Was Du, lieber TiLek, "Beauftragung" nennst, würde ich eher als die „Einführung“ (bzw. Installation) bezeichnen, durch die ein durch eine „Ordination“ oder „Beauftragung“ Beauftragter jeweils in einen genau umgrenzten Aufgabenkreis eingeführt wird. Solch eine Einführung kann in eine konkrete Pfarre geschehen, aber auch in ein übergemeindliches Pfarramt, wie etwa das eines Krankenhausseelsorgers/ - seelsorgerin oder auch evangelischen Landesbischofs/ - bischöfin.
Durch die evangelische „Ordination“ wie auch durch die „Beauftragung“ wird jemand mit dem „Dienst an Wort und Sakrament“ beauftragt. Der Unterschied ist ( bzw. war früher jedenfalls) die räumliche und zeitliche Geltung dieser Beauftragung. Inzwischen ist der Unterschied aber anscheinend völlig verwischt und betrifft eher dienstrechtliche Dinge. Der Vorschlag von Dr. Scholz zur Abschaffung der Ordination ist von daher verständlich.
Um Unterschied zwischen „Ordination/Beauftragung“ einerseits und „Einführung“ andererseits geht es aber ebensowenig in der „Empfehlung der Bischofskonferenz der VELKD“ vom November 2004 (
http://www.velkd.de/pub/texte/index.php ... &jahr=2004) wie in dem Vorschlag von Dr. Scholz (
http://www.deutsches-pfarrerblatt.de Heft 5/2006, im Archiv) Um diesen Unterschied ging es auch mir keineswegs.
Es gibt aber einen grundlegenden Unterschied zwischen dem, was im Protestantismus unter „Ordination“ verstanden wird und dem, was die Katholische Kirche damit meint. Darauf bezog sich mein Ausführungen zur Nichtvergleichbarkeit von Äpfeln und Birnen.
Die Ordination ist nach der „Empfehlung der Bischofskonferenz der VELKD“ der Akt, in dem ein allgemeiner Priester von den anderen mit der öffentlichen Verkündigung beauftragt wird.
Es wird in der „Empfehlung der Bischofskonferenz der VELKD“ eine Handauflegung übrigens nur ein einziges Mal erwähnt, aber peinlichst jeder Hinweis auf deren geistvermittelnde „Funktion“ nach 1 Tim 4,14; 2 Tim 1,6 vermieden. Im Gegenteil: sofort wird der Satz nachgeschoben: Die Ordination „ist nicht die Verleihung einer besonderen geistlichen Fähigkeit, die über die aller Christen hinausginge.“
Eine Ordination geschieht im Protestantismus lediglich aus rein praktischen Gründen, damit es kein Durcheinander gibt: „Solche überindividuelle Wahrnehmung aber kann nur durch Einzelne geschehen, die von der Gesamtheit der Kirche dazu beauftragt sind. Sie kann nicht durch die Menge (Luther: den „Haufen“) der Träger und Trägerinnen des Allgemeinen Priestertums geschehen, die alle dieselbe geistliche Vollmacht haben. Wollten sie diese Vollmacht alle öffentlich wahrnehmen, käme Öffentlichkeit gar nicht zustande, sondern nur ein wirres Nebeneinander von Einzelnen.“ (Zitat: „Empfehlung der Bischofskonferenz der VELKD“)
Eine Ordination wird aber eigentlich als nicht wirklich notwendig angesehen, um öffentlich zu verkündigen oder die Sakramente zu spenden zu können bzw. zu dürfen. Das beweisen allein schon die vielen Abendmahlsfeiern, die erlaubtermaßen von Nichtordinierten gehalten werden. Nichtordinierte Vikare werden dazu sogar verpflichtet und wenn sie auf ihre fehlende Ordination hinweisen, kriegen sie in der Regel Ärger.
Mag man es früher auch anders gesehen haben, so bleibe ich bei meiner Behauptung, daß die Ordination ist im Protestantismus de facto weithin zu einer religiös überhöhten Verbeamtung (auf Lebenszeit) verkommen ist.
