Trennung zwischen Ost und West: das Filioque

Ostkirchliche Themen.
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Nietenolaf
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Re: Trennung zwischen Ost und West: das Filioque

Beitrag von Nietenolaf »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:Augustins „Psychologismen“ sind, wenn ich das mal einflechten darf, ausdrücklich
keine Erklärungsversuche auf ontologischer Ebene, schon gar nicht mit dogmatischem
Anspruch, sondern vom Autor selbst als unzureichend empfundene Analogien, von
denen er gleichwohl eine Art begrenzter Verständnishilfe eben per analogiam erhoffte.
Ich weiß, ich weiß. Davon zeugt allein der Schlußsatz in "De Trinitate".

overkott hat geschrieben:Das Band der Liebe ist eine personale und keine sachliche Äußerung. Beziehungen zwischen Sachen bezeichnen wir gewöhnlich nicht als Liebe. Andererseits können selbst Sachen in unserer Sprache als handelndes Subjekt eines Satzes Personalcharakter annehmen.

Ok, halten wir fest: der Hl. Geist ist für Dich eine "Äußerung", die "personale Äußerung" einer Beziehung, welche den Personalcharakter eigentlich erst durch unsere Sprache bekommt.
Neugierige Frage: besteht, trinitätstheologisch gesehen, zwischen dem Vater und dem Geist eine ähnliche Liebesbeziehung wie zwischen Vater und Sohn? Wenn ja, hat die dann, als eine Beziehung zwischen höchsten göttlichen Personen, auch "Personalcharakter"? Wenn nein, wodurch ist sie minderwertiger als die Beziehung zwischen Vater und Sohn? Etwa dadurch, dass der Hl. Geist ja schon nur eine "Beziehung mit Personalcharakter" sei?
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Robert Ketelhohn
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Re: Trennung zwischen Ost und West: das Filioque

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Nietenolaf hat geschrieben:Neugierige Frage: Besteht, trinitätstheologisch gesehen, zwischen dem Vater und dem Geist eine ähnliche Liebesbeziehung wie zwischen Vater und Sohn? Wenn ja, hat die dann, als eine Beziehung zwischen höchsten göttlichen Personen, auch "Personalcharakter"? Wenn nein, wodurch ist sie minderwertiger als die Beziehung zwischen Vater und Sohn?
Ein scharfsinniges und höchst wichtiges Argument. Stünde jedem unsrer hervorragendsten Scholastiker wohl an. ;D
Robert Ketelhohn hat geschrieben:Ferner besteht bei dieser Zwischenstellung des Geistes als eines kommunikativen Movens zwischen Vater und Sohn die Gefahr, den Geist auf eine niedere Ebene zu drücken und zu entpersonalisieren. Das ist nicht notwendig und spricht auch nicht gegen eine Beschreibung des Geistes als innertrinitarischer Liebe, aber der Gefahr müssen wir uns bewußt bleiben.
Das muß ich angesichts deines Arguments noch einmal durchdenken. Möglicherweise ist die Gefahr, welche ich da andeutete, nicht bloß gegeben, sondern unausweichlich. Zumindest wenn man das Bild nicht Bild sein läßt, sondern es ontologisch meint. Möglicherweise.
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Ralf

Re: Trennung zwischen Ost und West: das Filioque

Beitrag von Ralf »

Nietenolaf hat geschrieben:Neugierige Frage: besteht, trinitätstheologisch gesehen, zwischen dem Vater und dem Geist eine ähnliche Liebesbeziehung wie zwischen Vater und Sohn? Wenn ja, hat die dann, als eine Beziehung zwischen höchsten göttlichen Personen, auch "Personalcharakter"? Wenn nein, wodurch ist sie minderwertiger als die Beziehung zwischen Vater und Sohn? Etwa dadurch, dass der Hl. Geist ja schon nur eine "Beziehung mit Personalcharakter" sei?
Genau wegen dieser Fragen mag ich die Darstellung nicht (und ich kenne die nunmal von Augustinus), die den Hl. Geist als Liebesbündnis zwischen Vater und Sohn "personal" entstehen läßt. Denn Du hast natürlich hier den Nagel auf den Kopf getroffen.

Doch diese Fehldarstellung beginnt eben dann, wenn man das augustinische Bild als Erklärung favorisiert ("ach so ist das").

Das Bild ist schief, nicht das filioque.

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overkott
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Re: Trennung zwischen Ost und West: das Filioque

Beitrag von overkott »

Nietenolaf hat geschrieben:
Robert Ketelhohn hat geschrieben:Augustins „Psychologismen“ sind, wenn ich das mal einflechten darf, ausdrücklich
keine Erklärungsversuche auf ontologischer Ebene, schon gar nicht mit dogmatischem
Anspruch, sondern vom Autor selbst als unzureichend empfundene Analogien, von
denen er gleichwohl eine Art begrenzter Verständnishilfe eben per analogiam erhoffte.
Ich weiß, ich weiß. Davon zeugt allein der Schlußsatz in "De Trinitate".

overkott hat geschrieben:Das Band der Liebe ist eine personale und keine sachliche Äußerung. Beziehungen zwischen Sachen bezeichnen wir gewöhnlich nicht als Liebe. Andererseits können selbst Sachen in unserer Sprache als handelndes Subjekt eines Satzes Personalcharakter annehmen.

