskutiert hat. Es sei ja garnicht die katholische Kirche gemeint, sondern das heisse ja, die allgemeine Kirche, die (welt-)umfassende Kirche...als man auch, und das ist ja heute noch vielerorts so, lieber ein Lied sang, als den Klartext zu bekennen... jaja, so war das, damals.... :D

Lg von der Ortho-Oma

PS: wie andere schon gepostet haben, scheuen wir natürlich auch das "weltumspannend" in keiner Weise... :huhu:
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Nassos
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Re: Mal eine kurze Bitte

Beitrag von Nassos »

Florianklaus hat geschrieben:Ich bin zwar kein Römer, sondern Westfale
Nimms nicht schwer. In Griechenland bin ich auch "der Deutsche", aber ich weiß, wer gemeint ist! :breitgrins:

Threadgemäß habe ich gezögert, "Katholiken" bzw. "Westler" zu sagen, ist ja noch in der Klärungsphase... :panisch:
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Ralf

Re: Mal eine kurze Bitte

Beitrag von Ralf »

Nassos hat geschrieben:Römer, Hand aufs Herz: trifft das aus Eurer eigenen Sicht so zu?
Jein. Ich behaupte nämlich (schon seit längerem imer wieder mal ...), schaut man sich die christologischen Debatten der ersten Jahrhunderte an, daß dieses Durchdenken der Theologie dem Osten durchaus vertraut ist, da die Formulierungen ja nicht vom Himmel geplumpst sind. Nur seit er hegemonial vorherrschte uns es keine größeren Häresien gab, weil sie sich auch angesichts der muslimischen oder absolutistischen Vorherrschaft nicht ausbreiten konnten, hatte er es nicht nötig (das meine ich ganz neutral), sich über das bisher Gesagte hinaus sprachlich zu bemühen. Bis zur Reformation war das auch im Westen so. Die Scholastik und Hochscholastik ist bloß ein Ergebnis der Begegnung mit der antiken Philosophie, insbesondere Aristoteles und desen "technische Anwendung" auf theologische Fragen. Man kann lupenreiner Katholik sein und Scholastik für verachtenswert halten - sie ist kein Muß, sondern ein Darf.

Also: das theologische Fragen bis ins Détail ist für den Osten nichts Neues oder gar Fremdes. Und für den Westen ist es kein Muß.

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Re: Mal eine kurze Bitte

Beitrag von Miserere Nobis Domine »

Florianklaus hat geschrieben: Nein, das trifft m.E. nicht zu. Der normale katholische Gläubige hat von Scholastik überhaupt keine Ahnung. IMHO muß eine unterschiedliche Betrachtungsweise der Glaubenswahrheiten kein Grund für ein Schisma sein, wenn man nur das Dogma als verbindlich anerkennt. Ich persönlich bedaure es, wenn einige Orthodoxe aus den unterschiedlichen theologischen Akzentuierungen tiefgreifende Unterschiede ableiten wollen.
Der Unterschied ist doch, dass die Scholastik und allgemein die "römische Theologie" davon ausgeht, dass innerste Wesen Gottes mit dem Verstand begreifen zu können. Das geht aus orthodoxer Sicht nicht. Nur was darüber offenbart ist, kann ausgesagt werden.

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Nassos
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Re: Mal eine kurze Bitte

Beitrag von Nassos »

Ralf hat geschrieben:
Nassos hat geschrieben:Römer, Hand aufs Herz: trifft das aus Eurer eigenen Sicht so zu?
Jein. Ich behaupte nämlich (schon seit längerem imer wieder mal ...), schaut man sich die christologischen Debatten der ersten Jahrhunderte an, daß dieses Durchdenken der Theologie dem Osten durchaus vertraut ist, da die Formulierungen ja nicht vom Himmel geplumpst sind. Nur seit er hegemonial vorherrschte uns es keine größeren Häresien gab, weil sie sich auch angesichts der muslimischen oder absolutistischen Vorherrschaft nicht ausbreiten konnten, hatte er es nicht nötig (das meine ich ganz neutral), sich über das bisher Gesagte hinaus sprachlich zu bemühen. Bis zur Reformation war das auch im Westen so. Die Scholastik und Hochscholastik ist bloß ein Ergebnis der Begegnung mit der antiken Philosophie, insbesondere Aristoteles und desen "technische Anwendung" auf theologische Fragen. Man kann lupenreiner Katholik sein und Scholastik für verachtenswert halten - sie ist kein Muß, sondern ein Darf.

Also: das theologische Fragen bis ins Détail ist für den Osten nichts Neues oder gar Fremdes. Und für den Westen ist es kein Muß.
Miserere Nobis Domine hat geschrieben:Der Unterschied ist doch, dass die Scholastik und allgemein die "römische Theologie" davon ausgeht, dass innerste Wesen Gottes mit dem Verstand begreifen zu können. Das geht aus orthodoxer Sicht nicht. Nur was darüber offenbart ist, kann ausgesagt werden.
Ich versuche mal zusammenzufassen (ich werde die o.g. quotes auch vermischen).
Die Scholastik ist eine Notwendigkeit zur Bekämpfung der Häresien (warum eigentlich? Um argumentieren zu können? <= ebenso neutral gemeint!). Sie ist ein Darf aber kein Muss.
Die Scholastik versucht das innerste Wesen Gottes mit dem Verstand zu begreifen. Die Ostkirche hatte das "Glück" nicht in die Situation zu geraten, sich der Scholastik annehmen zu müssen.


Aber ab wann wird die Scholastik als Mittel zum Zweck in der Ostkirche abgelehnt? Kann es sein, dass man neben dem Muss und Darf auch eine Eigengefahr in ihr sah (aus orthodoxer Sicht möchte ich zum besseren Verständnis dieser Frage das Filioque erwähnen - wenn ich es richtig verstanden habe, dann ist es eine scholastische Anwendung zur Bekämpfung von Heräsie(n)).

Gibt es Beispiele von westlichen (von mir aus auch westfälischen ;) ) Theologen/Kirchenvätern, die eben NICHT die Scholastik anwenden wollten?

Gibt es ostkirchliche Scholastiker?

In dieser Hinsicht offentsichtlich unbedarfter
Nassos

P.S.. Ich hatte mir überlegt, ob ich mit meinen Fragen noch auf weitere Rückmeldungen bezüglich des römisch-katholischen Eigenbildes warte. Aber mir erschien die Gelegenheit recht gut, um eine gewisse Kontinuität in der Fragestellung zu wahren, ohne das hier jetzt als "meinen Strang" erobern zu wollen. Ich finde die Thematik essentiel.
Eine zu schnelle Klassifizierung möchte ich (vor allem als Unbedarfter) nicht. Es kann sein, dass wir uns hier im Kreise drehen werden, um da zu landen, was am Anfang gesagt wurde. Aber ich finde trotzdem, dass es sich lohnt (die typisch naive Einstellung eben). - Danke für das Verständnis an dieser Stelle.
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holzi
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Re: Mal eine kurze Bitte

Beitrag von holzi »

Zur Rezeption des Vorzeigescholastikers Thomas von Aquino in Byzanz: http://www.myriobiblos.gr/texts/german/ ... homas.html

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