Es schmerzt mich das als Evangelischer (wenn auch hochkirchlicher) schreiben zu müssen.
Im Katholizismus ist das anders:
„Ordinatio’ bedeutet die Eingliederung in einen „ordo“. In der Kirche gibt es Körperschaften, die von der Überlieferung – im Anschluß an die Heilige Schrift – von alters her auf griechisch „táxeis“, auf lateinisch „ordines“ genannt werden. So spricht die Liturgie vom „ordo episcoporum“, vom „ordo presbyterorum“ und vom „ordo diaconorum“.
Die Eingliederung in eine dieser Körperschaften der Kirche geschah durch einen Ritus, ordinatio genannt, einen liturgischen und religiösen Akt … . Heute wird das Wort „ordinatio“ dem sakramentalen Akt vorbehalten, der in die Körperschaft der Bischöfe, der Priester und der Diakone eingliedert. Er geht über eine bloße Wahl, Bestimmung, Delegation oder Einsetzung durch die Gemeinschaft hinaus, denn er verleiht eine Gabe des Heiligen Geistes, die eine „heilige Gewalt“ … auszuüben gestattet, die nur von Christus selbst, durch seine Kirche, verliehen werden kann. Die Ordination wird auch „Weihe“ [consecratio] genannt, denn sie besteht in einer Aussonderung und Einsetzung zum Dienst an der Kirche, die Christus selbst vornimmt. Die Handauflegung durch den Bischof und das Weihegebet bilden das sichtbare Zeichen dieser Konsekration.“ (Zitat Katechismus der Katholischen Kirche, 1537-1538)
Im Protestantismus ist die Ordination also lediglich eine Delegation durch die Gemeinde. Der Ordinierte hat keine geistliche Vollmacht, die nicht alle anderen Christen grundsätzlich ebenso hätten, auch wenn alle anderen (um des lieben Frieden willens und um Chaos zu vermeiden) auf die Ausübung ihrer Vollmachten verzichten. Das wird in den "Empfehlungen" durch eine (nach meiner unmaßgeblichen Meinung vollkommen abenteuerlichen) Auslegung alttestamtentlicher Texte "bewiesen": "In Lev 21,8 wird dem Volk geboten, den Priester in den Zustand der Heiligkeit zu versetzen, also ihn zu weihen. Zwar ist das Priestertum nach dem Alten Testament erblich, doch bedarf die Installation ins Priesteramt offenbar eines zustimmenden Aktes des Volkes. Die Gemeinde setzt das Amt aus sich heraus, damit es eine Person gibt, die stellvertretend für das Volk den Umgang mit den Heilsmitteln pflegt." (Zitat: „Empfehlung der Bischofskonferenz der VELKD“)
Der Protestantismus lehnt (mal abgesehen von den hochkirchlichen Bruderschaften) jeglichen Ordo im „katholischen“ Sinn ab. "Ordination" ist nicht Eingliederung in einen Ordo, sondern de facto
ist sie "Beauftragung" - durch die Gemeinde.
Nennen wir das mal eine „Bevollmächtigung von unten“. („Unten“ soll hier keineswegs irgend eine Wertung darstellen soll oder gar „dämonisch“ heißen. Es bedeutet lediglich, daß der Ordinierte von denen Bevollmächtigt wird, über die er zeitweilig gesetzt ist.) Man könnte auch vom „demokratischen“ Modell sprechen.
Im Katholizismus ist die Ordination die Einfügung in einen Ordo, „die Christus selbst vornimmt“ durch die Handauflegung des Bischofs, in der eine Gabe des Heiligen Geistes verliehen wird. Man könnte hier von einer „Bevollmächtigung von oben“ reden.
Es ist schwierig, wenn zwei zwar die gleichen Begriffe zu benutzen, aber nicht auch dasselbe damit meinen.
Wenn die Katholische Kirche vom Amt redet, meint sie etwas anderes als die meisten evangelsichen Theologen.
Der weise Konfuzius sagt darum: „Bevor ihr euch streitet, klärt die Begriffe.“