Robert Ketelhohn hat geschrieben: ↑Dienstag 26. Juni 2007, 11:59
Josef Steininger hat geschrieben:Die Römische Kirche hat etwas erreicht, was einmalig ist: die Freiheit der Kirche vom Staat, ihre Konstituierung als wahrhaft unabhängige Körperschaft.
Vergiß die Theorien, tritt in die Wirklichkeit ein. An diesem Anspruch ist die Kirche nur gescheitert. Erst mal wurde sie – indem sie Superiorität über die irdischen Staaten beanspruchte – selber zum irdischen Staat. Wie ein solcher wurde sie sodann behandelt, mußte Machtposition um Machtposition wieder hergeben: bis hin zum völligen Verlust der Freiheit im Jahre 1870.
(Mit der Reconciliazione von 1929 kehrte man in dieser Hinsicht zwar zur Vernunft und zur Tradition zurück, jedoch nur potentiell und versuchsweise. Es war zu spät. Auf staatlicher Seite bildeten meist scharfe, ideologisierte Feinde der Kirche das Gegenüber. Ausnahmen wie in Österreich oder auch Spanien wurden über kurz oder lang beseitigt. Im übrigen fegte ohnehin der Krieg alles beiseite und ermöglichte den verbliebenen Mächten überall die Errichtung des liberal-demokratischen Systems auf den Trümmern des Alten und Kranken.)
Josef Steininger hat geschrieben:Nach der Konstantinischen Wende gaben zunächst die Kaiser den Ton an, waren bestimmend auf den ersten Konzilien, ein unhaltbarer, schändlicher Zustand. Die Kirche drohte zu einer kommandierten Staatskirche zu werden.
Und das Nicæno-Constantinopolitanum sprichst du nur mit Ekel? Oder gar nicht mehr?
Ohne Ostroms christliche Kaiser hätte es die großen ökumenischen Synoden nicht gegeben, keine Definition der unabdingbaren Glaubensartikel, ohne Ostroms christliche Kaiser hätte die Kirche keine christliche Kultur bilden können, hätte es niemals die Christenheit gegeben und wäre die Verkündigung der Apostel kaum je in nennenswertem Umfang zu uns gelangt.
Mit Blick auf die Kirche der Väter von schändlichem Zustand zu reden offenbart einen schwer getrübten Blick auf die Geschichte, eine ideologisch erkrankte Ekklesiologie und ein geradezu katharisch irreales Selbstverständnis.
Josef Steininger hat geschrieben:Wer dem entgegengetreten ist, war das Papsttum, es hat sich Byzanz widersetzt, schließlich die Ablösung von Byzanz vollzogen …
Aus politischen Gründen gab es Kämpfe zwischen Ost und West. Bekanntlich seit der Völkerwanderungszeit schon. Es ging um die byzantinischen Positionen in Italien und den Anspruch des Kirchenstaats, der Langobarden, der Franken oder wessen auch immer darauf. Und dann wieder umgekehrt. Aus diesem Konflikt ging endlich ein erneuertes westliches Kaisertum hervor. Meinst du im Ernst, dessen Verhältnis zum römischen Bischof sei ein grundsätzlich anderes gewesen als dasjenige des Byzantiner Basileus zum Constantinopolitaner Bischof? – Dann täuschst du dich gründlich.
Es war ein lediglich praktisch durchaus etwas anders gelagertes Verhältnis, weil der Kaiser hier nicht am selben Ort saß und weil der Bischof über seine Stadt und über weite Gebiete darüber hinaus auch die weltliche Herrschaft besaß oder erlangte. Insofern waren die Gewichte anders verteilt. Das sollte sich aber erst später auswirken.
Josef Steininger hat geschrieben:… hat sich aber dann auch, als im Westen die gleiche Entwicklung zur kaiserlichen Staatskirche drohte, dem westlichen Kaisertum im Investiturstreit widersetzt.
Diese »Entwicklung […] drohte« nicht, sie war der normale Zustand. Wobei der Begriff der »kaiserlichen Staatskirche« eine polemische Verzerrung ist. Natürlich gab es dies Moment. Immer wieder. Und ebenso die Wiedergewinnung der Freiheit. Kann das in dieser Welt denn anders sein? Das Ideal ist die Harmonie oder Symphonie zwischen Kirche und Staat. In der Praxis stellt diese Symphonie ein ständiges Ringen und Zerren dar. Wer meint, solches Ringen und Zerren in dieser Welt bereits beseitigen und den Idealzustand herstellen zu können, der ist im Geiste ein Katharer.