Ok, halten wir fest: der Hl. Geist ist für Dich eine "Äußerung", die "personale Äußerung" einer Beziehung, welche den Personalcharakter eigentlich erst durch unsere Sprache bekommt.
Neugierige Frage: besteht, trinitätstheologisch gesehen, zwischen dem Vater und dem Geist eine ähnliche Liebesbeziehung wie zwischen Vater und Sohn? Wenn ja, hat die dann, als eine Beziehung zwischen höchsten göttlichen Personen, auch "Personalcharakter"? Wenn nein, wodurch ist sie minderwertiger als die Beziehung zwischen Vater und Sohn? Etwa dadurch, dass der Hl. Geist ja schon nur eine "Beziehung mit Personalcharakter" sei?
Halten wir fest: Theologie vollzieht sich in Sprache. Im Lauf der Zeit wurde Gott mit Begriffen begriffen, die unterschiedlichen Sprachen angehörten und auch nicht unbedingt der Mariensprache Jesu entstammten. Insbesondere der Apostel Paulus trug viel dazu bei, die christliche Theologie in die Welt des Hellenismus zu verbreiten. Ihm ging es dabei weniger um Begriffe als vielmehr um den Aufbau der Gemeinde, des mystischen Leibes Christi und das Wehen des Hl. Geistes. Sprachtheologisch von besonderer Bedeutung ist sein erster Brief an die Korinther. Darin schrieb er: "Es gibt wer weiß wie viele Sprachen in der Welt, und nichts ist ohne Sprache. Wenn ich nun den Sinn der Laute nicht kenne, bin ich für den Sprecher ein Fremder, wie der Sprecher für mich. So ist es auch mit euch. Da ihr nach Geistesgaben strebt, gebt euch Mühe, dass ihr damit vor allem zum Aufbau der Gemeinde beitragt." (1Kor 14,10-12) Das gilt auch für die Trinitätstheologie. Sie zu erschließen und zu durchdenken ist von hohem historischem Wert und überall dort wichtig, wo Christus im Mittelpunkt der Meditation steht. Die Trinitätstheologie wurde gerade von der griechischen Sprache bereichert, deren Begriffe uns heute Fremdworte sind und ein Übersetzungsproblem darstellen. Der Schrift entnehmen wir, dass Gott Geist ist, dass er dem Wesen nach Liebe ist und das all seine Seins-, Äußerungs- und Erscheinungsformen wesensgleich sind. Es ist richtig, den Hl. Geist als Person zu denken, weil sich die Schrift dieser Allegorie bedient hat. Es gibt daher keinen Grund, dies als nicht schriftgemäß abzulehnen. Es ist richtig zu sagen, dass der Vater die Liebe liebte und der Sohn ebenfalls. Das entspricht ihrem Wesen, wie es sich im Gebot der Liebe offenbart. Schwerer vorzustellen ist allerdings, dass die Liebe den Vater und den Sohn liebt. Deshalb halten wir es nicht für sinnvoll zu sagen, dass der Geist aus dem Vater, aus dem Sohn und aus sich selbst hervorgeht, auch weil dies als Eigenliebe falsch verstanden werden könnte.

Paul Heliosch
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Re: Trennung zwischen Ost und West: das Filioque

Beitrag von Paul Heliosch »

overkott hat geschrieben:... Es ist richtig, den Hl. Geist als Person zu denken, weil sich die Schrift dieser Allegorie bedient hat. ...
Eine Person ist keine Allegorie.

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Nietenolaf
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Re: Trennung zwischen Ost und West: das Filioque

Beitrag von Nietenolaf »

Ralf hat geschrieben:Das Bild ist schief, nicht das filioque.
Doch, das "Filioque" ist schief, ich habe es Dir oben ja noch einmal mit einem Verweis auf einen älteren Beitrag in diesem Strang angeführt. Die Argumentation gegen das "Filioque" richtet sich nicht gegen die psychologische Veranschaulichung des Augustinus. Das Filioque ist in erster Linie schief, weil es die Monarchie des Vaters zerstört. Damit gerät letztlich selbst die Lehre von dem Einen Gott ins Wanken. Die Herabwürdigung der Hypostasis des Hl. Geistes wird von der umstrittenen Allegorie des Augustinus nur aufgegriffen, sie besteht schon durch das "Filioque" an sich:

Bild
Sicherlich krankt eine Darstellung dieser höheren Dinge an vielen Ecken. Wenn wir uns jedoch auf die innertrinitarischen Beziehungen beschränken, die wir betrachten (geboren werden, ausgehen), dann ist diese Darstellung zur Verdeutlichung zulässig. Ihr könnt ja mal ein paar simple Abzählereien machen und vergleichen, wer in diesen Darstellungen wofür Ursache ist und wie sich das im Verhältnis zu den anderen Hypostasen darstellt, usw.[/color]
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overkott
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Re: Trennung zwischen Ost und West: das Filioque

Beitrag von overkott »

Wir könnten hier einmal eine philosophische Betrachtung zur Darstellung paradoxer Beziehungen unter besonderer Berücksichtigung der Trinitätstheologie einschalten.

Prinzipiell handelt es sich um den einen Gott. Gott schematisch darzustellen, ist in dieser Hinsicht einfach.

