Orthodoxie: Ohne Fegefeuer?

Ostkirchliche Themen.
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Jeremias
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Re: Orthodoxie: Ohne Fegefeuer?

Beitrag von Jeremias »

Osthugo hat geschrieben:
Mittwoch 20. Januar 2021, 10:47
Trisagion hat geschrieben:
Mittwoch 20. Januar 2021, 04:01

Wieso versteckt? Es gibt nur eine Kirche, die katholische, und alle nicht-katholischen Christen sind Schismatiker, und meist auch Häretiker. Die dementsprechenden Defizite habt ihr zu korrigieren, da führt keine Weg dran vorbei.
Fein, dann sind wir uns in der gegenseitigen Beurteilung ja einig. Darauf kann man aufbauen. ;D :breitgrins:
Tatsächlich finde ich ja, dass wir eh eine Kirche sein sollten. Denn auch wenn es tiefe Wesensunterschiede gibt zwischen West und Ost, ist das ursprüngliche Schisma ja eher kirchenpolitischer Natur gewesen. Und ich meine, dass wir uns gegenseitig sehr gut ergänzen würden. Inwiefern es theologische Differenzen gibt oder nicht gibt, würde ich an der Stelle wissendere Menschen diskutieren lassen, zumindestens die ersten 1000 Jahre gab es die ja nicht.
Orthodoxer. Physikdidaktiker. Rollenspieler. Liberaler. Konservativer. Modernist. Ökumenist.
Alles Titel, mit denen man mich bedenken kann, die deswegen mich trotzdem nicht gänzlich beschreiben.

Ralf

Re: Orthodoxie: Ohne Fegefeuer?

Beitrag von Ralf »

Das Problem sind nicht theologische Differenzen, die darf es auch zwischen zwei Menschen geben. Die Frage ist doch, ob diese kirchentrennend sein müssen. Doch dafür ist es eben wichtig, daß beide Seiten die anderen in ihrer Kirchlichkeit(!) vermissen. Das sehe ich auf orthodoxer Seite nicht.

Du schreibst ja selbst "Und wer bin ich, meine Art und Weise als heilsbringend für dich zu definieren."

Genau darum geht es. Sichere Lehrmeinungen (Dogmen) sind Begrenzungen des Spielfeldes - doch noch immer benötigen wir verschiedene Spielertypen.

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FranzSales
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Re: Orthodoxie: Ohne Fegefeuer?

Beitrag von FranzSales »

Im Hinblick auf den -im Vergleich zum Westen- unterschiedlichen "Geist" (Phronema) der Ostkirchen kann ich das lesenswerte Buch von Dr. Constantinou empfehlen.
https://store.ancientfaith.com/thinking-orthodox/
"Herr Jesus Christus, wir beten Dich an und benedeien Dich. In Deinem Heiligen Kreuz hast Du die Welt erlöst."

Trisagion
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Re: Wie hat sich die orthodoxe Haltung zum Petrusamt bisher bewiesen?

Beitrag von Trisagion »

TillSchilling hat geschrieben:
Mittwoch 20. Januar 2021, 09:47
Habe ich das so richtig verstanden?
:daumen-rauf:

Trisagion
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Re: Orthodoxie: Ohne Fegefeuer?

Beitrag von Trisagion »

Osthugo hat geschrieben:
Mittwoch 20. Januar 2021, 10:47
Trisagion hat geschrieben:
Mittwoch 20. Januar 2021, 04:01
#
Wieso versteckt? Es gibt nur eine Kirche, die katholische, und alle nicht-katholischen Christen sind Schismatiker, und meist auch Häretiker. Die dementsprechenden Defizite habt ihr zu korrigieren, da führt keine Weg dran vorbei.
Fein, dann sind wir uns in der gegenseitigen Beurteilung ja einig. Darauf kann man aufbauen. ;D :breitgrins:
Dem stimme ich ganz unironisch zu. Ein Grund warum die Anglikaner mich nicht interessieren ist ihre branch theory.

Was die Vereinigung mit dem Orthodoxen angeht, scheint es mir letztlich um zwei Dinge zu gehen. Erstens, Papst nach Vatikan I. Zweitens, Wiederverheiratung. Alle anderen Problemchen sind entweder komplett künstlich (wie etwa das Getue um "filioque"), oder rein praktisch (wer wird Bischof von Dingsbums), oder man kann sich die Nase zuhalten und so tun als ob die andere Seite nicht zum Himmel stinkt (etwa Palamitische Theorien).

Aber ich habe keine Ahnung, wie man mit den zwei echten Problemen fertig wird.

Trisagion
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Re: Wie hat sich die orthodoxe Haltung zum Petrusamt bisher bewiesen?

Beitrag von Trisagion »

Jeremias hat geschrieben:
Mittwoch 20. Januar 2021, 10:51
Puh, da fehlen mir jetzt die theologischen Kenntnisse. Aber rein interessehalber, wie bringst du das zusammen mit "wem auch immer ihr die Sünden erlasst, dem sind sie erlassen"? (Johannes 20,23) Ich hatte das immer so verstanden, als ob es sehr wohl möglich sein könnte.
Jesus hat uns ein absolut eindeutiges Muster der Erlassung von Sünden gegeben. Dort wo der Mensch sich von der Sünde ab und Gott zuwendet, werden seine Sünden erlassen, und zwar ohne erhebliche zusätzliche Bürden und ohne Respekt für irgendwelche menschlichen Bedenken. Aber Jesus hat niemals willkürlich Sünden erlassen, hat niemals jemandem die Sünde erlassen der nicht irgendwie bereit war zur Umkehr. Das von uns formal aufgebaute System (Reue, Beichte, Buße) ist nicht unbedingt nötig, das was das System einfangen will aber schon. Es gibt auch gute Gründe für dieses System, denn wir sind nicht Gott wie Jesus, und Situationen, Menschen und die Zukunft sind uns kein offenes Buch. Wir folgen weitgehend diesem System um Jesus treu zu bleiben, um eben Umkehr und Vergebung zu verknüpfen, nach bestem menschlichen Vermögen.

Jedenfalls ist es völlig korrekt zu sagen, daß die Apostel, ihre Nachfolger und im Auftrag deren Helfer, jede erdenkliche Sünde erlassen können. Gemeint ist aber keineswegs in Willkür, sondern in der Person Christi. Und das bedeutet eben eine Verknüpfung von Umkehr und Erlassung von Sünden, Jesus folgend.

Was nun genau los ist, wenn ein Bischof bewußt einem nicht-reuigen Sünder die Sünden vergibt, darüber müßte ich nachdenken / mich schlau machen. Aber bei einem bin ich mir da sofort sicher: als dieser Bischof möchte ich nicht vor Christus treten. Lieber bin ich Mörder als Verräter an Gott in Gottes Stelle.
Jeremias hat geschrieben:
Mittwoch 20. Januar 2021, 10:51
Meinen Dr. habe ich in Physikdidaktik. :) Insofern wirst du fachlich den Zeitbegriff deutlich besser als ich verstehen, vermute ich.
Danke, aber das folgt nicht. Wir betreiben hier halt nicht Physik. Metaphysik vielleicht...
Jeremias hat geschrieben:
Mittwoch 20. Januar 2021, 10:51
Diese Kategorisierung Gottes, auch wenn sie philosophisch-theologisch ist, ist ja schon in der beschränkten Art und Weise vorgenommen worden, zu dem wir eben nur fähig sind. Dass ist der zugrundeliegende Grund, warum sich die Mönche gegen solche Überlegungen verwahren und lieber die mystische Gotteserfahrung suchen: Sie wollen eben Gott nicht in ihr eigenes Denken einpressen.
Anders ausgedrückt: Immer wenn jemand "unmöglich" sagt, ist das eben nur unmöglich für unser Verständnis. Siehe auch das Beispiel "Kann Gott einen Stein schaffen...", das basiert auch darauf, dass etwas logisch unmöglich ist. Gott entzieht sich aber dieserer unserer Logik.
Mystik is für mich wie der Dampf in einer Dampfmaschine. Enorme Kraft, aber die muß umgesetzt werden mit erheblichem technischen Gerät und wenn man die Kontrolle verliert, explodiert der Kessel.

