Was befremdet euch an der Orthodoxie am meisten?

Ostkirchliche Themen.
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Anselmus
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Re: Was befremdet euch an der Orthodoxie am meisten?

Beitrag von Anselmus »

Ja, es gibt natürlich auch andere Aspekte des Gebetes, z.B. das von dir genannte, aber auch das Lob Gottes, Fürbitte für andere...

Es wird aber davor gewarnt, sich "zu hohe" Früchte des Gebetes zu erbitten, wie man sie z.B. von manchen Starzen kennt (Hellsichtigkeit, immerwährendes Gebet, Offenbarung geistlicher Wahrheiten, direktes Sprechen mit Heiligen Engeln)...

Aber zu solchen unangebrachten Bitten zählt dann eben auch so etwas wie die Bitte darum, die Leiden Christi am eigenen Leib zu erfahren (ohne vorher die Seele durch die Reue und die Tränen von den Leidenschaften gereinigt zu haben)...

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Nassos
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Re: Was befremdet euch an der Orthodoxie am meisten?

Beitrag von Nassos »

Es wäre eventuell hilfreich, sich die Gebete des orthodoxen Gebetsbuches mal anzuschauen und zu studieren (noch besser: beten).

Das wahre Erkennen der eigenen Fehlhaftigkeit, das Erlernen des Gottvertrauens, aber auch das Bewusstsein nicht alleine zu sein (und selber auch für andere in Gott da zu sein) stellen existenzielle Fragen an zweiter Stelle (aber nicht außer Funktion).
Ich würde wagen zu behaupten, dass es sich vielleicht mehr um ein Hineinwachsen, Hineinlernen ist, als der Erhalt von Antworten. Wer weiß, vielleicht spielen mit der Zeit solche Fragestellungen nicht mehr solch eine wichtige Rolle.

Und wie Schwester Vassa sagt: nicht alles zu wissen und zu erfahren, aber auch Ungereimtheiten oder Widersprüche in einer Beziehung zu sehen (egal ob zu Gott oder zum Menschen) erhält die "Romanze", den "Zauber" in der Beziehung.
Ich glaube; hilf meinem Unglauben

Ralf

Re: Was befremdet euch an der Orthodoxie am meisten?

Beitrag von Ralf »

Alexej Veselov hat geschrieben:Eine sehr interessante Frage, vielen Dank! Ohne auf die Frage antowrten zu wollen, ein paar Anmerkungen.
Ralf hat geschrieben:- Die Uneinigkeit der verschiedenen orthodoxen Kirchen (aktuelles Beispiel: die nach meinem Wissen immer noch existierende Exkommunikation des Patriarchates von Bukarest durch das Patriarchat von Jerusalem; die verschiedenen Jurisdiktionen und der daraus folgende Streit zwischen Konstantinopel und Moskau) - für mich gute Belege für die Notwendigkeit eines Einheitssdienstes
Das ist eben das Konziliare Prinzip. Grade als Mitglieder einer demokratischen Gesellschaft verstehen wir, dass jeder seine eigenen Ansichten und seinen eigenen Standpunkt hat. Auch mit einem gemeinsamen Beschluß sind nicht immer alle Seiten glücklich. Mit einem Monarchen könnte man auch nur eine scheinbare Einigkeit erreichen. Zum einen verfolgt dieser seine eigenen Interessen (bzw. die seines Volkes), zum anderen hören doch nicht alle in der Welt auf ihn (wie etwa die deutsche Bischöfe auf den Papst). Schaut man jedoch auf die Geschichte der Orthodoxen Kirche hin, so sieht man, dass es zwar immer wieder Uneinigkeit bei bestimmten Fragen gab, diese jedoch auf längere Sicht immer geklärt wurden, und zwar im Heiligen Geist und in brüderlicher Liebe.
Ralf hat geschrieben:- das Monospirituelle der Orthodoxie (Wüstenväter als einzige anerkannte Quelle des Geistlichen Lebens jenseits der Hl. Schrift, alle späteren berufens sich auf diese). Eben keine anerkannte (wenn auch bestimmt existierende) Vielfalt der Wirkmächigkeit des Hl. Geistes wie bei den Katholiken (natürlich auch Wüstenväter, aber eben auch benediktinisch, dominikanisch, ignatianisch, franziskanisch, augustinisch, karmelitisch etc.)
Das sehe ich nicht so. Leider - werden ins Deutsche nur Texte der Wüstenväter über das Herzensgebet übersetzt. Wenn man sich aber die BKV ansieht, entdekt man ein größeres Spektrum von Vätern, aus verschiedenen Zeiten, sowohl wüstenväter, als auch Hierarchen und Theologen. Es gibt auch viele Väter aus dem zweiten Jahrtausend, in jeder Autokephalen Kirche. Auf der anderen Seite stimmt es schon, dass die meisten Väter eines Geistes waren. Es kann nur einen Gott geben, nur einen Glauben - kann es denn verschiedene Spiritualitäten gäben?
Ralf hat geschrieben:- die für mich(!) fehlende über alle Kirchengrenzen hinaus kohärente Sakramententheologie
Wir haben alle die gleiche Liturgie (man beachte auch die Priestergebete), welche das geistliche Zentrum der Orthodoxie ist. Also haben wir auch eine gemeinsame Sakramententheologie. Oder war etwas anderes gemeint?
Ralf hat geschrieben:- die "phänotypisch" kaum sichtbare diakonische Struktur (was ich auch nie verstanden habe warum)
Ich weiss nicht, wie es in den anderen Ländern war/ist, aber in Rußland gehörten bis zur Oktoberrevolution die meisten Alten- und Weisenheime, sowie Schulen zur Kirche. 1917 wurde das alles der Kirche weggenommen und es begann ein Überlebenskampf. In jüngster Zeit gibt es in Russland immer mehr diakonische initiativen und Strukturen. Aber - die Hauptaufgabe der Kirche ist das Evangelium Christi zu verkünden und die Menschen in die Errettung zu führen.
martin v. tours hat geschrieben:Wenn jemand z.B. in Deutschland orthodox werden will muss er sich einer z.B. russischen oder serbischen Kirche anschliessen. Deutsch orthodox gibt es nicht.
Noch nicht. Die Situation in Deutschland ist eine Folge der Globalisierung und der Migration, die es vor unserem Jahrhundert so nicht gegeben hat. Es hat sich eben historisch so ergeben. Ja, man muss sich entscheiden. Etwa so, wenn man katholisches Mönch werden möchte - welchem der tausend Orden schliese ich mich an? Doch letztlich habe alle 1000 den gleichen Glauben.
martin v. tours hat geschrieben:Die orthodoxen Kirchen scheinen gleichwertig zu sein aber dennoch sind manche gleicher?
Ich habe in Erinnerung das hier irgendwann einmal über Aussagen des ök. Patriarchen von Konstantinopel diskutiert wurde. Das wurde dann relativiert mit dem Hinweis, das wäre ja nur der…
(als Ahnungsloser habe ich das so verstanden: Dieser Patriarch ist nur so etwas wie ein Grüßaugust - die wirklich wichtigen Dinge werden in Moskau geklärt)
Der Patriarch von Konsantinopel hat Tatsächlich keine Befugnisse, die nicht ein jeder andere Patriarch hat. Entscheidungen, die von übergreifender Bedeutung sind, werden auf panorthodoxen Konzilien getroffen.
Da ich den Threaderöffner so verstanden habe, daß er keine inhaltliche Diskussion möchte (muß ja auch nicht immer sein), sage ich jetzt mal nichts dazu - auch wenn es da Einwände meinerseits gäbe, die ich allerdings schon in extenso hier im X-Gang kundgetan habe.