Erst schöpfungs-, geschichts- und offenbarungstheologisch differenziert sich das Gottesbild dreifaltig. Schematisch können wir uns dies als drei Kreise vorstellen, die übereinander liegen wie Scheiben. Eindimensional erkennen wir nur eine Scheibe, zweidimensional könnten wir schematisch die Scheiben geschichtstheologisch auf der Zeitachse auseinanderziehen, dreidimensional erkennen wir offenbarungstheologisch in der Fülle des Erkenntnisraumes, dass es sich schematisch um eine Einheit in drei Schichten handelt.

Die schematische Darstellung des filioque nach Nietenolaf erweist sich nicht als schriftgemäß: Denn aus dem Vater geht durch den Heiligen Geist der Sohn hervor, der im Heiligen Geist den Vater bezeugt und mit ihm eins ist.

Das wird Weihnachten, Ostern und Pfingsten besonders deutlich.

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Robert Ketelhohn
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Re: Trennung zwischen Ost und West: das Filioque

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Overkott hat geschrieben:Wir könnten hier einmal eine philosophische Betrachtung zur
Darstellung paradoxer Beziehungen unter besonderer Berück-
sichtigung der Trinitätstheologie einschalten.

Prinzipiell handelt es sich um den einen Gott. Gott schematisch
darzustellen, ist in dieser Hinsicht einfach.

Erst schöpfungs-, geschichts- und offenbarungstheologisch
differenziert sich das Gottesbild dreifaltig. Schematisch kön-
nen wir uns dies als drei Kreise vorstellen, die übereinander
liegen wie Scheiben. Eindimensional erkennen wir nur eine
Scheibe, zweidimensional könnten wir schematisch die Schei-
ben geschichtstheologisch auf der Zeitachse auseinanderzie-
hen, dreidimensional erkennen wir offenbarungstheologisch
in der Fülle des Erkenntnisraumes, dass es sich schematisch
um eine Einheit in drei Schichten handelt.

Die schematische Darstellung des filioque nach Nietenolaf er-
weist sich nicht als schriftgemäß: Denn aus dem Vater geht
durch den Heiligen Geist der Sohn hervor, der im Heiligen
Geist den Vater bezeugt und mit ihm eins ist.

Das wird Weihnachten, Ostern und Pfingsten besonders
deutlich.
Nee, Overkott, du unterscheidest wiederum nicht ontische („immanent“
will ich hier nicht sagen) und ökonomische Trinität. Natürlich beginnen
wir Gott als dreifaltigen erst aufgrund der Offenbarung, also gewisserma-
ßen „ökonomisch“ zu erfassen. Aber teilt sich uns dabei tatsächlich jede
Hypostase mit? So wie Joseph Smith meinte, Gott Vater und Sohn im
Walde wandelnd zu sehen, nachdem ihm die goldenen Tafeln aufs Dach
gefallen waren und mit dem Haupte wohl auch den Verstand erschüttert
hatten?

Von den „ökonomisch“ uns mitgeteilten Spuren der Trinität schreiten wir
fort – kraft der uns als Gottes Ebenbildern eigenen Vernunft –, Ahnungen
von Gottes dreifaltigem Wesen zu erhaschen.

Das ist ein heikles Ding. Denn wir übersteigen unser eignes Maß gewaltig
und gelangen doch nicht entfernt an die Wirklichkeit heran. Was in die-
ser Hinsicht dennoch unbedingt nötig war, das hat das Constantinopolita-
num definiert.

Nietenolaf hat geschrieben:Sicherlich krankt eine Darstellung dieser höheren Dinge an vie-
len Ecken. Wenn wir uns jedoch auf die innertrinitarischen Bezie-
hungen beschränken, die wir betrachten (geboren werden, ausge-
hen), dann ist diese Darstellung zur Verdeutlichung zulässig. Ihr
könnt ja mal ein paar simple Abzählereien machen und verglei-
chen, wer in diesen Darstellungen wofür Ursache ist und wie sich
das im Verhältnis zu den anderen Hypostasen darstellt, usw.
Wie eben gesagt: Was in dieser Hinsicht dennoch unbedingt nötig war, das
hat das Constantinopolitanum definiert.

Mehr nicht. Das heißt nicht, daß mehr nicht gesagt werden kann. Jedes
„Mehr“ muß sich freilich an dieser Definition von Constantinopel messen
lassen. Das ist das eine. Das andre: Was über die Constantinopolitaner De-
finition hinausgeht, ohne ihr zu widersprechen, kann zunächst nur als
theologische Meinung gelten, solange es nicht von einer gleichrangigen
Autorität der Kirche beschlossen und damit auf denselben Gewißheitsrang
erhoben wurde.

Einer solchen theologischen Meinung darf man freilich auch widerspre-
chen, womit man sich grundsätzlich auf derselben Ebene theologischer
Meinungsäußerung bewegt.

Nun kann es natürlich sein, daß manche Theologenmeinung von vornher-
ein und offensichtlich der Constantinopolitaner Definition widerspricht.
Dann ist es Sache des ordentlichen Lehramts, dies klarzustellen und eine
solche falsche Meinung als Irrlehre zu verurteilen.

Ist nun aber das ordentliche Lehramt der Bischöfe diesbezüglich uneins,
haben wir das nächste Problem. Entweder ist eine der beiden Meinungen
häretisch (oder sogar beide), oder die Kirche erkennt in der Frage ihr Nicht-
wissen, läßt beide Meinungen zu und verurteilt nur die Auszeichnung der
jeweils andern Meinung als Häresie. Kommt es zu keiner Einigung darüber,
muß eine dem Constantinopolitanum gleichrangige Instanz entscheiden,
oder die Kirche läuft in ein Schisma hinein. Wer das Schisma vermeiden
will, sollte bis zu einer solchen Entscheidung das Nichtwissen annehmen
und beiden Meinungen Freiheit gewähren, unter der Voraussetzung, daß
auch die Freiheit der Gegenmeinung anerkannt wird.