Deine Mönche, wenn sie denn wirklich so sprechen und denken, haben Unrecht und gefährden das Christentum akut. Eine Unzahl Häresien stammen direkt aus der Mystik. Ich empfehle da mal das Buch "Enthusiasm" von Knox.

Das Problem ist, daß es völlig menschenunmöglich ist mystische Gotteserfahrung nicht in das eigene Denken einzupressen. Das ist wirklich kategorisch ausgeschlossen, es ist die Rede von einem eckigen Kreis. Die Frage ist immer nur, was das eigene Denken ist in das die mystische Gotteserfahrung unweigerlich eingepresst wird.

Es ist hier wirklich kein Argument zu sagen, daß auch die Logik limitiert ist. Selbstverständlich ist sie limitiert, alles menschliche Denken ist limitiert. Aber das in Unendliche der Mystik wird immer in das Endliche des menschlichen Geistes gepresst. Die Frage ist niemals ob der menschliche Geist sich unendlich weiten kann um das aufzunehmen. Kann er nicht. Die Frage ist vielmehr wie gut die Endlichkeit denn ist, die da gefüllt wird.

Und wenn jemand wenig weiß und wenig geübt ist im disziplinierten Denken, dann kommt eben irgendetwas Zufälliges dabei heraus wenn die Mystik ihn ergreift. Und wenn man lange genug mit dem Feuer spielt, verbrennt man sich irgendwann.

Wie gesagt, Dampfmaschine. Damit sie läuft braucht es zwei Dinge: Dampf und Maschine. Nur Dampf und wir verbrühen uns und das verpufft schließlich. Nur Maschine, und sie bleibt kalt und bewegunglos. Nur zusammen, immer nur zusammen, wird es etwas.
Jeremias hat geschrieben:
Mittwoch 20. Januar 2021, 10:51
Nebenbemerkung: Ich hoffe, dass wir uns dort treffen! Denn offenbar glaubst du genauso wie ich, nur in einer anderen Art und Weise. Und wer bin ich, meine Art und Weise als heilsbringend für dich zu definieren. :)
:huhu: :klatsch:

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Stephanie
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Re: Orthodoxie: Ohne Fegefeuer?

Beitrag von Stephanie »

Ralf hat geschrieben:
Mittwoch 20. Januar 2021, 10:59
Das Problem sind nicht theologische Differenzen, die darf es auch zwischen zwei Menschen geben. Die Frage ist doch, ob diese kirchentrennend sein müssen. Doch dafür ist es eben wichtig, daß beide Seiten die anderen in ihrer Kirchlichkeit(!) vermissen. Das sehe ich auf orthodoxer Seite nicht.

Du schreibst ja selbst "Und wer bin ich, meine Art und Weise als heilsbringend für dich zu definieren."

Genau darum geht es. Sichere Lehrmeinungen (Dogmen) sind Begrenzungen des Spielfeldes - doch noch immer benötigen wir verschiedene Spielertypen.
1. Nun ja...es ist nicht ganz so schwarz-weiß, es gibt durchaus theologische Differenzen, die problematisch sind - aber nicht alle Differenzen sind problematisch oder gar kirchentrennend. Es ist ja nicht so, dass Gleichklang in der Spiritualität herrschte und mit einem Mal kam das Schisma. Unterschiede gab es auch vorher, sie waren aber zu diesem Zeitpunkt nicht kirchentrennend. Warum, wieso, weshalb ist jetzt eigentlich auch egal, zumindest an dieser Stelle. Mit Unterschieden kann man leben.

2. Äh...na klar. Entschuldige bitte, aber die RKK verlangt Unterordnung mit Deutungshoheit. Ich wüsste tatsächlich nicht, weshalb die OK da Sehnsucht entwickeln sollte...
Wird kaum der Gerechte gerettet, wo werde ich Sünder erscheinen? Die Last und Hitze des Tages habe ich nicht getragen. Die um die elfte Stunde kamen, denen zähle mich bei, Gott, und sei mein Erretter.

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Stephanie
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Re: Orthodoxie: Ohne Fegefeuer?

Beitrag von Stephanie »

Trisagion hat geschrieben:
Mittwoch 20. Januar 2021, 04:01

Ich sehe das wohl etwas weniger krass. Ich denke Anspruch will ansprechen, aber ist nicht mehr Richtspruch als man angesprochen wurde - jedenfalls bei Gott. Nimm die ja schon zitierete Stelle über den reichen Mann. Wenn Du nur Lukas 18,18-20 liest, dann steht da eine Minimalanforderung - wirklich ziemlich minimal - die für das ewige Leben reicht. Dann beschwert sich der reiche Mann aber quasi mit den Worten "Kinderspiel" über den mangelnden Anspruch. Den kriegt er dann sofort knallhart serviert. Und als er da nicht nachzieht, wird Jesus ziemlich pampig...

Ich denke es geht bei Gott weder um ein absolutes Maß an Leistung, noch um individuelles Leistungsvermögen. Es geht darum, daß das Du das willst und auch aktiv suchst, was Du von Gott siehst. Konkret. Siehst Du viel, ist es an Dir, viel zu wollen und zu suchen. Siehst Du wenig, dann halt wenig. Das bedeutet nicht, daß der Pfad breit ist, er ist schmall. Aber wenn Du ein Reinhold Messner des Glaubens bist, dann führt Dein schmaler Pfad über gefährliche Untiefen auf die höchsten Gipfel. Wenn Du ein Hinz Kunzhausen des Glaubens bist, dann vielleicht nur um die Ecke bis zum Schrebergarten. Es ist auch nicht so, daß das keine Rolle spielt. Ich denke der Reinhold Messner wird anders im Himmels sein als Hinz Kunzhausen. Es gibt viele Häuser im Himmel. Aber es sind eben beide im Himmel, und sie werden auf ihre Weise erfüllt sein - den sie sind dem Pfad gefolgt zum dem Ziel.

Wenn nun eine Frau einmal die Woche in die Kirche stiefelt, den Gottesdienst absitzt, ein wenig klönt, eine Kerze anzündet und nach Hause stiefelt - und sonst Gott einen guten Mann sein lässt - ist sie dann eine Karteileiche der Kirche? Vielleicht. Vielleicht aber auch nicht. Vielleicht wird sie im Himmel sein. Vielleicht war das kleine Stück was sie von Gott gesehen hat, ihr schmaler Weg, was man ihr als Kind beigebracht hat. Und dem ist sie immer treu gefolgt. Sie hätte auch aufhören können, es war viel Gelegenheit dazu, ein breiter Weg. Hat sie aber nicht. Ist es richtig die Frau aufzurütteln, ihr zu sagen wie Christentum so richtig geht? Vielleicht. Vielleicht kann sie viel mehr von Gott sehen und auf schmalen Wegen folgen als man ihr als Kind beigebracht hat, und sie weiß es nur noch nicht. Mehr Gott ist besser als weniger Gott. Vielleicht bin ich geschickt dabei zu helfen. Vielleicht aber auch nicht. Vielleicht zerstöre ich dabei mehr als ich helfe. Es ist ... kompliziert.
Entweder verstehe ich dich total falsch...

