Trennung zwischen Ost und West: das Papsttum

Ostkirchliche Themen.
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Athanasius2
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Beitrag von Athanasius2 »

Stephen Dedalus hat geschrieben:Dies ist nur ein weiterer Beleg dafür, wie man die Schriften der Hl. Väter mißbraucht, um damit einen Universalprimat des Bischofs von Rom zu rechtfertigen, den weder sie noch die Apostel jemals gutgeheißen hätten.
Ach ja. Natürlich. Dann schaue Dir doch die Quellen nach, Stephen. Du musst mir nicht glauben, ich bin auch nur ein armer Mensch, aber den Heiligen schon.

Die Hl. Väter glaubten an den Jurisdiktionsprimat des Papstes, der auch damals ausgeübt wurde.

Was nun wirklich nicht existierte im frühen Christentum waren ein "Patriarchat" von Konstantinopel (erst im 5. Jh. errichtet auf dem Bischofssitz wo der Hl. Andreas sein Märtyrium erlitt) und einen Primat einer unabhängigen von einem König bzw. einer Königin regierten Englischen Kirche.

Ich habe Quellen dokumentiert. Dass es Dir leider nicht in das Glaubensbild passt, ist nicht mein Problem.

Só haben es die Hl. Väter formuliert. Du darfst es ruhig von Griechisch noch einmal aufs neue übersetzen.

Natürlich will ich keinen Zentralismus belegen, aber schon die von Gott gegebene Primatschaft. Zentralität in der Verwaltung ist jüngerer Herkunft, im Glauben, den Konzilen und der Oberstverwaltung war das "Alte" Rom immer an erster Stelle.

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Stephen Dedalus
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Beitrag von Stephen Dedalus »

Athanasius2 hat geschrieben: Ach ja. Natürlich. Dann schaue Dir doch die Quellen nach, Stephen. Du musst mir nicht glauben, ich bin auch nur ein armer Mensch, aber den Heiligen schon.
Die Quellen reden aber nun einmal gar nicht vom Papsttum, sondern zunächst einmal vom Apostelfürsten Petrus. Es ist schon unzulässig, alle Aussagen, die von den Hl. Vätern gemacht werden, einfach so auf seine Nachfolger zu übertragen. Die Interpretation von Mt 16,28 auf die Nachfolger des Petrus als Bischöfe von Rom findet sich bei den Vätern zunächst nicht, sondern ist eine etwas spätere Erscheinung.

Das Papsttum mit seinem Universalprimat (mitsamt Unfehlbarkeitsdogma) in diese alten Väterzitate hineinzuinterpretieren, ist eine Vergewaltigung der Quellen.
Die Hl. Väter glaubten an den Jurisdiktionsprimat des Papstes, der auch damals ausgeübt wurde.
Das ist Unsinn, bestenfalls Wunschdenken. Sie glaubten allenfalls an einen Ehrenprimat. Ein universaler Jurisdiktionsprimat widerspricht klar den altkirchlichen Konzilien.
Ich habe Quellen dokumentiert. Dass es Dir leider nicht in das Glaubensbild passt, ist nicht mein Problem.
Es geht nicht um mein Glaubensbild, sondern um eine ehrliche Interpretation der Quellen.
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Nietenolaf
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Beitrag von Nietenolaf »

Athanasius2 hat geschrieben:Die Hl. Väter glaubten an den Jurisdiktionsprimat des Papstes, der auch damals ausgeübt wurde.
Das ist natürlich Quatsch. Bei all den Zitaten fehlt nämlich eine Begründung für die einzige unkitschige lateinische Mythologie, derzufolge das Primat des hl. Apostels Petrus ausgerechnet und ausschließlich auf den Bischof von Rom übergeht. Dahingegen ist hinreichend belegt (cf. hl. Cyprian v. Karthago, De catholicae ecclesiae unitate I, 4 &c.), daß ebendiese hll. Väter in Petrus und den Aposteln ein Urbild eines Bischofs und seiner Gemeinde sahen. Das Petrusamt ist das Bischofsamt.

Bei diesen Copy-&-Paste-Aktionen, bei denen man sich nicht die Mühe macht, die englischen Sprüche ins Deutsche zu übertragen, amüsieren mich immer besonders solche Quellenangaben wie "Galatians 1:18)" (sic). Kaum, daß der Reproduzent einmal drübergelesen hat. Nur von irgendeiner Prooftexting-Website kopiert.
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Athanasius2
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Beitrag von Athanasius2 »

Stephen Dedalus hat geschrieben:
Die Quellen reden aber nun einmal gar nicht vom Papsttum, sondern zunächst einmal vom Apostelfürsten Petrus. Es ist schon unzulässig, alle Aussagen, die von den Hl. Vätern gemacht werden, einfach so auf seine Nachfolger zu übertragen. Die Interpretation von Mt 16,28 auf die Nachfolger des Petrus als Bischöfe von Rom findet sich bei den Vätern zunächst nicht, sondern ist eine etwas spätere Erscheinung.

Das Papsttum mit seinem Universalprimat (mitsamt Unfehlbarkeitsdogma) in diese alten Väterzitate hineinzuinterpretieren, ist eine Vergewaltigung der Quellen.
Alles nur Deine Meinung. Natürlich ist die Übertragung auf den römischen Bischofssitz von den Hl. Vätern gemacht worden. Lies noch mal den Hl. Studiten von Konstantinopel wie oben zitiert, wie er es auf den Papst Paschalis überträgt! Ich habe noch viel mehr Quellen, aber bevorurteilten Leuten werde ich die nicht alle aufzeichnen.

Das ist Unsinn, bestenfalls Wunschdenken. Sie glaubten allenfalls an einen Ehrenprimat. Ein universaler Jurisdiktionsprimat widerspricht klar den altkirchlichen Konzilien.
"Principle authority in faith and priesthood". Klingt wie ein Ehrenprimat ja. :ja:


Es geht nicht um mein Glaubensbild, sondern um eine ehrliche Interpretation der Quellen.
Die ich mache, wie übrigens viele sie gemacht haben. Die Untersucher des alten Christentums sagen auch, dass deutlich ein Glaube an den Primat von Rom da war, und nicht nur als "Ehrenprimat" aus der Consensus aller Patriarchate, sondern als Ergebnis der göttlichen Offenbarung.

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Athanasius2
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Beitrag von Athanasius2 »

Nietenolaf hat geschrieben:
Athanasius2 hat geschrieben:Die Hl. Väter glaubten an den Jurisdiktionsprimat des Papstes, der auch damals ausgeübt wurde.
Das ist natürlich Quatsch. Bei all den Zitaten fehlt nämlich eine Begründung für die einzige unkitschige lateinische Mythologie, derzufolge das Primat des hl. Apostels Petrus ausgerechnet und ausschließlich auf den Bischof von Rom übergeht. Dahingegen ist hinreichend belegt (cf. hl. Cyprian v. Karthago, De catholicae ecclesiae unitate I, 4 &c.), daß ebendiese hll. Väter in Petrus und den Aposteln ein Urbild eines Bischofs und seiner Gemeinde sahen. Das Petrusamt ist das Bischofsamt.

Bei diesen Copy-&-Paste-Aktionen, bei denen man sich nicht die Mühe macht, die englischen Sprüche ins Deutsche zu übertragen, amüsieren mich immer besonders solche Quellenangaben wie "Galatians 1:18)" (sic). Kaum, daß der Reproduzent einmal drübergelesen hat. Nur von irgendeiner Prooftexting-Website kopiert.
Lies' auch Du mal den Hl. Theodoros den Studiten. Er überträgt direkt die Fülle des Petrusamtes auf Papst Paschalis.

