Evangelischer Theologe will Abschaffung der Ordination

Rund um Anglikanertum, Protestantismus und Freikirchenwesen.
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Edi
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Beitrag von Edi »

asderrix hat geschrieben:
Edi hat geschrieben: Mit Pharisäertum hat das gar nichts zu tun, denn diese haben eigene Gesetze gemacht, die mit Gottesliebe nichts zu tun hatten
Beschäftige dich mal mit den Pharisäern und ihrem Ursprung.
Das waren Leute, die Gott wohlgefällig leben wollte, die Angst davor hatten, auch nur eine Sache zu tun, die Gott nicht gefällt, deshalb die Gesetze als Ergänzung zum Gesetz.

Zur Zeit Christi gab es aber schon viele Pharisäer, die dieses Anliegen nicht malmehr im Ansatz hatten, sondern nur noch die eigene Ehre.
Der Ursprung der Bewegung war aber, Gottesfurcht.
Ich kenne die Pharisäer. Die orthodoxen Juden führen heute übrigens deren selbstgemachte Gesetze fort bzw. haben noch viel mehr hinzugefügt.
Kirche und deren Anweisungen sind aber damit nicht zu verwechseln. Wenn alle Christen grosse Heiligen wären, dann wären die Anweisungen auch gar nicht mehr nötig, weil sie von innen her Christus in einem Vollmaß erfahren würden. Leider ist das aber nicht der Fall. Lies mal Paulusbriefe, der hat auch schon genug Anweisungen in seinen Briefen an die Gläubigen verfasst. Ich habe diese auch schon immer mal teilweise als gesetztlich empfunden, zumal sie manchmal auch so formuliert sind, weiß aber um die Hintergründe und worum es ihm letztlich ging. Ich glaube daher nicht, dass man etwas gegen seine Anweisungen einwenden kann, ebenso nicht gegen die der Kirche. Einen Heilsautomatimus darf man vom Einhalten aber nicht erwarten. Ohne den holy spirit kann man, wie eigentlich jeder Christ wissen sollte, ohnehin nichts erreichen.
Es lebt der Mensch im alten Wahn.
Wenn tausend Gründe auch dagegen sprechen,
der Irrtum findet immer freie Bahn,
die Wahrheit aber muss die Bahn sich brechen.

Die meisten Leute werden immer schmutziger je älter sie werden, weil sie sich nie waschen.

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FranzSales
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Beitrag von FranzSales »

aber so viel ich weiß sind sie notwendig um die Errettung zu erhalten, nur aus Gnade errettet lehnt doch die rkK ab, oder sehe ich das falsch?
Bei der Frage Glaube-Werke geht es der katholischen Lehre um die Frage "toter" Glaube oder "lebendiger" Glaube. Nach biblischer Lehre (zB. Jesus, Jakobus, Paulus) reicht eine reines "fuer wahr halten" nicht aus. Rettender Glaube ist immer aktiv. Wenn die katholische Dogmatik von Glauben und Werken redet, dann meint sie evangelikal gesprochen den lebendigen Glauben.

Die katholische Kirche lehrt m.E. richtig verstanden sehr wohl ein "sola gratia". Wie ich schon sagte: Auch die Werke sind letztlich Geschenke Gottes, derer ich mich nicht rùehmen kann.

Wir sind uns doch alle im klaren,dass unserer "Werke" letztlich Asche sind und wir uns im Vertrauen auf Gottes Erbarmen in seine Arme werfen muessen. Je intensiver die Gottesbeziehung, desto klarer wird das. Das kann man auch in vielen Heiligen-Biographien so nachlesen.
"Herr Jesus Christus, wir beten Dich an und benedeien Dich. In Deinem Heiligen Kreuz hast Du die Welt erlöst."

