Trennung zwischen Ost und West: das Papsttum

Ostkirchliche Themen.
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Nietenolaf
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Beitrag von Nietenolaf »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:Unter 23 und 28 finde ich Angaben über abzuhaltende Provinzialsynoden und über bestimmte Rechte der Provinzmetropoliten. Meinst du das?
Grob gesagt – ja.
Synode zu Karthago (419 a.D.) hat geschrieben:23. (32.) Bischöfe mögen nur dann nach jenseits des Meeres gehen, wenn sie eine Erlaubnis ihres jeweiligen Metropoliten ihrer Provinz [wörtlich: des Bischofs des ersten Altars ihrer Provinz, της πρώτης καθέδρας του ίδίοο εκάστης χώρας επισκόπου] besitzen, das heißt, nachdem sie vom Metropoliten selbst ein Entlassungsschreiben (άπολυτικήν έπιστολήν), das heißt eine Genehmigung (παράθεσις, commendatio), bekommen haben.
Entsprechend der Lage Afrikas bedeutet "(nach) jenseits des Meeres" (πέραν θαλάσσης, trans mare) Italien, in erster Linie Rom. Es bestand offenbar seitens mancher Kleriker die Gepflogenheit, sich beim römischen Bischof über örtliche, afrikanische Bischöfe zu beschweren. Denk an den Presbyter Apiarius aus Sicca. Das ist überhaupt einer der wichtigsten Gründe, warum die Synode zu Karthago zusammengerufen wurde.
Synode zu Karthago (419 a.D.) hat geschrieben:28. (37.) Bestimmt wird ebenso, daß wenn Presbyter und Diakone und sonstige niedere Ämter sich aufgrund von bei ihnen aufgetretenen Dingen über das Gericht ihrer Bischöfen beschweren, die zwischen ihnen aufgetretenen Unannehmlichkeiten durch von ihnen eingeladene Bischöfe beigelegt werden. Sollten sie es von diesen einem höheren Gericht überantworten wollen: so mögen sie (die Sache) nicht nach jenseits des Meeres bringen, sondern vor die ersten Bischöfe [Metropoliten] ihrer Provinzen, denn solches ist vielfach auch über die Bischöfe bestimmt. Jene aber, welche die Sache vor Gerichte jenseits des Meeres bringen, mögen von niemandem in Afrika in die Gemeinschaft empfangen werden.
Es gab lateinische Versuche, diesen Kanon um die Worte «nisi forte Romanam sedem appellaverint» zu ergänzen und so zu suggerieren, als meinten die Konzilsväter normale Kirchengerichte in Italien, nicht aber den römischen Bischof.
Synode zu Karthago (419 a.D.) hat geschrieben:105. (118.) Wer in Afrika aus der Kirchengemeinschaft ausgeschlossen wurde und sich in die Länder jenseits des Meeres schleicht, um dort in die Gemeinschaft aufgenommen zu werden, der wird aus dem Klerus ausgeschlossen.
Die Kanones haben verschiedene Nummerierungen, weil in verschiedenen Quellen die Kanones 15, 16, 18, und ein paar mehr in mehrere Einzelkanones aufgeteilt wurden. Kanon 125 wiederholt inhaltlich und fast wörtlich Kanon 28. Gesamtzahl der Kanones ist bei mir 133; ich entnehme sie aus «Kanones der Lokalkonzilien der heiligen Orthodoxen Kirche mit Kommentaren des Bischofs Nikodim (Miloš)».

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Nietenolaf
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Beitrag von Nietenolaf »

Die Berufung auf Petrus, den Felsen, tritt meiner Information erstmals beim römischen Bischof Stephanus (254-257) auf, und zwar während seinem Disput über die Anerkennung der Häretikertaufe mit dem damaligen karthagischen Bischof, dem hl. Cyprian. Stephanus bezeichnet im Verlaufe des Disputs den hl. Cyprian als "Pseudochrist", "Pseudoapostel", als "bösen Knecht"; das nach der 255 gehaltenen Synode in Karthago, welche die Wiedertaufe für Häretiker festschrieb, was sich von der Position der römischen Kirche unterschied.

Auf diese erste Berufung auf den Apostel Petrus und die Angriffe gegen den hl. Cyprian antworteten die Bischöfe Dionysios von Alexandria und Firmilian von Caesarea. Letzterer schrieb an Stephanus: "Welch eine große Sünde hast Du auf Dich geladen, als Du Dich von so vielen Kirchen ausgeschlossen hast. Denn, betrüge Dich nicht selbst, Dich selbst hast Du ausgeschlossen. Indem Du aus der Gemeinschaft der Kirchen gefallen bist, denke nicht, daß Du in der Lage bist, alle von der Gemeinschaft mit Dir auszuschließen. Du hast nur Dich selbst von allen ausgeschlossen." (Ep. LXXIV unter den Episteln des hl. Cyprian, c. xxiv.)

So kam diese erstmalige Berufung auf Petrus, den Fels, in der Kirche von Karthago an. An anderer Stelle schreibt der hl. Firmilian just zu dieser Berufung: "Ich bin empört über die offensichtliche und deutliche Dummheit des Stephanus, er, der sich seiner Position so rühmt, und behauptet, er sei der Nachfolger des Hl. Petrus, auf welchem die Begründung der Kirche liege; und doch bringt er viele weitere Felsen ein, baut neue Gebäude neuer Kirchen, wenn er mit seiner Autorität die von Häretikern vorgenommene Taufe anerkennt; ..." (Hl. Cyprian, Ep. lxxiv, 2).

[(Zitate größtenteils nach Erzpriester Maksim Kozlov, "Vergleichende Theologie". Man findet diese Fakten aber u.a. auch auf newadvent.org.)]

