Lutheraner hat geschrieben:Hallo Anselmus,
Anselmus hat geschrieben:Irgendwie finde ich dieses Bild logischer als das Bild Gottes, der am Ende aller Tage sagt: "Ne... du warst im Swinger-Club einmal... du kommst hier net rein"...
Gott ist allmächtig und er ist der HErr. Daher stellt ER die Regeln auf und ER wird uns richten. Im Arbeitsleben ist es auch nicht anders: Der Chef stellt die Regeln auf (z.B. in Form von Arbeitsanweisungen) und wer sich nicht daran hält wird vom Chef bestraft (z.B. mit einer Abmahnung). Unser ganzes Rechtssystem funktioniert auch so.
Das Orthodoxe Verständnis wirkt auf mich völlig vom Handeln Gottes gelöst. Alles hängt angeblich entscheidend von uns ab. Wenn wir sündigen, dann werden wir durch die Umstände der Welt in der wir leben bestraft (bestrafen wir uns selbst). Es gibt auch angeblich keine Hölle, sondern dem Sündiger wird die Nähe Gottes zur Hölle. Das passt alles zusammen, klingt für mich aber erstaunlich fernöstlich. Ich kenne einen Esoteriker, der sich damit sehr gut anfreunden könnte. Seine Ansichten sind in vielen Punkten sehr ähnlich. Daher werfe ich den Orthodoxen auch eine Selbsterlösungslehre vor. Das ist nicht als Polemik gemeint. So wie man bei manchen fernöstlichen Lehren durch sein Leben, Denken und Handeln eine Stufe höher steigen kann, mit dem Ziel das endgültige Nirwana zu erreichen, geht es bei ihnen darum, eine Haltung zu gewinnen, mit der nach dem Tod die Nähe Gottes als Himmel und nicht als Hölle empfunden wird.
Ich gebe dir recht, dass das auf den ersten Blick etwas so wirkt, als würde Gott aus dem ganzen Heilsgeschehen entfernt werden. Dem möchte ich allerdings zwei Punkte entgegenstellen:
a) So weit ich mich mit fernöstlichen "Religionen" auskenne, geht es bei ihnen mehr um Selbstauflösung. Gerade der Buddhismus ist ja nicht theozentrisch, da es ja dort auch keinen Gott gibt. Somit ist klar, dass es sich hier eben nur um den Menschen drehen kann, der irgendwelche in der Luft hängenden Ideale anstrebt, die aber letztendlich auch nur menschengemacht sind.
Das Christentum ist hier aber radikal anders. Denn hier ist der letzte Maßstab Gott. Auch wenn Gott nicht aktiv ablehnend und strafend auftritt, heißt das nicht, dass er daran nicht beteiligt wäre. Das versuchte ich bereits in meinem letzten Post deutlich zu machen.
Gott ist unveränderlich und tritt jedem Menschen gleich gegenüber, nämlich mit der Liebe eines Vaters, mit der Liebe des Schöpfers. Wenn wir nun wirklich ein Sündenverständnis annehmen würden, bei dem Gott denjenigen der sündigt, bestraft, würden wir dann, mit unserer Handlung nicht Gott "verändern", wenn sich seine Haltung uns gegenüber so radikal ändern würde? Wenn ich jetzt in den Swinger Club gehe, werde ich bestraft, ansonsten nicht? Meine Handlung entscheidet also darüber, ob Gott mich bestraft oder nicht? Das kommt mir ehrlich gesagt, im Blicke auf die Unveränderlichkeit Gottes reichlich komisch vor. Doch die Menschen sind höchstveränderlich. Dadurch hat das Bild von Strafe, indem die Strafe in der unterschiedlichen Empfindung der Nähe Gottes, des Ewigen und Unveränderlichen, besteht, kein Problem mit der Unveränderlichkeit Gottes.
b) Dass der Mensch überhaupt erlöst werden kann, ist nur durch das Opfer Jesu Christi möglich, da er "durch den Tod [...] den Tod zertreten und denen in den Gräbern das Leben geschenkt [hat]", wie Monergist bereits einmal zitierte. Es ist also unmöglich, wenn man genau hinschaut, Gott nur als passiv im Heilsgeschehen oder gar nicht im Heilsgeschehen vorhanden zu beschreiben, wie du es mir vorwarfst.
Da ich selbst nicht orthodox bin, bitte ich die Orthodoxen, mir zu verzeihen, falls das doch nicht so ganz in die richtige Richtung geht, was ich schrieb.