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Mellon
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Beitrag von Mellon »

Den betreffenden Vorschlag von Dr. Scholz konnte man schon im Deutschen Pfarrerblatt 5/2006 nachlesen. (im Internet unter www.deutsches-pfarrerblatt.de im Archiv)
Erfreulich deutlich ist dort das Eingeständnis, daß die übergroße Zahl der Protestanten "ihre Vorstellung von Kirche, Gnadenzuteilung und Amt völlig anders konstruieren als röm. Katholiken."
Dem Autor ist zuzustimmen, wenn er schreibt, daß eine solche Klarstellung "verletzende Irrwege einer naiven Konsensökumene" verhindern könnte. Wenn nämlich die protestantische Ordination von Hause aus sowieso nicht mehr als eine Beauftragung bzw. eine religiös überhöhte Verbeamtung sein soll und der evangelische Amtsträger nichts anderes als ein "religiöser Funktionär auf Zeit", dann ist es völlig abstrus, die "Römisch-Katholische Kirche" wegen einer gegenseitigen Anerkennung der Ämter zu bedrängen. Eine solche gegenseitige Anerkennung setzt nämlich voraus, daß das gegenseitig Anerkannte miteinander vergleichbar ist.
Diese ständige Forderung einer gegenseitigen Anerkennung der Ämter durch die evangelischen Kirchen kommt mir vor als wenn jemand, der einen Korb mit Birnen hat, vom Besitzer eines Korbes Äpfeln verlangt anzuerkennen,
- daß beide in ihren Körben Äpfel oder
- daß beide Birnen hätten. MIndestens solle aber anerkannt werden
- daß die Früchte in beiden Körben zwar völlig unterschiedlich aussähen und schmeckten, aber eigentlich in beiden Körben ein und dieselbe Fruchtart wäre ...
Er kennet seine Scharen / am Glauben, der nicht schaut / und doch dem Unsichtbaren, als säh er ihn, vertraut;
der aus dem Wort gezeuget / und durch das Wort sich nährt / und vor dem Wort sich beuget / und mit dem Wort sich wehrt.

TiLek
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Beitrag von TiLek »

@Mellon, leider wirfst du auch Beauftragung und Berufung durcheinander.
Die Berufung erfolgt einmalig und bleibt bei Pfarrern/Pastoren LEBENSLANG bestehen. Das nennt man dann Ordination. D.h. sie sind lebenslang Spender der Sakramente / Verkündiger des Wortes.
Die Beauftragung spezifiziert nun nur ihre momentane Stelle, ob sie Gemeindeleitungsfunktionen wahrnehmen etc.

Gruß Timm

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Mellon
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Beitrag von Mellon »

Was Du, lieber TiLek, "Beauftragung" nennst, würde ich eher als die „Einführung“ (bzw. Installation) bezeichnen, durch die ein durch eine „Ordination“ oder „Beauftragung“ Beauftragter jeweils in einen genau umgrenzten Aufgabenkreis eingeführt wird. Solch eine Einführung kann in eine konkrete Pfarre geschehen, aber auch in ein übergemeindliches Pfarramt, wie etwa das eines Krankenhausseelsorgers/ - seelsorgerin oder auch evangelischen Landesbischofs/ - bischöfin.

Durch die evangelische „Ordination“ wie auch durch die „Beauftragung“ wird jemand mit dem „Dienst an Wort und Sakrament“ beauftragt. Der Unterschied ist ( bzw. war früher jedenfalls) die räumliche und zeitliche Geltung dieser Beauftragung. Inzwischen ist der Unterschied aber anscheinend völlig verwischt und betrifft eher dienstrechtliche Dinge. Der Vorschlag von Dr. Scholz zur Abschaffung der Ordination ist von daher verständlich.

Um Unterschied zwischen „Ordination/Beauftragung“ einerseits und „Einführung“ andererseits geht es aber ebensowenig in der „Empfehlung der Bischofskonferenz der VELKD“ vom November 2004 (http://www.velkd.de/pub/texte/index.php ... &jahr=2004) wie in dem Vorschlag von Dr. Scholz (http://www.deutsches-pfarrerblatt.de Heft 5/2006, im Archiv) Um diesen Unterschied ging es auch mir keineswegs.
Es gibt aber einen grundlegenden Unterschied zwischen dem, was im Protestantismus unter „Ordination“ verstanden wird und dem, was die Katholische Kirche damit meint. Darauf bezog sich mein Ausführungen zur Nichtvergleichbarkeit von Äpfeln und Birnen.