Nö. Es gibt keinen Universalmaßstab an dem man gemessen wird. Außer einem: Metanoia. Die Einsicht, Reue und das aufrichtige, ernsthafte, Bemühen um Wandlung und Ausrichtung auf Gott. In die Kirche gehen und Gott einen guten Mann sein lassen, reicht da leider nicht aus. Das ist Vereinszugehörigkeit. Gott verlangt in dem von dir genannten Gespräch konkrete Taten (das wäre bei uns heutzutage: Liturgie, Beichte, Fasten, Beten, Fürsorge/Umgang mit deinem Nächsten - und die Ausrichtung auf Gott. Nicht nebenbei, mal ab und zu, wenn man gerade Lust hat. In welchem Ausmaß es dir gelingt usw. das ist natürlich total unterschiedlich. Jeder kämpft seinen eigenen Kampf mit den Leidenschaften. Was mir leichter fällt, kann dir schwerer fallen, umgekehrt findest du manches nicht so schwierig, was mich jedes Mal auf die Nase fallen lässt. Aber die echte Anstrengung, dein Wollen...nenn es meinetwegen Motivation und Bemühen - das ist Voraussetzung. Theosis ist ja keine Zwangsbeglückung und kein "wurscht wie du lebst-am Ende kommt der große Schwamm"
Und weil es kompliziert ist und wir den Kampf des anderen * kennen, sollen wir uns mit klugen Ratschlägen und Einmischungen ja auch raushalten. Deshalb ist ein geistlicher Vater so wichtig.

nicht kennen (!) war natürlich gemeint
Wird kaum der Gerechte gerettet, wo werde ich Sünder erscheinen? Die Last und Hitze des Tages habe ich nicht getragen. Die um die elfte Stunde kamen, denen zähle mich bei, Gott, und sei mein Erretter.

TillSchilling

Re: Wie hat sich die orthodoxe Haltung zum Petrusamt bisher bewiesen?

Beitrag von TillSchilling »

Trisagion hat geschrieben:
Dienstag 19. Januar 2021, 19:12
Der intellektuelle Stillstand der Orthodoxie ist ja eher etwas auf das die stolz sind. Vielleicht ändert sich das ja heutzutage, mit Leuten wie z.B. Christos Yannaras.
Nur noch eine Verständnisfrage, werter Trisagion, und dann halte ich meinen Mund:

Diesen Artikel findest du von hoher intellektueller und wissenschaftlicher Güte?

Trisagion
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Re: Wie hat sich die orthodoxe Haltung zum Petrusamt bisher bewiesen?

Beitrag von Trisagion »

TillSchilling hat geschrieben:
Mittwoch 20. Januar 2021, 15:57
Nur noch eine Verständnisfrage, werter Trisagion, und dann halte ich meinen Mund:
Diesen Artikel findest du von hoher intellektueller und wissenschaftlicher Güte?
Nein. Es ist ja auch keine Veröffentlichung in einem wissenschaftlichem Journal, sondern ein Meinungsbeitrag in einer elektronischen Zeitschrift. Ich bin mir sicher, Prof Yannaras kann auch ganz akademisch, wenn er will. Wie bereits erwähnt fand ich das einfach deshalb interessant, weil hier ein bekannter Orthodoxer Theologe gegen das Herabsetzen von Lehre und Nachdenken anschreibt, was sonst oft aus Orthodoxen Federn quillt. Und auch weil er das in einem öffentlichen Medium für Orthodoxe tut. Es ist halt nicht so effektiv, wenn ich als Katholik Orthodoxen sage, daß sie da ein echtes Problem haben.

(Wenn es Dich umtreibt, daß hier hauptsächlich die Protestanten als schuldig identifiziert werden... laß es gut sein, ein westlicher Sündenbock war absolut nötig, denn einen tausend Jahre alten, ureigenen Fehler darf es in der Orthodoxie einfach nicht geben.)

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Stephanie
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Re: Orthodoxie: Ohne Fegefeuer?

Beitrag von Stephanie »

Trisagion hat geschrieben:
Mittwoch 20. Januar 2021, 04:01



A) Gegenfrage, gibt es etwas was Du als Fortschritt bezeichnen würdest?


B) Du kannst nicht erst behaupten, daß das Christentum "nicht an irgendwas angepasst, neu überdacht, neu entwickelt werden muss" weil alles schon da ist. Um Dir dann selbst zu widersprechen indem Du uns mitteilst, daß die "ersten sieben Konzile das dann genauer erklärt, ausgeführt und unterschieden" haben. Wenn die ersten sieben Konzile derlei tun konnten, dann gibt es a priori keinen Grund warum die nächsten sieben Konzile das nicht auch tun konnten. Oder die nächsten siebenundsiebzig. Gott hat definitiv nicht offenbart, wieviele Konzile nötig und legitim sind! Es gibt auch absolut nichts in der Verhandlungsmasse der Konzile vor und nach dem Bruch (nach dem Bruch dann halt ohne den Osten) was objektiv auf ein offensichtliches Ende an sinnvollen Themen hindeutet. Es ist keineswegs so, als ob sagen wir mal am Ende des sechsten Konzils eine Liste erstellt hätte von noch zu besprechenden Themen, und die dann im siebten Konzil abgehakt hätte. Da steht auch nichts im siebten Konzils von wegen "und nun sind wir fertig, mehr Konzile sind nicht nötig".

C) Die einzige Begründung für das angebliche Ende der Konzilserie das die Orthodoxen haben ist, daß sie halt nicht mehr hingegangen sind. Und wenn man glaubt, daß die Orthodoxie die Kirche an sich ist, dann kann man schließen, daß das wohl so Gottgewollt sein muß. Aber eben nicht umgekehrt. Es folgt nicht irgendwie aus den Konzilen, daß die Orthodoxen die Kirche seien müssen, weil sie nach sieben Schluß gemacht haben. Im Gegenteil, das ist von außen betrachtet ein komplett zirkuläres Argument, und ein recht deutliches Zeichen, daß bei den Orthodoxen irgendwas schief gelaufen ist.

D) Lateran IV: Transubstantiation, Lyon II: Filioque, Vienne: Seele as Form des Körpers, Florenz-Ferrara: Vormacht des Papstes, Trient: Erbsünde, Rechtfertigung, Sakramente, ... Vatikan I: Unfehlbarkeit, Verhältnis Glaube und Verstand, Vatikan II: Ökumenismus, nicht-christliche Religionen - nur um mal ein paar Konzile und ein paar große Themen zu nennen. Es gab genau wie bei den ersten sieben Konzilen dann aber auch jede Menge "Kleinkram", der teilweise auch ziemlich wichtig wurde, z.B. Lateran III gegen die Simonie.

E)Wieso versteckt? Es gibt nur eine Kirche, die katholische, und alle nicht-katholischen Christen sind Schismatiker, und meist auch Häretiker. Die dementsprechenden Defizite habt ihr zu korrigieren, da führt keine Weg dran vorbei. Nur bedeutet das jetzt nicht, daß ihr nur Defizite habt. Ihr habt auch Stärken, und auch viel Normales. Gleichfalls bedeutet es keineswegs, daß die einzige Kirche - die katholische - keine Defizite hat in ihrer irdischen Form. Es ist ehrlich gesagt ein Wunder, daß sie nicht unter allen ihren Fehlern bereits zusammengeklappt ist. Und es ist auch klar, daß bei einer echten Wiedervereinigung wenigstens die moderne katholische Seite alles nur Erdenkliche tun würde um die Orthodoxen ihr Gesicht wahren zu lassen. Ich bin mir sicher, da würde absolut kein Wort über Schisma und Häresie fallen, das wäre salbungsvoller als eine Fettberg in der Londoner Kanalisation. Aber ich bin kein kirchlicher Realpolitiker, ich teile Dir auf Nachfrage gerne mit was eh offensichtlich ist.