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martin v. tours
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Re: Was befremdet euch an der Orthodoxie am meisten?

Beitrag von martin v. tours »

wie Nassos oben schrieb, kann ich nur empfehlen :
Gebete am See
http://edition-hagia-sophia.de/de/Bcher ... ete-am-See

Für mich eines der besten Gebets/Betrachtungsbücher die ich kenne.Bis jetzt habe ich darin nichts entdeckt, das einen Katholiken stören könnte.
Nach dem sie nicht erreicht hat, daß die Menschen praktizieren, was sie lehrt, hat die gegenwärtige Kirche beschlossen, zu lehren, was sie praktizieren.
Nicolás Gómez Dávila

Mary
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Re: Was befremdet euch an der Orthodoxie am meisten?

Beitrag von Mary »

Ralf hat geschrieben: Da ich den Threaderöffner so verstanden habe, daß er keine inhaltliche Diskussion möchte (muß ja auch nicht immer sein),
Hmm...
dann soll also keine inhaltliche Korrektur/Reflexion erlaubt sein?

ad-fontes hat gefragt:
Mal ein paar Fragen an alle, die nicht zu einer kanonisch orthodoxen Kirche gehören:
Was befremdet euch am meisten? Was schreckt euch ab? Was hält euch ab, in volle Gemeinschaft mir einer von ihnen zu treten?
Es geht also deiner Einschätzung nach um subjektive Wahrnehmung - die durchaus falsch sein kann und darf? Die geäussert wird von Diskussionsteilnehmern, die teilweise offen sagen, von Orthodoxie keinen blassen Schimmer zu haben?
Wozu soll das denn gut sein, wenn keine Entgegnung und Erklärung gestattet sein soll?

fragt sich Mary
(die btw auf ihre Nachfrage auch noch keine Antwort erhielt, siehe 17.12. um 19.58)
Who is so great a God as our God? You are the God who does wonders!

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martin v. tours
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Re: Was befremdet euch an der Orthodoxie am meisten?

Beitrag von martin v. tours »

Dann antworte ich mal, Mary:
Natürlich freue ICH mich inhaltliche Korrektur/Reflexion von othodoxer Seite !
Als stummer Kummerfalten hätte der Strang ja keinen Sinn.

Das die Orthodoxen in diesem Strang nicht alle "Befremdlichkeiten" restlos ausräumen können liegt in der Natur der Sache.
Wenn es schon gelingt, Missverständnisse zu klären, ist schon viel geholfen.

Ich hoffe nur die Gesprächskultur bleibt in diesem Strang wie bis jetzt.
Nach dem sie nicht erreicht hat, daß die Menschen praktizieren, was sie lehrt, hat die gegenwärtige Kirche beschlossen, zu lehren, was sie praktizieren.
Nicolás Gómez Dávila

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Ilija
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Re: Was befremdet euch an der Orthodoxie am meisten?

Beitrag von Ilija »

Ralf hat geschrieben:
Alexej Veselov hat geschrieben: Der Patriarch von Konsantinopel hat Tatsächlich keine Befugnisse, die nicht ein jeder andere Patriarch hat. Entscheidungen, die von übergreifender Bedeutung sind, werden auf panorthodoxen Konzilien getroffen.
Da ich den Threaderöffner so verstanden habe, daß er keine inhaltliche Diskussion möchte (muß ja auch nicht immer sein), sage ich jetzt mal nichts dazu - auch wenn es da Einwände meinerseits gäbe, die ich allerdings schon in extenso hier im X-Gang kundgetan habe.

Der Patriarch hat tatsächlich etwas mehr befugnisse als die anderen Patriarchen! Natürlich kann er nicht in anderen Patriarchaten hereinreden aber er kann z.b ein Konzil einberufen oder er kann Ortskirchen die Autokephalie verleihen! Beste beispiel Orthodox Church of Amerika, die zwar von Moskau entlassen wurde aber von Konstantinopel noch nicht anerkannt wurde. Beispiel ist auch die Kirchensituation in Estland wo es zwei Autonome orth. Kirchen gibt, eine die sich Konstantinopel unterstellt (Meist Esten) hat und eine die zu Moskau gehört(Die in Estland lebenden Russen)! Etwas kompliziert, ich weiß... :) Ich finde diesen Starng aber so ok, ohne das wir orthodoxe etwas verbessern oder sagen sollen. Mich würde die Meinung echt Interessieren

LG

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Sarandanon
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Re: Was befremdet euch an der Orthodoxie am meisten?