Natürlich ist die Behauptung dass man im Osten damals die Übertragung der Primatschaft des Hl. Apostels Petrus auf den römischen Bischofssitz nicht kannte oder nicht anerkannte, grotesk und falsch.
Theodoret, Bischof von Cyrus in Syrien (ca. 450) hat geschrieben: Ich bitte deshalb Eure Heiligkeit den Allerheiligsten und gesegneten Bischof [Papst Leo] zu überzeugen damit er seine apostolische Gewalt anwendet und mich zu Euer Konzil abberuft. Denn jener allerheiligste Sitz [Rom] hat die Souveränität über alle Kirchen im Universum wegen vieler Gründe. (Theodoret, Tomus IV, Epistola CXVI, Renato, S. 1197)
Natürlich sind das Apostelamt und das Bischofsamt gleichzusetzen und in jenem Sinne ist Petrus ein Vorbild für alle Bischöfe. Das bedeutet aber nicht dass alle einen Primat haben oder keiner diesen hat. Ein Symbolum und ein Vorbild sind etwas anderes als die Realität der Kirchenordnung und Hierarchie.

Übrigens ist die anglikanische und orthodoxe Interpretation vm Hl. Cyprian natürlich inkorrekt, das Cyprian den Primat lehrte. Übrigens waren dessen Konflikte mit Papst Stephanus für Augustinus und andere Grund ihn zu reprimandieren. http://www.bringyou.to/apologetics/num44.htm

Stephen Dedalus
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Beitrag von Stephen Dedalus »

Natürlich müßt Ihr so interpretieren. Nachdem Rom durch die angeblich "göttlich legitimierte" Aufwertung des Papstamtes das Bischofsamt in seiner ursprünglichen Stiftung zertört oder doch stark beschädigt hat, müssen nun alle altkirchlichen Zeugnisse, die von den Vätern hinsichtlich des Bischofsamtes gemacht wurden, mit Biegen und Brechen auf das Papstamt bezogen werden.
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Athanasius2
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Beitrag von Athanasius2 »

Stephen Dedalus hat geschrieben:Natürlich müßt Ihr so interpretieren. Nachdem Rom durch die angeblich "göttlich legitimierte" Aufwertung des Papstamtes das Bischofsamt in seiner ursprünglichen Stiftung zertört oder doch stark beschädigt hat, müssen nun alle altkirchlichen Zeugnisse, die von den Vätern hinsichtlich des Bischofsamtes gemacht wurden, mit Biegen und Brechen auf das Papstamt bezogen werden.
Gar nicht mit Biegen und Brechen. Sie sagen das schon direkt. Lies'
Du mal "Saints and Sinners: a History of the Popes" von Eamon Duffy.

Übrigens darfst Du auch beweisen, dass der römische Jurisdiktionsprimat - von Gott gegeben - das "Bischofsamt in seiner ursprünglichen Stiftung" "stark beschädigt hat". Beweise. Quellen. Wo halten so eine Meinung die Hl. Väter?

Die Erzbischöfe von Canterbury hielten es bis Henry Deane gar nicht für beschädigt durch den Römischen Bischofssitz. Auch nicht taten das die Hl. Väter Chrysostom oder St. Cyrill von Alexandrien. Die Heiligen Cyrillos und Methodios ehrten Rom in allen Schriften, legten sich dem Papste zu Füssen. Das waren die Heiligen. Die Heiligen die ich verehre.

Nicht umsonst sind viele ehemalige Anglikaner, darunter Kardinal Newman (sicherlich ein besserer Kirchenhistoriker als wir beide zusammengelegt) und Orthodoxe wie Archimandrit Feodorov bekehrten sich zur katholischen Einheit. Der Rektor Theophan, Archimandrit und Vorsteher des St. Petersburger Priesterseminar der Russisch-Orthodoxen Kirche, wusste es auch, wagte sich aber nicht daran aus Angst. Bischof Pavlos Meletiev sah die Wahrheit des Primaten auch. Exarch Varfolomey Remov erlitt den Tod durch den Kugel wegen seiner Bekehrung zur katholischen Einheit.

Bei allem Respekt vor euch als Personen, aber ich verstehe nicht, wie Orthodoxe (und Anglikaner) - anders als aus Brucheswillen oder nationalem Sentiment - mit dem Apostolischen Sitz des Hl. Petrus brechen konnten oder nun behaupten können, dass der Papst keinen Gewaltsprimat hat.

Und dennoch habt ihr Rom alles zu verdanken, die Hl. Methodios und Cyrillos, und - heute - die Ausbildung des Ökumenischen Patriarchen von Konstantinopel, Bartholomäus, der im Pontificio Istituto Orientale ausgebildet wurde und in Rom an der Päpstlichen Universität Gregoriana Kirchenrecht studierte.

Die Argumente sind klar. Die Hl. Väter lehrten es. Der Jurisdiktionsprimat ist Dogma.

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FioreGraz
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Beitrag von FioreGraz »

Wobei das Jurisdikationsprimat wie es im Westen derzeit gelehrt wird nicht das Dogma darstellt.

Des Primat Petris zu Zeiten der Urkirche war keine Larifari Vereinshäuptlinggschicht, wie es und die östlichen Brüder gerne weißmachen wollen.
Allerdings war die Kirche auch sehr Synodal orientiert, wie es der Osten ja bis heute bewahrte, dadurch war das Primat klar begrenzt und abgegrenzt. Das umfassende unbegrenzte Primat des Papstes heute im Westen ist mit der TRadition nicht argumentierbar, sondern nur als westliche Entwicklung begreifbar. Auch "Pastor Aeternus" weist die Jurisdikation des Papstes eigentlich in die traditionellen Schranken und beruft sich ja sogar auf diese, leider kam es zu partikulären Überhöungen von Aussagen und Absichten von Pastor Aeternus, so das es mittlerweile das Primat Petri komplett verzerrt hat.

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Nietenolaf
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Beitrag von Nietenolaf »

Athanasius2 hat geschrieben:Lies' auch Du mal den Hl. Theodoros den Studiten. Er überträgt direkt die Fülle des Petrusamtes auf Papst Paschalis.

Natürlich ist die Behauptung dass man im Osten damals die Übertragung der Primatschaft des Hl. Apostels Petrus auf den römischen Bischofssitz nicht kannte oder nicht anerkannte, grotesk und falsch.
Ich lese und lese und komme aber nicht dazu, einzelne hll. Väter zur ideologischen Untermauerung der Institution des Papstes von Rom, besonders, wie sie sich nach Gregor VII Hildebrandt präsentiert, zu verwursten. Man muß nämlich, nebenbei bemerkt, schon das "alte" Papsttum vom "reformierten" (nach dem 11. Jh.) unterscheiden. Das zum Einen.

Zum anderen, zur angeblichen Anerkennung eines universellen Jurisdiktionsprimats (das es gar nicht gab): die Oekumenischen Konzilien definieren einen Primat eindeutig in Anlehnung an eine politische, soziale und kulturelle Bedeutung bestimmter Städte. Kurzer Exkurs ("Wieder und wieder lasset uns in Frieden..."):