Aber zurück zum Inhaltlichen. Weshalb darf ich sagen, daß über die Con-
stantinopolitaner Definition hinaus ein „Mehr“ an Begreifen möglich ist?
Ganz einfach: weil wir weiterfragen können. So geht obige Graphik vom
Verursachten aus, nicht vom Verursacher. Weshalb etwa nennen wir den
Vater „Vater“? Warum nicht „Hervorbringer“ oder „Haucher“? – Die von
uns verwendete Bezeichnung geht von der Beziehung zwischen Vater und
Sohn aus und läßt den Geist außen vor. Wird damit der Geist nicht unzu-
lässig marginalisiert?

Natürlich kann man darauf antworten. Unser Begreifen und unsere Spra-
che sind unzureichend. Wir können nicht die ganze Wirklichkeit Gottes in
einem Begriff erfassen. Das bedeutet aber – und das ist hier der Punkt –,
daß es generell möglich sein muß, andere Perspektiven zu wählen und so-
wohl das einmal Definierte anders als auch neu Erkanntes neu zu beschrei-
ben.

Ebenso können wir fragen, ob denn die innertrinitarischen Beziehungen auf
das Prinzip von Ursache und Verursachtem beschränkt sein können. Wenn
nicht, welche weiteren Beziehungen gibt es?

Aber auch hinsichtlich der Verursachung ist nicht alles abschließend klar.
Denn wenn wir uns die Verursachungen – weil wir von Gott reden – in
keiner chronologischen Abfolge vorstellen dürfen, können wir auch fragen,
was denn die Rolle des Geistes bei der Zeugung des Sohnes sei, und umge-
kehrt: was die Rolle des Sohnes beim Hervorgang des Geistes.

Die Definition von Constantinopel läßt also Fragen offen. Wie diese beant-
wortet werden können, ist umstritten. Ja, es scheint teils gar fraglich zu sein,
ob man Antworten geben darf. Jedenfalls ist auch strittig, welchen Rang sol-
che Antworten haben oder überhaupt haben können.

Ich plaidiere in dieser Sache für die Freiheit theologischer Meinungen ohne
Verketzerung der Gegenmeinung.
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Robert Ketelhohn
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Re: Trennung zwischen Ost und West: das Filioque

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Ich kann dich im Zerrspiegel betrachten und kraft meiner Vernunft von daher
auf deine tatsächliche Gestalt rückschließen. – Ich könnte auch noch an das
„Höhlengleichnis“ erinnern.

Nun ist das Verhältnis von ontischer und ökonomischer Trinität nicht einfach
dasjenige von Urbild und Abbild. Für den Erkenntnisvorgang spielt der Unter-
schied zur Zerrspiegelgeschichte aber keine wesentliche Rolle. Ich hoffe, das
erkennst nun auch du, mi fili.
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Raphael

Re: Trennung zwischen Ost und West: das Filioque

Beitrag von Raphael »

Als modernistischer Theologe wird unser aller Freund overkott dies nicht verstehen (wollen)!
Er stört sich schon an der althergebrachten Begrifflichkeit und wirft lieber die Begriffe »Offenbarung« und »Aufklärung« durcheinander anstatt saubere Theologie zu betreiben.
Damit macht man sich zwar bei den neuzeitlichen Philosophen beliebt, verdunkelt jedoch die Frohe Botschaft der Christenheit.

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overkott
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Re: Trennung zwischen Ost und West: das Filioque

Beitrag von overkott »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:Ich kann dich im Zerrspiegel betrachten und kraft meiner Vernunft von daher
auf deine tatsächliche Gestalt rückschließen. – Ich könnte auch noch an das
„Höhlengleichnis“ erinnern.

Nun ist das Verhältnis von ontischer und ökonomischer Trinität nicht einfach
dasjenige von Urbild und Abbild. Für den Erkenntnisvorgang spielt der Unter-
schied zur Zerrspiegelgeschichte aber keine wesentliche Rolle. Ich hoffe, das
erkennst nun auch du, mi fili.
Wer Christus hört und handeln sieht, erkennt die Trinität, in der sich Gott als die Liebe offenbart.

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Teutonius
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Re: Trennung zwischen Ost und West: das Filioque

Beitrag von Teutonius »

Was ist so unglaublich am filioque?
Gott ist Einer, eine Seiner drei Erscheinungsformen ist Sein Geist.
Sein Geist kommt natürlich von Ihm, dem Dreieinigen Gott.
Und da gehört Jesus nun mal mit dazu.
Also kann der Heilige Geist gar nicht nur vom Vater her kommen!?
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Christ86
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Re: Trennung zwischen Ost und West: das Filioque

Beitrag von Christ86 »