F) Siehe den Artikel von Yannaras, den ich oben verlinkt habe, so mal als Beispiel.
Ich bin gerade ein wenig zu faul, die einzelnen Teile zu zitieren, deshalb habe ich die Absätze mit Buchstaben markiert.
A) Du schummelst, wenn du mit einer Gegenfrage antwortest. ;D Also. Ehrlich gesagt kann ich mit dem Fortschrittsbegriff in Bezug auf Gott und den Glauben nichts anfangen. Deshalb kann ich dir darauf keine Antwort geben. Es ist für mich keine Kategorie. Schon gar kein Gütekriterium.

B+C+D) Endlich, endlich darf ich mal Maggie Smith als Dowager Countess zitieren: "I'm a woman, I can be as contrary as I choose" :kugel:
Also. Ich sage ja nicht, dass es verboten ist Konzile abzuhalten. Ich habe auch nicht gesagt, dass die Zahl 7 irgendwo als Gesetz festgehalten wurde oder dass dies das Kriterium sei, weshalb die OK Kirche ist. Aber die wesentlichen Themen wurden thematisiert und dogmatisch festgehalten. Falls ein dringliches dogmatisches Problem auftaucht, wird die OK schon ein Konzil abhalten.
Die Beispiele aus der RK halte ich gerade eher für ein Gegenargument. Offenbar war den Christen ganzer Jahrhunderte hinweg im Wesentlichen klar, was in der Liturgie passiert, warum es daher unbedingt dazu ein Konzil brauchte...naja. Findet ihr wichtig. Nehme ich zur Kenntnis. Filioque: Wir beten jeden Sonntag das Glaubensbekenntnis nach Nicäa - wozu sollten wir also ein Konzil benötigen? :achselzuck: Zum Papst und seiner Stellung und seiner ex-cathedra Allmacht: :ikb_shutup: Der einzige Punkt, der in der genannten Reihe für mich als denkbares Thema für ein nächstes Konzil wäre, ist das Thema Ökumenismus, Verhältnis zu Religionen und Ideologien.

E) Ich schließe mich Osthugo an. Wir wissen jeweils, wo wir stehen. Das ist nicht schön, aber...sagen wir typisch Mensch. Ohne Gottes (massive) Hilfe geht da gar nichts. Aber das ändert für mich ja nichts daran, dass ich Katholiken als gläubige Christen sehe. Oder dass ich für sie bete (also nicht gönnerhaft gemeint, sondern ich bete für meine katholische Verwandtschaft, für Freunde, Kollegen usw. - selbstverständlich). Aber den Rest überlasse ich tatsächlich Gott.
Wird kaum der Gerechte gerettet, wo werde ich Sünder erscheinen? Die Last und Hitze des Tages habe ich nicht getragen. Die um die elfte Stunde kamen, denen zähle mich bei, Gott, und sei mein Erretter.

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Stephanie
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Re: Orthodoxie: Ohne Fegefeuer?

Beitrag von Stephanie »

Ich hatte F) vergessen ;D

Wie um alles in der Welt liest du da irgendeine Anti-Intellektualismus-Schelte für die OK heraus?
Es wird erklärt, weshalb Ökumenismus, Weltchristentum Gerede nicht orthodox ist. Es wird dargelegt, dass die Kirche kein Sozialverein ist, dass wir Mitglied des mystischen Leibes Christi sind (wenn ich das je irgendwo verstanden habe, dann in der OK – was glaubst du wohl, weshalb wir den Vergebungssonntag haben?), dass die Liturgie keine Pflichterfüllung ist, usw. usf. Alles wichtige Punkte um Menschen, die an ein Weltchristentum mit verschiedenen…lokalen Bräuchen glaubt, zu erklären, dass dieses Wohlfühlchristentum nicht orthodox ist.
Die OK trifft in Amerika auf ein stark pietistisch geprägtes Volk. Und die Gefahr, dass man dies aufnehmen könnte, mag durchaus gegeben sein. Das kann ich für D so nicht bestätigen und deine Behauptung, dass es sich gegen den von dir unterstellten Anti-Intellektualismus der OK im Gegensatz zur RKK handelt, schon gar nicht. Und…mal nebenbei…die großen Ströme des Pietismus kommen ja nicht AUS der OK, sie trifft auf sie – das ist ein erheblicher Unterschied!
Wird kaum der Gerechte gerettet, wo werde ich Sünder erscheinen? Die Last und Hitze des Tages habe ich nicht getragen. Die um die elfte Stunde kamen, denen zähle mich bei, Gott, und sei mein Erretter.

Trisagion
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Re: Orthodoxie: Ohne Fegefeuer?

Beitrag von Trisagion »

Stephanie hat geschrieben:
Mittwoch 20. Januar 2021, 13:58
In die Kirche gehen und Gott einen guten Mann sein lassen, reicht da leider nicht aus. Das ist Vereinszugehörigkeit. Gott verlangt in dem von dir genannten Gespräch konkrete Taten (das wäre bei uns heutzutage: Liturgie, Beichte, Fasten, Beten, Fürsorge/Umgang mit deinem Nächsten - und die Ausrichtung auf Gott. Nicht nebenbei, mal ab und zu, wenn man gerade Lust hat.
Ich bin mir sicher, daß er das von Dir verlangt. Ob er das von allen anderen verlangt, und sie bei fehlendem Einsatz in die Hölle schickt, ist eine andere Frage. Ungerecht? Das haben die Arbeiter im Weinberg (Mt 20,1–16) auch gedacht. Lk 15,31 ist schon eine verdammt unbefriedigende Antwort für den älteren Sohn. Aber ich denke eben, am Ende arbeitet man nicht für, sondern weil Gott.

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Stephanie
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Re: Orthodoxie: Ohne Fegefeuer?

Beitrag von Stephanie »

Trisagion hat geschrieben:
Mittwoch 20. Januar 2021, 19:04
Stephanie hat geschrieben:
Mittwoch 20. Januar 2021, 13:58
In die Kirche gehen und Gott einen guten Mann sein lassen, reicht da leider nicht aus. Das ist Vereinszugehörigkeit. Gott verlangt in dem von dir genannten Gespräch konkrete Taten (das wäre bei uns heutzutage: Liturgie, Beichte, Fasten, Beten, Fürsorge/Umgang mit deinem Nächsten - und die Ausrichtung auf Gott. Nicht nebenbei, mal ab und zu, wenn man gerade Lust hat.
Ich bin mir sicher, daß er das von Dir verlangt. Ob er das von allen anderen verlangt, und sie bei fehlendem Einsatz in die Hölle schickt, ist eine andere Frage. Ungerecht? Das haben die Arbeiter im Weinberg (Mt 20,1–16) auch gedacht. Lk 15,31 ist schon eine verdammt unbefriedigende Antwort für den älteren Sohn. Aber ich denke eben, am Ende arbeitet man nicht für, sondern weil Gott.
Da steht nur etwas davon, dass es nicht die gleiche Menge ist, da steht aber nichts vom redlichen und ernstlichen Bemühen. (bei Mt) und beim verlorenen Sohn geht es ja nun gerade um die Reue! :kussmund:

(Reizend, dass du meinst, dass ich mehr tun muss...tssssss. :unbeteiligttu: Aber hast ja recht! :bedrippelt:)

Danke übrigens für die Vorstellung des Autors Christos Yannaras. Ich habe ein Buch von ihm entdeckt, dass ich sicherlich lesen werde. :hutab:
Wird kaum der Gerechte gerettet, wo werde ich Sünder erscheinen? Die Last und Hitze des Tages habe ich nicht getragen. Die um die elfte Stunde kamen, denen zähle mich bei, Gott, und sei mein Erretter.