Oek. Konzil zu Nikaia (325), Kanon 6, hat geschrieben:Es mögen die alten Gepflogenheiten bewahrt werden, welche es in Ägypten, in Libyen und in Pentapolis gibt: der Bischof von Alexandria möge über alle diese gebieten. Denn solches ist auch dem römischen Bischof zuerkannt. Ähnlich sollen in Antiochia und in anderen Gebieten die Vorrechte der Kirchen bewahrt werden. (...)
Im Mittelalter versuchte man im lateinischen Westen, hier eine "petrinische Triade" hineinzudeuten: die drei genannten Städte hätten alle irgendwie mit dem Apostel Petrus zu tun (Rom ist klar, Antiochia als Ort seiner Predigt und seines Wirkens, Alexandria durch Markus, seinen Schüler). Eine seltsame Ekklesiologie, die Petrus zur Säule und zum Fundament der Wahrheit macht.
Oek. Konzil zu Konstantinopel (381), Kanon 3, hat geschrieben:Der Bischof von Konstantinopel möge den Vorsitz in der Ehre nach dem römischen Bischof innehaben, denn diese Stadt ist das Neue Rom.
Hervorhebung durch mich. Petrus war nicht in Byzanz/Konstantinopel. Dort gab es in vorkonstantinischer Zeit nicht einmal einen Metropoliten. Trotzdem ist es das Neue Rom. Warum wohl?
Oek. Konzil zu Chalcedon (451), Kanon 28, hat geschrieben:Indem wir in allem dem folgen, was die heiligen Väter bestimmt haben, und indem wir die soeben verlesenen Bestimmungen der einhundertfünfzig gottliebenden Bischöfe anerkennen, welche auf dem Konzil in den Tagen des Theodosius, seligen Andenkens, in der kaiserlichen Stadt Konstantinopel, dem Neuen Rom, zusammengekommen sind: bestimmen wir also selbiges und setzen ebenso den Vorrang der Kirche desselben Konstantinopel, des Neuen Rom, fest. Denn dem Bischofssitz des Alten Rom haben die Väter gerechterweise Vorrechte eingeräumt: denn dieses war die kaiserliche Stadt. Derselben Veranlassung folgend gaben die einhundertfünfzig höchst gottliebenden Bischöfe dem Bischofssitz des Neuen Rom die gleichen Vorrechte, nachdem sie gerecht urteilten, daß die Stadt, welche die Ehre bekam, die Stadt des Kaisers und des Synklets zu sein, also die gleichen Rechte wie das Alte kaiserliche Rom besaß – auch in kirchlichen Dingen genau wie jenes erhöht sein möge, und die zweite nach ihm ist. (...)

Hervorhebungen durch mich. Papst Leo der Große protestierte gegen diesen Kanon. Er verstand natürlich, daß die hll. Konzilsväter den Vorsitz einer bestimmten Kathedra an die Funktion als Hauptstadt des Reichs banden. Hier ging es so langsam los, daß die römischen Bischöfe eine weitere Autorität für ihre Rolle herzitieren mußten. Zur Zeit Leo I war die Hauptstadt des Westreichs ja nicht mehr Rom, sondern Ravenna. Verständlich, daß dem römischen Bischof da gewissermaßen die Bommel brannte. Trotzdem sind wir noch weit von dem entfernt, was sich dann nach dem 11. Jahrhundert entwickelte und was Athanasius2 den Kirchenvätern in die Schuhe schieben will: in diplomatischen Formulierungen erkannte man die Theorie der besonderen "Apostolizität" der römischen Kirche gern an. Warum auch nicht, der Osten hatte genügend "eigene" genuin apostolische Lokalkirchen, ohne daraus ein Brimborium zu machen: Ephesos, Thessalonike, die o.a., ganz zu schweigen von Jerusalem.

Alles in allem sind das einfach nur verschiedene Ekklesiologien. Wenn im Osten Fragen der Beziehungen von Kirchen auftraten, hat es nie einen anderen Weg gegeben, als diese konziliar zu lösen. Natürlich hatte Rom eine vorzügliche Rolle (in diesem Strang ein paar Seiten zuvor ausführlich diskutiert!). Anderersetis war es durch politische Umstände ein Unikum in Isolation von den anderen Alten Lokalkirchen. Aus diesem Grunde bildete sich im Westen das Konzept der "Einheit mit dem Stuhl Petri" im Gegensatz zum kirchlich-konziliaren. Grotesk ist es aber, dabei von "göttlicher Offenbarung" zu sprechen.
Zuletzt geändert von Nietenolaf am Donnerstag 1. Februar 2007, 13:49, insgesamt 1-mal geändert.
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Athanasius2
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Beitrag von Athanasius2 »

FioreGraz hat geschrieben:Wobei das Jurisdikationsprimat wie es im Westen derzeit gelehrt wird nicht das Dogma darstellt.

Des Primat Petris zu Zeiten der Urkirche war keine Larifari Vereinshäuptlinggschicht, wie es und die östlichen Brüder gerne weißmachen wollen.
Allerdings war die Kirche auch sehr Synodal orientiert, wie es der Osten ja bis heute bewahrte, dadurch war das Primat klar begrenzt und abgegrenzt. Das umfassende unbegrenzte Primat des Papstes heute im Westen ist mit der TRadition nicht argumentierbar, sondern nur als westliche Entwicklung begreifbar. Auch "Pastor Aeternus" weist die Jurisdikation des Papstes eigentlich in die traditionellen Schranken und beruft sich ja sogar auf diese, leider kam es zu partikulären Überhöungen von Aussagen und Absichten von Pastor Aeternus, so das es mittlerweile das Primat Petri komplett verzerrt hat.

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Erstmal Kardinal Newman dazu lesen (dem ich VÖLLIG ZUSTIMME), dann solche Theorien hier rumschreiben, bitte.

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Athanasius2
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Beitrag von Athanasius2 »

Nietenolaf hat geschrieben:Eine seltsame Ekklesiologie, die Petrus zur Säule und zum Fundament der Wahrheit macht.
St. Ioannes Chrysostomus hat geschrieben:Petrus, der Führer des Apostelchores, die Stimme der Jünger, die Säule der Kirche, die Grundlage des Glaubens, die Grundlage des Bekenntnisses, der Fischer des Weltalls. (St. Ioannes Chrysostomus, T. iii. Hom.)
Jaja, der Heilige Vater Chrysostomos hatte eine seltsame Ekklesiologie.

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Athanasius2
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Beitrag von Athanasius2 »

Natürlich ist die Ehre von Konstantinopel aus dem Konsens der Bischöfe des Konzils entstanden. Lese Du aber gut, es steht ausdrücklich, nách dem Römischen Sitz. Also unter Rom. Nicht oberhalb oder neben Rom.

Honorarpatriarchate können selbstverständlich errichtet werden, was ja in der Lateinischen Kirche auch geschah, u.a. der Erzbischof von Venedig, der Erzbischof von Lissabon und der Erzbischof von Goa geniessen ein lateinisches Honorarpatriarchat, nicht ex consensu, sondern ex decreto Apostolicae Sedis in jenen Fällen. Kann aber auch de consensu entstehen.

Rom aber ist der Nachfolgersitz Petri. Nicht ein errichtetes Bistum auf Grundlage eines Märtyriums, sondern richtiger Bischofssitz des Vikars Christi, welcher Petrus war und seine Nachfolger sind.

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FioreGraz
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Beitrag von FioreGraz »

Erstmal Kardinal Newman dazu lesen (dem ich VÖLLIG ZUSTIMME), dann solche Theorien hier rumschreiben, bitte.
Also lieber Athnasius bis zu einem gewissen Grad muß man auch selber denken und wenn du dir die Lage und Entwicklung des Primats ansiehst dann war es immer so. Du wirst auch gerade beim Vat I. genau diese These wiederfinden ohne viel zu interpretieren. Da kann der liebe Newman schreiben was er will.

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Nietenolaf
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Beitrag von Nietenolaf »

Athanasius2 hat geschrieben:Natürlich ist die Ehre von Konstantinopel aus dem Konsens der Bischöfe des Konzils entstanden. Lese Du aber gut, es steht ausdrücklich, nách dem Römischen Sitz. Also unter Rom. Nicht oberhalb oder neben Rom.
Genau, es steht: das Neue Rom sei dem Alten gleich. Und komme nach diesem. Gleich heißt erst einmal gleich, und nicht "unter". Du würdest sonst in Schwierigkeiten kommen zu definieren, wieviel Gleichheit mehr das Alte, wieviel Gleichheit weniger das Neue Rom hat usw. Deswegen bedeutet das "nach" hier eine Chronologie bzw. ganz praktisch die Stelle in den Diptychen, welche vom Alter und der Ehrwürdigkeit einer Lokalkirche bestimmt wird. (Nur als Beispiel: das Patriarchat von Moskau steht an fünfter, das Patriarchat von Konstantinopel nach dem Herausfallen Roms an erster Stelle.) In diesen Eigenschaften stand Rom sicher zum Zeitpunkt des Konzils von Chalcedon den anderen Lokalkirchen voran, da es im Unterschied zu Konstantinopel nicht nur alte Kaiserstadt, sondern dazu noch eine Stadt mit apostolischer Kathedra, Ort des Martyriums der Apostel, Pilgerstätte u.a.m. war.