Teutonius hat geschrieben:Was ist so unglaublich am filioque?
Gott ist Einer, eine Seiner drei Erscheinungsformen ist Sein Geist.
Sein Geist kommt natürlich von Ihm, dem Dreieinigen Gott.
Und da gehört Jesus nun mal mit dazu.
Also kann der Heilige Geist gar nicht nur vom Vater her kommen!?
Das Problem ist, dass das Filioque widerrechtlich eingefügt wurde und dass das Konzil von Konstantinopel bei einer ungerechtfertigten Änderung des Glaubensbekenntnisses (das heisst eine Präzision ausserhalb eines ökumenischen Konzils) das Anathema vorgesehen hat.
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Nassos
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Re: Trennung zwischen Ost und West: das Filioque

Beitrag von Nassos »

Zunächst wäre da die einfache Tatsache, dass dem Credo nichts hinzugefügt, abgezogen oder verändert werden darf, auch wenn es seine Aussage anscheinend klarer machen würde. Das kommt nicht von mir, sondern von den Kirchenvätern. Dies ist die dogmatische Ansicht.
Anscheinend ging es darum, sich von Herätikern abzugrenzen, um den Sohn nicht als weniger als den Vater darzustellen. Das ist aber in "wesensgleich" ausgedrückt.

In einem späteren Konzil wurde das Nizäische Credo bestätigt, unter anderem auch von Bischof Roms. Ob da eine weltliche Hand mitgeholfen hat, weiß ich nicht.

Der Vater ist der Ursprung (im Katholizismus auch der Sohn), aus dem der Sohn gezeugt ist (ek tou Patros genithenta). Wir sehen also nur die eine Hypostase - Gottvater - als Ursprung, gemäß des Credos. Dadurch dass der Sohn omoousios ist (wesengleich) wird er dadurch nicht vermindert, wie man aus der Aussage zum Ursprung annehmen könnte.
Andersrum gefragt: wenn der Sohn vom Vater gezeugt ist, kann der Sohn denn sich selber zeugen, wenn er auch Ursprung ist?

Der Heilige Geist ist vom Vater ausgesandt, aber nicht vom Sohn. Leider kann ich hier theologisch nichts weitersagen, da ich mich in dieser Materie nicht besonders tief auskenne. Das hat wiederum was mit der Herabsetzung der Bedeutung des Hl. Geistes zu tun haben (wenn er auch vom Sohn ausgesandt würde, der selber vom Ursprung gezeugt ist), aber ich möchte um Gottes Willen hier auch nichts falsches erzählen (wie die Orthodoxie das sieht).

Vielleicht kann ein Checker hier vervollständigen bzw. weiterführen.
Aber abgesehen davon ist es schon eine faszinierene Sache. Ich denke bei diesem Thema auch immer an

In pricipio erat Verbum
et Verbum erat apud Deum
et Deus erat Verbum

Was für eine mächtige [Punkt]

Ich hoffe aber, ich konnte etwas zum Nachdenken anregen. Sicher lohnt sich hier auch mal entsprechende Literatur zu lesen.

Nassos
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Linus
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Re: Trennung zwischen Ost und West: das Filioque

Beitrag von Linus »

Teutonius hat geschrieben:Was ist so unglaublich am filioque?
Der Vater sendet aufgrund der Bitte des Sohnes den Geist, es ist mit dem Filioque so, daß des Vaters monarchische Stellung innert der Trinität falsch betont wird. (Der Sohn ist der aus dem Vater Geborene, der Geist aus dem Vater Hervorgegangene vom Vater selbst wissen wir daß Er keine "Hervorbringungsweise" hat. Gott selbst ist ungeschaffen.
Gott ist Einer, eine Seiner drei Erscheinungsformen ist Sein Geist.
Nein. Nicht Erscheinungsform. Gott ist nicht Zeus der mal als Mensch mal als Stier erscheint. Gott ist eins - in drei Personen.
Sein Geist kommt natürlich von Ihm, dem Dreieinigen Gott.
Hä? nicht von ihm, sondern der Geist ist selbst ist Gott. Nicht irgendwie eine "untergeordnete (geschaffene) Kraft Gottes
Und da gehört Jesus nun mal mit dazu.
Klar. wie der Geist auch - aber in einer sich aufeinander beziehenden Hierarchie
Also kann der Heilige Geist gar nicht nur vom Vater her kommen!?
Doch.
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Re: Trennung zwischen Ost und West: das Filioque

Beitrag von Nietenolaf »

Linus hat geschrieben:Der Vater sendet aufgrund der Bitte des Sohnes den Geist, es ist mit dem Filioque so, daß des Vaters monarchische Stellung innert der Trinität falsch betont wird.
Danke, Linus. Ich dachte, die Verwechslung zwischen "immanent" und "ökonomisch" ist etwas, das nicht mehr vorkommt. Wobei beim guten Teutonius da noch ein paar andere Dinge durcheinanderzugehen scheinen als nur dieses. Das "Filioque" hat an der Stelle, an der es im Glaubensbekenntnis steht, offenbar den Stellenwert einer Aussage bezüglich der "immanenten" Dreifaltigkeit. Deswegen stellt es faktisch eine Zerstörung der Monarchie des Vaters dar, was sich zur Zerstörung der Lehre von dem Einen Gott perpetuieren läßt. Mit "Filioque" kann man z.B. nicht stichhaltig begründen, warum Gott Einer ist, und nicht mehrere.
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Christ86
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Re: Trennung zwischen Ost und West: das Filioque

Beitrag von Christ86 »

Ich finde die Grafiken sehr treffend. Ausserdem ist das Bekenntnis ohne das Filioque das authentische. Mit dem Filioque wird durchaus eine falsche Hierarchie geschaffen.
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Nassos
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Re: Trennung zwischen Ost und West: das Filioque

Beitrag von Nassos »

Alles schön und gut, aber was ist mit der Aussage der Kirchenväter bezüglich Änderungen etc.?
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Nassos
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Re: Trennung zwischen Ost und West: das Filioque

Beitrag von Nassos »

Christ86 hat geschrieben:Mit dem Filioque wird durchaus eine falsche Hierarchie geschaffen.
Lieber Christ86,

kannst Du das näher erläutern?