Beitrag von Sarandanon »

Ilija hat geschrieben:Ich finde diesen Starng aber so ok, ohne das wir orthodoxe etwas verbessern oder sagen sollen. Mich würde die Meinung echt Interessieren
LG
Nein, bitte äußert Euch ruhig. Das hält die Diskussion lebendig und lenkt diese auch von falschen Bahnen ab. ;)
Dich, o Herr, kann nur verlieren, wer dich verlässt.
(Augustinus Aurelius)

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ad-fontes
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Re: Was befremdet euch an der Orthodoxie am meisten?

Beitrag von ad-fontes »

Ralf hat geschrieben: Da ich den Threaderöffner so verstanden habe, daß er keine inhaltliche Diskussion möchte (muß ja auch nicht immer sein), sage ich jetzt mal nichts dazu - auch wenn es da Einwände meinerseits gäbe, die ich allerdings schon in extenso hier im X-Gang kundgetan habe.
Da hast du mich falsch verstanden..kann mich leider im mom nur nicht selber so aktiv beteiligen

Nassos and all: go for it! :blinker:

Und Mary,: du hast mich auch falsch verstanden: Befremden ist doch das, was man von abendländischer Seite am meisten hört, neben Unkenntnis - geht ja auch oft zusammen, aber dagegen kann man ja was tun..
Christi vero ecclesia, sedula et cauta depositorum apud se dogmatum custos, nihil in his umquam permutat, nihil minuit, nihil addit; non amputat necessaria, non adponit superflua; non amittit sua, non usurpat aliena. (Vincentius Lerinensis, Com. 23, 16)

Mary
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Re: Was befremdet euch an der Orthodoxie am meisten?

Beitrag von Mary »

ad-fontes hat geschrieben: Befremden ist doch das, was man von abendländischer Seite am meisten hört, neben Unkenntnis - geht ja auch oft zusammen, aber dagegen kann man ja was tun..
Ok, ja...
damit kann ich leben :)
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taddeo
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Re: Was befremdet euch an der Orthodoxie am meisten?

Beitrag von taddeo »

Mary hat geschrieben:
ad-fontes hat geschrieben: Befremden ist doch das, was man von abendländischer Seite am meisten hört, neben Unkenntnis - geht ja auch oft zusammen, aber dagegen kann man ja was tun..
Ok, ja...
damit kann ich leben :)
Umgekehrt wäre das wahrscheinlich genauso, wenn man Originalorthodoxen (also keinen Konvertiten) dieselbe Frage stellen würde.
Schick so jemanden mal im Bistum Linz in ne Messe - ob der wiedererkennt, was das sein soll? :achselzuck:

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Yeti
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Re: Was befremdet euch an der Orthodoxie am meisten?

Beitrag von Yeti »

ad-fontes hat geschrieben:Mal ein paar Fragen an alle, die nicht zu einer kanonisch orthodoxen Kirche gehören:

Was befremdet euch am meisten? Was schreckt euch ab?

Immer zuerst das Positive:


[*]
  • Mich beeindruckt die Fülle der religiösen Traditionen in der Orthodoxie. Das ist in der röm.-kath. Kirche leider ein wenig verloren gegangen, denn das hat immer eine große Wirkung auf breitere Schichten. Es gab mehr Konversionen zur kath. Kirche, als die Liturgie noch wirklich einheitlich war.
[*]
  • Ich bewundere den tiefen religiösen Ernst, den viele gläubige orthodoxe Christen in ihrer Glaubenspraxis an den Tag legen.
[*]
  • Ich schätze sehr das sittliche und moralische Fundament der Orthodoxie, sie ist - nicht nur darin - ein natürlicher Verbündeter der röm.-kath. Kirche und aller wirklichen konservativen Kräfte. Aber:
[*]
  • Konservativ sein heißt ja nicht, an alten Traditionen zu hängen, weil sie alt sind, sondern weil sie sich in der Praxis bewährt haben. Ich vermisse in der Orthodoxie manchmal ein wenig den Gedanken der Pragmatik.
[*]
  • Die Nähe zum Staat und zum Volk, die Orthodoxie erscheint mir oft als eine "Volkskirche"=zu ihr gehören nur die, welche auch zum Volk gehören. Ist in der orth. Theologie wahrsch. nicht so, aber oft in der zumindest von mir beobachteten Praxis. Am extremsten scheint mir das in der russ.-orth. und der serbisch-orth. Kirche zu sein. Ist nicht unbedingt ein theologisch verbrämter Panslawismus, aber ein bissl geht's in die Richtung, es gibt eine große Kulturimmanenz. Das schreckt mich auch beim Judentum und Islam ab. Dabei möchte ich betonen, dass mir auch amerikanische Flaggen in manchen kath. Kirchen in den USA ein Greuel sind.
[*]
  • "Mehr Mystik als ratio" - schreckt eigentlich nicht ab, ist nur nicht mein Zugang zum Glauben.
[*]
  • Manchmal etwas zu ernst.
[*]
  • Leider gibt's bei Euch nicht so was wie eine "irische Messe"...(s.o.)
ad-fontes hat geschrieben:Was hält euch ab, in volle Gemeinschaft mir einer von ihnen zu treten?
[*]
  • Weil ich durch mein Bekenntnis, Meinung und Einsicht an dem festhalten möchte, was die orth. Kirchen davon abhält, in volle Gemeinschaft mit der röm.-kath. Kirche zu treten. Und wenn ich nach beiden Seiten sehe (Orthodoxie und Protestantismus), stelle ich immer wieder fest, dass die röm.-kath. Kirche tatsächlich eine Art "via media" ist. Ich war aber immer der Meinung, dass man an der Glaubenstradition der orth. Kirchen immer gut sehen konnte, was die röm.-kath. Kirche auch einmal an Reichtum besaß. Es ist aber noch etwas anderes, was mich immer zögern lassen würde. Es geht dabei nicht um den Kernglauben, der ist bei den meisten christl. Konfessionen gleich. Aber ich kann morgen zu einer Weltreise aufbrechen, rund um den Globus fliegen und an jedem Sonntag eine kath. Kirche finden, in der ich mit der dortigen Gemeinde meinen Glauben feiere. In der Orthodoxie könnte ich das lückenlos lediglich von St. Petersburg bis Vladivostok. Die Zahl der Menschen, die einem Glauben oder Bekenntnis anhängen, ist per se kein Argument, aber er ist ein Indikator für die "Inkulturations-Kompatibilität".
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Nassos
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Re: Was befremdet euch an der Orthodoxie am meisten?