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Großinquisitor
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Beitrag von Großinquisitor »

Einschränkungen des Appellationsrechtes kann man nicht ohne weiteres gegen den Jurisdiktionsprimat des Papstes einsetzen; selbst noch im 2. Jahrtausend fand so etwas noch von seiten des römischen Bischofs persönlich statt. Hier spielten wohl eher praktische Erwägungen eine Rolle.

Ob Firmilian ein Gegner des petrinischen Primates war, darf bezweifelt werden. Wie Klaus Schatz schreibt, erschien es Firmilian einfach undenkbar, daß Taufen der Häretiker gültig seien. So gesehen mißbrauchte (vermeintlicherweise) Stephan seine petrinische Autorität. Daß ein Papst seine Autoriät mißbrauchen kann, ist völlig unstrittig.

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Beitrag von Großinquisitor »

Nietenolaf schrieb:

Du meinst Contra haereses III, Kap. 3, 2?
Es heißt in der lateinischen Übersetzung adversus haereses; aber um einem lateinischen Imperialismus vorzubeugen :mrgreen: bleiben wir doch gleich beim ursrünglichen Titel "Widerlegung und Entlarvung der fälschlich sogenannten Erkenntnis"!

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Nietenolaf
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Beitrag von Nietenolaf »

Großinquisitor hat geschrieben:Es heißt in der lateinischen Übersetzung adversus haereses;
Das ist mir bekannt, aber ich zitierte nach der "Bibliothek der Kirchenväter", wo dieses Werk den lateinischen Titel "Contra Haereses" hat.

Großinquisitor hat geschrieben:Ob Firmilian ein Gegner des petrinischen Primates war, darf bezweifelt werden.

Was genau meinst Du mit "petrinischem Primat" in der Zeit, von der wir reden? Ein solches Konzept tauchte damals in Embryonalform gerade erst auf.

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Großinquisitor
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Beitrag von Großinquisitor »

Danke für den Hinweis; allerdings lese ich diese Titelvariante zum erstenmal. Ob die irgendwo jemals bezeugt ist, oder da nicht bei der Bibliothek der Kirchenväter ein Fehler vorliegt? Bei meiner offline Ausgabe heißt es jedenfalls immer noch adversus haereses.

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Beitrag von Großinquisitor »

Was Firmilian genau meinte, wird sich so wie so nie mit letzter Sicherheit eruieren lassen; schließlich können wir ihn nicht mehr fragen, oder? Allerdings vermag ich nicht in dem von Dir gezeigten Zitat auch nur ansatzweise die Theorie eines Ehrenprimates zu erkennen.

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Nietenolaf
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Beitrag von Nietenolaf »

Oh, Großinquisitor... ich geb's auf. Was ich hier seit Seiten mache, ist die Beweisführung, daß und woher Rom in den ersten Jahrhunderten einen Ehrenprimat hatte, der sich nicht einmal auf "Petrus, den Fels" stützt. Bitte, es wäre an Dir, das Gegenteil zu beweisen, das könnte man dann "Diskussion" nennen. Aber Dein 1870'er "meine Suppe eß' ich nicht", dazu der Agnostizismus beim Blick auf Quellen, ist nur borniert.

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Großinquisitor
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Beitrag von Großinquisitor »

Da es bislang noch niemand getan hat, möchte ich noch mal darauf hinweisen, daß es im Internet eine interessante Studie zu dem Thema gibt: Geschichte des päpstlichen Primates von Klaus Schatz.

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Dank für die Zitation der karthagischen Canones, Roman. Den 23er
habe ich als Nr. 28, den Rest krieg ich nicht zusammen, da fehlt’s an
einer ordentlichen kritischen Ausgabe.

Darauf kommt’s jetzt aber so sehr nicht an. Vielleicht lassen sich doch
einige Punkte herausschälen (Fragen um Häresie oder Orthodoxie ein-
mal außer Betracht gelassen).

1. Daß der Bischof von Rom von Rechts wegen den ersten Platz unter
den Bischöfen der Kirche einnimmt, auch vor den alten und jüngeren
Patriarchen des Ostens, ist unbestritten; strittig und auch im Wandel
der Zeiten unterschiedlichen Urteilen unterworfen ist die Frage, wor-
auf und wie weit sich sein Vorrang erstrecke.

2. Die Berufung auf Mt 16,18 zur Unterstreichung der Autorität des
Bischofs von Rom taucht relativ früh auf, und zwar angelegentlich von
Kontroversen oder appellativen Schreiben. Von einer ständigen oder
allgemein anerkannten oder gar fest definierten Lehre kann noch weit
übers erste Jahrtausend nicht die Rede sein.
(Dies wird auch am Konflikt mit Cyprian deutlich, in welchem in der
Sache am Ende übrigens die römische Position allgemeine Anerken-
nung fand.)

3. Daß die Hauptstadtfunktion der Stadt Rom den Vorrang auch ihres
Bischofsstuhles jemals theologisch begründet habe, ist nicht schlüssig
nachweisbar. Unbestreitbar ist dagegen, daß diese Hauptstadtfunktion
historisch eine notwendige Ursache für den Vorrang Roms war.

4. Die verbreitetste theologische Begründung für den Vorrang Roms
war in der Kirche des ersten Jahrtausends das Martyrium der heiligen
Petri und Pauli, also ihre Errichtung auf den Gebeinen der beiden Apo-
stelfürsten.

5. Mit der Abwehr der Reformation wurde die Berufung auf Mt 16,18
zum verbreitesten Topos römischer Primatsapologetik und schließlich
faktisch zum festen Lehrbestandteil.