Danke,
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Christ86
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Re: Trennung zwischen Ost und West: das Filioque

Beitrag von Christ86 »

Nassos hat geschrieben:Alles schön und gut, aber was ist mit der Aussage der Kirchenväter bezüglich Änderungen etc.?
Eben. Eine Änderung ist unzulässig, es sei denn eine Präzision, die ein weiteres ökumenisches Konzil vornehmen würde. Man kann nicht einfach hingehen und das Glaubensbekenntnis ändern, das wird mit dem Anathema geahndet (Aussage der Konzilien.).
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Christ86
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Re: Trennung zwischen Ost und West: das Filioque

Beitrag von Christ86 »

Nassos hat geschrieben:
Christ86 hat geschrieben:Mit dem Filioque wird durchaus eine falsche Hierarchie geschaffen.
Lieber Christ86,

kannst Du das näher erläutern?

Danke,
Nassos
Wenn man erklärt, der Hl. Geist gehe aus dem Vater und dem Sohne aus, dann bedeutet dies, dass er nach dem Sohn kommt. Dies ist aber nicht korrekt, der Sohn wurde gezeugt vom Vater und der Hl. Geist geht aus dem Vater aus. Wenn man erklärt, dass der Hl. Geist aus beiden ausgehe, dann würde eine Hierarchie entstehen.
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Re: Trennung zwischen Ost und West: das Filioque

Beitrag von overkott »

Ich möchte an dieser Stelle die "kappadozische" Skizze nicht kommentieren. Die "filoque"-Skizze erscheint jedenfalls nicht richtig. Denn der Heilige Geist geht nicht beziehungslos aus dem Vater und dem Sohn hervor, sondern stellt die Beziehung zwischen beiden dar: Der Vater bringt im Heiligen Geist den Sohn hervor, der im Heiligen Geist mit dem Vater eins ist. So jedenfalls legt es das Johannes-Evangelium nahe.

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Christ86
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Re: Trennung zwischen Ost und West: das Filioque

Beitrag von Christ86 »

overkott hat geschrieben:Ich möchte an dieser Stelle die "kappadozische" Skizze nicht kommentieren. Die "filoque"-Skizze erscheint jedenfalls nicht richtig. Denn der Heilige Geist geht nicht beziehungslos aus dem Vater und dem Sohn hervor, sondern stellt die Beziehung zwischen beiden dar: Der Vater bringt im Heiligen Geist den Sohn hervor, der im Heiligen Geist mit dem Vater eins ist. So jedenfalls legt es das Johannes-Evangelium nahe.
Es geht darum, dass wenn man sagt, der Hl. Geist gehe aus dem Vater und dem Sohne aus, dann setzt das voraus, dass der Vater und der Sohn bereits vor dem Hl. Geist existiert hätten, was aber nicht so ist.
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Nassos
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Re: Trennung zwischen Ost und West: das Filioque

Beitrag von Nassos »

Christ86 hat geschrieben:Es geht darum, dass wenn man sagt, der Hl. Geist gehe aus dem Vater und dem Sohne aus, dann setzt das voraus, dass der Vater und der Sohn bereits vor dem Hl. Geist existiert hätten, was aber nicht so ist.
Dann würde dies bestätigen, dass der Vater der Ursprung ist. Habe ich Dich so richtig verstanden?

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Re: Trennung zwischen Ost und West: das Filioque

Beitrag von Christ86 »

Nassos hat geschrieben:
Christ86 hat geschrieben:Es geht darum, dass wenn man sagt, der Hl. Geist gehe aus dem Vater und dem Sohne aus, dann setzt das voraus, dass der Vater und der Sohn bereits vor dem Hl. Geist existiert hätten, was aber nicht so ist.
Dann würde dies bestätigen, dass der Vater der Ursprung ist. Habe ich Dich so richtig verstanden?

Nassos
Nach orthodoxer und altkatholischer Lehre ist der Vater Ursprung aller Dinge, es gibt nur eine Quelle für Göttlichkeit, nicht zwei.
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Re: Trennung zwischen Ost und West: das Filioque

Beitrag von Nassos »

Christ86 hat geschrieben:Wenn man erklärt, der Hl. Geist gehe aus dem Vater und dem Sohne aus, dann bedeutet dies, dass er nach dem Sohn kommt.
Warum? Ich denke, hier muss mal "ausgehen von" mal genau erklärt werden. Ich halte das für essentiell wichtig.

Vielleicht ist es auch wichtig, mal genau zu erklären, was "gezeugt" genau bedeutet.