Beitrag von Nassos »

Der Patriarch von Konstantinopel steht hierarchisch höher als die anderen Patriarchen und vor ihm stand der Bischof von Rom hierarchisch höher.
Das Prinzip der Hierarchie ist der römisch-katholischen Kirche genaus so vertraut, weil das von Anfang an so in der Kirche geregelt war.
Die Hierarchie hat den Sinn der Sicherung von Ordnung (wenn ich das richtig verstanden habe).

Linzer Messe: ähm, ich bin kein Konvertit, aber mich würde sie nicht im negativen Sinne umhauen, mein lieber taddeo. Wahrscheinlich meinst Du noch einen "externen" Geburtsorthodoxen.

Mich stört auch der Charakter der Volkskirche. Und wiederum hat das keine ekklesiologische Wurzel, sondern hat sich geschichtlich und gesellschaftlich (Diaspora) entwickelt. Aber gibt es sowas nicht auch in katholischen Gemeinden in der Diaspora (z.B. Deutsche in Lateinamerika)?
Zuletzt geändert von Nassos am Freitag 20. Dezember 2013, 01:42, insgesamt 1-mal geändert.
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Nassos
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Re: Was befremdet euch an der Orthodoxie am meisten?

Beitrag von Nassos »

martin v. tours hat geschrieben:Wenn es schon gelingt, Missverständnisse zu klären, ist schon viel geholfen.
:daumen-rauf: übrigens: and vice versa!
martin v. tours hat geschrieben:Ich hoffe nur die Gesprächskultur bleibt in diesem Strang wie bis jetzt.
:daumen-rauf:
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Anselmus
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Re: Was befremdet euch an der Orthodoxie am meisten?

Beitrag von Anselmus »

Yeti hat geschrieben:Konservativ sein heißt ja nicht, an alten Traditionen zu hängen, weil sie alt sind, sondern weil sie sich in der Praxis bewährt haben. Ich vermisse in der Orthodoxie manchmal ein wenig den Gedanken der Pragmatik.
Kannst du dafür vielleicht ein paar Beispiele nennen? Das würde mich wirklich mal interessieren...
Yeti hat geschrieben: Es ist aber noch etwas anderes, was mich immer zögern lassen würde. Es geht dabei nicht um den Kernglauben, der ist bei den meisten christl. Konfessionen gleich. Aber ich kann morgen zu einer Weltreise aufbrechen, rund um den Globus fliegen und an jedem Sonntag eine kath. Kirche finden, in der ich mit der dortigen Gemeinde meinen Glauben feiere. In der Orthodoxie könnte ich das lückenlos lediglich von St. Petersburg bis Vladivostok. Die Zahl der Menschen, die einem Glauben oder Bekenntnis anhängen, ist per se kein Argument, aber er ist ein Indikator für die "Inkulturations-Kompatibilität".
Ob das wirklich an der Inkulturations-Kompatibilität liegt, ist hier allerdings die Frage. Es könnte nämlich auch einfach damit zu tun haben, dass die Katholiken in der früheren Zeit durchaus etwas aggressiver bei der Missionierung neuer Gebiete war.

Noch ein kleiner Punkt dazu: Als Orthodoxer kann ich eine Göttliche Liturgie rund um den Erdball besuchen und kann mir ziemlich sicher sein, dass dort wirklich eine Göttliche Liturgie gefeiert wird, mit den Texten, die zur Liturgie gehören, die immer dieselben sind (bis auf kleine Abweichungen), ohne Eigendichtungen oder sonstige "Inspirationen". DAS nenne ich wahrhaft universal.

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Yeti
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Re: Was befremdet euch an der Orthodoxie am meisten?

Beitrag von Yeti »