"Nach" bedeutet hier also in keinem Fall eine "jurisdiktionelle" Unterordnung, oder ein Weniger an Befugnis, Gewalt und dgl.

Athanasius2 hat geschrieben:Rom aber ist der Nachfolgersitz Petri. Nicht ein errichtetes Bistum auf Grundlage eines Märtyriums, sondern richtiger Bischofssitz des Vikars Christi, welcher Petrus war und seine Nachfolger sind.
Alles klar. Willkommen im Mittelalter, wo das Papsttum seine eigene Überheblichkeit begründen mußte.
Zuletzt geändert von Nietenolaf am Donnerstag 1. Februar 2007, 16:49, insgesamt 2-mal geändert.
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FranzSales
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Beitrag von FranzSales »

Auch "Pastor Aeternus" weist die Jurisdikation des Papstes eigentlich in die traditionellen Schranken und beruft sich ja sogar auf diese, leider kam es zu partikulären Überhöungen von Aussagen und Absichten von Pastor Aeternus, so das es mittlerweile das Primat Petri komplett verzerrt hat.
Kannst Du das näher ausführen?
"Herr Jesus Christus, wir beten Dich an und benedeien Dich. In Deinem Heiligen Kreuz hast Du die Welt erlöst."

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Alexander
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Beitrag von Alexander »

Athanasius2 hat geschrieben:Und dennoch habt ihr Rom alles zu verdanken, die Hl. Methodios und Cyrillos, und - heute - die Ausbildung des Ökumenischen Patriarchen von Konstantinopel, Bartholomäus, der im Pontificio Istituto Orientale ausgebildet wurde und in Rom an der Päpstlichen Universität Gregoriana Kirchenrecht studierte.
Das ist ja lustig. Vielleicht ist Jesus in Rom gekreuzigt worden? Ihr habt das meiste uns zu verdanken, Athanasius2, hehe.
Übrigens, von den in diesem Forum gegenwärig aktiven Orthodoxen untersteht KEINER dem Patriarchen Bartholomäus. Was immer dieser sagt, geht es nur ihn und sein Patriarchat an. Wir achten ihn als einen der Patriarchen der Weltorhodoxie. Mehr nicht. Mir persönlich gefällt vieles, zu vieles von dem, was er tut, recht wenig (wenn nicht das meiste). Anderseits: er braucht einem Nichts wie mir nicht zu gefallen. Ich erlaube mir aber zu erwähnen, das er in der Weltorthodoxie wenig populär ist, so gar auf dem zu seinem Patriarchat gehörenden Athos.

Nun aber zu Deinen Ausführungen: Du hast diesen Thread gar nicht gelesen, wie es scheint. Es geht nicht an, daß einer einfach kommt und Weisheiten von sich gibt, ohne auf die anderen zu hören. In Deiner Ignoranz beachtest Du nicht einmal die Argumente der Gesprächpartner, sondern redest nur das von Dir auswendiggelernte. Wie ein Zeuge Jehowahs -- die stehen auch nur so mit gläsernen Augen da, zitieren das Wenige, was sie gelernt haben und sind ansonsten nicht ansprechbar.

Ich schreibe wieder, ohne daß es anscheindend an Dein Bewußtsein durchdringt (wenn es das täte, würdest Du nämlich die Gegenargumente Deiner Gesprächpartner durch eigene Argumente (das ist etwas verschiedenes von Thesen, mit denen Du zu antworten geruhst) widerlegen. Thesen sind nur der Anfang, es sollen auch die Agumente folgen.

Nun denn: Die sieben ökumenischen Konzilien wurden nicht auf Befehl eines Papstes einberufen.
Nicht wahr?

Der Papst war gar nicht anwesend auf ihnen.
Nicht wahr?

Nicht seine Legaten führten den Vorsitz.
Nicht wahr?

Auch ein Papst konnte als Häretiker erkannt werden und wurde das, was zeigt, das der Bischof von Rom vom Glauben abfallen und einen falschen lehren kann, und daß er gerichtet werden kann.
Nicht wahr?

Der Papst bestellte weder Bischofsweihen noch wurden die anderen Patriarchen durch ihn ernannt.
Nicht wahr?

Selbst lateinische Heilige Väter sträubten sich erfolgreich gegen seine Einmischung in ihre Angelegenheiten, etwa Cyprian, Augustinus und Irinäus von Lion. Nicht wahr?

Gut denn.
Was Petrus anbelangt: was Johannes Chrysostomos sagt, kann man auch in offiziellen Hymnen und anderem sehen. Der Apostel Paulus wird aber sehr ähnlich beehrt. Als Säule der Kirche wird fast jeder Heilige bezeichnet.
Wir ehren den Apostel Petrus sehr. Wirklich, wenn Du den offiziellen Gottesdienst am Feste Petri und Pauli kenntest, würdest Du in dem darin zum Ausdruck gebrachten Primat schwelgen.
Bedeutet aber nicht, daß er unfehlbar war, noch daß er Vikarius Christi ist. Und vor allem nicht, daß es für den Papst zuträfe. Warum nicht für den Patriarchen von Antiochia?

Allerdings bestreiten wir nicht, daß der Bischof von Rom durch sein "Primat der Liebe" gewisse der allgemeinen Einheit dienende Maßnahmen treffen durfte.

Und vor allem: die Orthodoxe Kirche hat sich nie von jemand abgespalten oder ungehorsam geworden, da sie niemandem auf Erden hörig war!
Herr Gott,
großes Elend ist über mich gekommen.
Meine Sorgen wollen mich erdrücken,
ich weiß nicht ein noch aus.
Gott, sei gnädig und hilf.
Gib Kraft zu tragen, was du schickst,
laß die Furcht
nicht über mich herrschen.
(D. Bonhoeffer)

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Alexander
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Beitrag von Alexander »

Der heilige Theodor der Studit und sein Kloster spielten den Papst aber tatsächlich oft gegen die Patriarchen von Konstantinopel aus. Sie waren ihren Patriarchen meist opositionell gesinnt und brauchten ein Mittel, um diese Stellung bewahren zu können.
Herr Gott,
großes Elend ist über mich gekommen.
Meine Sorgen wollen mich erdrücken,
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Gott, sei gnädig und hilf.
Gib Kraft zu tragen, was du schickst,
laß die Furcht
nicht über mich herrschen.
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Stephen Dedalus
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Beitrag von Stephen Dedalus »

Alexander hat geschrieben: Übrigens, von den in diesem Forum gegenwärig aktiven Orthodoxen untersteht KEINER dem Patriarchen Bartholomäus. Was immer dieser sagt, geht es nur ihn und sein Patriarchat an.
Ich dachte, der Patriarch von Konstantinopal sei das geistliche Oberhaupt aller kanonischen Orthodoxen, so wie der Erzbischof von Canterbury das Oberhaupt aller Anglikaner ist. Ist dem nicht so?
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Stephen Dedalus
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Beitrag von Stephen Dedalus »

Ignaz von Döllinger hat geschrieben:The new Vatican doctrine (of 1870) confers on the Pope the attribute o the whole fulness of power over the whole Church as well as over every individual layman. As every student of history and of the Fathers will admit, the Episcopate of the ancient Church is thus dissolved in its inmost being, and an Apostolic institution to which, according to the judgement of the Church Fathers, the greatest significance in the Church belongs, fades into an insignificant shadow.
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Walter
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Was bedeutet "primus inter pares"?