Die Ordination ist nach der „Empfehlung der Bischofskonferenz der VELKD“ der Akt, in dem ein allgemeiner Priester von den anderen mit der öffentlichen Verkündigung beauftragt wird.
Es wird in der „Empfehlung der Bischofskonferenz der VELKD“ eine Handauflegung übrigens nur ein einziges Mal erwähnt, aber peinlichst jeder Hinweis auf deren geistvermittelnde „Funktion“ nach 1 Tim 4,14; 2 Tim 1,6 vermieden. Im Gegenteil: sofort wird der Satz nachgeschoben: Die Ordination „ist nicht die Verleihung einer besonderen geistlichen Fähigkeit, die über die aller Christen hinausginge.“
Eine Ordination geschieht im Protestantismus lediglich aus rein praktischen Gründen, damit es kein Durcheinander gibt: „Solche überindividuelle Wahrnehmung aber kann nur durch Einzelne geschehen, die von der Gesamtheit der Kirche dazu beauftragt sind. Sie kann nicht durch die Menge (Luther: den „Haufen“) der Träger und Trägerinnen des Allgemeinen Priestertums geschehen, die alle dieselbe geistliche Vollmacht haben. Wollten sie diese Vollmacht alle öffentlich wahrnehmen, käme Öffentlichkeit gar nicht zustande, sondern nur ein wirres Nebeneinander von Einzelnen.“ (Zitat: „Empfehlung der Bischofskonferenz der VELKD“)
Eine Ordination wird aber eigentlich als nicht wirklich notwendig angesehen, um öffentlich zu verkündigen oder die Sakramente zu spenden zu können bzw. zu dürfen. Das beweisen allein schon die vielen Abendmahlsfeiern, die erlaubtermaßen von Nichtordinierten gehalten werden. Nichtordinierte Vikare werden dazu sogar verpflichtet und wenn sie auf ihre fehlende Ordination hinweisen, kriegen sie in der Regel Ärger.
Mag man es früher auch anders gesehen haben, so bleibe ich bei meiner Behauptung, daß die Ordination ist im Protestantismus de facto weithin zu einer religiös überhöhten Verbeamtung (auf Lebenszeit) verkommen ist.
Es schmerzt mich das als Evangelischer (wenn auch hochkirchlicher) schreiben zu müssen.

Im Katholizismus ist das anders:
„Ordinatio’ bedeutet die Eingliederung in einen „ordo“. In der Kirche gibt es Körperschaften, die von der Überlieferung – im Anschluß an die Heilige Schrift – von alters her auf griechisch „táxeis“, auf lateinisch „ordines“ genannt werden. So spricht die Liturgie vom „ordo episcoporum“, vom „ordo presbyterorum“ und vom „ordo diaconorum“.
Die Eingliederung in eine dieser Körperschaften der Kirche geschah durch einen Ritus, ordinatio genannt, einen liturgischen und religiösen Akt … . Heute wird das Wort „ordinatio“ dem sakramentalen Akt vorbehalten, der in die Körperschaft der Bischöfe, der Priester und der Diakone eingliedert. Er geht über eine bloße Wahl, Bestimmung, Delegation oder Einsetzung durch die Gemeinschaft hinaus, denn er verleiht eine Gabe des Heiligen Geistes, die eine „heilige Gewalt“ … auszuüben gestattet, die nur von Christus selbst, durch seine Kirche, verliehen werden kann. Die Ordination wird auch „Weihe“ [consecratio] genannt, denn sie besteht in einer Aussonderung und Einsetzung zum Dienst an der Kirche, die Christus selbst vornimmt. Die Handauflegung durch den Bischof und das Weihegebet bilden das sichtbare Zeichen dieser Konsekration.“ (Zitat Katechismus der Katholischen Kirche, 1537-1538)