Anselmus hat geschrieben:Kannst du dafür vielleicht ein paar Beispiele nennen? Das würde mich wirklich mal interessieren...
Gerne:
Anselmus hat geschrieben:...dass dort wirklich eine Göttliche Liturgie gefeiert wird, mit den Texten, die zur Liturgie gehören, die immer dieselben sind (bis auf kleine Abweichungen), ohne Eigendichtungen oder sonstige "Inspirationen". DAS nenne ich wahrhaft universal.
Abgesehen davon, dass ich die Bezeichnung "Eigendichtung" für eine nicht wirklich sachliche Benennung halte und er nach meinem Dafürhalten auch keinen guten Willen zur unvoreingenommen Kommunikation verrät, kann ich nur Vermutungen darüber anstellen, welche Phänomene damit konkret gemeint sind. Falls damit aber die Auffassung vertreten werden sollte, dass die Ostkirchen im Besitz der "reinsten" Schriftüberlieferung seien, muss ich ihr entschieden widersprechen, denn da der Urtext uns in keinem Fall als "Originaldokument" vorliegt, sind von vorneherein Schreib- und Übertragungsfehler sowie möglicherweise in einzelnen Fällen bewusste Hinzufügungen oder Weglassungen vernünftigerweise nicht auszuschließen, auch wenn wir dank der Synoptiker und sonstiger Parallelquellen recht gewiss sein können, dass kein wesentlicher Inhalt grob verfälscht wurde. Ähnliches gilt logischerweise für die Liturgiegeschichte. Aber alle diese "Schlachten" wurden bereits über die Jahrhunderte hinweg oft mehrfach geschlagen, man erklärte sich gegenseitig zum Häretiker (nur von röm.-kath. Seite im II. Vatikanum aufgehoben, das Moskauer Patriarchat hat sich dieser Erklärung der Ostkirchen bemerkenswerterweise nie angeschlossen, obwohl es bis heute mehr als andere orth. Kirchen aus seiner Sicht unter der Präsenz der kath. Ostkirchen leidet) und betonte auf beiden Seiten das Unterscheidende statt dem Verbindenden. Ich sehe in jedem orthodoxen Christen auch einen katholischen Christen, wie es die Kirche auch tut. Wenn man aber die trennenden Gründe, welche sich aus der zeitlichen Distanz eher als Missverständnisse herausstellen, durchweg betont, kann ich das in Hinsicht auf die Zielführung (die für alle Christen immer die vollkommene kirchliche Einheit sein sollte) als nur wenig hilfreich bezeichnen. Für Außenstehende, in diesem Fall also nicht-orthodoxe Christen, muten solche Betonungen oft anachronistisch an, auf jeden Fall aber nicht sehr pragmatisch. Der Anachronismus, um den Bogen jetzt zurück zu schlagen, ist aber kein Kennzeichen des Konservativen, ganz besonders kann es kein plausibles theologisches Kennzeichen sein, denn der Inhalt, der nur noch dazu dient, sich abzugrenzen, wird absurd. Das gilt für mich übrigens auch hinsichtlich der protestantischen Denominationen, von denen einige Teile/Gläubige durchaus "katholischer" sind als so mancher "Berufskatholik".
Anselmus hat geschrieben:Ob das wirklich an der Inkulturations-Kompatibilität liegt, ist hier allerdings die Frage. Es könnte nämlich auch einfach damit zu tun haben, dass die Katholiken in der früheren Zeit durchaus etwas aggressiver bei der Missionierung neuer Gebiete war.
Es hat sicherlich auch geschichtliche Gründe, aber nicht nur. Der christliche Missionsbefehl galt und gilt ja für alle Christen. So gab es ja nicht nur die röm.-kath. Christianisierung zuerst durch Portugiesen und das spanische Weltreich, sondern auch eine orth. Version nach Osten (Sibirien, Usbekistan, Kasachstan etc.); einerseits also eine "Hispanisierung" bis heute und andererseits eine "Russifizierung", allerdings mit dem kulturgeschichtlichen Unterschied, dass die - gewollte oder ungewollte - Inkulturation beispielsweise im spanischen Weltreich spätestens im 19. Jahrhundert darin mündete, dass die ehemaligen Kolonien unabhängig wurden, aber ihre "neue" kulturelle Prägung behielten, während die "russifizierten" Teile spätestens nach dem Ende der Sowjetzeit immer mehr davon abrücken, auch durch den Einfluss des Islam. Die Grenzziehung des Zarenreiches im Zeitalter des kolonialen Imperialismus bestimmte deshalb aber auch die Grenzen der russ.-orth. Mission und auch die Betonung christlich-orthodoxer Werte von staatlicher Seite in Russland geschieht meiner Überzeugung nach nur aus Kalkül, weshalb ich denke, dass die russ-orth. Kirche nicht dieselben Fehler wie die röm.-kath. Kirche machen sollte. Ich möchte nämlich nicht davon sprechen, dass die russ.-orth. Kirche die Harmonielehre der "Symphonia" (von Kirche und Staat) zur Missionierung ausnutzte, weil ich glaube, dass es sich genau andersherum verhält - sie ist wohl vom Staat - dem Zarenreich - ebenso benutzt worden, wie dies bei der röm.-kath. Kirche und beispielsweise Spanien der Fall war. Erst in der Neuzeit sagte sich der Staat von der Kirche "los"; die Kirche, glaube ich, beginnt erst jetzt zu begreifen, dass das ein Glück war, denn die Interessen des Evangeliums und dasjenige der Menschen sind nun mal oft sehr verschieden. Die Kirche musste zu diesem "Lernprozess" aber erst durch Franz. Revolution, aber vor allem durch die Aufklärung, "motiviert" werden - wie ich eben finde, zu ihrem Glück, weshalb ich auch in Deutschland ein Ende des unehrlichen Konkordatswesens begrüßen würde, denn ich glaube, dass sich die Kirche hier seit dem "Pakt" mit Kaiser Konstantin in einer Art "babylonischer Gefangenschaft" befunden hat, aus der sie erst jetzt und nur zaghaft freikommt. In diesem Zusammenhang sehe ich auch den Rückgang der gläubigen Christen: Ein Staat, der sich durch nichts dazu bewegen lässt, christliche Werte in seine Handlungsmaximen aufzunehmen, weil diese Überzeugungen nicht mehr von einer Mehrheit mitgetragen werden, kann für die Kirche kein Vertragspartner sein. Im Gegenteil, ich denke, dass die Kirche - sowohl die orth. wie die röm.-kath. Kirche - am besten "fährt", wenn sie sich als "außerparlamentarische Opposition" oder sich zumindest als inoffizielles Kontrollorgan positioniert, wodurch ihre Glaubwürdigkeit - auch in Russland durch Russen oder in Serbien durch Serben (etc. ...) gestärkt werden würde. Dazu braucht es aber auf orthodoxer Seite wahrscheinlich ein Konzil, also Bestrebungen zu einer allgemein-orthodoxen Übereinkunft, bei denen die hierarchische Infrastruktur der röm.-kath. Kirche in den letzten Jahren auch schon öfter helfend einsprang, wie ich einmal erfuhr. Ich bin deshalb auch gespannt, wie der orthodox-römische Dialog weitergeht. Es waren ja hoffnungsvolle Zeiten mit Benedikt XVI., der ja die Orthodoxie gut kennt. Wie es mit Papst Franz aussieht, kann ich nicht sagen. Viel Kontakt mit Orthodoxen dürfte er in Argentinien ja nicht gehabt haben, schätze ich. Aber vielleicht täusche ich mich ja auch.