6. Spätestens gewisse Ereignisse des zwanzigsten und einundzwanzig-
sten Jahrhunderts, wie insbesondere die Assisitreffen Johannes Pauls II.
(an welchen übrigens auch Ostkirchenhierarchen teilnahmen), müssen
die nun schon seit einigen Jahrhunderten im Bewußtsein der lateinischen
Kirche verankerte Interpretation von Mt 16,18 erschüttern. Insbeson-
dere sollte auffallen, daß das Wort von den nicht obsiegenden „Pforten
der Hölle“ auf die Kirche geht, nicht aber auf Petrus, also auch auf der
petrinischen Argumentationslinie schwerlich auf die römischen Bischö-
fe übertragen werden kann.
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

Stephen Dedalus
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Beitrag von Stephen Dedalus »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:2. Die Berufung auf Mt 16,18 zur Unterstreichung der Autorität des
Bischofs von Rom taucht relativ früh auf, und zwar angelegentlich von
Kontroversen oder appellativen Schreiben. Von einer ständigen oder
allgemein anerkannten oder gar fest definierten Lehre kann noch weit
übers erste Jahrtausend nicht die Rede sein.
(Dies wird auch am Konflikt mit Cyprian deutlich, in welchem in der
Sache am Ende übrigens die römische Position allgemeine Anerken-
nung fand.)
Meines Wissens ist Papst Stephan I. um 250 herum der erste, der nachweislich Mt 16,18 in diesem Sinne interpretiert. Angesichts der späteren Haltung Roms, der Primat des Papstes ginge auf göttliches Recht (ius divinum) und eine direkte Einsetzung Jesu zurück, halte ich dieses Faktum für bedeutsam. Ich finde das Jahr 250 in diesem Zusammenhang eher spät als früh. Sollte es sich um einen Teil apostolischer Lehre halten, hätte ich eine frühere Erwähnung erwartet.

Gruß
Stephen

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Nee, Stephen, dies Argument wäre ein Schuß ins Knie. Schau dir mal
an, welche grundlegenden Definitionen zwischen 325 und 451 getrof-
fen worden sind. Und welche Überlieferung wir aus dem dritten Jahr-
hundert überhaupt haben.

Nee, mein Lieber, »um 250 herum«, das ist in diesem Zusammenhang
ausgesprochen früh.

Wichtiger – und zwar im Sinne dessen, worauf du hinauswillst, eben-
so wie Roman – ist, was ich oben über Kontext und Aussageabsicht
solcher Berufung auf Mt 16,18 schrieb. Ihr Platz ist innerhalb der kirch-
lichen Kontroverse
, ihr Charakter ist appellativ, sie bekräftigt den An-
spruch des Verfassers auf Autorität
.

Es geht nicht um dogmatisch-lehrhafte Aussagen. Es kann auch gar
nicht – jedenfalls noch auf Jahrhunderte nicht – von ständiger Lehre
die Rede sein; erst recht nicht von allgemeiner Anerkennung.
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

Stephen Dedalus
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Beitrag von Stephen Dedalus »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Nee, Stephen, dies Argument wäre ein Schuß ins Knie. Schau dir mal
an, welche grundlegenden Definitionen zwischen 325 und 451 getrof-
fen worden sind. Und welche Überlieferung wir aus dem dritten Jahr-
hundert überhaupt haben.


Hallo Robert,

ich sehe da doch einen deutlichen Unterschied. Während wir in den meisten Kontroversen, die in den Jahren bis Chalcedon entschieden wurden, eine Definition und Auslegung bereits in biblischen Texten grundgelegter Aussagen haben (Christologie), läßt sich die Berufung Papst Stephans I auf Mt 16,18 doch allzu leicht als eine rückwirkende Projektion eines Anspruches in den Bibeltext hinein lesen. Unabhängig davon, daß der Charakter dieser Aussage bei Stephan noch appelativ ist, wie Du schreibst, ist doch offensichtlich, daß es in der frühen Kirche (bis 250) kein Verständnis dafür gegeben zu haben scheint, daß die Verheißung an Petrus in Mt 16,18 sich auch auf seine "Nachfolger" beziehen könnte.

Nun mag man den Aufstieg des Papsttums und die sich herausbildende Überzeugung, Mt 16,18 und andere "Primatsstellen" seien in diesem Sinne zu interpretieren, als Entfaltung der Ursprungsoffenbarung ansehen. Diese Möglichkeit ist da. Ein Blick auf die Geschichte des päpstlichen Primates läßt bei mir da aber sehr große Zweifel aufkommen.

LG
SD


Gruß
Stephen

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Stephen Dedalus hat geschrieben:… ist doch offensichtlich, daß es in der frühen Kirche (bis 250) kein
Verständnis dafür gegeben zu haben scheint, daß die Verheißung an
Petrus in Mt 16,18 sich auch auf seine "Nachfolger" beziehen könnte.
Du fichtst hier an der falschen Front. Was ich oben schrieb, ist für die
seit ein paar Jahrhunderten in der lateinischen Kirche zur festen Tradi-
tion gewordene Position eine schwer zu schluckende und zu verdau-
ende Kröte. Schon gemerkt? ;)

Diesmal ist dein Einwand auch – von nachreformatorisch-traditionell-
katholischer Seite aus – anfechtbar. Es wird lediglich anläßlich einer
konkreten Kontroverse die Berufung auf Mt 16,18 zurückgewiesen.
Es ist zu bedenken, daß sich hier in der umstrittenen Sache – der Ket-
zertaufe – die römische Position durchgesetzt hat.

Es gibt übrigens noch eine frühere Bezeugung einer Berufung auf Mt
16,18 mutmaßlich durch einen römischen Bischof. Das bezeugt uns
Tertullian ums Jahr 220 in seiner dagegen wetternden Polemik in sei-
ner Schrift de pudicitia. Es ging um die Kirchenbuße. Tertullian be-
kämpfte nach seiner Wendung zum Montanismus die Möglichkeit der
Rekonziliation.