TillSchilling

Re: Wie hat sich die orthodoxe Haltung zum Petrusamt bisher bewiesen?

Beitrag von TillSchilling »

Trisagion hat geschrieben:
Mittwoch 20. Januar 2021, 17:50
Wenn es Dich umtreibt, daß hier hauptsächlich die Protestanten als schuldig identifiziert werden...
Das treibt mich kein bisschen um. Sowieso stimmt manches in dem Kapitel - es ist nämlich ein Teil eines Buches, nicht ein Aufsatz:

https://www.amazon.com/Freedom-Morality ... 0881410284

Aber es geht mir nicht um das Buch.

Ich habe nur versucht zu verstehen was du eigentlich meinst. Was hinter deinen harten und beleidigenden Vorwürfen des Antiintellektualismus steht. Wie Stephanie frage ich mich auch:
Stephanie hat geschrieben: Wie um alles in der Welt liest du da irgendeine Anti-Intellektualismus-Schelte für die OK heraus?
Das Ganze ist eine idée fixe.

Es gibt genügend gute Bücher auf Deutsch und Englisch um sich über die Orthodoxie und ihre Theologie und ihre Geschichte zu informieren. Man muss halt ihre Feststellung Theologie anders zu betreiben erst einmal ernst nehmen und sich darauf einlassen.

Trisagion
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Re: Orthodoxie: Ohne Fegefeuer?

Beitrag von Trisagion »

Stephanie hat geschrieben:
Mittwoch 20. Januar 2021, 19:18
Da steht nur etwas davon, dass es nicht die gleiche Menge ist, da steht aber nichts vom redlichen und ernstlichen Bemühen. (bei Mt) und beim verlorenen Sohn geht es ja nun gerade um die Reue! :kussmund:
Es ist nicht die gleiche Menge an redlichem und ernstlichem Bemühen, siehe mein Beispiel. Es ging mir auch nicht um den verlorenen Sohn, sondern um die Einstellung des älteren. Mal abgesehen davon, findest Du den verlorenen Sohn denn sehr reuig?

Trisagion
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Re: Wie hat sich die orthodoxe Haltung zum Petrusamt bisher bewiesen?

Beitrag von Trisagion »

TillSchilling hat geschrieben:
Mittwoch 20. Januar 2021, 19:27
Man muss halt ihre Feststellung Theologie anders zu betreiben erst einmal ernst nehmen und sich darauf einlassen.
Es gibt nicht nur Löwen in Afrika, sondern auch in Deutschland: sie haben vier Beine und machen "wuff, wuff". Es ist halt alles eine Frage der Einstellung. :unbeteiligttu:

Trisagion
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Re: Orthodoxie: Ohne Fegefeuer?

Beitrag von Trisagion »

Stephanie hat geschrieben:
Mittwoch 20. Januar 2021, 18:15
"I'm a woman, I can be as contrary as I choose" :kugel:
"Contrary" is not the same as "self-contradictory".
Stephanie hat geschrieben:
Mittwoch 20. Januar 2021, 18:15
Falls ein dringliches dogmatisches Problem auftaucht, wird die OK schon ein Konzil abhalten.
Die OK befindet sich diesbzgl. schon seit 1,152 Jahren im Dornröschenschlaf.
Stephanie hat geschrieben:
Mittwoch 20. Januar 2021, 18:15
Aber den Rest überlasse ich tatsächlich Gott.
Ich denke nicht, daß das eine statthafte Antwort ist. Gerade nicht bei den Orthodoxen. Florenz-Ferrara lehrt uns, daß es ziemlich egal ist was die Orthodoxe Hierarchie so beschließt. Da bei den Orthodoxen in Sachen Kirchenpolitik die Schafe die Hirten vor sich her treiben, ist es an den Schafen in Richtung Einheit zu ziehen. Oder das wird nie etwas.

Trisagion
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Re: Orthodoxie: Ohne Fegefeuer?

Beitrag von Trisagion »

Stephanie hat geschrieben:
Mittwoch 20. Januar 2021, 18:46
Wie um alles in der Welt liest du da irgendeine Anti-Intellektualismus-Schelte für die OK heraus?
Ganz einfach. Diese Sorte Sätze
Pietism undermines the ontological truth of the Church or totally rejects it, but without questioning the formulations of that truth. It simply disregards them, taking them as intellectual forms unrelated to man's salvation, and abandons them to the jurisdiction of an autonomous academic theology. Pietism preserves a formal faithfulness to the letter of dogmatic formulation, but this is a dead letter, irrelevant to life and existential experience.

In that particular, this real denial of the truth of salvation differs from previous heresies. It does not reject the "definitions," the limits of the Church's truth; it simply disconnects this truth from the life and salvation of man. And this disconnection covers a vast range of distinctions and nuances, so that it is exceptionally difficult to "excommunicate" pietism, to place it beyond the bounds within which the Church's truth and unity are experienced. But this is precisely why it is perhaps the most dangerous assault on this truth and unity.
sind für mich eine Bescheibung einer typischen Haltung Orthodoxer zu Theologie und Dogmatik - echter Theologie und Dogmatik, also Nachdenken mit Verstand und Wissen über Gott und seine Offenbarung. Und obwohl als Kritik an andere gerichtet, wird hier eben für die Vermeidung dieser Dinge plädiert und da wird hoffentlich etwas hängen bleiben.

TillSchilling

Re: Orthodoxie: Ohne Fegefeuer?

Beitrag von TillSchilling »

Trisagion hat geschrieben:
Mittwoch 20. Januar 2021, 23:18
Stephanie hat geschrieben:
Mittwoch 20. Januar 2021, 18:46
Wie um alles in der Welt liest du da irgendeine Anti-Intellektualismus-Schelte für die OK heraus?
Ganz einfach. Diese Sorte Sätze
Pietism undermines the ontological truth of the Church or totally rejects it, but without questioning the formulations of that truth. It simply disregards them, taking them as intellectual forms unrelated to man's salvation, and abandons them to the jurisdiction of an autonomous academic theology. Pietism preserves a formal faithfulness to the letter of dogmatic formulation, but this is a dead letter, irrelevant to life and existential experience.

In that particular, this real denial of the truth of salvation differs from previous heresies. It does not reject the "definitions," the limits of the Church's truth; it simply disconnects this truth from the life and salvation of man. And this disconnection covers a vast range of distinctions and nuances, so that it is exceptionally difficult to "excommunicate" pietism, to place it beyond the bounds within which the Church's truth and unity are experienced. But this is precisely why it is perhaps the most dangerous assault on this truth and unity.
sind für mich eine Bescheibung einer typischen Haltung Orthodoxer zu Theologie und Dogmatik - echter Theologie und Dogmatik, also Nachdenken mit Verstand und Wissen über Gott und seine Offenbarung. Und obwohl als Kritik an andere gerichtet, wird hier eben für die Vermeidung dieser Dinge plädiert und da wird hoffentlich etwas hängen bleiben.
Ich denke du liesst Dinge in den Text, die nicht gar da sind und überhaupt nicht beabsichtigt sind. Letztendlich ist es alles Spekulation. Keine(r) von uns hat das Buch gelesen, aber probieren wir, es mit den wenigen Informationen, die wir haben, besser zu verstehen.

Zuerst, wer ist Christos Yannara? Laut Wikipedia " a Greek philosopher, Eastern Orthodox theologian and author of more than 50 books which have been translated into many languages. He is a professor emeritus of philosophy at the Panteion University of Social and Political Sciences, Athens....The main volume of Yannaras' work represents a long course on study and research of the differences between the Greek and Western European philosophy and tradition, differences that are not limited at the level of theory only but also define a praxis (mode of life)."