Im Protestantismus ist die Ordination also lediglich eine Delegation durch die Gemeinde. Der Ordinierte hat keine geistliche Vollmacht, die nicht alle anderen Christen grundsätzlich ebenso hätten, auch wenn alle anderen (um des lieben Frieden willens und um Chaos zu vermeiden) auf die Ausübung ihrer Vollmachten verzichten. Das wird in den "Empfehlungen" durch eine (nach meiner unmaßgeblichen Meinung vollkommen abenteuerlichen) Auslegung alttestamtentlicher Texte "bewiesen": "In Lev 21,8 wird dem Volk geboten, den Priester in den Zustand der Heiligkeit zu versetzen, also ihn zu weihen. Zwar ist das Priestertum nach dem Alten Testament erblich, doch bedarf die Installation ins Priesteramt offenbar eines zustimmenden Aktes des Volkes. Die Gemeinde setzt das Amt aus sich heraus, damit es eine Person gibt, die stellvertretend für das Volk den Umgang mit den Heilsmitteln pflegt." (Zitat: „Empfehlung der Bischofskonferenz der VELKD“)
Der Protestantismus lehnt (mal abgesehen von den hochkirchlichen Bruderschaften) jeglichen Ordo im „katholischen“ Sinn ab. "Ordination" ist nicht Eingliederung in einen Ordo, sondern de facto ist sie "Beauftragung" - durch die Gemeinde.
Nennen wir das mal eine „Bevollmächtigung von unten“. („Unten“ soll hier keineswegs irgend eine Wertung darstellen soll oder gar „dämonisch“ heißen. Es bedeutet lediglich, daß der Ordinierte von denen Bevollmächtigt wird, über die er zeitweilig gesetzt ist.) Man könnte auch vom „demokratischen“ Modell sprechen.
Im Katholizismus ist die Ordination die Einfügung in einen Ordo, „die Christus selbst vornimmt“ durch die Handauflegung des Bischofs, in der eine Gabe des Heiligen Geistes verliehen wird. Man könnte hier von einer „Bevollmächtigung von oben“ reden.

Es ist schwierig, wenn zwei zwar die gleichen Begriffe zu benutzen, aber nicht auch dasselbe damit meinen.
Wenn die Katholische Kirche vom Amt redet, meint sie etwas anderes als die meisten evangelsichen Theologen.
Der weise Konfuzius sagt darum: „Bevor ihr euch streitet, klärt die Begriffe.“
Er kennet seine Scharen / am Glauben, der nicht schaut / und doch dem Unsichtbaren, als säh er ihn, vertraut;
der aus dem Wort gezeuget / und durch das Wort sich nährt / und vor dem Wort sich beuget / und mit dem Wort sich wehrt.

TiLek
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Beitrag von TiLek »

@Mellon:
Lieber Mellon,

das hast Du richtig erkannt: die Beauftragung ist die "dienstrechtliche Seite" und beinhaltet Art und Umfang und Zeitdauer etc. Die Beauftragung entspricht Installation.

Das andere ist die Ordination und die ordentliche Berufung. Das von Dir herangezogene VELKD Papier (auch VELKD III genannt, da es bereits die dritte Version dieses Papieres ist) gilt nicht mehr. Es wird ein neues VELKD Papier für dieses Thema herauskommen, jetzt in der ersten Oktoberhälfte, das sog. VELKD IV.
Wir reden über drei Begriffe dann: Ordination / ordentliche Berufung. Das sind die zentralen Begriffe. Hinzu kommt dann die Beauftragung, welche nur die Art und den Umfang, praktisch den Dienstauftrag konkretisiert. Die Beauftragung regelt nur den dienstrechtlichen Teil. Die wie soll ich es nun nennen: Ordination ist nach CA XIV die ordentlicheBerufung. Bei Pfarrern/Pastoren nennt man es Ordination, bei den anderen Verkündigungsämtern ordentliche Berufung, da dort dann ja auch andere Beauftragungsinhalte bei sind.
Gruß Timm

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