Beitrag von Walter »

Stephen Dedalus hat geschrieben:Ich dachte, der Patriarch von Konstantinopal sei das geistliche Oberhaupt aller kanonischen Orthodoxen, so wie der Erzbischof von Canterbury das Oberhaupt aller Anglikaner ist. Ist dem nicht so?
Nein. Das ist ein Missverständnis, das leider weit verbreitet ist und auch z.B. in Radio-Vatikan-Meldungen immer mal wieder neu aufkommt (absichtlich?). Aber: Es gibt nur ein Haupt der Kirche, das ist Christus.

Das Patriarchat von Konstantinopel (wie früher der Bischof von Rom) steht lediglich an erster Position einer Liste von unabhängigen (autokephalen) Patriarchaten oder Kirchen, somit gilt der Ökumenische Patriarch als erster unter gleichen Patriarchen, Metropoliten und Erzbischöfen, welche ihren jeweiligen Kirchen vorstehen.

Der Ökumenische Patriarch hat aber keinerlei Befugnis über andere autokephale Kirchen, ihm sind lediglich Aufgaben anvertraut, die alle Kirchen betreffen, z.B. die Einladung zu gesamtorthodoxen Konferenzen und Synoden, oder die Bestätigung von gesamtorthodoxen Entwicklungen, wie z.B. der Selbstständigkeit anderer Orthodoxen Kirchen. Andersherum haben die Bischöfe außerhalb des Patriarchats von Konstantinopel auch keinerlei Mitbestimmungsrecht bei der (Aus-)Wahl des Ökumenischen Patriarchen.

Diese Primatstellung würde nach einer Wiedereinverleibung Roms in die Reihe der kanonischen Kirchen auch dessen Bischof wieder zukommen, allerdings ohne jegliche weitergehenden Befugnisse.
γενηθήτω το θέλημά σου·

John Grantham
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Beitrag von John Grantham »

Stephen Dedalus hat geschrieben:
Alexander hat geschrieben:Übrigens, von den in diesem Forum gegenwärig aktiven Orthodoxen untersteht KEINER dem Patriarchen Bartholomäus. Was immer dieser sagt, geht es nur ihn und sein Patriarchat an.
Ich dachte, der Patriarch von Konstantinopal sei das geistliche Oberhaupt aller kanonischen Orthodoxen, so wie der Erzbischof von Canterbury das Oberhaupt aller Anglikaner ist. Ist dem nicht so?
Mein lieber Stephen! Seit wann ist der Erzbischof von Canterbury *unser* geistlicher Oberhaupt?! Deins schon, meins aber nicht. ;-)

Er ist auch 'nur' primus inter pares, d.h. nur ein Erzbischof unter Erzbischöfe. Der Begriff "geistlicher Oberhaupt der Anglikaner" schreibt ihn Kräfte zu, die er einfach nicht hat. ;-)

Er ist Oberhaupt der Church of England, und das war's.

Cheers,

John
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John Grantham
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Re: Was bedeutet "primus inter pares"?

Beitrag von John Grantham »

Hi Walter,
Walter hat geschrieben:
Stephen Dedalus hat geschrieben:Ich dachte, der Patriarch von Konstantinopal sei das geistliche Oberhaupt aller kanonischen Orthodoxen, so wie der Erzbischof von Canterbury das Oberhaupt aller Anglikaner ist. Ist dem nicht so?
Nein. Das ist ein Missverständnis, das leider weit verbreitet ist und auch z.B. in Radio-Vatikan-Meldungen immer mal wieder neu aufkommt (absichtlich?). Aber: Es gibt nur ein Haupt der Kirche, das ist Christus.

Das Patriarchat von Konstantinopel (wie früher der Bischof von Rom) steht lediglich an erster Position einer Liste von unabhängigen (autokephalen) Patriarchaten oder Kirchen, somit gilt der Ökumenische Patriarch als erster unter gleichen Patriarchen, Metropoliten und Erzbischöfen, welche ihren jeweiligen Kirchen vorstehen.

Der Ökumenische Patriarch hat aber keinerlei Befugnis über andere autokephale Kirchen, ihm sind lediglich Aufgaben anvertraut, die alle Kirchen betreffen, z.B. die Einladung zu gesamtorthodoxen Konferenzen und Synoden, oder die Bestätigung von gesamtorthodoxen Entwicklungen, wie z.B. der Selbstständigkeit anderer Orthodoxen Kirchen. Andersherum haben die Bischöfe außerhalb des Patriarchats von Konstantinopel auch keinerlei Mitbestimmungsrecht bei der (Aus-)Wahl des Ökumenischen Patriarchen.

Diese Primatstellung würde nach einer Wiedereinverleibung Roms in die Reihe der kanonischen Kirchen auch dessen Bischof wieder zukommen, allerdings ohne jegliche weitergehenden Befugnisse.
Deine Beschreibung des Ökumenischen Patriarchen paßt aber schon zum Erzbischof von Canterbury innerhalb der Anglican Communion. Er agiert ähnlich bei uns. Stephens Verwendung des Begriffs "geistlicher Oberhaupt" in diesem Kontext ist nur etwas, ähm, fehl am Platz. (Nichts für ungut, Stephen. Wir Anglikaner haben uns trotzdem alle lieb. Äh, meistens. ;-) )

Cheers,

John
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Stephen Dedalus
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Beitrag von Stephen Dedalus »

Horrido,

ich habe den Begriff des "geistlichen Oberhauptes" in diesem Sinne gebraucht und verstanden. Der Erzbischof von Canterbury ist der Diözesanbischof seiner Diözese, nur dort hat er direkte bischöfliche Macht. Als Erzbischof und Primas von England hat er nur noch in der Provinz von Canterbury direkten Einfluß, in der Provinz von York bereits nicht mehr. Jenseits der Church of England hat er nur eine spirituelle und moralische Autorität, jedoch keinerlei Primat oder Jurisdiktionsgewalt. Insofern sehe ich es wie John: Die Position, die der Erzbischof in der Anglican Communion hat, ist derjenigen des Patriarchen von Konstantinopel ähnlich.

Jedoch würde ich ihn als "geistliches Oberhaupt" der 43 autonomen anglikanischen Ortskirchen bezeichnen. Auch würde ich sagen, daß die 43 Ortskirchen in Gemeinschaft mit dem Stuhl von Canterbury eine Gemeinschaft von Kirchen "unter" der geistlichen Leitung des ABC bilden. Was stört Euch an dieser Formulierung?

Gruß
SD
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Walter
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Beitrag von Walter »

John Grantham hat geschrieben:Er ist auch 'nur' primus inter pares, d.h. nur ein Erzbischof unter Erzbischöfe. Der Begriff "geistlicher Oberhaupt der Anglikaner" schreibt ihn Kräfte zu, die er einfach nicht hat. ;-)
Das sehe ich auch so.
Stephen Dedalus hat geschrieben:Auch würde ich sagen, daß die 43 Ortskirchen in Gemeinschaft mit dem Stuhl von Canterbury eine Gemeinschaft von Kirchen "unter" der geistlichen Leitung des ABC bilden. Was stört Euch an dieser Formulierung?
Die Gemeinschaft hängt nicht an einem bestimmten Stuhl. Andernfalls würde ja Roberts These zutreffen, dass es gar keine Gemeinschaft ohne Rom geben kann.
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Stephen Dedalus
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Beitrag von Stephen Dedalus »