Also gehen wir erst einmal davon aus dass es ihm um die Kritik an und Warnung vor westlichem geht in seinem Text. Ähnlich lesen wir das auch in Buchbewertungen auf Amazon

https://www.amazon.com/Freedom-Morality ... 0881410284

"Clearly communicates Orthodoxy. We are not of presuppositions. We do not intellectualize our Faith we experience and live it.

Christos Yannaras' The Freedom of Morality explores the ethical ramifications of thinking about moral agents as 'persons' rather than as 'individuals'. The ontology of personhood he explores is rooted in the Trinity and in the Church, and hence, has a very theological and Christian character about it, albeit with a distinct Eastern flavor to it.

Yannaras' work comprises the distillate of a vast body of radically Orthodox thought. Each chapter is embellished with prophetic insight, is contrasted starkly with Western thought, and naturally spawns the chapter that follows - as for any profound work on Orthodox theology, the logic is deep and the whole work highly intraconnected. "

Wenn wir dann noch überlegen wann er dieses Buch wohl geschrieben hat (frühe 80er oder vielleicht auch 70er) und wenn wir seine Unzufriedenheit mit einem ökumenischen Prozess, an dem er offensichtlich Anteil nahm, bedenken, siehe

https://www.orthodoxytoday.org/articles ... menism.php

dann können wir doch annehmen, dass es ihm in seinem Text nicht um das Kritisieren von Antiintellektualismus bei den Orthodoxen ging. Ich bin versucht zu sagen: im Gegenteil. Die "Häresie" vor der er warnt ist ja gar nicht antiintellektuell, er spricht nicht von theologisch schwachbrüstigen evangelikalen "Mega churches", er spricht im engeren Sinne vom liberalen Protestantismus, den er bei den Ökumenesitzungen kennengelernt haben wird - "abandons them to the jurisdiction of an autonomous academic theology" - und im weiteren Sinne von der ganzen westlichen Art und Weise zu denken. So schreibt er zum Beispiel über die modernen Naturwissenschaften:

https://www.orthodoxytoday.org/articles ... menism.php

"The second word I shall use is knowledge. Knowledge as we understand it today -- that is, as information -- does not interest me. These days the sciences very often seem to observe reality as if while analyzing a painting by van Gogh, for example, one were to say that it consisted of a piece of canvas covered with paint. lt is unable to discover, through the painting, the personhood of the artist. But if one remains at the level of the matter of which the painting is made, then the unique, incomparable character of the person of the painter has not been studied. We can, of course, read biographies of Mozart one after the other. We can increase our knowledge of his life, his work. And yet it is only experience of Mozart's music which will reveal to us his person.

I want a science which will enable me, through the reality of nature and the study of nature, to come to an understanding of the person of the Creator. I want a knowledge which will go beyond nature so as to arrive at the "otherness" of the divine person, a knowledge which will enable me to communicate with this person."

Wenn es einen Antiintellektualismus gibt in der Orthodoxie, dann ist er wohl genauso Teil davon. Zumindest kann ich aus den Bruchstücken seiner Schriften, die wir hier im Web finden, keine Antwort auf Fragen/Herausforderungen der Moderne finden. Nur ein "Back to Constantinople". Was auch erst einmal ganz ok ist. Genau für diese Sicht würde ich ihn auch lesen. Allerdings von einem westliche, er würde sagen pietistischem Standpunkt aus, der alles aufnimmt. Diese Offenheit ist unsere - westliche - Stärke. Und unser Risiko.
Zuletzt geändert von TillSchilling am Donnerstag 21. Januar 2021, 09:56, insgesamt 1-mal geändert.

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Protasius
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Re: Orthodoxie: Ohne Fegefeuer?

Beitrag von Protasius »

Ich lese in den Auszügen, die in diesem Strang aus Yannaras Buch zu finden sind, auch eher eine Kritik an der real existierenden universitären Theologie heraus, die mir aus traditionellen Kreisen im Westen ebenso bekannt ist. Ein entsprechendes Stichwort, das mir in diesem Zusammenhang auch hier im Forum oft begegnet, ist die „Theologie auf den Knien“.
Der so genannte ‚Geist’ des Konzils ist keine autoritative Interpretation. Er ist ein Geist oder Dämon, der exorziert werden muss, wenn wir mit der Arbeit des Herrn weiter machen wollen. – Ralph Walker Nickless, Bischof von Sioux City, Iowa, 2009

Trisagion
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Re: Orthodoxie: Ohne Fegefeuer?

Beitrag von Trisagion »

Wie geht doch der schöne Spruch?

"Die schärfsten Kritiker der Elche /waren früher selber welche." - F. W. Bernstein

Ihr habt sicher recht, was den Mann, sein Selbstverständis und die Absicht des Artikels/Buchs angeht. Es bleibt jedoch dabei, daß ich in den Zeilen (und auch noch einigen anderen) deutlich und scharf ausgedrückt fand, was mir bzgl. der Orthodoxie nicht so recht über die Zunge gehen wollte. Es ist ja garnicht so leicht zu sagen, warum die Orthodoxie ein Theologie-Problem hat, oder allgemeiner, warum Theologie-Lücken überhaupt eine Mangelerscheinung sind. Da steht es halt, wenn auch als Kritik am Pietismus.

Und ich denke auch andere kritisieren entfaltet Wirkung auf einen selbst. Wenn ich hier jetzt z.B. diese "Überlegung ist nicht wichtig, Verwirklichung ist" Haltung angehe, kann ich dann später selber ähnlich naiv praktizieren? Sicher, kann ich, der Mensch macht ja ständig das Gegenteil von dem was er sagt. Aber eine gewisse Spannung baut sich da schon auf. Und je mehr man das eine sagt aber das andere tut, desto mehr unwohl wird einem dabei. Vielleicht reicht es irgendwann dazu eine Änderung zu motivieren.

Zur Theologie auf Knien sei gesagt, daß das einzige was Niederknien garantiert schafft Knochenwuchs an der Belastungsstelle ist.

TillSchilling

Re: Orthodoxie: Ohne Fegefeuer?

Beitrag von TillSchilling »

Protasius hat geschrieben:
Donnerstag 21. Januar 2021, 09:53
Ein entsprechendes Stichwort, das mir in diesem Zusammenhang auch hier im Forum oft begegnet, ist die „Theologie auf den Knien“.
Benedikt XVI hat geschrieben: Hans Urs von Balthasar hat einmal von „sitzender" und „kniender" Theologie gesprochen. Aber die ganze Theologie kann nicht allein im Knien und nicht allein im Sitzen gemacht werden. Beides, das betende Sich-Beugen vor Gott und das denkende Hinausgreifen in das Verstehen, gehört zusammen, damit wirkliche Theologie entsteht.
https://www.domradio.de/themen/benedikt ... cht-werden

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Protasius
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Re: Orthodoxie: Ohne Fegefeuer?