LG Yeti
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Yeti
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Re: Was befremdet euch an der Orthodoxie am meisten?

Beitrag von Yeti »

Nassos hat geschrieben:Der Patriarch von Konstantinopel steht hierarchisch höher als die anderen Patriarchen und vor ihm stand der Bischof von Rom hierarchisch höher.
Das Prinzip der Hierarchie ist der römisch-katholischen Kirche genaus so vertraut, weil das von Anfang an so in der Kirche geregelt war.
Da müsstest du spezifizieren, was mit "von Anfang an" gemeint ist; wenn sich das auf die Zeit vor dem Morgenländischen Schisma bezieht, ist da der Anfang einer Art Vorrangstellung des Bischofs von Rom erst richtig im dritten Jh. n.Chr. zu sehen.
Nassos hat geschrieben:Mich stört auch der Charakter der Volkskirche. Und wiederum hat das keine ekklesiologische Wurzel, sondern hat sich geschichtlich und gesellschaftlich (Diaspora) entwickelt. Aber gibt es sowas nicht auch in katholischen Gemeinden in der Diaspora (z.B. Deutsche in Lateinamerika)?
Also ich habe mal ein Jahr lang in einer röm.-kath. deutschen Auslandsgemeinde gearbeitet, da spielte die nationale Zugehörigkeit natürlich eine Rolle, aber nur der Herkunft wegen. Religiös hatte das keine Auswirkungen zur Umwelt, die ebenfalls röm.-kath. war, im Gegenteil, das mischte sich sowohl in den Messen als auch im Gemeindeleben. Die Einheimischen wollten sogar ihre Kinder unbedingt in meinen Kommunions- und Firmvorbereitungskurs anmelden, weil der landessprachige in den einheimischen Gemeinden sonst zwei Jahre gedauert hätte. :breitgrins:
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Re: Was befremdet euch an der Orthodoxie am meisten?

Beitrag von Anselmus »

@ Yeti: Beim ersten Punkt hast du mich wohl wirklich etwas falsch verstanden. Mit "Eigendichtung" meinte ich wirklich Eigendichtungen, also wenn sich Priester nicht ans Messbuch halten, sondern das Hochgebet verändern oder komplett neu erfinden. Mir ist natürlich auch bewusst, dass das natürlich nicht erlaubt ist, aber ich nehme eben auch (mit Schmerzen und Trauer) wahr, dass dagegen von vielen Bischöfen kaum etwas gemacht wird...

Zu den restlichen Punkten vielleicht später mehr, wenn ich mehr Zeit habe.

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Yeti
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Re: Was befremdet euch an der Orthodoxie am meisten?

Beitrag von Yeti »

Anselmus hat geschrieben:@ Yeti: Beim ersten Punkt hast du mich wohl wirklich etwas falsch verstanden. Mit "Eigendichtung" meinte ich wirklich Eigendichtungen, also wenn sich Priester nicht ans Messbuch halten, sondern das Hochgebet verändern oder komplett neu erfinden. Mir ist natürlich auch bewusst, dass das natürlich nicht erlaubt ist, aber ich nehme eben auch (mit Schmerzen und Trauer) wahr, dass dagegen von vielen Bischöfen kaum etwas gemacht wird...

Zu den restlichen Punkten vielleicht später mehr, wenn ich mehr Zeit habe.
Ok, ich verstehe, danke für die Klärung. Ich sehe das ebenso.
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Alexej Veselov
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Re: Was befremdet euch an der Orthodoxie am meisten?

Beitrag von Alexej Veselov »

Yeti hat geschrieben: [*]
  • Die Nähe zum Staat und zum Volk, die Orthodoxie erscheint mir oft als eine "Volkskirche"=zu ihr gehören nur die, welche auch zum Volk gehören. Ist in der orth. Theologie wahrsch. nicht so, aber oft in der zumindest von mir beobachteten Praxis. Am extremsten scheint mir das in der russ.-orth. und der serbisch-orth. Kirche zu sein. Ist nicht unbedingt ein theologisch verbrämter Panslawismus, aber ein bissl geht's in die Richtung, es gibt eine große Kulturimmanenz. Das schreckt mich auch beim Judentum und Islam ab. Dabei möchte ich betonen, dass mir auch amerikanische Flaggen in manchen kath. Kirchen in den USA ein Greuel sind.
Das wahrnehmen der Kirche als Volkskirche ist manchmal da, grade in kleineren Ländern, die überwiegend von einem einzelnen Volk besiedelt werden. In Deutschland wird es oft negativ gesehen, wobei ich das Thema als komplizierter betrachter, als es dargestellt wird. Relligion war immer mit Völkern/Staaten verbunden. Als Italiener oder Kroate ist man nunmal katholisch, und in Nordkorea will man keine Christen, weil es die Relligion des Westens ist. Das ist jedoch etwas anderes als Phyletismus, der in der Orthodoxen Kirche selten ist. Ja, man ist oft gegenüber Neuankömmlingen aus anderen Ländern verschlossen, doch das mehr aus Vorsicht und Gewohnheit, als aus bewusster Abgrenzung. Interessant finde ich, dass die Russische Kirche als Volkskirche wahrgenommen wird. Warum eigentlich? Aus meiner Sicht ist grade das Moskauer Patriarchat sehr weltoffen, was mit der Geschichte der Russischen Kirche zusammenhängt. Im Gegensatz zu den meisten anderen Ländern besteht Russland nämlich nicht aus Russen (wie oft angenommen), sondern aus über 1 verschiedenen Nationalitäten. Die angehörigen dieser Völker (z.B. Russen, Belorussen, Ukrainer, Tschuwaschen, Mordwinen, Mari, Burjaten) bilden die Russische Orthodoxe Kirche, wobei unter den Gläubigen Harmonie herrscht. Dazu ist das Moskauer Patriarchat in vielen Ländern vertreten, Mission gab es sowohl in der Zarenzeit, wie auch heute in verschiedensten Ländern. Selbst nach Deutschland wurde das orthodoxe Christentum von den Russen gebracht, liturgische Texte und Väterschriften wurden vor über 1 Jahren ins Deutsche übertragen. Wahrscheinlich ist das auch der Grund, warum die meisten deutschen Priester und Gläubige sich heute in der Jurisdiktion des MP befinden.
Yeti hat geschrieben:In der Orthodoxie könnte ich das lückenlos lediglich von St. Petersburg bis Vladivostok.
Ist das so? Heute gibt es in jeder größeren Stadt Weltweit eine Orthodoxe Kirche. Hier eine Karte - wobei dort nur Gemeinde des Moskauer Patriarchats außerhalb des Kanonischen Territoriums eingetragen sind. http://karta.patriarchia.ru/
Zuletzt geändert von Alexej Veselov am Freitag 20. Dezember 2013, 22:20, insgesamt 1-mal geändert.