Walter hat geschrieben:
John Grantham hat geschrieben:Er ist auch 'nur' primus inter pares, d.h. nur ein Erzbischof unter Erzbischöfe. Der Begriff "geistlicher Oberhaupt der Anglikaner" schreibt ihn Kräfte zu, die er einfach nicht hat. ;-)
Das sehe ich auch so.
Dem kann ich so nicht zustimmen. Die Rolle, die er als Erzbischof von Canterbury hat, geht weit über das hinaus, was ein anderer Erzbischof an Einfluß hat. Als primus inter pares hat er trotzdem durch seine Rolle in der Anglican Communion eine spirituelle und moralische Autorität, die mit nichts vergleichbar ist. Diese ist schwer quantifizierbar, denn die Kirchen in Gemeinschaft können sich dieser Autorität beugen oder es auch lassen, er hat keine Jurisdiktionsgewalt und keine Mittel, um etwas durchzusetzen. Die Autorität reicht genau so weit, wie man bereit ist, sie ihm zuzugestehen. Es ist eben ein reiner "Ehrenprimat".
Stephen Dedalus hat geschrieben:Auch würde ich sagen, daß die 43 Ortskirchen in Gemeinschaft mit dem Stuhl von Canterbury eine Gemeinschaft von Kirchen "unter" der geistlichen Leitung des ABC bilden. Was stört Euch an dieser Formulierung?
Die Gemeinschaft hängt nicht an einem bestimmten Stuhl. Andernfalls würde ja Roberts These zutreffen, dass es gar keine Gemeinschaft ohne Rom geben kann.
Nun, das ist wohl bei uns etwas anders. Die Anglican Communion ist per definitionem eine Gemeinschaft von Kirchen in voller Gemeinschaft mit dem Stuhl von Canterbury. Die offizielle Website der Communion sagt:

The Churches of the Anglican Communion are linked by affection and common loyalty. They are in full communion with the See of Canterbury and thus the Archbishop of Canterbury, in his person, is a unique focus of Anglican unity. He calls the once-a-decade Lambeth Conference, chairs the meeting of Primates, and is President of the Anglican Consultative Council. The 104th Archbishop, in the succession of St Augustine, is the Most Revd and Rt Hon Rowan Douglas Williams, enthroned in February 2003.
Auf der Website des Erzbischofs wird dieser als "Leader of the Anglican Communion" bezeichnet. Mir scheint, daß wir hier dem Erzbischof etwas mehr Gewicht geben als die Orthodoxen Brüder dem Ökumenischen Patriarchen?
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John Grantham
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Beitrag von John Grantham »

Walter hat geschrieben:
John Grantham hat geschrieben:Er ist auch 'nur' primus inter pares, d.h. nur ein Erzbischof unter Erzbischöfe. Der Begriff "geistlicher Oberhaupt der Anglikaner" schreibt ihn Kräfte zu, die er einfach nicht hat. ;-)
Das sehe ich auch so.
Stephen Dedalus hat geschrieben:Auch würde ich sagen, daß die 43 Ortskirchen in Gemeinschaft mit dem Stuhl von Canterbury eine Gemeinschaft von Kirchen "unter" der geistlichen Leitung des ABC bilden. Was stört Euch an dieser Formulierung?
Die Gemeinschaft hängt nicht an einem bestimmten Stuhl. Andernfalls würde ja Roberts These zutreffen, dass es gar keine Gemeinschaft ohne Rom geben kann.
Genau. Canterbury ist bei uns nur Mittel zum Zweck, als sichtbarer Mittelpunkt unserer Einheit, aber auch ohne Canterbury könnte es (prinzipiell) eine Anglican Communion geben -- wobei das Prinzip wird in letzter Zeit von so mancher "Global South"-Ortskirche völlig auf den Kopf gestellt, in dem sie behaupten, mit Canterbury aber nicht mit ECUSA in voller Kommunion zu stehen (z.B. Nigeria). Das geht nicht. Aber das am Rande.

Das interessante ist auch, dass das heiß debattierte Covenant dazu führen würde, die Anglican Communion noch unabhängiger von Canterbury zu machen. Im Moment ist Canterbury prinzipiell ein s.g. "Instrument of Unity" der Communion, aber mit dem Covenant wäre auch das eigentlich überflüssig.

Ich würde auch nicht mal sagen, dass Canterbury eine "geistliche Leitung" ausübt. Er hat eigentlich keine solche leitende Position -- eher eine vorsitzende Position (z.B. bischöfliche Konferenzen einberufen), aber keine *leitende*. Das ist ein erheblicher Unterschied.

Der Grund, wieso ich so allergisch dagegen reagiere, ist -- ähnliche wie Walter und Alexander es nicht gerne hören, wie der Ökumenische Patriarch als eine Art Gegenpapst dargestellt und wahrgenommen wird -- so ähnlich denken viele über den Erzbischof von Canterbury, obwohl er absolut kein Papst-Ersatz sein soll. Sowohl in der orthodoxen als auch in der anglikanischen Ekklesiologie ist eine solche Rolle ausdrücklich nicht gewollt -- das ist vielleicht der allergrößte Grund, wieso wir alle nicht mit Rom in Kommunion stehen!

Cheers,

John
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John Grantham
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Beitrag von John Grantham »

Stephen Dedalus hat geschrieben:
Walter hat geschrieben:
John Grantham hat geschrieben:Er ist auch 'nur' primus inter pares, d.h. nur ein Erzbischof unter Erzbischöfe. Der Begriff "geistlicher Oberhaupt der Anglikaner" schreibt ihn Kräfte zu, die er einfach nicht hat. ;-)
Das sehe ich auch so.
Dem kann ich so nicht zustimmen. Die Rolle, die er als Erzbischof von Canterbury hat, geht weit über das hinaus, was ein anderer Erzbischof an Einfluß hat. Als primus inter pares hat er trotzdem durch seine Rolle in der Anglican Communion eine spirituelle und moralische Autorität, die mit nichts vergleichbar ist. Diese ist schwer quantifizierbar, denn die Kirchen in Gemeinschaft können sich dieser Autorität beugen oder es auch lassen, er hat keine Jurisdiktionsgewalt und keine Mittel, um etwas durchzusetzen. Die Autorität reicht genau so weit, wie man bereit ist, sie ihm zuzugestehen. Es ist eben ein reiner "Ehrenprimat".
Aber "Ehrenprimat" ist eben Ehrenprimat. Er hat de facto und de jure keine Leitungsgewalt außerhalb Süd-England. Auch der Ökumenische Patriarch hat eine gewisse moralische Autorität, aber genau so wenig Leitungsgewalt außerhalb seines Territoriums wie Canterbury.
Stephen Dedalus hat geschrieben:
Stephen Dedalus hat geschrieben:Auch würde ich sagen, daß die 43 Ortskirchen in Gemeinschaft mit dem Stuhl von Canterbury eine Gemeinschaft von Kirchen "unter" der geistlichen Leitung des ABC bilden. Was stört Euch an dieser Formulierung?
Die Gemeinschaft hängt nicht an einem bestimmten Stuhl. Andernfalls würde ja Roberts These zutreffen, dass es gar keine Gemeinschaft ohne Rom geben kann.
Nun, das ist wohl bei uns etwas anders. Die Anglican Communion ist per definitionem eine Gemeinschaft von Kirchen in voller Gemeinschaft mit dem Stuhl von Canterbury. Die offizielle Website der Communion sagt:

The Churches of the Anglican Communion are linked by affection and common loyalty. They are in full communion with the See of Canterbury and thus the Archbishop of Canterbury, in his person, is a unique focus of Anglican unity. He calls the once-a-decade Lambeth Conference, chairs the meeting of Primates, and is President of the Anglican Consultative Council. The 104th Archbishop, in the succession of St Augustine, is the Most Revd and Rt Hon Rowan Douglas Williams, enthroned in February 2003.
Auf der Website des Erzbischofs wird dieser als "Leader of the Anglican Communion" bezeichnet. Mir scheint, daß wir hier dem Erzbischof etwas mehr Gewicht geben als die Orthodoxen Brüder dem Ökumenischen Patriarchen?
Der Begriff "Leader" ist aber recht schwammig. Was führt er denn wirklich? Wenn man genau hinschaut, eigentlich recht wenig.