Beitrag von Protasius »

TillSchilling hat geschrieben:
Donnerstag 21. Januar 2021, 12:14
Protasius hat geschrieben:
Donnerstag 21. Januar 2021, 09:53
Ein entsprechendes Stichwort, das mir in diesem Zusammenhang auch hier im Forum oft begegnet, ist die „Theologie auf den Knien“.
Benedikt XVI hat geschrieben: Hans Urs von Balthasar hat einmal von „sitzender" und „kniender" Theologie gesprochen. Aber die ganze Theologie kann nicht allein im Knien und nicht allein im Sitzen gemacht werden. Beides, das betende Sich-Beugen vor Gott und das denkende Hinausgreifen in das Verstehen, gehört zusammen, damit wirkliche Theologie entsteht.
https://www.domradio.de/themen/benedikt ... cht-werden
Und das hat der Papst sehr gut gesagt. Wie in vielen anderen Angelegenheiten des – nicht nur, aber hier besonders – geistlichen Lebens kann man hier auf beiden Seiten vom Pferd fallen. Ich habe das Gefühl, daß beide Seiten in dieser Diskussion weniger weit voneinander entfernt sind, als es auf den ersten Blick scheint.
Der so genannte ‚Geist’ des Konzils ist keine autoritative Interpretation. Er ist ein Geist oder Dämon, der exorziert werden muss, wenn wir mit der Arbeit des Herrn weiter machen wollen. – Ralph Walker Nickless, Bischof von Sioux City, Iowa, 2009

Ralf

Re: Orthodoxie: Ohne Fegefeuer?

Beitrag von Ralf »

Protasius hat geschrieben:
Donnerstag 21. Januar 2021, 13:06
Ich habe das Gefühl, daß beide Seiten in dieser Diskussion weniger weit voneinander entfernt sind, als es auf den ersten Blick scheint.
Ja, es geht - leider - viel mehr um die Worte als um den Inhalt, denn der ist nahezu deckungsgleich (und da wir uns im Bereich der Reflexion über die Tradition befinden, ist das in meinen Augen eine erlaubte Unschärfe).

Germanus
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Re: Orthodoxie: Ohne Fegefeuer?

Beitrag von Germanus »

Aber wenn die Worte zwar anders gewählt, der Inhalt jedoch deckungsgleich ist, warum stellen dann beide Seiten die Formulierungen der jeweils anderen Seite in Frage? Warum also wird aus "Wortklauberei" scheinbar auch auf einen anderen Inhalt geschlossen? Zumindest die gelehrte Diskussion hier will ja immer darauf hinweisen, dass der "Osten" zu kurz oder garnicht denkt /denken will / sich gegen das Denken stellt, während der "Westen" ja nur logische Beweisführungen vorlegt und den "Osten" dadurch eigentlich widerlegt bzw. überholt? Wenn ich ältere kirchliche Texte des Westens lese und sie einordnen darf bzgl. ihres Herkommens und ihrer Rezeption, dann fällt mir auf, wie schwierig die Theorie von der 'anderen Wortwahl bei gleichem / ähnlichen Inhalt' ist. Deshalb wohl auch die etwas aufgeladene Art hier, argumentativ auch gleichzeitig die Ausprägung der anderen Wortwahl, sprich: die orthodoxe Art des Umgangs mit der Theologie und der Wissenschaft, einzukassieren.
Gruß G.
"Her, denke an mui, wenn diu met duinem Ruike kümmes." (Lk 23,42)

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FranzSales
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Re: Orthodoxie: Ohne Fegefeuer?

Beitrag von FranzSales »

Germanus hat geschrieben:
Freitag 22. Januar 2021, 08:43
Aber wenn die Worte zwar anders gewählt, der Inhalt jedoch deckungsgleich ist, warum stellen dann beide Seiten die Formulierungen der jeweils anderen Seite in Frage? Warum also wird aus "Wortklauberei" scheinbar auch auf einen anderen Inhalt geschlossen? Zumindest die gelehrte Diskussion hier will ja immer darauf hinweisen, dass der "Osten" zu kurz oder garnicht denkt /denken will / sich gegen das Denken stellt, während der "Westen" ja nur logische Beweisführungen vorlegt und den "Osten" dadurch eigentlich widerlegt bzw. überholt? Wenn ich ältere kirchliche Texte des Westens lese und sie einordnen darf bzgl. ihres Herkommens und ihrer Rezeption, dann fällt mir auf, wie schwierig die Theorie von der 'anderen Wortwahl bei gleichem / ähnlichen Inhalt' ist. Deshalb wohl auch die etwas aufgeladene Art hier, argumentativ auch gleichzeitig die Ausprägung der anderen Wortwahl, sprich: die orthodoxe Art des Umgangs mit der Theologie und der Wissenschaft, einzukassieren.
Gruß G.
Kannst Du den letzten Absatz näher erläutern? Was meinst Du mit den älteren Texten des Westens und ihrer Einordnung?
"Herr Jesus Christus, wir beten Dich an und benedeien Dich. In Deinem Heiligen Kreuz hast Du die Welt erlöst."

Trisagion
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Re: Orthodoxie: Ohne Fegefeuer?

Beitrag von Trisagion »

Es gibt auch einfach keine "Orthodoxe Art des Umgangs mit der Theologie und der Wissenschaft" im Sinne einer echten Alternative im Arbeiten. Sie wird gerne beschworen, aber ich habe da noch nie etwas von einer systematischen Methode gehört oder gesehen. Wir sehen das ja auch wieder in diesem Strang. Wo ist sie denn, die andersartige Orthodoxe Methode, wenn es darum geht Antworten beizubringen? Haben unsere Orthodoxen Forumsmitglieder etwa gesagt: "Interessant Fragen. Da muß ich jetzt mal das Kontakion von Photios I drüber absingen, damit mit die Antworten eingegeben werden. Ich mache dann noch 100 zemnoy poklon um sicher zu gehen, daß ich das im Detail sauber ausgearbeitet habe. Das dauert ein wenig, morgen schreibe ich euch ein Gedicht dazu." Nichts dergleichen.

Angesichts der Häretikerparade von katholischen Theologen ist es ganz unzweifelhaft, daß westliche Theologen (auch Hobby/Amateurtheologen, ich nehme mich hier nicht aus!) deulich mehr Zeit im Niederknien verbringen sollten, und dann auch um göttlichen Beistand und menschliche Demut bzgl. der Ausübung von Theologie beten sollten. In Sinne einer "Einstellungskorrektur" brauchen wir eine "Theologie im Knien". Ich bin auch ein Fan der Mystik, aber schon deutlich vorsichtiger was die Theologie-Produktion aus der Mystik heraus angeht. Es ist historisch gesehen schlicht offensichtlich, daß dies eine der Hauptquellen von Häresie ist (und zwar auch dessen was im Osten als Häresie verdammt wird). Aber gut, es ist auch sicher so, daß hier eine spezielle Quelle der Inspiration vorhanden ist. Also, mit einer Tonne "checks and balances" sei auch dies valide "Theologie im Knien". Aber eben nur im Sinne eines ersten Anfangs, auch eine mystische Inspiration muß dann eben "konventionell" ausgearbeitet werden. Und schließlich ist es sicher richtig, daß Theologie im Kopf aber nicht in den Taten "tot" sein kann. Es ist aber wichtig hier "kann" zu sagen, denn was wir tun hat selten intellektuelle Tiefe. Es ist eben ganz und garnicht eine Lehre "tot" nur weil sie gerade nicht beim Arbeiten in der Suppenküche vorkommt. Eine Suppenkelle für den Vater, eine für den Sohn, eine für den Heiligen Geist... nein, das ist nicht das Dogma der Trinität. Außer vielleicht wenn man theologische Erörterung im interpretativen Tanz betreibt, ist eben geistige Bewegung, nicht körperliche Handlung, das eigentliche Medium der Theologie. Und schließlich kann ich eben nicht ein Dogma falsifizieren indem ich es nicht praktisch umsetzte. Wahrheit ist unabhänging von meinem Tun (und auch Denken). Wenn eine Lehre "tot" für mich ist, ist sie darum noch lange nicht gestorben.