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umusungu
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Re: Was befremdet euch an der Orthodoxie am meisten?

Beitrag von umusungu »

Yeti hat geschrieben: Die Einheimischen wollten sogar ihre Kinder unbedingt in meinen Kommunions- und Firmvorbereitungskurs anmelden, weil der landessprachige in den einheimischen Gemeinden sonst zwei Jahre gedauert hätte. :breitgrins:
Ich hoffe, du hast diesem Begehren des Unterlaufens der einheimischen Katechese widerstehen können......

Ralf

Re: Was befremdet euch an der Orthodoxie am meisten?

Beitrag von Ralf »

Yeti hat geschrieben:Ich bin deshalb auch gespannt, wie der orthodox-römische Dialog weitergeht. Es waren ja hoffnungsvolle Zeiten mit Benedikt XVI., der ja die Orthodoxie gut kennt. Wie es mit Papst Franz aussieht, kann ich nicht sagen. Viel Kontakt mit Orthodoxen dürfte er in Argentinien ja nicht gehabt haben, schätze ich. Aber vielleicht täusche ich mich ja auch.

LG Yeti
Nur kurz zur Info: Papst Franziskus war in Argentinien auch Ordinarius der Katholischen Ostkirchen, die keine eigene Eparchie dort hatten. Er kennt daher die Kirchen des Ostens generell gut und schätzt sie sehr. Dort lernte er übrigens auch den heutigen Großerzbischof der griechisch-katholischen Ukrainer kennen, er war damals Bischof dort.

Mary
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Re: Was befremdet euch an der Orthodoxie am meisten?

Beitrag von Mary »

Who is so great a God as our God? You are the God who does wonders!

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Yeti
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Re: Was befremdet euch an der Orthodoxie am meisten?

Beitrag von Yeti »

umusungu hat geschrieben:
Yeti hat geschrieben: Die Einheimischen wollten sogar ihre Kinder unbedingt in meinen Kommunions- und Firmvorbereitungskurs anmelden, weil der landessprachige in den einheimischen Gemeinden sonst zwei Jahre gedauert hätte. :breitgrins:
Ich hoffe, du hast diesem Begehren des Unterlaufens der einheimischen Katechese widerstehen können......
Ich war ja nicht Gemeindeleiter, sondern "nur" pastoraler Mitarbeiter. Ich hatte meine Anweisungen vom rector ecclesiae, die ich auch befolgt habe. Er meinte, ich sei vom Dienst her so etwas wie ein Pastoralreferent, aber er würde mich niemals so nennen. ;D Ein "Unterlaufen" wäre das sowieso nur in den Fällen, in denen die Aspiranten bzw. deren Eltern nicht jeden Sonntag und sonst am Gemeindeleben teilnahmen, es sei denn, man wäre Anhänger des heute wahrlich antiquierten Territorialprinzips, welches ja bei landsmannschaftlichen Auslandsgemeinden sowieso anders geregelt wird.

LG Yeti
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Yeti
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Re: Was befremdet euch an der Orthodoxie am meisten?

Beitrag von Yeti »

Mary hat geschrieben:
Yeti hat geschrieben: [*]
  • Manchmal etwas zu ernst.
Das Gegenmittel:
http://www.amazon.com/We-Came-Saw-Conve ... 98227783
http://www.amazon.com/One-Flew-Over-Oni ... onion+dome

:D
Herzlichen Dank, Mary! Das ist ja ein guter Tipp für Weihnachten! LG Yeti
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Re: Was befremdet euch an der Orthodoxie am meisten?

Beitrag von Yeti »

