Wenn ich als römisch-katholische Getaufter zum orthodoxen Glauben konvertieren möchte, welchen Weg kann man gehen? Vielleicht gibt es hier ja jemanden, der ähnlich wie ich, aus der römisch-katholischen Spiritualität kommt.
Ich bin so eine die früher röm. Katholisch war und dann orthodox wurde.
Ich ging sogar in die Messen der Petrusbruderschaft, da ich mit Messpraxis und Spiritualität der modernen römischen Kirche wenig anfangen kann.
Mein Interesse für die Orthodoxie hat eigentlich durch das Lesen bestimmter Kirchenväter, ältere wie neuere, an deren Bücher ich im Laufe der Zeit gelangt bin. Dieses Interesse hat sich daraufhin ausgeweitet auf die dazu gehörigen Kirchen jener Väter, um zu wissen woher deren Spiritualität kommt und was davon bis heute existiert.
Denn ich habe es immer als Diskrepanz empfunden, dass in der röm. und noch viel mehr in der prot. Kirche die christliche Praxis und auch in einigen Punkten die Lehre, verändert werden mussten von etwas was doch wohl ewig, zeitlos und göttlich sein soll.
Sämtliche historischen, theologischen und politischen Gründe die zu alldem geführt haben, will ich überhaupt nicht diskutieren hier; die sind sicherlich allen Forumern die’s angeht und interessiert sowieso hinlänglich bekannt und würden den Thread nur zerfleddern.
Ich hab dann, als die Zeit dazu da war – und nach dem Lesen zahlreicher Literatur vornehmlich der russischen Auslandskirche und vor allem durch die Vita der Hl. Elisabeth Feodorovna geb. Prinzessin von Hessen – mich nach einer geeigneten Kirche umgesehen in der ich Liturgie und Praxis kennen lernen konnte. Das war dann schlussendlich auch die russische Kirche, allerdings die vom Moskauer Patriarchat.
Diese Zeilen schreiben sich heute leichter als sie damals in der Ausführung für mich waren, denn ich mochte die römische Kirche durchaus, besonders die alte Messe, die Traditionen, der Choral, die lat. Sprache, etc..
Womit ich nicht klar gekommen bin sind, wesentliche Veränderungen in der Lehre der Kirche, die nach dem leidigen Schisma der beiden Kirchen nach und nach in der römischen Kirche durch Beschlüsse bestimmter Päpste festgelegt wurden.
Für mich waren das vor allem der Zwangszölibat (wobei in den unierten byz. Kirchen das dann kein Problem darstellt wenn Priester verheiratet sind; eigentlich irgendwo ungerecht, oder?) , dann neue Dogmen wie die unbefleckte Empfängnis Mariens, Leibliche Aufnahme derselben, Unfehlbarkeit der Päpste, auch das Eherecht und last but not least die Sache mit dem Filioque.
All das sind für mich Neuerungen in der Kirche die nicht wirklich nötig sind, und die mehr mit Politik zu tun haben, als das sie wirklich notwendig gewesen wären.
Ich bin dann in die orthodoxe Kirche eingetreten über die Moskauer Patriarchatskirche, erstens ist mir deren Kirchenmusik als Westeuropäerin einfach näher, dann wohnte ich damals sowieso gleich nebenan aber vor allem ist mir dort ganz selbstverständlich meine röm. Kath. Taufe nicht aberkannt worden, was mir sehr wichtig war. Wie überhaupt, es zur damaligen Zeit meines Übertritts es dort einige röm. Kath. Christen dort gab die nach dem 2. Vat. Konzil nicht mehr in ihre Kirche zur Messe gehen wollten, und die dann nach regelmäßigem Besuch der Liturgie durch ein Gesuch zur Kommunion zu gelassen wurden, obwohl sie bis zu ihrem Lebensende nicht konvertiert sind.
Was ich damit sagen will ist, dass bei aller Strenge die in der Orthodoxen Kirche vorhanden ist, die Liebe Christi allem anderen vorzuziehen ist.
Dies geht allerdings nur für röm. Kath. Christen, da man sich der gemeinsamen ersten tausend Jahre Geschichte bewusst ist und man sich auch gegenseitig die Sukzession anerkennt.
Nach der Kontaktaufnahme mit einem dortigen Priester und einem kurzen Katechumenat bin ich mit einem kleinem Exorzismus und Chrismation in die orthodoxe Kirche aufgenommen worden.
All das hat mich jedoch nie daran weiterhin regen Anteil an den Geschehnissen der Römischen Kirche zu nehmen; ich lebe in einer Stadt mit vielen wunderschönen röm. Kath. Kirchen und nichts hindert mich in eine solche für ein stilles Gebet zu begeben, Atem zu holen oder eine Kerze vor dem Abbild der Mutter Gottes anzuzünden.
Jeder der sich der Orthodoxie hier in Deutschland zuwenden möchte, muss sich im Klaren sein, dass die Situation der Orthodoxen Kirche einen sehr starken Emigrantenhintergrund hat – anders als in Amerika – und man als Deutscher wirklich sein Ziel kennen muss, um darüber hinweg sehen zu können.
Es gibt nun mal nur sehr wenige rein deutschsprachige Gemeinden hier aber - wer will, der kann!
Wer übrigens meint mir Untreue oder gar Verrat an der röm. Kath. Kirche vorwerfen zu müssen, dem sei gesagt, dass ich mich lediglich dem Ursprung der christlichen Kirche angeschlossen haben und nicht nur mit ihr „flirte“ (Originalzitat eines Monsignore! unserer Stadt auf einem der Treffen des Freundeskreis Philoxenia) da ich es für nicht wirklich als nötig erachte, an etwas das durch und durch gut ist, so viele Abänderungen vorzunehmen; eigentlich nur um die eigenen Gläubigen immer mehr an sich zu binden und so den egalitären und eigentlich auch ziemlich totalitären Machtanspruch zu untermauern.
Es hat mich dann mit großer Freude erfüllt, als Kardinal Ratzinger zum Papst gewählt wurde, da mit ihm ein Mann an die Spitze der römischen Kirche gekommen ist, der nicht nur ein klares christliches Fundament mitbringt, sondern sich auch traut Dinge beim Namen zu nennen über die man lange Zeit einfach hinweggesehen hat.
Ganz besonders wird dies deutlich an der Freude zur frühchristlichen Spiritualität, die ihn dazu befähigt ganz anders auf die Vertreter der orthodoxen Kirchen zuzugehen und mit ihnen zu verhandeln als das seine Vorgänger getan haben.
Nichts desto Trotz, ist er auch Erbe der Geschichte seiner Kirche, genau wie die unsrigen Kirchenführer, und kann bei aller Unfehlbarkeit nicht in einem Schritt alles ändern; muss er auch nicht.
Was aber bis jetzt auf beiden Seiten an Annäherung geschehen ist, hat bis vor ein paar keiner zu hoffen gewagt und hat sicherlich auf viele von uns sehr befreiend gewirkt, egal auf welcher Seite.
Und den Hardlinern unter uns kann man es sowieso nie recht machen.
Meine Ausführungen mögen etwas weitläufiger sein, gemessen an der ursprünglich gestellten Frage, aber so sehe ich mich als ehemals röm. Kath. Christin und nun Orthodoxe innerhalb der christlichen Gemeinschaft und das waren und sind meine Beweggründe.
LG Songul