Gut, das war's dann aber auch für mich mit der Theologie des Niederkniens. Nichts davon ersetzt die Theologie des Hirn einschaltens ("Sitzens"). Tut mir furchtbar leid, aber die Dinge sind wie sie sind, und kein menschliches Wollen ändert daran irgendetwas. Und es hat auch noch keiner eine Alternative zum "wissenschaftliche Arbeiten" gefunden. Nicht weil die besonders toll wäre. Sie ist langsam, fehleranfällig, mühsam und in "Laberfächern" wie eben Philosophie und Theologie bewegt sie sich mehr auf Abwegen denn auf die Wahrheit zu, da eine objektive Kontrolle fehlt. Der Grund warum wir diese schlechte Methode hochhalten ist schlicht, daß sie immer noch besser ist als alles andere was wir je ausprobiert haben! Und ich bin da komplett pragmatisch: man zeige mir was besser funktioniert, und ich übernehme das sofort. Nur mit dem Zeigen haben es die Kritiker eben nicht so.

Wer nicht auf "intellektuelle" Fragen wie z.B. nach dem Fegefeuer antworten kann, kann eben nicht darauf antworten. Es gibt hier keinen Sonderweg, und den hat es auch noch nie gegeben. Wer dann trotzdem handelt, also z.B. für die Toten betet, der weiß halt nicht wirklich was er da tut. Ist das schlimm? Es ist nicht heilsgefährend, wenn er trotzdem das Richtige tut. Insofern ist es nicht notwendig zu wissen was man tut, wenn man denn quasi insititutionell auf dem richtigen Weg gehalten wird. Nur ist es eben so, daß man ohne Verständnis absolut verkrampft an dem festhalten muß, was immer schon getan wurde, denn die kleinste Abweichung kann ja der entscheidende Fehler sein. Ohne Verständnis bleibt einem nur die exakt Kopie, kann es keine Entwicklung geben. Und das ist ein systemisches Problem, wenn auch vielleicht nicht ein individuelles.

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Jeremias
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Re: Orthodoxie: Ohne Fegefeuer?

Beitrag von Jeremias »

Wer nicht auf "intellektuelle" Fragen wie z.B. nach dem Fegefeuer antworten kann, kann eben nicht darauf antworten. Es gibt hier keinen Sonderweg, und den hat es auch noch nie gegeben. Wer dann trotzdem handelt, also z.B. für die Toten betet, der weiß halt nicht wirklich was er da tut.
Es gibt keine dogmatische Aussage zum Fegefeuer. Ich glaube nicht dadran. Wodran ich glaube, habe ich oben beschrieben. Ich weiß sehr genau, was ich tue, trotz deiner gegenteiligen Annahmen. :)
Nur ist es eben so, daß man ohne Verständnis absolut verkrampft an dem festhalten muß, was immer schon getan wurde, denn die kleinste Abweichung kann ja der entscheidende Fehler sein. Ohne Verständnis bleibt einem nur die exakt Kopie, kann es keine Entwicklung geben. Und das ist ein systemisches Problem, wenn auch vielleicht nicht ein individuelles.
Wenn man davon ausgeht, dass man immer alles selber machen muss, dann vielleicht. Aber eventuell kannst du deinen Priester/Bischof/Geistigen Vater auch einfach mal um Rat fragen.
Orthodoxer. Physikdidaktiker. Rollenspieler. Liberaler. Konservativer. Modernist. Ökumenist.
Alles Titel, mit denen man mich bedenken kann, die deswegen mich trotzdem nicht gänzlich beschreiben.

Ralf

Re: Orthodoxie: Ohne Fegefeuer?

Beitrag von Ralf »

Germanus hat geschrieben:
Freitag 22. Januar 2021, 08:43
Aber wenn die Worte zwar anders gewählt, der Inhalt jedoch deckungsgleich ist, warum stellen dann beide Seiten die Formulierungen der jeweils anderen Seite in Frage? Warum also wird aus "Wortklauberei" scheinbar auch auf einen anderen Inhalt geschlossen?
Menschliche Schwäche. Stolz, Ehrgeiz - kurz: Sünde.
Zumindest die gelehrte Diskussion hier will ja immer darauf hinweisen, dass der "Osten" zu kurz oder garnicht denkt /denken will / sich gegen das Denken stellt, während der "Westen" ja nur logische Beweisführungen vorlegt und den "Osten" dadurch eigentlich widerlegt bzw. überholt?
Das halte ich für eine Partikularmeinung, mehr nicht.
Wenn ich ältere kirchliche Texte des Westens lese und sie einordnen darf bzgl. ihres Herkommens und ihrer Rezeption, dann fällt mir auf, wie schwierig die Theorie von der 'anderen Wortwahl bei gleichem / ähnlichen Inhalt' ist.
Welche Texte konkret z.B. meinst Du?
Deshalb wohl auch die etwas aufgeladene Art hier, argumentativ auch gleichzeitig die Ausprägung der anderen Wortwahl, sprich: die orthodoxe Art des Umgangs mit der Theologie und der Wissenschaft, einzukassieren.
Mir erscheint es weniger ein "Einkassieren" als eine Aufforderung zum Durchdenken der eigenen Position, ein Aufruf zum Wiederentdecken der eigenen intellektuell-theologischen Tradition (die im Osten anfangs viel stärker ausgeprägt war als im Westen!).

Trisagion
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Re: Orthodoxie: Ohne Fegefeuer?

Beitrag von Trisagion »

Jeremias hat geschrieben:
Freitag 22. Januar 2021, 21:47
Ich weiß sehr genau, was ich tue, trotz deiner gegenteiligen Annahmen. :)
Ich habe Dich nicht persönlich angesprochen. Und eine so klare Selbsteinschätzung anzugehen scheint mir wenig hilfreich.
Jeremias hat geschrieben:
Freitag 22. Januar 2021, 21:47
Wenn man davon ausgeht, dass man immer alles selber machen muss, dann vielleicht. Aber eventuell kannst du deinen Priester/Bischof/Geistigen Vater auch einfach mal um Rat fragen.
Ich füge dann mal einfach die von Dir weggeschnittenen Sätze an, direkt vor und nach dem von Dir zitierten Text: "Insofern ist es nicht notwendig zu wissen was man tut, wenn man denn quasi insititutionell auf dem richtigen Weg gehalten wird. ... Und das ist ein systemisches Problem, wenn auch vielleicht nicht ein individuelles."

Und wo wir bei systemischen Problemen sind, ein katholischer Priester muß Theologie studiert haben, ein Orthodoxer muß das nicht, und in der Regel tut er es auch nicht. Gleiches gilt wohl auch für die meisten "Geistigen Väter", typischerweise wohl Mönche. Was mich zur Frage bringt: wie oft redest Du eigentlich mit Deinem Bischof? Wenn Du mit ihm das nächste Mal Details Orthodoxer Lehre durchgehst, könntest Du mit ihm vielleicht mal die Bedeutung von Mt 15,14 besprechen?
Zuletzt geändert von Trisagion am Samstag 23. Januar 2021, 13:43, insgesamt 1-mal geändert.

Trisagion
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Re: Orthodoxie: Ohne Fegefeuer?

Beitrag von Trisagion »

Ralf hat geschrieben:
Freitag 22. Januar 2021, 22:47
Mir erscheint es weniger ein "Einkassieren" als eine Aufforderung zum Durchdenken der eigenen Position, ein Aufruf zum Wiederentdecken der eigenen intellektuell-theologischen Tradition (die im Osten anfangs viel stärker ausgeprägt war als im Westen!).
:daumen-rauf: Wobei es zugegebenermaßen verdammt schwer ist nicht in Polemik zu verfallen wenn man sich an Systemstruktur und Gewohnheiten abarbeitet. Das ist vielleicht wirklich eine Aufgabe für eine Heiligen, der auch noch Theologe ist. Wo ist ein Francis de Sales wenn man einen braucht?

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