Alexej Veselov hat geschrieben:
Yeti hat geschrieben: [*]
  • Die Nähe zum Staat und zum Volk, die Orthodoxie erscheint mir oft als eine "Volkskirche"=zu ihr gehören nur die, welche auch zum Volk gehören. Ist in der orth. Theologie wahrsch. nicht so, aber oft in der zumindest von mir beobachteten Praxis. Am extremsten scheint mir das in der russ.-orth. und der serbisch-orth. Kirche zu sein. Ist nicht unbedingt ein theologisch verbrämter Panslawismus, aber ein bissl geht's in die Richtung, es gibt eine große Kulturimmanenz. Das schreckt mich auch beim Judentum und Islam ab. Dabei möchte ich betonen, dass mir auch amerikanische Flaggen in manchen kath. Kirchen in den USA ein Greuel sind.
Das wahrnehmen der Kirche als Volkskirche ist manchmal da, grade in kleineren Ländern, die überwiegend von einem einzelnen Volk besiedelt werden. In Deutschland wird es oft negativ gesehen, wobei ich das Thema als komplizierter betrachter, als es dargestellt wird. Relligion war immer mit Völkern/Staaten verbunden. Als Italiener oder Kroate ist man nunmal katholisch, und in Nordkorea will man keine Christen, weil es die Relligion des Westens ist. Das ist jedoch etwas anderes als Phyletismus, der in der Orthodoxen Kirche selten ist. Ja, man ist oft gegenüber Neuankömmlingen aus anderen Ländern verschlossen, doch das mehr aus Vorsicht und Gewohnheit, als aus bewusster Abgrenzung. Interessant finde ich, dass die Russische Kirche als Volkskirche wahrgenommen wird. Warum eigentlich? Aus meiner Sicht ist grade das Moskauer Patriarchat sehr weltoffen, was mit der Geschichte der Russischen Kirche zusammenhängt. Im Gegensatz zu den meisten anderen Ländern besteht Russland nämlich nicht aus Russen (wie oft angenommen), sondern aus über 1 verschiedenen Nationalitäten. Die angehörigen dieser Völker (z.B. Russen, Belorussen, Ukrainer, Tschuwaschen, Mordwinen, Mari, Burjaten) bilden die Russische Orthodoxe Kirche, wobei unter den Gläubigen Harmonie herrscht. Dazu ist das Moskauer Patriarchat in vielen Ländern vertreten, Mission gab es sowohl in der Zarenzeit, wie auch heute in verschiedensten Ländern. Selbst nach Deutschland wurde das orthodoxe Christentum von den Russen gebracht, liturgische Texte und Väterschriften wurden vor über 1 Jahren ins Deutsche übertragen. Wahrscheinlich ist das auch der Grund, warum die meisten deutschen Priester und Gläubige sich heute in der Jurisdiktion des MP befinden.
Yeti hat geschrieben:In der Orthodoxie könnte ich das lückenlos lediglich von St. Petersburg bis Vladivostok.
Ist das so? Heute gibt es in jeder größeren Stadt Weltweit eine Orthodoxe Kirche. Hier eine Karte - wobei dort nur Gemeinde des Moskauer Patriarchats außerhalb des Kanonischen Territoriums eingetragen sind. http://karta.patriarchia.ru/
Vielen Dank für die Informationen und die Karte! Gibt es eigentlich einen bestimmten Grund, weshalb lt. der Karte die orth. Gemeinden in Deutschland und Norditalien am besten vertreten sind? Für Norditalien kann ich mir es noch etwas zusammenreimen, da dort viele Gastarbeiter aus Rumänien und Bulgarien leben, die der dortigen orth. Kirche angehören. Aber diese große Dichte in Deutschland hat mich etwas überrascht!

LG Yeti
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martin v. tours
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Re: Was befremdet euch an der Orthodoxie am meisten?

Beitrag von martin v. tours »

Ich vermute mal die hunderttausenden Spätaussiedler aus Russland, die wurden ja auch quer durch Deutschland verteilt.
Nach dem sie nicht erreicht hat, daß die Menschen praktizieren, was sie lehrt, hat die gegenwärtige Kirche beschlossen, zu lehren, was sie praktizieren.
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San Marco
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Re: Was befremdet euch an der Orthodoxie am meisten?

Beitrag von San Marco »

martin v. tours hat geschrieben:Ich vermute mal die hunderttausenden Spätaussiedler aus Russland, die wurden ja auch quer durch Deutschland verteilt.
Hunderttausende ??? Nimm mal Faktor 1...

http://www.bpb.de/nachschlagen/zahlen-u ... aussiedler


Orthodoxe sollten eigentlich gar nicht so viele dabei sein. Allerdings gab es Familien, wo einer sehr viele "richtige Russen" mitzog.

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Ilija
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Re: Was befremdet euch an der Orthodoxie am meisten?

Beitrag von Ilija »

San Marco hat geschrieben:
martin v. tours hat geschrieben:Ich vermute mal die hunderttausenden Spätaussiedler aus Russland, die wurden ja auch quer durch Deutschland verteilt.
Hunderttausende ??? Nimm mal Faktor 1...

http://www.bpb.de/nachschlagen/zahlen-u ... aussiedler


Orthodoxe sollten eigentlich gar nicht so viele dabei sein. Allerdings gab es Familien, wo einer sehr viele "richtige Russen" mitzog.
Viele Spätaussiedler, haben sich in Deutschland Orthodox Taufen lassen

San Marco
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Re: Was befremdet euch an der Orthodoxie am meisten?

Beitrag von San Marco »

Ilija hat geschrieben:
San Marco hat geschrieben:
martin v. tours hat geschrieben:Ich vermute mal die hunderttausenden Spätaussiedler aus Russland, die wurden ja auch quer durch Deutschland verteilt.
Hunderttausende ??? Nimm mal Faktor 1...

http://www.bpb.de/nachschlagen/zahlen-u ... aussiedler


Orthodoxe sollten eigentlich gar nicht so viele dabei sein. Allerdings gab es Familien, wo einer sehr viele "richtige Russen" mitzog.
Viele Spätaussiedler, haben sich in Deutschland Orthodox Taufen lassen
Mag sein. Ich kenne nur Evangelische und Mennonitische.

Kirchenjahr
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Re: Was befremdet euch an der Orthodoxie am meisten?

Beitrag von Kirchenjahr »

1. Die Dogmatisierung der Lehren von Palamas.
2. Die Symphonie von Staat und Kirche
3. Ethnische Patriarchatskirchen in der Diaspora.

San Marco
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Re: Was befremdet euch an der Orthodoxie am meisten?

Beitrag von San Marco »

Kirchenjahr hat geschrieben:1. Die Dogmatisierung der Lehren von Palamas.

Ja, dass ist ein sehr kritischer Punkt.

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