Papst Callixtus (oder nach einer abweichenden Meinung der zuständi-
ge Metropolit, Aurelius von Karthago) hatte die Möglichkeit der Rekon-
ziliation der Büßer mit der bischöflichen Vollmacht unter Berufung auf
Mt 16,18 ff. begründet. Es geht also nicht eigentlich um die Begründung
eines römischen Primats über andere Ortskirche, sondern – wie Roman
nicht müde wird zu betonen – das „Petrinische“ im Episkopat schlecht-
hin. (Tertullians Gegenargumente allerdings haben teils starke Ähnlich-
keit mit Romans oder Alexanders Argumenten gegen den römischen
Primat neuerer Art … ;D)

Bei Papst Stephan um 255 mag eine Begründung des römischen Vor-
rangs in der Berufung auf Mt 16,18 mitschwingen. Eigentlich setzt er
aber seine primatiale Aufgabe voraus, bei Mißbräuchen in andern Kir-
chen einzuschreiten. Mt 16,18 scheint er dann eher wie Callixt zur Be-
gründung der bischöflichen Vollmacht heranzuziehen, soweit aus der
Polemik der Gegner erkennbar.

Noch einmal: In beiden Streitigkeiten mit der afrikanischen Kirche hat
Rom sich durchgesetzt und allgemeine Anerkennung gefunden.

Die Position, welche damals die römischen Bischöfe einnahmen, ist die-
selbe, die heute noch die derzeit von Rom getrennten Ostkirchen fest-
halten (und Rom selbst natürlich auch).

Die römischen Bischöfe sind damals sozusagen vorgeprescht, sie haben
sich exponiert, um diese Positionen durchzusetzen, die wir heute ge-
meinsam als gesunde Lehre bekennen, sie wurden angegriffen und ha-
ben sich doch durchgesetzt, und sie haben sich in ihrer Argumentation
auf Mt 16,18 berufen. Das kommt aber sozusagen nur indirekt in einen
Zusammenhang mit dem Primat Roms, primär gilt die Berufung auf
die an Petrus ergangene Verheißung der Begründung der episkopalen
Vollmacht schlechthin.
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Nietenolaf
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Beitrag von Nietenolaf »

Robert, ich bin glatt gewillt, Deine letzten Repliken mit zu unterschreiben. Vielleicht nur ein Hinweis. Ich denke nicht, daß bei der Frage der Wiedertaufe der Häretiker diese letztlich abgelehnt wurde, weil es die "römische Position" gewesen ist. Die Position Roms war zu der Zeit einfach die richtige. Gleiches gilt ja für die Frage nach dem Ostertermin Ende des 2. Jahrhunderts unter dem römischen Bischof Viktor; dieser anathematisierte ganze Kirchen in Kleinasien, primär Ephesos, weil sie Ostern am 14. Nisan (unabhängig vom Wochentag) begingen. Auch in diesem Beispiel gab es Reaktionen wie die Nichtanerkennung der Einmischung des römischen Bischofs (seitens des Ephesoser Bischofs Polykrates), der sich auf Größen wie den Apostel Johannes, Polykarp von Smyrna etc. zur Verteidigung des lokalen Ostertermins berief. Zum Zeitpunkt des Streits selbst schrieb der hl. Irenaeus, der selber den "römischen" Ostertermin beging, noch an Viktor, dieser könne nicht ganze Kirchen exkommunizieren.

Wie wir alle wissen, wurde der Ostertermin endgültig im Jahre 325 in Nikaia ein für allemal festgelegt - und zwar so, wie es (u.a.) die römische Kirche hielt. Begründet wurden diese Regelungen aber nie damit, daß es sich um die römische Position handelt. Es war ein fach die richtige Position.

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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Nietenolaf hat geschrieben:Ich denke nicht, daß bei der Frage der Wiedertaufe der
Häretiker diese letztlich abgelehnt wurde, weil es die "rö-
mische Position" gewesen ist.
Einverstanden. Natürlich hatte die Autorität Roms ihre Bedeutung da-
bei, ebenso unabdingbar war aber, daß die übrigen Kirchen die römi-
sche Position nicht zähneknirschend, sondern – nach ausgiebigem
Streit – aus Überzeugung annahmen.

Die Beispiele – auch dein letztes, der Streit um den Ostertermin, und
man könnte weitere beifügen – zeigen eines: Die römischen Bischöfe
haben oft in kritischen Situationen in der und für die Gesamtkirche
die Verantwortung übernommen, Streit und Anfechtung nicht scheu-
end, um die Kirche auf dem Weg der gesunden Lehre zu bewahren.

Man muß aber einräumen, daß die Bischöfe Roms mitunter in solchen
kritischen Augenblicken auch versagt haben oder von andern zum
Handeln gedrängt werden mußten. Ja, schließlich haben sie auch ihren
Vorrang zur Mehrung des Eigennutzes mißbraucht.

Die erste Variante scheint mir zukunftsträchtig zu sein: eine Form der
Ausübung primatialer Verantwortung, die der Verfassung der Kirche
entspricht. Wobei solche Verantwortung nicht dem Bischof von Rom
allein zukommt, diesem aber in besonderer Weise.

Die Frage ist nun: Wie können Konflikte aufgelöst werden, in denen
Rom im Unrecht ist? Oder auch im Recht, die andern es aber nicht
einsehen? – Genau der Mangel an solchen Konfliktlösungsmechanis-
men ist es, der uns letztlich in die heutige Lage gebracht hat.