Warum ich das für wichtig halte? Weil ich häufig davon ausging, etwas verstanden zu haben, bis ich merkte, dass die eigentliche Bedeutung doch eine andere ist.
Beispiel gefällig? Die "unbefleckte Empfängnis Mariens" hatte ich tatsächlich so aufgefasst, dass man damit meinte, Maria hat Jesus ohne Beischlaf empfangen. Ich habe mich dann gewundert, wo das Problem liegt... :achselzuck:

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Christ86
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Re: Trennung zwischen Ost und West: das Filioque

Beitrag von Christ86 »

Nassos hat geschrieben:
Christ86 hat geschrieben:Wenn man erklärt, der Hl. Geist gehe aus dem Vater und dem Sohne aus, dann bedeutet dies, dass er nach dem Sohn kommt.
Warum? Ich denke, hier muss mal "ausgehen von" mal genau erklärt werden. Ich halte das für essentiell wichtig.
Wenn man sagt, der Hl. Geist gehe vom Vater und vom Sohne aus, dann setzt dies voraus, dass der Hl. Geist überhaupt erst durch Jesus entstanden sei. Man kann aber nicht sagen, dass der Geist erst nach Jesus entstanden sei, denn die drei Hypostasen sind Gott von Ewigkeit her.

Nassos hat geschrieben:Warum ich das für wichtig halte? Weil ich häufig davon ausging, etwas verstanden zu haben, bis ich merkte, dass die eigentliche Bedeutung doch eine andere ist.
Beispiel gefällig? Die "unbefleckte Empfängnis Mariens" hatte ich tatsächlich so aufgefasst, dass man damit meinte, Maria hat Jesus ohne Beischlaf empfangen. Ich habe mich dann gewundert, wo das Problem liegt... :achselzuck:

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Nassos
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Re: Trennung zwischen Ost und West: das Filioque

Beitrag von Nassos »

Christ86 hat geschrieben:Das denken viele :)
Das liegt wohl am deutschen Genitiv. Und der Dativ macht ihm auch noch zu schaffen...
Christ86 hat geschrieben:Wenn man sagt, der Hl. Geist gehe vom Vater und vom Sohne aus, dann setzt dies voraus, dass der Hl. Geist überhaupt erst durch Jesus entstanden sei. Man kann aber nicht sagen, dass der Geist erst nach Jesus entstanden sei, denn die drei Hypostasen sind Gott von Ewigkeit her.
Wenn man sagt, der Hl. Geist gehe nur vom Vater aus, heißt das dann, der Hl. Geist ist nur durch Gott entstanden? Ist das dann so mit dem einen Ursprung zu verstehen?

Zu dem Bild von Nietenolaf: wäre es nicht besser dargestellt gewesen, wenn die Kreise nebeneinander lägen? Dann würde eine bildliche "Hierarchie" wegfallen. Man könnte auch sagen, in dieser "Λ-Form stellt es den besser Ursprung dar, aber das würde ja wiederum nicht zum filioque-Graph passen. Also sieht es schon ein bißchen nach Hierarchie aus.

(Läge man aber die Kreise auf gleicher Höhe, dann müsste der rote Pfeil des filioque-Graphen ein Bogen werden, der dann natürlich nicht über den Vater gezeichnet werden sollte... In der Softwareentwicklung wird sowas als "Balkon" bezeichnet [nachgebaut, um lokal richtig zu funktionieren] und wird nicht gerne gesehen, da nicht so richtig integriert... ;-))
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Christ86
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Re: Trennung zwischen Ost und West: das Filioque

Beitrag von Christ86 »

Ich denke hier wird die Hl. Dreifaltigkeit aus westlicher Sicht treffend und verständlich beschrieben (auch wie das Filioque zu verstehen ist):
Symbolum Athanasianum hat geschrieben:„Wer da selig werden will, der muss vor allem den katholischen Glauben festhalten. Jeder, der diesen nicht unversehrt und unverletzt bewahrt, wird ohne Zweifel ewig verloren gehen.

Dies aber ist der katholische Glaube: Wir verehren den einen Gott in der Dreifaltigkeit und die Dreifaltigkeit in der Einheit, ohne Vermischung der Personen und ohne Trennung der Wesenheit. Denn eine andere ist die Person des Vaters, eine andere die des Sohnes; eine andere die des Heiligen Geistes. Aber der Vater und der Sohn und der Heilige Geist haben nur eine Gottheit, die gleiche Herrlichkeit, gleichewige Majestät. Wie der Vater ist, so ist der Sohn und so der Heilige Geist: Ungeschaffen der Vater, ungeschaffen der Sohn, ungeschaffen der Heilige Geist. Unermesslich der Vater, unermesslich der Sohn, unermesslich der Heilige Geist. Ewig der Vater, ewig der Sohn, ewig der Heilige Geist. Und doch sind es nicht drei Ewige, sondern ein Ewiger, wie es auch nicht drei Ungeschaffene oder drei Unermessliche sind, sondern ein Ungeschaffener und ein Unermesslicher. Ebenso ist allmächtig der Vater, allmächtig der Sohn, allmächtig der Heilige Geist. Und doch sind es nicht drei Allmächtige, sondern ein Allmächtiger. So ist der Vater Gott, der Sohn Gott, der Heilige Geist Gott. Und doch sind es nicht drei Götter, sondern ein Gott. So ist der Vater Herr, der Sohn Herr, der Heilige Geist Herr. Und doch sind es nicht drei Herren, sondern ein Herr. Denn wie uns die christliche Wahrheit zwingt, jede Person einzeln für sich als Gott und als Herrn zu bekennen, so verbietet uns der katholische Glaube, von drei Göttern oder Herren zu sprechen. Der Vater ist von niemandem gemacht noch geschaffen noch gezeugt. Der Sohn ist vom Vater allein, nicht gemacht noch geschaffen, aber gezeugt. Der Heilige Geist ist vom Vater und vom Sohn, nicht gemacht noch geschaffen noch gezeugt, sondern hervorgehend. Es ist also ein Vater, nicht drei Väter, ein Sohn, nicht drei Söhne, ein Heiliger Geist, nicht drei Heilige Geister. Und in dieser Dreifaltigkeit ist nichts früher oder später, nichts größer oder kleiner, sondern alle drei Personen sind einander gleichewig und gleichrangig, so dass in allem, wie bereits oben gesagt worden ist, die Dreifaltigkeit in der Einheit und die Einheit in der Dreifaltigkeit zu verehren ist. Wer also selig werden will, soll diese Auffassung von der Dreifaltigkeit haben.