Noch einmal, diese »Entwicklung […] drohte« nicht, sie war der normale Zustand. Schon unter Karl dem Großen, ebenso – ganz systematisch durchgeführt – unter Otto dem Großen und überhaupt unter den sächsischen und salischen Kaisern. Dann allerdings kam die Wende. In der römischen Kirche kam ein neuer Geist auf. Der katharisch angehauchte Geist der Mailänder Pataria, der Geist eines Hildebrand und Humbert. Das ist wohl die eigentliche Wendemarke, ab welcher der Wind allmählich drehte.
Josef Steininger hat geschrieben:Die sogenannte „Orthodoxie“ hat die üble Tradition des Staatskirchentums fortgesetzt, man wollte frei vom Papst sein und war nur Lakai des byzantinischen Kaisers und dann des russischen Zaren und Handlanger der Despotie Rußlands.
Besser, als Lakai Helmut Kohls zu sein oder gar Lakai der Merkel. – Aber im Ernst, du offenbarst hier totale Unkennntis der Geschichte Osteuropas. Leider auch den Unwillen, irgend etwas darüber zu erfahren.
Josef Steininger hat geschrieben:Als es den Zaren nicht mehr gab, wurde sie zum Handlanger des Bolschewismus, also unmittelbar des Antichristen, und war für dessen Ziele beliebig einsetzbar.
Das ist eine Verleumdung, die eines Rolf Hochhuth würdig wäre, aber nicht deiner, Josef.
Josef Steininger hat geschrieben:(z.B. im ÖRK, wo man für „Friede und Abrüstung“ eintrat, um die Verteidigungsbereitschaft gegen den kommunistischen Weltherrschaftsanspruch zu untergraben).
Du kannst nicht im Ernst glauben, daß sich im Westen einer auch bloß ’nen Dreck um diesbezügliche Positionen der russsichen Hierarchie geschert hätte. Abgesehen davon wüßte ich nicht, welchen Auftrag die Kirche damals (oder jemals) gehabt hätte, im weltpolitischen Konflikt Partei zu ergreifen.
Josef Steininger hat geschrieben:Nur die Katholische Kirche ist eine internationale, von den Staaten freie, „vollkommmene Gesellschaft“ („societas perfecta“, wie der alte Ausdruck lautet, das heißt nicht, dass alles vollkommen wäre, sondern meint eine unabhängige Vereinigung, die alle Mittel zur Erreichung ihres Zweckes in sich trägt und von niemand abhängig ist) und das verdankt sie der zentralen Leitung durch das Papsttum, welches ihre Internationalität garantiert.
Nicht „international“. Übernational. Wir sind aus den Völkern herausgenommen. Das ist die Kirche, in der Tat. Allerdings verkennst du ihre Grenzen. Auch kann sie auf ihrer irdischen Pilgerschaft keine perfecta sein, insofern ihre Glieder auch Glieder irdischer Staaten sind. Die gedankliche Trennung, die du dazu vornehmen mußt, ist ein theoretisches Konstrukt, das der Wirklichkeit nicht entspricht. Die »zentrale Leitung durch das Papsttum« endlich ist – so formuliert – eine Erfindung des 19. Jahrhunderts, die mit der früheren Tradition ganz unvereinbar ist und folglich so nicht wahr sein kann, ohne das ganze ad absurdum zu führen.
Im übrigen lehrt spätestens der Greuel von Assisi, daß die Verheißung des Herrn portas inferi non esse prævalituri sich nicht mit Gewißheit auf den je aktualen Inhaber des Stuhles Petri beziehen läßt. Von diesem Strohhalm gilt es Abschied zu nehmen und nach sicherem Halt Ausschau zu halten.
Josef Steininger hat geschrieben:Darum ist die Katholische Kirche die einzige, die den Namen der „Kirche“, der von Christus gegründeten sichtbaren Gemeinschaft der Gläubigen, verdient. Wer sich von ihr trennt, geht des ewigen Heils verlustig.
Wie gesagt, du verkennst die Grenzen der katholischen Kirche.