Ich denke, daß dies ein entscheidender, beiderseits zu bedenkender
Punkt ist.
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FioreGraz
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Beitrag von FioreGraz »

Die Frage ist nun: Wie können Konflikte aufgelöst werden, in denen Rom im Unrecht ist? Oder auch im Recht, die andern es aber nicht einsehen? – Genau der Mangel an solchen Konfliktlösungsmechanismen ist es, der uns letztlich in die heutige Lage gebracht hat.
Naja das denke ich nicht, die Lösung liegt ja gerade in der Geschichte im synodalen Prinzip und Annahme durch das Volk. Die volle wiederherstellung der 3 teiligen Gewalt der Kirche.

1 . ) Die Macht des Papstes muß sich wieder alleine auf die Streitfragen beschränken und in der wahrung des überlieferten Glaubens (bei offenkundigen Verletzungen).

2 . ) Der Papst müsste (besonders) wieder wesentlich mehr den loaklen Problemlösern sprich den lokalen Bischofssynoden überlassen, oft lässt sich ein Problem besser dort lösen wo es entsteht oder bereits brennend ist. Und wie die Geschichte zeigt haben Lokalsynoden oft mehr bewirkt als die großen Konzilien. Dem Papst käme es nur noch zu die Beschlüsse im Licht der Tradition zu interpretieren und notfalls zu verwerfen und sonst einfach mal im Raum stehen zu lassen. Sind sie richtig werden sie eh von der Gesamtkirche übernommen. Natürlich müssten dazu besonders die westlichen Bischöfe wieder lernen Verantwortung zu übernehmen (im Osten sind sie das ja gewohnt).

3 . ) Für Fragen die die ganze Kirche betreffen und die sich nicht mehr so einfach aus der Tradition und allgemeinen Lehre ableiten und entscheiden lassen ist ein ökumenisches Konzil zuständig, welches im Ausnahmefall (siehe Konstanz) auch über dem Papst steht. Dem Past kommt es wiederum zu die Dekrete eines solchen Kozils im Lichte der Tradition zu beurteilen und umzusetzen.

4 . ) Ob das ganze richtig ist gehört so wie es auch die Orthodoxen machen immer nachbewertet - wenn die Annahme durch das Gottesvolk fehlt, wars ein Irtuum oder eine Randsache die egal ist.

5 . ) Bisher wäre alles so wie es bis zum Schisma lief. Bzw. teilweise im Westen auch noch weiterlief und meines erachtens im Osten immer noch läuft nur ohne Papst. Das einzige Problem das offen wäre, was ist wenn der Papst Amok läuft? Das Konzil das ihn stoppen könnte kann nur er einberufen. Einen Kaiser der dies ebenfalls könnte gibt es nicht mehr. Also müsste man hier ansetzen entweder man gibt dem Patriarchen von Konstantinopel ebenfalls die gelichen Anrechte, was meines erachens nicht zielführend ist und nur wieder für "machpolitisches" Kleingeld missbraucht würde werden, man gesteht diese Befugnisse auch kontinentalen oder nach Tradition geordneten "Generalsynoden" zu oder man schafft ein relativ unabhängiges Gremium das diese Befugnis besitzt wenn es z.B. durch Generalsynoden oder mehrere Lokalsynoden darum gebetn wird, oder man übergibt dieses Recht wieder einer "internationalen staatlichen" Insitution als Kaiserersatz, denn das es sich nicht unbedingt um einen christlichen Herrscher handeln muß zeigt ja das Beispiel Konstantins der eines der wichtigsten Konzilien einberief. Vorteil in der Regel sind der Politik die "theologischen" Probleme wurst und die reagieren bevor sich die christen zerfleischen, an sowas sind die nicht interessiert, nachteil es könnte zu einer politischen Vereinahmung der Kirche führen.

Ich wäre sozusagen wieder für eine trditionelle Restaurierung der Kirche. Notfalls müssen im Westen orthodoxe Metropoliten eingesetzt werden damit unsere Bischöfe wieder das Apostelhandwerk lernen.

LG
Fiore
Einer ist Gesetzgeber und Richter, er, der die Macht hat, zu retten oder zu verderben. Wer aber bist du, daß du den Nächsten richtest? (Jak4,12)
In necessariis unitas, in dubiis libertas, in omnibus caritas

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Willy
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Biblische Begründung des Papstamtes

Beitrag von Willy »

Hallo, Ihr Lieben,

darf ich mir gestatten, ganz kurz einige Anmerkungen zum Papstamt zu machen?
In Der Zeitschrift "Der Schmale Pfad" Band 13 / September 2005 habe ich einige Punkte dazu gefunden, die ich als Hinweis hier gerne einbringen möchte.

Es ist ja unübersehbar, dass man in diesem Punkt zu keiner Einigung kommt. Da unterscheiden sich die Ansichten. Warum?

Ja, iauch ch kenne die Stelle, auf die sich die RKK bezieht. Da heißt es:
"Du bist Petrus (su ei Petros), und auf diesem Felsen (epi tauti ti pétra) will Ich Meine Kirche bauen; und die Pforten der Hölle werden sie nicht überwältigen. Und ich will dir die Schlüssel des Himmelreichs geben; was du auf Erden binden wirst, das wird auch im Himmel gebunden sein, und was du auf Erden lösen wirst, das wird auch im Himmel gelöst sein (Mt 16,18f).
Nach Meinung der OK ist nicht die Person des Petrus der Felsen der Kirche, sondern der Glaube, den er bekannt hat und bezeugte als er sagte: Du bist der Christus, der Sohn des lebendigen Gottes (Mt 16,16).
Auf diesem Glauben und Bekenntnis ruht unerschütterlich die rettende Predigt des Evangeliums durch alle Apostel und deren Nachfolger.
Die griechischen Worte tauti ti pétra ("auf diesem Felsen") sind überdies weiblich, können sich also nicht auf die Person des Petrus beziehen.
Gemäß dem Hl. Paulus sind die Glieder des Leibes Christi die Kirche (Kol 1,24). Sie ist auf dem Fundament der Apostel und Propheten, da Jesus Christus der Eckstein ist, gebaut (Eph 2,20)."