Aber zum ewigen Heil ist es [ferner] nötig, auch an die Fleischwerdung unseres Herrn Jesus Christus aufrichtig zu glauben. Der richtige Glaube ist nun dieser: Wir glauben und bekennen, dass unser Herr Jesus Christus, der Sohn Gottes, zugleich Gott und Mensch ist. Gott ist er aus der Wesenheit des Vaters, vor den Zeiten gezeugt, und Mensch ist er aus der Wesenheit der Mutter, in der Zeit geboren. Vollkommener Gott, vollkommener Mensch, bestehend aus einer vernünftigen Seele und menschlichem Fleisch. Dem Vater gleich der Gottheit nach, geringer als der Vater der Menschheit nach. Doch obwohl er Gott und Mensch ist, sind es nicht zwei, sondern ein Christus. Einer aber nicht dadurch, dass die Gottheit in Fleisch verwandelt worden wäre, sondern dadurch dass Gott die Menschheit angenommen hat. Er ist ganz und gar einer nicht durch eine Vermischung der Wesenheit, sondern durch die Einheit der Person. Denn wie vernünftige Seele und Fleisch einen Menschen ergeben, so ergeben Gott und Mensch einen Christus, der gelitten hat um unseres Heils willen, herabgestiegen ist zur Unterwelt, auferstanden ist von den Toten, aufgestiegen ist zum Himmel, sich gesetzt hat zur Rechten des Vaters, von wo er kommen wird, um Lebende und Tote zu richten. Bei seiner Ankunft werden alle Menschen mit ihren Leibern auferstehen und über ihre Taten Rechenschaft ablegen. Und die Gutes getan haben, werden ins ewige Leben eingehen, die Böses [getan haben], in das ewige Feuer.

Dies ist der katholische Glaube. Jeder, der ihn nicht aufrichtig und fest glaubt, kann nicht selig werden.“
Zuletzt geändert von Christ86 am Dienstag 9. Juni 2009, 02:08, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Trennung zwischen Ost und West: das Filioque

Beitrag von Christ86 »

Nassos hat geschrieben:Wenn man sagt, der Hl. Geist gehe nur vom Vater aus, heißt das dann, der Hl. Geist ist nur durch Gott entstanden? Ist das dann so mit dem einen Ursprung zu verstehen?
Der Hl. Geist ist Gott, wie der Vater und wie der Sohn. Was meinst du mit: heißt das dann, der Hl. Geist ist nur durch Gott entstanden?
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Raphael

Re: Trennung zwischen Ost und West: das Filioque

Beitrag von Raphael »

Christ86 hat geschrieben:
Nassos hat geschrieben:
Christ86 hat geschrieben:Es geht darum, dass wenn man sagt, der Hl. Geist gehe aus dem Vater und dem Sohne aus, dann setzt das voraus, dass der Vater und der Sohn bereits vor dem Hl. Geist existiert hätten, was aber nicht so ist.
Dann würde dies bestätigen, dass der Vater der Ursprung ist. Habe ich Dich so richtig verstanden?

Nassos
Nach orthodoxer und altkatholischer Lehre ist der Vater Ursprung aller Dinge, es gibt nur eine Quelle für Göttlichkeit, nicht zwei.
Der Vater bleibt auch der urspüngliche Ursprung, selbst wenn der Hl. Geist vom Sohn ausgeht.

Denn wenn der Hl. Geist vom Sohn ausgeht, dann nur weil der Hl. Geist dem Sohn vom Vater verliehen wurde.
Der Sohn kann also den Hl. Geist nur als Beistand senden, weil er hierzu den Auftrag vom Vater hat.

Miserere Nobis Domine
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Re: Trennung zwischen Ost und West: das Filioque

Beitrag von Miserere Nobis Domine »

Ich möchte hier betonen, dass das filioque schon ab 589 auftauchte, man aber eben nicht direkt mit dem Anathema reagierte. Es wird also nichts so heiss gegessen, wie es gekocht wird.

Tatsächlich war diese Anathemadrohung eine Disziplinarmassnahme gegen die Veränderung des Wortlauts, keine Verurteilung von Ketzerei, wie es manche heute darstellen. Inhaltlich wurde das filioque immerhin bereits vom hl. Augustinus gelehrt.

Ich bin auch für den Gebrauch des ursprünglichen Wortlauts, und ich bin auch theologisch kein grosser Befürworter des filioque. Aber es ist doch unhistorisch. hier inhaltlich eine Häresie zu behaupten.

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