Er ist wie gesagt Mittelpunkt unserer Einheit, aber das war's dann schon. Nach dem Covenant (falls es eins gibt) wird seine Rolle in dieser Einheit noch weniger wichtig sein. Aber ich sehe da und nur da einen Unterschied zum Ökumenischen Patriarchen -- wir haben Institutionen und Definitionen, wo Canterburys Rolle in den Mittelpunkt gestellt wird, und die Orthodoxen haben das weniger. Aber letztendlich -- wenn man genau hinschaut -- sind die eigentlichen Unterschiede zwischen den beiden Rollen kaum die Rede wert. Beide sind nur in ihren jeweiligen Gebieten Oberhäupter; außerhalb nicht.

Cheers,

John
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Stephen Dedalus
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Beitrag von Stephen Dedalus »

Ich merke schon, in Dir regt sich der unabhängige Geist der ehemaligen Kolonien. :D :D

Mein anglozentrisches Weltbild läßt mich die Dinge etwas anders sehen. Aber im Kern liegen wir glaube ich gar nicht so weit auseinander. Die Formulierung, der Erzbischof von Canterbury sei ein "Focus of Unity" trifft es wahrscheinlich am besten.
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John Grantham
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Beitrag von John Grantham »

Stephen Dedalus hat geschrieben:Ich merke schon, in Dir regt sich der unabhängige Geist der ehemaligen Kolonien. :D :D
Anyone for tea? :-D
Stephen Dedalus hat geschrieben:Mein anglozentrisches Weltbild läßt mich die Dinge etwas anders sehen. Aber im Kern liegen wir glaube ich gar nicht so weit auseinander. Die Formulierung, der Erzbischof von Canterbury sei ein "Focus of Unity" trifft es wahrscheinlich am besten.
Einverstanden. :-)

Cheers,

John
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Walter
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Beitrag von Walter »

Stephen Dedalus hat geschrieben:Nun, das ist wohl bei uns etwas anders. Die Anglican Communion ist per definitionem eine Gemeinschaft von Kirchen in voller Gemeinschaft mit dem Stuhl von Canterbury. Die offizielle Website der Communion sagt:
The Churches of the Anglican Communion are linked by affection and common loyalty. They are in full communion with the See of Canterbury and thus the Archbishop of Canterbury, in his person, is a unique focus of Anglican unity. He calls the once-a-decade Lambeth Conference, chairs the meeting of Primates, and is President of the Anglican Consultative Council.
Nun ja, zu sagen, alle kanonisch orthodoxen Kirchen stehen in voller Gemeinschaft mit Konstantinopel, ist ja auch nicht falsch, allerdings wenn jetzt der Ökumenische Patriarch auf die Idee käme, eine Union mit Rom einzugehen (und auch seine Kirche ihm folgen würde), dann würden die anderen orthodoxen Kirchen dem Ökumenischen Patriarchat sicher die Gemeinschaft aufkündigen, aber dadurch keineswegs die Gemeinschaft untereinander verlieren.
Stephen Dedalus hat geschrieben:Auf der Website des Erzbischofs wird dieser als "Leader of the Anglican Communion" bezeichnet. Mir scheint, daß wir hier dem Erzbischof etwas mehr Gewicht geben als die Orthodoxen Brüder dem Ökumenischen Patriarchen?
Steht das auch auf den Webseiten der anderen Erzbischöfe? :mrgreen: Sicher sind auch nicht alle orthodoxen Kirchen mit allem einverstanden, was das Ökumenische Patriarchat publiziert, und es gibt ganz offensichtlich innerorthodoxe Differenzen gerade in diesem Punkt, wie sie ja auch bei den Gesprächen mit der katholischen Kirche jüngst in Belgrad wieder zutage kamen.

Das, was die deutsche Wikipedia in Bezug auf das Leitungsamt momentan schreibt (also unabhängig von den genauen Besetzung der Gremien und dem Thema Frauenordination), kann ich zumindest ganz gut auch auf die orthodoxe Kirche übertragen.
Wikipedia hat geschrieben:Leitung der Kirchengemeinschaft

Die anglikanische Gemeinschaft kennt keine zentralisierte Strukturen der Autorität, sondern vertritt seit der englischen Reformation das Prinzip, dass kein Bischof (ob von Rom, Canterbury oder Konstantinopel) für die Geschäfte eines anderen Bistums weisungsbefugt ist. Dennoch gibt es in der Gemeinschaft vier sogenannte "Instruments of Unity" (Instrumente der Einheit)--in der Reihenfolge ihres Alters sind diese: Der Erzbischof von Canterbury, die Lambeth Conference, das Anglican Consultative Council, und das Treffen der Primasse (die ranghöchsten Bischöfe/Bischöfinnen der einzelnen Landeskirchen).
  • Oberster geistlicher Leiter der Kirche ist der Primas der Church of England, also der Erzbischof von Canterbury (gegenwärtig Rowan Williams) als Primus inter Pares. Er, dessen Amt seit Gründung durch Augustinus von Canterbury im Jahr 597 besteht, besitzt kein Weisungsrecht gegenüber den übrigen Kirchen der Kirchengemeinschaft.
  • Seit 1867 tagt die Lambeth Conference, eine Konferenz der Bischöfe und Bischöfinnen aller Kirchen der Anglikanischen Kirchengemeinschaft, alle zehn Jahre. Das letzte Treffen war 1998.
  • Die Anglikanische Beratende Versammlung (ACC: Anglican Consultative Council) trifft seit 1968 etwa alle drei Jahre zusammen und hat in erster Linie koordinierende Funktionen. Sie setzt sich aus Delegationen aller Anglikanischen Kirchen zusammen, wobei jede Kirche einen Bischof/eine Bischöfin, einen Priester/eine Priesterin und einen Laien/eine Laiin stellt.
  • Der Erzbischof von Canterbury beruft seit 1979 die Treffen der Primasse der Anglikanischen Kirche ein und leitet sie. Diese Treffen, die anfangs alle zwei bis drei Jahren stattfanden und seit 2000 jährlich, haben ebenfalls kein Weisungsrecht gegenüber den einzelnen Kirchen. Gewöhnlich wird dabei ein gemeinsamer Pastoralbrief herausgegeben.
[/size][/font]
"Oberster geistlicher Leiter" kann man nämlich durchaus auch als "Erster unter gleichen" anstatt als "Erster über gleichen" auffassen. Wenn ihr damit einverstanden seid, sollten wir es dabei belassen, weil es doch eher ein Nebenaspekt des Themas "Papsttum" ist. :ikb_shy:
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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Ich muß an dieser Stelle doch noch einmal betonen, daß ich oben sehr präzise formuliert und weder den Primat des römischen Papstes auch nur bezweifelt noch seine „Unfehlbarkeit“ (die als Ausfluß der immer schon geglaubten Unfehlbarkeit der Kirche zu fassen ist) bestritten habe. Abgelehnt habe ich exakt jene „maximalistische“ Position, »der römische Bischof übe primatial, das heißt primär, bischöfliche Gewalt unmittelbar in jeder Diözese der Ökumene aus, während die Ortsbischöfe nur abgeleitete, sekundäre Gewalt hätten«.

Ich finde bemerkenswert, daß die lehmannsche Häresie vom christusfreien Heilsweg der Synagoge keinerlei Proteste hervorruft, meinem eben noch einmal zitierten Satz aber zahlreiche Proteste „konservativer Katholiken“ auf dem Fuße folgen.