Ich hoffe, dass mir niemand meine Zeilen übel nimmt, aber - wenn ich es nicht übersehen habe - ging noch niemand auf diesen Punkt ein. Ich bin sehr gespannt auf die sachlichen Kommentare, da hier scheinbar wirklich mit Gottesliebe und Sachverstand diskutiert wird, was man nicht in jedem Forum findet... Auch möchte ich Euch allen dazu gratulieren, zeigt es doch, dass Ihr bemüht seid, strittige Punkte mit Eurem sehr großen Wissen :jump: zu klären und in Liebe einander zu begegnen!
:jump:

Ich hoffe, so noch viel hier lernen zu können!

In der Liebe unseres Herrn
Willy

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Linus
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Beitrag von Linus »

vom Genus des griechischen "Felsens"und nicht dem damit übereinstimmenden Sexus des "Apostelfürsten auf deinenSchluß zu kommen, halte ich für ne ziemlich dünne Suppe. Jesus sagte auch Ich bin der Weg die Wahrheit und das Leben, aber niemand kommt deswegen auf die idee ihn für einen Transgender zu halten. :roll:
"Katholizismus ist ein dickes Steak, ein kühles Dunkles und eine gute Zigarre." G. K. Chesterton
"Black holes are where God divided by zero. - Einstein

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Leguan
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Beitrag von Leguan »

Es wird in der Bibel auch der Name genannt, den Jesus verwendet hat, der ja wohl kein Griechisch sprach: Kephas.
Wenn man das Wortspiel ins griechische überträgt, und man aus Petrus kein Mädchen machen will, kommt halt das dabei raus, was soll der Evangelist denn machen?
Im deutschen funktioniert es ja gar nicht, von daher hatten wir ja noch Glück.

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Willy
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Beitrag von Willy »

Linus hat geschrieben:vom Genus des griechischen "Felsens"und nicht dem damit übereinstimmenden Sexus des "Apostelfürsten auf deinenSchluß zu kommen, halte ich für ne ziemlich dünne Suppe. Jesus sagte auch Ich bin der Weg die Wahrheit und das Leben, aber niemand kommt deswegen auf die idee ihn für einen Transgender zu halten. :roll:
Dir auch einen schönen guten Tag und Gottes Segen,

Da schrieb mir doch kürzlich jemand einen Brief in dem es hieß:

"Eine griechische *Übersetzung* des Neuen Testament gibt es nicht, und zwar aus dem Grunde, dass praktisch das gesamte NT (mit Ausnahme des Matthäus-Evangeliums) in griechischer Sprache verfasst worden ist. Also sind die Übersetzungen aus dem Griechischen immer zu bevorzugen."

Vielleicht könntest Du so nett sein, mir eine bessere Begründung zu schreiben als "dünne Suppe". Dies gibt Deine Meinung wieder, nicht mehr. Es ist nicht im Geringsten eine Widerlegung.

Ich wünsche Dir noch einen schönen Abend

herzlichst Willy

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Walter
Moderator
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Registriert: Mittwoch 25. Januar 2006, 13:56

Beitrag von Walter »

Lieber Willy (René?),

erst einmal herzlich willkommen im Forum hier. Es hat mich vor allem gefreut, dass es hier ausnahmsweise nicht über FM diskutiert wird. ;D

Deine These wurde im Thread "Unfehlbarkeit" schon einmal von Nietenolaf eingebracht, lesenswert sind auch die Antworten von Juergen und Erich_D. Außerdem gibt es im Skriptorium den kleinen Thread "Petrus", der sich ausschließlich dieser Frage widmet.

Für mich steht jedoch außer Frage, dass Christus Jesus selbst dieser Felsen ist, auf den die Kirche gebaut ist:
Paulus (1Kor 10) hat geschrieben:3 und alle dieselbe geistliche Speise aßen,
4 und alle denselben geistlichen Trank tranken; denn sie tranken aus einem geistlichen Felsen, der sie begleitete.
5 (Der Fels aber war der Christus.)
Gott zu Gruße
Walter
γενηθήτω το θέλημά σου·

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Willy
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Beitrag von Willy »

Hallo und Grüß Gott, lieber Walter!

meinen herzlichsten Dank für Dein Willkommen! :freude:
Ja, René. Mein Name war wohl schon vergeben, da habe ich den meines kleinen Lebenspartners (Mops) gewählt :mrgreen: , so vergeht mir das Lachen nicht so schnell ;)

Auch vielen Dank für den Hinweis. Nun, ich werde wohl doch erst alle Postings der "Sakristei" lesen, um nicht wieder etwas doppelt zu schreiben :hmm:

Ja, ich finde es nach meinen ersten Eindrücken hier auch wesentlich niveauvoller. Ein vernünftiger und respektvoller Umgangston ist schon etwas wert!

Gottes Segen für Dich!

herzlichst René alias Willy

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Walter
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Beitrag von Walter »

Willy hat geschrieben:Auch vielen dank für den hinweis. Nun, ich werde wohl doch erst alle Postings der "Sakristei" lesen, um nicht wieder etwas doppelt zu schreiben :hmm:
Lieber René,

die "Sakristei" gibt es hier noch nicht so lang, die von mir zitierten Beiträge stammen z.B. aus "Refektorium" und "Scriptorium". Sinnvoller ist es daher, die Funktion "Suchen" oben zu verwenden. Ich habe z.B. eingegeben: "Petrus Petra Kirche" (ohne "), zudem "Nach allen Wörtern suchen" und "Ergebnisse anzeigen als: Beiträge" angeklickt.

LG
Walter

PS: Habe Deine Beiträge im orthodoxes.forum-on.de gelesen, leider bin nich noch kaum dazu gekommen, selbst etwas dort zu schreiben, weil ich neben dem Kreuzgang auch noch das Gemeindeforum auf Mainz-Orthodoxie unterstütze.
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Willy
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Beitrag von Willy »

Lieber Walter,

vielen Dank für die [Punkt]
Nun, alles zu seiner Zeit! Man kann ja nicht nur in Foren unterwegs sein :D ;)
Ich muß auch gleich los zur Arbeit... irgendwann treffen wir uns auch dort

:jump:

Bis dahin sei gesegnet und herzlich gegrüßt!
René

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Daß Jesu Wort Mt 16,18 an Petrus persönlich geht, wird man, denke
ich, kaum bestreiten können. Natürlich ist Jesus Christus selbst das
eigentliche Fundament. Aber in der biblischen Symbolsprache ist Er,
wenn schon Stein, dann doch eher der Eckstein. ;)

Die Frage ist doch eher, wie man dies Herrenwort interpretiert. Auf
Petrus und alle seine Nachfolger im römischen Bischofsamt bezogen?
Oder auf alle Bischöfe generell, wie es von orthodoxer Seite gern ver-
sucht wird – zumal auch Cyprian schon das Felsenwort für sich in An-
spruch nahm?

Die sprachliche Seite ist dabei nicht so entscheidend. Sicher waren Je-
sus und die Mehrzahl der Apostel aramäischer Muttersprache, sicher
wurde das Neue Testament griechisch überliefert. Wäre der Heiland
der Welt bei den ollen Germanen eingefleischt, dann läsen wir jetzt
wahrscheinlich in der Bibel: »Gesegnet bist du, Gottwalt Gottfriedssohn,
denn Fleisch und Blut haben dir das nicht offenbart, sondern Mein Va-
ter, der in den Himmeln ist. Ich aber sage dir, daß du Steinhart bist,
und auf diesem Stein werde ich meine Kirche erbauen, und die Pfor-
ten der Hölle werden sie nicht überwinden.« ;D

Ich denke aber, die Erörterung der Primatsfrage auf dem west-östlichen
Dialogsdiwan sollte von solchen exegetischen Details eher absehen und
sich um ein gemeinsames Verständnis – und zwar das rechte Verständ-
nis – der primatialen Tradition Roms und der Rolle der andern Patriar-
chen bemühen.
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

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Willy
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Beitrag von Willy »

Lieber Walter,

ich habe die Berichte von Juergen und Erich_D gelesen, die Du mir einige Beiträge zuvor empfohlen hast. Vielen herzlichen Dank nochmal für den Hinweis. Ich sehe schon, ich kann hier noch Vieles lernen! Es gibt eigentlich nichts mehr daran zu deuten, finde ich zumindest-diese Beiträge bestätigen das ja.
Nun, ich bin ja auch nur ein unwürdiger Laie und für diese Hinweise wirklich sehr dankbar. So kann ich auch das drumherum besser verstehen, was mir selbst vielleicht mitunter nicht bewußt ist, das aber auf alle christlichen Themen bezogen...:)

Gott segne Euch alle hier!

herzlichst René

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Nietenolaf
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Beitrag von Nietenolaf »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:Ich denke aber, die Erörterung der Primatsfrage auf dem west-östlichen
Dialogsdiwan sollte von solchen exegetischen Details eher absehen und
sich um ein gemeinsames Verständnis – und zwar das rechte Verständ-
nis – der primatialen Tradition Roms und der Rolle der andern Patriar-
chen bemühen.
Dann habe ich eine Frage. Kann das Primat des römischen Bischofs ein Dogma sein?
Robert Ketelhohn hat geschrieben:Von einer ständigen oder allgemein anerkannten oder gar fest definier-
ten Lehre kann noch weit übers erste Jahrtausend nicht die Rede sein.
Das bestätigt die fehlende Katholizität eines vermeintlichen Dogmas wie desjenigen von 1870. Es ist dies kein Glaubensinhalt, welcher immer, von allen und überall ("quod semper, quod omnes, quod ubique") geglaubt wurde. Vieles von den jüngeren römischen Theorien, u.a. die, daß Christus der Kirche die Fähigkeit zu einer dogmatischen "Entfaltung" gegeben habe und also, wie hier mitunter mal jemand schrieb, der Hl. Geist "seit 1870 garantiert, daß der Papst nicht irren kann", ist nachträgliche Apologetik. Solche Kunstgriffe sind mir als Orthodoxem ziemlich gut bekannt; derartiges fand in vielen Bereichen Anwendung, v.a., wenn man sich einmal mit der historischen Entwicklung der Liturgie beschäftigt.

Also, kann's ein Dogma sein? Oder ist's eine Tradition, die von äußeren Faktoren bedingt war/ist? Eigentlich will ich nichts wieder aufwärmen; es interessiert mich nur, ob die Römer bei der nun einmal leider traurig bekannten Proklamation von 1870 die Definition dessen, was ein Dogma ist, irgendwie umschiffen, oder wie das funktioniert.
ἐὰν γὰρ ἀποϑάνῃ ἄνϑρωπος, ζήσεται συντελέσας ἡμέρας τοῦ βίου αὐτοῦ· ὑπομενῶ, ἕως ἂν πάλιν γένωμαι.

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Hm. Definiere erst mal
a) „das Dogma“ und
b) „ein Dogma“.