Ist unsere Religion eine Papstreligion, die sich von 1870 her definiert, wie der Protestantismus von Luther? – Dann wären wir nur die was-weiß-ich-wievielte neoprotestantische Sekte. Vielleicht mit leicht lamaistischem Einschlag.
Josephus hat geschrieben:Lieber Robert, der erste Teil jener von Dir "maximalistisch" genannten Position ist Inhalt des Dogmas: Der Primat des Papstes beinhaltet tatsächlich eine oberste und unmittelbare bischöfliche Gewalt des Papstes für jede sog. Teilkirche; dieser Primat und die damit verbundene Unterordnung der übrigen Bischöfe unter den Papst hebt freilich, wie dasselbe 1. Vatikanische Konzil betont hat, die göttliche Einsetzung des Bischofsamtes und dessen unmittelbare Vollmacht nicht auf. Das 2. Vatikanische Konzil hat diese Fragen einer weiteren Klärung zugeführt, auf die hier nicht eingegangen werden kann. Der zweite Teil der von Dir erwähnten Position (die Bischöfe hätten nur abgeleitete, sekundäre Gewalt) ist demgemäß keine Aussage des 1. Vatikanums: auch ihre Gewalt kommt unmittelbar von Christus, kann aber nur in Einheit und in hierarchischer Unterordnung unter den Nachfolger Petri ausgeübt werden.
Lieber Joseph, hierauf gehe ich nun doch besser hier ein, im thematisch passenden Strang, nicht nebenan, wo du’s ursprünglich geschrieben hast. – Zunächst darf ich, um der Diskussion eine Grundlage zu geben, die relevanten Auszüge aus der Konstitution Pastor æternus des Vaticanum I wiedergeben:
Das I. Vatikanische Konzil hat geschrieben:DS 3060 Docemus proinde et declaramus, ecclesiam Romanam, disponente Domino, super omnes alias ordinariæ potestatis obtinere principatum, et hanc Romani pontificis jurisdictionis potestatem, quæ vere episcopalis est, immediatam esse: erga quam cujuscumque ritus et dignitatis pastores atque fideles, tam seorsum singuli quam simul omnes, officio hierarchicæ subordinationis veræque obœdientiæ obstringuntur, non solum in rebus, quæ ad fidem et mores, sed etiam in iis, quæ ad disciplinam et regimen ecclesiæ per totum orbem diffusæ pertinent; ita ut, custodita cum Romano pontifice tam communionis quam ejusdem fidei professionis unitate, ecclesia Christi sit unus grex sub uno summo pastore [cf. Jo 10,16]. Hæc est catholicæ veritatis doctrina, a qua deviare salva fide atque salute nemo potest.

DH 3060 Wir lehren demnach und erklären, daß die Römische Kirche auf Anordnung des Herrn den Vorrang der ordentlichen Vollmacht über alle anderen innehat, und daß diese Jurisdiktionsvollmacht des Römischen Bischofs, die wahrhaft bischöflich ist, unmittelbar ist: ihr gegenüber sind die Hirten und Gläubigen jeglichen Ritus und Ranges - sowohl einzeln für sich als auch alle zugleich - zu hierarchischer Unterordnung und wahrem Gehorsam verpflichtet, nicht nur in Angelegenheiten, die den Glauben und die Sitten, sondern auch in solchen, die die Disziplin und Leitung der auf dem ganzen Erdkreis verbreiteten Kirche betreffen, so daß durch Wahrung der Einheit sowohl der Gemeinschaft als auch desselben Glaubensbekenntnisses mit dem Römischen Bischof die Kirche Christi eine Herde unter einem obersten Hirten sei [vgl. Joh 10,16]. Dies ist die Lehre der katholischen Wahrheit, von der niemand ohne Schaden für Glauben und Heil abweichen kann.

DS 3061 Tantum autem abest, ut hæc summi pontificis potestas officiat ordinariæ ac immediatæ illi episcopalis jurisdictionis potestati, qua episcopi, qui positi a Spiritu Sancto [cf. Act 20,28] in apostolorum locum successerunt, tamquam veri pastores assignatos sibi greges singuli singulos pascunt et regunt, ut eadem a supremo et universali pastore asseratur, roboretur ac vindicetur, secundum illud sancti Gregorii magni: „Meus honor est honor universalis ecclesiæ. Meus honor est fratrum meorum solidus vigor. Tum ego vere honoratus sum, cum singulis quibusque honor debitus non negatur“.

DH 3061 So wenig aber beeinträchtigt diese Vollmacht des Papstes jene ordentliche und unmittelbare Vollmacht der bischöflichen Jurisdiktion, mit der die Bischöfe, die, eingesetzt vom Heiligen Geist [vgl. Apg 20,28], an die Stelle der Apostel nachgefolgt sind, als wahre Hirten die ihnen jeweils zugewiesenen Herden jeweils weiden und leiten, daß sie vielmehr vom obersten und allgemeinen Hirten bejaht, gestärkt und geschützt wird gemäß jenem <Wort> des heiligen Gregor des Großen: „Meine Ehre ist die Ehre der gesamten Kirche. Meine Ehre ist die ungebrochene Tatkraft meiner Brüder. Dann bin ich wahrhaft geehrt, wenn einem jeden einzelnen die gebührende Ehre nicht versagt wird“.

DS 3064 [Canon.] Si quis itaque dixerit, Romanum pontificem habere tantummodo officium inspectionis vel directionis, non autem plenam et supremam potestatem jurisdictionis in universam ecclesiam, non solum in rebus, quæ ad fidem et mores, sed etiam in iis, quæ ad disciplinam et regimen ecclesiæ per totum orbem diffusæ pertinent; aut eum habere tantum potiores partes, non vero totam plenitudinem hujus supremæ potestatis; aut hanc ejus potestatem non esse ordinariam et immediatam sive in omnes ac singulas ecclesias sive in omnes et singulos pastores et fideles: anathema sit.

DH 3064 [Kanon.] Wer deshalb sagt, der Römische Bischof besitze lediglich das Amt der Aufsicht bzw. Leitung, nicht aber die volle und höchste Jurisdiktionsvollmacht über die gesamte Kirche, nicht nur in Angelegenheiten, die den Glauben und die Sitten, sondern auch in solchen, die die Disziplin und Leitung der auf dem ganzen Erdkreis verbreiteten Kirche betreffen; oder er habe nur einen größeren Anteil, nicht aber die ganze Fülle dieser höchsten Vollmacht; oder diese seine Vollmacht sei nicht ordentlich und unmittelbar sowohl über alle und die einzelnen Kirchen als auch über alle und die einzelnen Hirten und Gläubigen: der sei mit dem Anathema belegt.
Ich räume ein, daß der Abschnitt DS 3061 so interpretiert werden kann, daß meine obige Formulierung vom „abgeleiteten“ Bischofsamt unzutreffend wäre. Als „sekundär“, wie ich im selben Atemzug schrieb, wird es aber auf jeden Fall gesehen, als etwas der „Teilkirche“ zusätzliches Gegebenes und Akzidentielles, während das petrinische Amt ihr von vornherein wesensmäßig innewohne.

Ob der von Pastor æternus gebrauchte Begriff von der immediata potestas der subalternen Diözesanbischöfe sich nun auf die Ausübung dieser Gewalt beziehe, also das Verhältnis zu den Diözesanen meine, oder auf den Empfang dieser Gewalt – dann hieße es: unmittelbar vom Herrn, nicht vermittels des Papstes –, darüber kann man trefflich streiten. Der ganze Kontext scheint mir deutlich für die erste Möglichkeit zu sprechen, also auch mein Wort vom „abgeleiteten“ Bischofsamt zu stützen. Aber wie dem auch sei, dem Wortlaut von Pastor æternus nach bleiben die Partikularbischöfe in ihren eigenen Diözesen sekundär und nachgeordnet oder kurz: subaltern.

Beide Teile meines Einwands gegen Pastor æternus also – gegen die unmittelbare bischöfliche Gewalt des Papstes in jeder einzelnen Diözese und gegen die Subalternität der übrigen Diözesanbischöfe – sind also substantiell begründet, das heißt: sie gehen nicht ins Leere. Nun bleibt zu fragen, ob sie auch berechtigt sind. Aber das kriegen wir später, jetzt hab’ ich erst mal was anderes zu tun.
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

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