(Keine Fangfrage, ernstgemeint.)
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Nietenolaf
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Beitrag von Nietenolaf »

Dogmen sind von Gott offenbarte Wahrheiten, welche von Gott und Seinem Wirken in der Welt künden; diese Wahrheiten werden von der Kirche als unveränderliche und unbestreitbare Bestimmungen des Glaubens aufgefaßt und bekannt. Charakteristisch für Dogmen ist, daß sie verbindliche Glaubenslehre und von Gott offenbart sind, charakteristisch ist ihre Kirchlichkeit (Katholizität) und ihre allgemeine Verbindlichkeit. Sie drücken das aus, was von der gesamten Kirche zu jeder Zeit und überall geglaubt wurde.

(Würde ich hier mit Sektierern reden, würde ich sagen, daß Dogmen an sich gerade nicht die Wahrheit sind, sondern nur deren Begrenzung bzw. Wegweiser zur Wahrheit.)

"Das Dogma" (ich nehme an, Du meinst jenes von 1870) versteht sich durch das Anathema gegen alle, die es nicht annehmen, offenbar als katholisch, allgemein- und zu jedem Zeitpunkt in der Geschichte gültig.
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Walter
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Beitrag von Walter »

Wikiblödia hat geschrieben:Die katholische Kirche hat im ersten Vatikanischen Konzil definiert, dass ein Dogma ein Satz göttlichen und katholischen Glaubens ist, der durch das allgemeine und ordentliche Lehramt oder durch konziliare oder päpstliche Definition als von Gott geoffenbarte Wahrheit zu glauben verkündet wird.
Was ist denn hier mit dem "allgemeinen und ordentlichen Lehramt" gemeint?

Nun hat die katholische Kirche ja im II. Vaticanum den Anspruch, Gesamtkirche zu sein, quasi aufgegeben. Zudem:
Benedikt XVI. hat geschrieben:Rom muss vom Osten nicht mehr an Primatslehre fordern, als auch im ersten Jahrtausend formuliert und gelebt wurde. Wenn Patriarch Athenagoras am 25. Juli 1967 beim Besuch des Papstes im Phanar diesen als Nachfolger Petri, als den ersten an Ehre unter uns, den Vorsitzer der Liebe, benannte, findet sich im Mund dieses großen Kirchenführers der wesentliche Gehalt der Primatsaussagen des ersten Jahrtausends und mehr muss Rom nicht verlangen.
Wenn das auch irgendwann katholische Lehre wird, heißt das nicht, dass damit auch alle "Dogmen" nach 1054 auch in der katholischen Kirche nicht mehr so bezeichnet werden dürften, sondern vielmehr Glaubensempfehlungen für die römische Teilkirche wären? :hmm:
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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Nietenolaf hat geschrieben:Dogmen sind von Gott offenbarte Wahrheiten, welche von
Gott und Seinem Wirken in der Welt künden; diese Wahr-
heiten werden von der Kirche als unveränderliche und un-
bestreitbare Bestimmungen des Glaubens aufgefaßt und be-
kannt. Charakteristisch für Dogmen ist, daß sie verbindliche
Glaubenslehre und von Gott offenbart sind, charakteristisch
ist ihre Kirchlichkeit (Katholizität) und ihre allgemeine Ver-
bindlichkeit. Sie drücken das aus, was von der gesamten
Kirche zu jeder Zeit und überall geglaubt wurde.

(Würde ich hier mit Sektierern reden, würde ich sagen, daß
Dogmen an sich gerade nicht die Wahrheit sind, sondern nur
deren Begrenzung bzw. Wegweiser zur Wahrheit.)

"Das Dogma" (ich nehme an, Du meinst jenes von 1870) ver-
steht sich durch das Anathema gegen alle, die es nicht anneh-
,men, offenbar als katholisch, allgemein- und zu jedem Zeit-
punkt in der Geschichte gültig.
Nein, du hast meine Frage mißverstanden. Sie zielte vielmehr ab auf
den Unterschied und das Verhältnis zwischen dem Dogma als dem
Gesamt der kirchlichen Glaubenslehre und einem Dogma als einzel-
nem Lehrsatz aus einer Pluralität solcher Sätze.

Ich zitiere hierzu einmal die dogmatische Konstitution Dei Filius des
Vaticanum I:
Das I. Vatikanische Konzil hat geschrieben:IV. Capitel. Von dem Glauben und der Vernunft



Denn die Glaubenslehre, welche Gott geoffenbart hat, ist nicht
etwa wie eine philosophische Erfindung dem Menschengeiste
zur Vollendung vorgelegt, sondern wie ein göttlicher Schatz der
Braut Christiübergeben, sorgfältig zu behüten und unfehlbar zu
erklären. Darum ist auch stetig jener Sinn der Glaubenslehren
festzuhalten, den die heilige Kirche, unsere Mutter, einmal er-
klärt hat, und niemals ist von diesem Sinne unter dem Schein
und Namen einer tieferen Erkenntnis abzuweichen.

So wachse denn und schreite voran stark und kräftig, wie bei
den einzelnen, so bei allen, wie bei dem einen Menschen, so bei
der ganzen Kirche, mit dem Fortschritte der Jahre und Jahrhun-
derte, die Einsicht, Wissenschaft und Weisheit: aber alles nur in
seiner Art, nämlich in demselben Dogma, demselben Sinne
und derselben Meinung.

Canones



III. Wenn einer sagt, es sei möglich, daß den von der Kirche auf-
gestellten Dogmen irgendeinmal gemäß dem Fortschritte der
Wissenschaft ein anderer Sinn beizulegen sei, als der, welchen
die Kirche hat und versteht: so sei er im Bann.
In bezug auf unser Thema wäre nun erst einmal zu klären, inwieweit
die Verfassung der Kirche überhaupt als Gegenstand der Glaubenslehre
und somit als geoffenbart zu betrachten ist.
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